Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung; Amtsermittlungspflicht des Berufungsgerichts zur Vorlage neuer medizinischer Befundberichte
Tatbestand:
Das Berufungsverfahren betrifft die Frage, ob dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch
(
SGB VI) zusteht.
Der Kläger ist kroatischer Staatsangehöriger und lebt auch dort. Ende 1970 kam er nach Deutschland und arbeitete hier bis
1982 als Straßenmarkierer, dann noch ein Jahr als Lkw-Fahrer. Danach kehrte er nach Kroatien zurück und war dort als Getränkeabfüller
und zuletzt bis 2005 als Gärtner tätig. Seitdem steht er nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis. Seit März 2005 bezieht
er eine kroatische Invalidenrente.
Der Kläger leidet gegenwärtig vor allem an Beschwerden des Stütz- und Bewegungsapparates sowie der Psyche. Am 17.12.2005 beantragte
er beim kroatischen Versicherungsträger eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Am 10.05.2006 wurde er von einem Arzt
des kroatischen Versicherungsträgers persönlich untersucht. Laut dessen Gutachten vom 19.07.2006 (Chirurg Dr. B.) habe der
Kläger geäußert, psychisch sei er zurückgezogen und depressiv. Laut psychischem Befund werde der Kläger beim Psychiater im
Sinne einer Depression behandelt; zeitweise sei er nervös, besorgt und unzufrieden. In den Diagnosen taucht eine psychische
Erkrankung nicht auf; auch in der epikritischen Zusammenfassung wird darauf nicht eingegangen. Dr. B. kam zum Ergebnis, der
Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr täglich tätig sein.
Mit Bescheid vom 27.10.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise oder volle Erwerbsminderung
noch Berufsunfähigkeit gegeben sei. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 15.01.2007 Widerspruch ein, den er mit internistischen
und orthopädischen Gesundheitsstörungen begründete; zu seiner psychischen Verfassung sagte der Kläger nichts. Die Beklagte
wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2007 als unbegründet zurück.
Mit Schriftsatz vom 11.06.2007 hat der Kläger beim Sozialgericht Landshut Klage erhoben. Im Rahmen der Sachverhaltsermittlung
hat das Sozialgericht drei medizinische Gutachten jeweils nach persönlicher Untersuchung eingeholt.
Der Neurologe und Psychiater P. J. R. hat in seinem Gutachten vom 03.12.2007 ein leichtes psychovegetatives Syndrom mit depressiven
Zügen sowie eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nerven- und Muskelreizerscheinungen diagnostiziert. Die nervliche
Belastbarkeit und die Bewegungsfähigkeit des Klägers seien leicht eingeschränkt. Es bestehe ein vollschichtiges tägliches
Leistungsvermögen, wobei leichte bis mittelschwere Arbeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen möglich seien. Eine
konsequente nervenärztliche und psychotherapeutische Behandlung sei geeignet, zu einer Stabilisierung des Gesundheitszustandes
zu führen.
Dr. E. S. hat ein orthopädisch-rheumatologisches Gutachten erstellt (Gutachten vom 03.12.2007). Er hat Morbus Forestier diagnostiziert,
eine langsam versteifende Erkrankung der Wirbelsäule nicht entzündlichen Charakters. In der rechten Hand habe sich eine Verdickung
einer Sehnenscheide ohne relevante Einbuße bei der Greiffähigkeit gefunden. Es könnten noch leichte bis mittelschwere Arbeiten
im Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen vollschichtig durchgeführt werden. Das Heben und Tragen von Lasten und
häufiges Bücken müssten vermieden werden.
Des Weiteren ist ein internistisches Gutachten des Medizinaldirektors Dr. M. P. eingeholt worden (Gutachten vom 04.12.2007).
