Parallelentscheidung zu LSG Bayern - L 11 AS 588/17 - v. 17.10.2017
Gründe
I.
Streitig ist die Art der Kontaktaufnahme zum Kläger durch den Beklagten.
Mit seiner zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobenen Klage begehrt der Kläger die Verpflichtung des Beklagten, Kontakt zu ihm nur über seine Anwaltskanzlei aufzunehmen
und zwar so rechtzeitig, dass er beim Amtsgericht einen Beratungsschein genehmigt bekomme. Zudem sei ihm als auch seinem Rechtsbeistand
zu genehmigen, Einladungen und Vorladegespräche zur Beweissicherung aufzunehmen. Für Verstöße des Beklagten sei ein Ordnungsgeld
in Höhe von 25.000,00 EUR zu zahlen. Eine Mitarbeiterin des Beklagten sei ihm in einem unsachlichen Ton mit Drohungen begegnet,
wobei es dieser Mitarbeiterin offensichtlich an Fachkenntnissen fehle und sie "zu Faul oder zu Dumm" sei, ordentlich zu arbeiten.
Er habe Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben und müsse die Amtsschikanen der "geistig überforderten" Mitarbeiterin nicht dulden.
Es folgten weitere unsachliche Ausführungen und Drohungen des Klägers. Er weise auf sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
hin. Am 31.05.2017 hat das SG den Kläger zur mündlichen Verhandlung geladen und mit Beschluss vom 10.07.2017 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
(PKH) abgelehnt. Mit Urteil vom 12.07.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) müsse sich der Beklagte nur dann an einen Bevollmächtigten wenden, wenn ein solcher für das Verfahren bestellt sei. Dies
sei vorliegend nicht der Fall. Bild- und Tonaufnahmen stünden dem mit Art.
2 Abs.
1, Art.
1 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht entgegen. Der Antrag auf Ordnungsgeld bei Zuwiderhandlung laufe deshalb bereits
ins Leere.
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Die Vorsitzende des erstinstanzlichen Gerichts
habe "von nichts eine Ahnung" und habe über die Bewilligung von PKH erst im Nachhinein entschieden. Ladungsfristen seien nicht
eingehalten worden. Mit einer Entscheidung im Beschlussverfahren hat er sich nicht einverstanden erklärt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.07.2017 aufzuheben und den Beklagten dazu zu verpflichten und zu verurteilen,
mit sofortiger Wirkung nur noch Kontakt zu ihm über seine Anwaltskanzlei aufzunehmen, sämtliche Einladungen/Vorladungen, die
der Beklagte an ihn tätigt, über seine Anwaltskanzlei zu richten, ihm als auch dem Rechtsbeistand uneingeschränkt zu bewilligen
und genehmigen, das Ein- bzw. Vorladegespräch auf Video und auf einen externen Datenträger mitzuschneiden, und dem Beklagten
unter Einbeziehung eines Ordnungsgeldes i.H.v. 25.000,00 EUR zu untersagen, ihn ohne seinen Anwalt ein- bzw. vorzuladen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig (§§
144,
145,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß §
153 Abs.
4 Satz 1
SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§
153 Abs.
4 Satz 2
SGG). Das Einverständnis der Beteiligten hierzu ist nicht erforderlich; das Vorbringen des Klägers führt nicht zur Erforderlichkeit
einer mündlichen Verhandlung.
Mit seinen Anträgen begehrt der Kläger ein Tun bzw. Unterlassen des Beklagten, nämlich dass sich der Beklagte nicht direkt
an ihn sondern an seinen Rechtsanwalt wende. Weiterhin begehrt er, dass der Beklagte eine Aufzeichnung der Gespräche in Bild
und Ton zulasse bzw. genehmige. Der Kläger hat somit eine echte Leistungsklage gemäß §
54 Abs.
5 SGG bzw. eine vorbeugende Unterlassungsklage erhoben.
Im Rahmen des Berufungsverfahrens kann offen gelassen werden, ob diese Klage vorliegend zulässig ist, denn sie ist jedenfalls
nicht begründet. Es findet sich nämlich keinerlei Rechtsgrundlage für das vom Kläger vom Beklagten geforderte Verhalten. Wann
sich der Beklagte an einen Bevollmächtigten im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zu halten hat, ist in § 13 Abs. 3 SGB X sowie im Falle des Bescheiderlasses in § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X geregelt. Soweit der Kläger für das jeweilige Verfahren einen Bevollmächtigten benennt, wird sich der Beklagte an diesen
entsprechend der gesetzlichen Vorgaben halten. Dafür, dass der Beklagte dies nicht tun wird und will, fehlen jegliche Anhaltspunkte,
so dass bereits das für eine vorbeugende Unterlassungsklage hinsichtlich eines der gesetzlichen Regelung entsprechenden Verhaltens
des Beklagten qualifizierte Rechtsschutzinteresse (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Auflage, §
54 Rn. 42a) nicht vorläge. Allerdings will der Kläger ein von der gesetzlichen Regelung abweichendes Verhalten des Beklagten
erreichen. Hierfür besteht jedoch keinerlei Rechtsgrundlage. Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass das vom Kläger gewünschte
Verhalten in seiner zeitlichen Abfolge gegebenenfalls einen kurzfristigen Vermittlungsvorschlag, aber auch eventuell kurzfristig
erforderlichen Meldeterminen entgegen stehen könnte, so dass der Beklagte möglicherweise eine Vermittlung in Arbeit nicht
erfolgreich zustande bringen könnte.
Eine Rechtsgrundlage für die Verpflichtung des Beklagten zur uneingeschränkten Duldung bzw. Genehmigung von Video- und Tonaufnahmen
von Gesprächen seiner Mitarbeiter mit dem Kläger findet sich ebenfalls nicht. Einer solchen Duldung steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht
der betroffenen Mitarbeiter (Art.
2 Abs.
1 GG i.V.m. Art.
1 Abs.
1 GG) entgegen (vgl. hierzu bereits Beschluss des Senates bezüglich eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens des Klägers vom
15.03.2017 - L 11 AS 89/17 B ER -), wobei darauf hinzuweisen ist, dass es dem Kläger freisteht, einen Bevollmächtigten zu entsprechenden Gesprächen
beizuziehen.
Für eine Androhung eines Ordnungsgeldes fehlt es bereits mangels Verpflichtung des Beklagten zu einem bestimmten Verhalten
an einer Grundlage. Im Übrigen findet sich dafür auch keine Rechtsgrundlage. Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die angebliche verspätete Entscheidung über die Bewilligung von PKH und Nichteinhaltung der Ladungsfrist erlangen im Berufungsverfahren
keine Bedeutung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.