Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bei Fibromyalgie
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1962 geborene Kläger hat von September 1980 bis August 1983 den Beruf des Kfz-Mechanikers erlernt und von September 1988
bis Juli 1990 eine von der Arbeitsverwaltung finanzierte Umschulung zum Maschinenbautechniker sowie von Oktober 1995 bis Februar
1996 eine Ausbildung zum Qualitätsmanager/Qualitätsmanagement- beauftragten absolviert. Er war zunächst bis Juli 1984 als
Kfz-Mechaniker, dann als Montagehelfer/Staplerfahrer, Chauffeur, von 1985 bis 1987 erneut als Kfz-Mechaniker, von 1990 bis
1992 als technischer Anwendungsberater, von April bis Mai 1992 als Werkstattleiter, von März bis Dezember 1993 und von November
1994 bis März 1995 erneut als technischer Anwendungsberater sowie zuletzt von Juli 1996 bis April 2003 als Bauleiter Trapezblechbau
beschäftigt.
Der Kläger begehrte mit Antrag vom 14. September 2005 Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation von der Beklagten, die vom
28. November bis 16. Dezember 2005 im Reha-Zentrum in der Therme B-Stadt durchgeführt wurden. Dort wurde ausweislich des Entlassungsberichts
vom 28. Dezember 2005 ein Bandscheibenvorfall C 5/6, C 6/7und L 4/5 sowie eine Radikulopathie diagnostiziert und festgestellt,
dass der Kläger nicht nur in seiner letzten Tätigkeit als Maschinenbautechniker, sondern auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
nur noch 3 bis unter 6 Stunden leistungsfähig sei.
Am 2. März 2006 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Formblattantrag auf Zahlung von Rente wegen Erwerbsminderung. Er
verwies auf Schmerzen an rechter Schulter sowie Ober- und Unterarm mit Kraftverlust, Nackenschmerzen, Schmerzen im Lendenbereich
und Schlafstörungen. Er sei seit Juli 1987 erwerbsgemindert.
Die Beklagte gewährte daraufhin dem Kläger ausgehend von einem Eintritt des Leistungsfalls am 14. September 2005 Rente wegen
voller Erwerbsminderung auf Zeit ab 1. April 2006 bis 31. Mai 2007.
Auf seinen Weitergewährungsantrag vom 18. Januar 2007 hin zog die Beklagte diverse Befundberichte bei und holte ein orthopädisches
Gutachten von Dr. S. vom 13. März 2007 ein. Dieser stellte beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen fest:
1.Degeneratives HWS-Syndrom mit chronischen Cervicobrachialgien rechts bei kernspintomographisch gesicherten Bandscheibenvorfällen
HWK 6/7 und 5/6
2.Degeneratives LWS-Syndrom bei multisegmentalem Bandscheibengeschehen im Sinne von Protrusionen und Spondylochondrose L 4/5
3.Chondromalacie patellae beidseits
4.Leichtgradiges Impingementsyndrom bei Tendinitis calcarea der rechten Schulter.
5. Arterielle Hypertonie.
Die Hauptproblematik des Klägers liege im Bereich der Halswirbelsäule bei bekannten Bandscheibenvorfällen. Ein neurologisches
Defizit sei jedoch nicht feststellbar gewesen, auch fehlten jegliche Zeichen für ein chronisches Geschehen im Sinne einer
signifikanten Muskelathropie oder einer verminderten Beschwielung der rechten Hand. Im Bereich der Lendenwirbelsäule habe
sich ein weitgehend unauffälliger Befund ohne jegliche radikuläre Symptomatik oder neurologische Defizite gezeigt. Der Kläger
könne als Bauleiter sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig ausüben. Der
Antrag wurde daraufhin mit Bescheid vom 28. März 2007 abgelehnt.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und trug vor, seit der ersten Rentenbewilligung habe sich sein Zustand nicht verbessert,
sondern verschlimmert. Sein behandelnder Arzt Dr. K. habe sich für eine Weitergewährung der Rente ausgesprochen. Er habe Schmerzen
an Schulter, Ober- und Unterarm mit Bewegungseinschränkungen und Kraft- sowie Koordinationsverlust. Schmerzen bestünden auch
im Lendenwirbelbereich sowie an beiden Beinen. Die Beklagte zog sodann einen Befundbericht von Dr. K. bei und holte ein neurologisch-psychiatrisches
Gutachten von Dr. H. vom 20. Juli 2007 ein. Dieser diagnostizierte eine Cervicobrachialgie rechtsseitig, rezidivierende Lumboischialgien
bei Bandscheibenprolaps, einen Verdacht auf Spannungskopfschmerz sowie eine Hypertonie. Dr. H. führte aus, der neurologische
Befund sei unauffällig. Unter Inkaufnahme von Schmerzen sei Kraftentfaltung möglich. Da die Bandscheibenvorfälle nachgewiesen
seien, sei eine Schmerzsymptomatik glaubhaft. Der Kläger sollte somit keiner körperlichen Belastung ausgesetzt werden. Aufsichtsführende
und kontrollierende Tätigkeiten erschienen noch 3 bis unter 6 Stunden zumutbar. Eine Ganztagestätigkeit dürfte aktuell noch
zu belastend sein, könnte jedoch in weiterer Zukunft angestrebt werden.
