Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Bezeichnung des Verfahrensmangels; Ablehnung eines
Richters wegen Besorgnis der Befangenheit
Gründe:
I. Strittig ist zwischen den Beteiligten die Bewilligung weiterer Bewerbungskosten in Höhe von 185,00 EUR.
Auf den Antrag vom 13.09.2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 19.03.2008 Bewerbungskosten in Höhe von
30,00 EUR. Die Klägerin habe zwar am 05.01.2008 Aufwendungen für 43 Bewerbungen geltend gemacht, jedoch nur sechs Bewerbungen
nachgewiesen. Den Widerspruch wies sie mit der Begründung zurück, in den Unterlagen für 37 Bewerbungen hätten individuelle
Anschreiben bzw. die Antworten der Arbeitgeber gefehlt.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte berücksichtige nicht, dass sich die Bewerbungsmodalitäten komplett
geändert hätten und daher der schriftliche Nachweis eines Erstkontakts nicht möglich sei. Dennoch würden für solche Kontakte
Kosten anfallen.
Das Sozialgericht hat die Klage auf Bewilligung weiterer Bewerbungskosten in Höhe von 185,00 EUR nach mündlicher Verhandlung,
in der die Klägerin persönlich erschienen war, mit der Begründung abgewiesen, Fehler in der von der Beklagten gemäß § 16 Abs
1 Satz 2 SGB II iVm §§
45 Satz 2 Nr
1,
46 Abs
1 SGB III getroffenen Ermessensentscheidung sei nicht erkennbar. Es sei bereits zweifelhaft, ob bei der von der Klägerin beschriebenen
Art der Bewerbung (per Email/Telefon) überhaupt die Voraussetzungen des §
45 Satz 2 Nr 1
SGB III vorlägen; jedenfalls dürften die gewährten 30,00 EUR problemlos die Gesamtkosten für alle 43 Fälle abgedeckt haben.
Die am 10.07.2009 zugestellte Ausfertigung des Urteils vom 30.06.2009 hat die Klägerin am 27.07.2009 an das Landessozialgericht
gesandt und mitgeteilt, sie lehne die Entscheidung ab. Ihr Begehren sei vom Richter in der mündlichen Verhandlung vor zehn
Leuten ins Lächerliche gezogen worden, so dass ihr Ansehen ruiniert worden sei. Dies verstoße gegen das
Grundgesetz.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakte, der Akte des Sozialgerichts Nürnberg sowie der Beschwerdeakte
Bezug genommen.
II. Der Senat hat über eine Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden. Weil die Klägerin deutlich gemacht hat, mit dem Urteil
nicht einverstanden zu sein, ist ihr Schreiben vom 27.07.2009 dahin auszulegen, dass sie ein statthaftes Rechtsmittel einlegen
wollte. Hierfür kommt allein die Nichtzulassungsbeschwerde in Betracht, worüber sie auch in der Rechtsmittelbelehrung unterrichtet
worden ist.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß §
145 Abs
1 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Es gibt keinen Grund, die gemäß §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen.
Nach §
144 Abs
2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil von einer Entscheidung
des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel
geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Das Sozialgericht ist nicht von einer höchstrichterlichen Entscheidung abgewichen. Auch eine grundsätzliche Bedeutung hat
die Klägerin nicht geltend gemacht; ihre Beschwerdeschrift kann allenfalls im Sinne der Geltendmachung eines Verfahrensmangels
gedeutet werden.
Das Urteil des Sozialgerichts leidet nicht an einem Verfahrensmangel. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift,
die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Der Mangel bezieht sich nicht auf den sachlichen Inhalt des Urteils, so dass
es nicht um die Richtigkeit der Entscheidung gehen kann, sondern lediglich um das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem
Weg zum Urteil. Dabei kann nur ein der Beurteilung des Landessozialgerichts unterliegender Verfahrensmangel zur Zulassung
führen. Nicht der Beurteilung des Landessozialgerichts unterliegt ein Mangel, bei dem Heilung eingetreten ist. Gemäß §
202 SGG iVm §
295 ZPO kann die Verletzung einer das Verfahren betreffenden Vorschrift nicht mehr gerügt werden, wenn der Beteiligte auf die Befolgung
der Vorschrift verzichtet, oder wenn er bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die aufgrund des betreffenden Verfahrens
stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich er erschienen und ihm der Mangel
bekannt war oder bekannt sein musste. Unter der "nächsten" mündlichen Verhandlung ist nicht notwendig ein neuer Termin zu
verstehen; vielmehr genügt ein Verfahrensabschnitt, der sich innerhalb der mündlichen Verhandlung an jenen Verfahrensabschnitt
anschließt, in dem der geltend gemachte Verfahrensmangel geschehen sein soll (BSG SozR 3-1500 § 61 Nr 1 mwN).
Mit ihrer Behauptung, der Vorsitzende Richter habe ihr Begehren in der mündlichen Verhandlung lächerlich gemacht, bringt die
Klägerin zum Ausdruck, der Richter habe sich unsachlich geäußert. Dies kann einen Befangenheitsgrund darstellen, der allerdings
rechtzeitig geltend zu machen ist. Gemäß §
202 SGG iVm §
43 ZPO kann ein Beteiligter einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn er sich bei ihm, ohne den ihm
bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, Kommentar, 9.Aufl, §
60 Rdnr 11a mwN). Wer Vertrauen in die Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters bekundet, kann nicht im
nachhinein das Ergebnis der sachlichen Befassung beseitigen.
Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 30.06.2009 ist die Sach- und Rechtslage mit der Klägerin eingehend
erörtert worden. Abschließend hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere Bewerbungskosten in Höhe
von 185,00 EUR zu bewilligen, ohne die jetzt vorgetragenen, angeblich während der Erörterung entstandenen Bedenken geltend
zu machen. Die Klägerin hat daher mit ihrer Antragstellung in der mündlichen Verhandlung ein Ablehnungsrecht verloren. Vor
diesem Hintergrund kann die etwaige Befangenheit des Richters der ersten Instanz auch in der Beschwerdeinstanz nicht mehr
gerügt werden.
Aus diesen Gründen war die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG). Nach §
145 Abs
4 SGG wird das Urteil mit der Ablehnung der Beschwerde rechtskräftig.