Auf internistischem Gebiet, so der Sachverständige, hätten sich keine Krankheiten gefunden, die über die Leistungsbeeinträchtigungen
auf orthopädischem und psychiatrischem Gebiet hinausgingen. In der Leistungseinschätzung hat sich Dr. P. Dr. S. angeschlossen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 05.12.2007 abgewiesen. Eine relevante Erwerbsminderung, so das Sozialgericht
zur Begründung, liege nicht vor. Bei der Beurteilung des Gesundheitszustands des Klägers ist das Sozialgericht den eingeholten
Gutachten gefolgt. An diesem Ergebnis, so das Sozialgericht, ändere nichts, dass der Kläger in seiner Heimat als Invalide
anerkannt sei. Das deutsch-kroatische Sozialversicherungsabkommen bewirke keine Bindung des deutschen Versicherungsträgers
an Feststellungen zum Versicherungsfall, die in Kroatien erfolgt seien. Eine Rente wegen Berufsunfähigkeit stehe dem Kläger
nicht zu, weil dieser angesichts seines letzten Berufs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen sei.
Dagegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 21.07.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat der vorgetragen, sein Gesundheitszustand
hätte sich seit der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht erheblich verschlechtert. Er hat seine Konzentrationsschwierigkeiten
betont. Er müsse sich jeden Morgen zwingen, aufzustehen und einen Tag voller Schmerzen zu durchleben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 05.12.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27.10.2006
in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2007 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung ab Antragstellung
zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger zwei aktuelle Befundberichte eingereicht. Der eine stammt von einer orthopädisch ausgerichteten
Poliklinik in Z ... Er dokumentiert eine Untersuchung am 20.10.2008 durch den Arzt G. B ... Weiter hat sich der Kläger am
13.11.2008 im Allgemeinen Krankenhaus S. vom Psychiater Dr. M. S. untersuchen lassen und einen entsprechenden Befundbericht
vorgelegt. Die Beklagte hat dazu Stellung genommen. Zum psychiatrischen Befundbericht hat sie vorgeschlagen, es solle beim
behandelnden Psychiater angefragt werden, ob der Befundbericht die letzten vier bis fünf Jahre betreffe oder ob eine Verschlechterung
tatsächlich aktuell eingetreten sei.
In der Folgezeit hat der Senat den Kläger zweimal gebeten, eine entsprechende Klarstellung des Dr. S. vorzulegen. Mit Schriftsatz
vom 08.09.2009 hat dieser medizinische Befunde mitgeschickt, wonach er Ende August 2009 offenbar eine Salmonellose hatte.
Am 13.10.2009 hat er ein weiteres Attest des Dr. S. eingereicht, das mit dem Bericht vom 13.11.2008 weit gehend übereinstimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Akten des Sozialgerichts
und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist sie fristgemäß erhoben worden. In analoger Anwendung von §
87 Abs.
1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) beträgt die Berufungsfrist drei Monate.
Jedoch ist die Berufung unbegründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine
Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Der Senat war nicht gehindert, trotz des Ausbleibens des Klägers mündlich zu verhandeln und durch Urteil zu entscheiden. In
der ordnungsgemäßen Ladung war ein korrekter Hinweis auf die Folgen seines Fernbleibens enthalten. Das rechtliche Gehör des
Klägers ist gewahrt.
Die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung liegen im gesamten Zeitraum
seit Stellung des Rentenantrags nicht vor. Folgende materiell-rechtliche Regelungen sind maßgebend:
Nach §
43 Abs.
1 Satz 1
SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebens- jahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
teilweise erwerbsgemindert sind und die im Gesetz genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert
sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§
43 Abs.
1 Satz 2
SGB VI).
Gemäß §
43 Abs.
2 Satz 1
SGB VI haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Versicherte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie neben
der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen voll erwerbsgemindert sind. Das ist nach §
43 Abs.
2 Satz 2
SGB VI dann der Fall, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen
Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich
erwerbstätig sein kann (§
43 Abs.
3 SGB VI).
Der Kläger hat keinen Rentenanspruch nach §
43 SGB VI, weil eine (quantitative) Erwerbsminderung im Sinn von §
43 Abs.
1 Satz 2, Abs.
2 Satz 2
SGB VI nicht vorliegt. Der Senat ist davon überzeugt, dass beim Kläger im gesamten streitbefangenen Zeitraum weder eine volle noch
eine teilweise Erwerbsminderung gegeben ist oder war. Der Kläger ist vielmehr in der Lage, unter den Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes - maßgebend sind insoweit die Verhältnisse am deutschen Arbeitsmarkt - noch mindestens sechs Stunden täglich
erwerbstätig zu sein.