Daraufhin wurde dem Kläger mit Bescheid vom 13. September 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit über den 31. Mai
2007 hinaus bis 31. August 2008 gewährt.
Am 12. März 2008 begehrte der Kläger die Weiterzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den Wegfallzeitpunkt hinaus.
Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten von Dr. F. vom 17. April 2008 ein. Dr. F. stellte beim Kläger folgende Diagnosen:
1.Lokales Zervikalsyndrom bei Zustand nach Bandscheibenprotrusion HWK 4/5, 5/6, 6/7, sowie flachbogiger Bandscheibenprolaps
HWK 6/7 ohne neurologische Symptomatik
2.Lumbalgien beidseits, Zustand nach Bandscheibenprolaps L 4/5, Osteochondrose L 4/5
3.Verdacht auf PHS-Calcarea links
4.Übergewicht
5. Adipositas.
Dr. F. erklärte, die Körperstatur des Klägers mit kräftigem, sehr muskelbetontem Körperhabitus und Übergewicht stünde im Kontrast
zu dessen multiplen Beschwerden. Es fänden sich leichte Einschränkungen der Halswirbel- und der Lendenwirbelsäule. Aus orthopädischer
Sicht bestünden auch für körperliche Tätigkeiten keine Einschränkungen. Der Kläger sei 6 Stunden und mehr für Tätigkeiten
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig.
Der weiterhin von der Beklagten beauftragte Neurologe und Psychiater Dr. S. stellte eine Cervicobrachialgie rechts sowie rezidivierende
Lumboischialgien bei Bandscheibenprolaps fest. Der Kläger habe seine Schmerzen glaubhaft ohne Aggravationstendenz geschildert.
Es bestehe nach wie vor eine Leistungsminderung von unter 3 Stunden täglich. Es solle jedoch darauf hingewiesen werden, dass
bisher keine konsequente Schmerztherapie durchgeführt worden sei.
Der sozialmedizinische Dienst der Beklagten erklärte hierzu, dem Gutachten könne nicht gefolgt werden. Dr. S. gebe zwar die
Angaben des Versicherten hinsichtlich der Schmerzthematik wieder. Eine hinreichende Beschreibung der sozialmedizinisch relevanten
Aspekte fehle jedoch. Eine fachspezifische Behandlung der Schmerzsymptomatik finde nicht statt. Es liege ein Behandlungsfall
vor.
Der Antrag wurde daraufhin mit angefochtenem Bescheid vom 22. Mai 2008 abgelehnt.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch berief sich der Kläger auf das Gutachten von Dr. S ... Dieser habe bestätigt, dass
sich keine Änderung seines Zustandes ergeben habe. Er wies erneut auf die bei ihm bestehenden Schmerzen und Bewegungseinschränkungen
an den oberen und unteren Extremitäten hin.
Nach Beiziehung weiterer Befundberichte und deren sozialmedizinischer Auswertung wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid
vom 3. September 2008 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und vorgetragen, seine Beschwerden hätten sich im Vergleich zu den vorherigen Rentenbewilligungsbescheiden verschlechtert.