Der Senat folgt den übereinstimmenden medizinischen Gutachten des Arztes R., von Dr. S. und Dr. P ... Betrachtet man alle
drei Gutachten in einer Zusammenschau, so sind sorgfältig und umfassend Befunde erhoben und kompetent bewertet worden. Keines
der drei Gutachten lässt fachliche oder methodische Schwächen erkennen, die sich negativ auf die Überzeugungskraft auswirken
könnten. Deren Überzeugungskraft wird noch dadurch unterstrichen, dass der im Verwaltungsverfahren tätig gewordene kroatische
Gutachter ebenfalls ein zeitlich nicht eingeschränktes Leistungsvermögen bezüglich des allgemeinen Arbeitsmarktes festgestellt
hat.
Die wesentlichen gesundheitlichen Probleme des Klägers liegen auf orthopädischem und psychiatrischem Gebiet. Dagegen fallen
dessen internistische Beschwerden, wie aus dem Gutachten von Dr. P. hervorgeht, nicht nennenswert ins Gewicht.
In orthopädischer Hinsicht ist der Kläger vor allem durch seine Wirbelsäulenerkrankung, Morbus Forestier, beeinträchtigt.
Diese geht mit einer langsamen Versteifung der Wirbelsäule einher. Angesichts der Progredienz der Erkrankung mag es sein,
dass sich die gesundheitlichen Perspektiven des Klägers als eher ungünstig darstellen. Gegenwärtig aber finden sich noch keine
schwer wiegenden Einschränkungen, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht zur Folge hätten. Dr. S.
hat geschrieben, alle peripheren Gelenke seien auffallend gut beweglich; bei der Wirbelsäule bestehe eine hinreichende Beweglichkeit.
An der Wirbelsäule und an den Extremitäten hätten sich auffallend viele schmerzhafte Druckpunkte gefunden, die jedoch in keinem
Bezug zu der freien Beweglichkeit der Gelenke stünden. Einen entzündlichen Prozess im Sinn einer rheumatischen Erkrankung
hat Dr. S. nicht feststellen können. Trotz der Verdickung in der rechten Hand ist die Greiffähigkeit ungestört. Angesichts
dessen erscheint es plausibel, dass der Sachverständige das Leistungsvermögen des Klägers nur qualitativ gemindert gesehen
hat.
Es war nicht erforderlich, im Berufungsverfahren ein weiteres orthopädisches/rheumatologisches Gutachten einzuholen. Denn
der orthopädische Bericht vom 20.10.2008 nennt keine Befunde, die Zweifel an der Aktualität des Gutachtens des Dr. S. aufkommen
lassen könnten. Der Arzt G. B. hat in diesem Zusammenhang mitgeteilt, der Kläger sei wegen Schmerzen der Hals- und Lendenwirbelsäule
mit Ausstrahlungen zu ihm gekommen. Zudem hätte er Schmerzen in beiden Händen angegeben. Beim Ankommen sei der Kläger stabil
gewesen. Das Gehen auf Zehen und Fersen sei erschwert gewesen. Miotatische Reflexe lägen vor und seien symmetrisch. Der Kläger
habe über ordentliche Wahrnehmung berichtet. Die Beschwerdeangaben des Klägers im Rahmen der Untersuchung durch Dr. S. waren
nicht weniger dramatisch: Dort hatte er geäußert, er habe Beschwerden in der Wirbelsäule, die in die Beine ausstrahlten. Alles
tue ihm weh. Seine Hände würden schmerzen und anschwellen. Der Senat schließt sich dem medizinischen Dienst der Beklagten
an, wonach der orthopädische Befund allenfalls auf eine akute Verschlechterung, nicht aber auf eine dauerhafte Beeinträchtigung
des Leistungsbildes schließen lasse.
Auch das nervenärztliche Gutachten des Arztes R. überzeugt methodisch wie inhaltlich. Die Befunde, die der Sachverständige
zum Zeitpunkt der Begutachtung (Dezember 2007) erhoben hat, stellen sich als sehr günstig dar: Der Kläger hat bei der Untersuchung
alle Fragen verstanden und adäquate Antworten gegeben. Er war bewusstseinsklar und allseits orientiert, Aufmerksamkeit und
Auffassungsgabe waren unauffällig, der Gedankengang weder weitschweifig noch umständlich noch haftend. Gedächtnis und Intellekt
haben keine Auffälligkeiten gezeigt. Für einen hirnorganischen Abbauprozess hat Herr R. keinen Anhalt gefunden. Der Antrieb
war situationsgerecht. Der Kläger hat sehr ausführlich und umfangreich seine multiplen Beschwerden geschildert. Beim Ansprechen
allgemeiner Sachverhalte hat er bestimmt und durchsetzungsfähig gewirkt. Eine wesentliche Reduktion von Antrieb, Energie,
Konzentration oder kognitiven Fähigkeiten hat somit nicht vorgelegen. Bezeichnend erscheint, dass der Kläger vor Herrn R.
geäußert hat, er sei nicht in psychiatrischer Behandlung und er nehme keine Schmerz- oder Nerventabletten. Vor diesem Hintergrund
ist der Einschätzung des Sachverständigen, die nervliche Belastbarkeit des Klägers sei nur leicht eingeschränkt, zu folgen.
Seine psychischen Probleme hindern den Kläger nicht daran, einer zustandsangepassten Erwerbstätigkeit mindestens sechs Stunden
täglich nachgehen zu können.
Diese Einschätzung lässt durch den an den Senat gerichteten Schriftsatz des Klägers vom 08.09.2009 verifizieren, in dem dieser
zwar verbittert und anklagend, nichtsdestotrotz aber voller Energie (Antrieb) und Emotion (Schwingungsfähigkeit) seine missliche
Lage geschildert hat. Bei ihm vermag man auch als medizinischer Laie eher eine allgemeine Verdrossenheit und eine Vorwurfshaltung,
nicht aber "pathologisches Schwarzsehen" festzustellen.
Eine neuerliche psychiatrische Begutachtung im Berufungsverfahren war ebenfalls nicht notwendig. Allerdings hätte der psychiatrische
Befundbericht des Dr. S. vom 13.11.2008 durchaus den Schluss nahelegen können, der Gesundheitszustand des Klägers habe sich
signifikant verschlechtert. Denn dieser Befundbericht sagt aus, der Kläger sei jetzt verschlechtert und beunruhigt; vital
und instinktmäßig sei er reduziert. Die Konzentration sei beschädigt, kognitives Funktionieren gestört, er sei verlangsamt.
Der Kläger habe schwarze Gedanken und habe suizidale Bedenken geäußert. Wegen ähnlicher Beschwerden sei er vor vier bis fünf
Jahren in psychiatrischer Behandlung gewesen; diese Therapie habe ihm aber nicht geholfen, weswegen er nicht mehr zum Arzt
kommen wollte. Der Kläger sei tief niedergeschlagen und auch mit Ideen der Selbstschuld und eigener Unangemessenheit okkupiert.
Er sei lustlos, ziehe sich zurück und lehne Kommunikation ab. Er erwache in den frühen Morgenstunden und sei aufgrund der
Schlaflosigkeit erschöpft. Er leide an einer dauerhaften schweren depressiven Störung, die sich als therapieresistent erwiesen
habe.
Die Beklagte hat dieses Attest sehr ernst genommen, jedoch zutreffend angemerkt, obwohl offensichtlich von suizidalen Gedanken
gesprochen werde, sei keine Klinikaufnahme erfolgt, was in diesem Fall angezeigt gewesen wäre. Widersprüchlich sei auch, dass
einerseits von einer Verschlechterung, dann aber von einem eigentlich unveränderten Befinden gesprochen werde. Auf Anregung
der Beklagten hat der Senat den Kläger zweimal (Schreiben vom 23.03. und 17.04.2009) gebeten, eine entsprechende klarstellende
Äußerung des Dr. S. vorzulegen, und ihm dann nochmal mit Schreiben vom 30.07.2009 vorgehalten, dass er dieser Bitte nach wie
vor nicht entsprochen habe. Erstaunlicher Weise ist der Kläger dem mit dem Schriftsatz vom 08.09.2009 nicht nur nicht nachgekommen,
sondern darauf in keiner Weise überhaupt eingegangen. Vielmehr hat er sich auf allgemeines Klagen und die Vorlage von (unerheblichen)
Befunden zu einer Salmonellose beschränkt. Noch mehr hat überrascht, dass der Kläger einen Tag vor der mündlichen Verhandlung
zwar ein neuerliches Attest des Dr. S. vorgelegt hat, dieses aber dem ersten sehr ähnelt und bezüglich der so wichtigen Chronologie
der psychischen Befunde ebenso konturlos ist.
Aus dem Umstand, dass schließlich ein zweites Attest des Dr. S. vorgelegt worden ist, schließt der Senat, dass es dem Kläger
keineswegs unzumutbar war, diesen auf die oben beschriebene Bitte hin erneut zu konsultieren. Wenn aber gleichwohl ein zweites
Attest vorgelegt worden ist, das in keiner Weise mehr Informationswert besitzt als das erste, kann nicht ausgeschlossen werden,
dass der Kläger kein wirkliches Interesse hat, seiner Mitwirkungspflicht im Sozialgerichtsprozess gerecht zu werden. Daher
gereichen ihm die Unzulänglichkeiten der beiden ärztlichen Bescheinigungen in der Weise zum Nachteil, dass der Senat nach
den Grundsätzen der Amtsermittlung keinen neuen Aufklärungsbedarf sehen musste. Denn diese Unterlagen drängen zu dem Schluss,
dass Dr. S. ein über mehrere Jahre hinweg gleich bleibend ungünstiges Krankheitsbild ("wegen ähnlicher Beschwerden vor vier
bis fünf Jahren in Behandlung", "jahrelang resistent auf die Therapie"), nicht aber eine objektivierbare aktuelle Exazerbation
von relevanter Dauer attestiert hat. Dann aber stehen die Bescheinigungen in unauflösbarem Widerspruch zu dem überzeugenden
psychiatrischen Gutachten des Herrn R. und vermögen nichts zur Sachaufklärung beizutragen. Nur der Vollständigkeit halber
sei angemerkt, dass die Aussage des Dr. S., den Kläger würde nichts mehr interessieren, schlichtweg falsch ist. Auch ohne
medizinische Fachkenntnisse gelingt es, dies allein angesichts des engagierten und emotionalen Prozessverhaltens des Klägers
zu widerlegen.
Dafür, dass dem Kläger der Arbeitsmarkt unter dem Aspekt einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer
schweren spezifischen Leistungsbehinderung verschlossen sein könnte, bestehen keine Anhaltspunkte. Insbesondere bedarf es
keiner betriebsunüblichen Arbeitspausen und die Greiffunktionen der Hände sind weit gehend intakt.
Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheidet aus, weil der Kläger angesichts seiner bisherigen
Tätigkeit, die dem Bereich der ungelernten Berufe zuzuordnen ist, keinen Berufsschutz genießt. Im Hinblick auf den "letzten
Beruf" ist an die letzte Tätigkeit in Deutschland anzuknüpfen. In diesem Zusammenhang teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben
vom 24.01.2007 mit, nach gegenwärtigem Stand der Dinge müsse von einer ungelernten Tätigkeit ausgegangen werden. Wolle er
Berufsschutz geltend machen, solle er entsprechende Qualifikationsnachweise, welche die Beklagte beispielhaft aufzählte, vorlegen.
Darauf hin antwortete der Kläger lediglich, er sei in Deutschland zuletzt als Zustellungsfahrer mit einem 7,5 Tonnen-Lkw tätig
gewesen. Dementsprechend liegt eine Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vor.
Bezüglich des Arguments des Klägers, seine Leistungsfähigkeit dürfe in Deutschland nicht anders als in Kroatien bewertet werden,
wird gemäß §
153 Abs.
2 SGG auf die zutreffende Begründung im Urteil des Sozialgerichts verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch vor dem Bayerischen Landessozialgericht ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.