Ein Wegfall der Rente komme daher keinesfalls in Betracht. In diese Richtung habe sich auch der Neurologe geäußert. Das Reha-Zentrum
B-Stadt, Dr. H. und Dr. S. hätten eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Klägers festgestellt. Dies entspreche der Beurteilung
des den Kläger seit Jahren behandelnden Orthopäden Dr. K ... Der Kläger sei auch im privaten Bereich stark eingeschränkt.
Er könne keinen Sport mehr betreiben, nur noch teilweise Hausarbeiten erledigen. Der Schlaf sei häufig unterbrochen. Auch
habe er Angst vor immer wieder unvermittelt auftretenden Schmerzanfällen.
Das SG hat einen Befundbericht des Orthopäden Dr. K. eingeholt und gemäß §
106 Sozialgerichtsgesetz -
SGG - Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. F. vom 17. März 2009 und eines nervenärztlichen
Gutachtens von Dr. B. vom 2. Juli 2009.
Dr. F. hat beim Kläger folgende Diagnosen gestellt:
1.Chondrosis intervertebralis der Halswirbelsäule mit Protrusionen und Bandscheibenprolaps C5/6
2.Geringe Osteochondrose L 4 bis S 1, kernspintomographisch auch erosive Spondylochondrose L 4/5, kleine Bandscheibenvorfälle
L 3 bis S 1
3.Tendinitis calcarea der rechten Schulter
4.Nebendiagnosen: ausgeprägtes Übergewicht, atypischer Tennisarm links, leichte lockere Spreizfüße.
Der Kläger sei noch in der Lage, leichte bis zeitweise mittelschwere Arbeiten mit gelegentlichem Wechsel zwischen Sitzen und
Stehen 6 Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien das Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken, Überkopfarbeiten
mit dem rechten Arm und Zwangshaltungen der Halswirbelsäule. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte
bestünden nicht.
Dr. B. stellte beim Kläger ein chronifiziertes Schmerzsyndrom bei degenerativem LWS-Syndrom ohne Nervenwurzelreizerscheinungen
und ohne nervenwurzelbezogenes sensibles oder motorisches Defizit sowie bei degenerativem HWS-Syndrom ohne Irritation oder
Schädigung einer von der HWS ausgehenden Nervenwurzel, eine Tendinitis calcarea der rechten Schulter, ein vordiagnostiziertes
Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS) sowie rezidivierende Spannungskopfschmerzen fest. Im Übrigen verwies er auf die von
Dr. F. auf orthopädischem Fachgebiet festgestellten Gesundheitsstörungen.
Der Kläger sei noch in der Lage, leichte Arbeiten möglichst wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen, überwiegend allerdings
in sitzender Position, in geschlossenen Räumen, bei Ausschluss von Kälte und Nässe auch im Freien, 6 Stunden mit den arbeitsüblichen
Unterbrechungen zu verrichten. Nicht mehr zumutbar seien das Heben und Tragen schwerer Lasten, häufiges Bücken, Tätigkeiten
in gebückter Position oder in der Hocke, Überkopfarbeiten, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Zeitdruckarbeiten. Beschränkungen
hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht.
Hierzu hat der Kläger ausgeführt, Dr. B. habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, wie sich der Gesundheitszustand
des Klägers in der letzten Zeit gebessert habe. Auch hätte Dr. B. erläutern müssen, weshalb Dr. S. zu einer Leistungsfähigkeit
von unter 3 Stunden komme, während im Übrigen von einer vollen Leistungsfähigkeit ausgegangen werde. Auch berücksichtige er
nicht das orthopädische Gutachten. Es seien zahlreiche Aussagen des Klägers unzutreffend oder gar nicht wiedergegeben worden.
Den vom Gutachter erwähnten Körperhabitus habe er von seinem Vater geerbt. Der Kläger habe bis Ende 20 körperliche Tätigkeiten
im Beruf und beim Sport absolviert. Das Gutachten von Dr. S. sei nicht deswegen automatisch mangelhaft, weil es relativ knapp
gehalten sei.
In seiner ergänzenden Stellungnahme hierzu vom 20. September 2009 hat Dr. B. an seiner sozialmedizinischen Beurteilung festgehalten.
Auf Antrag des Klägers gemäß §
109 SGG hat das SG ein weiteres orthopädisches Gutachten von Dr. S. vom 27. April 2010 eingeholt. Dr. S. hat beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen
festgestellt:
1.Pseudoradikuläres Zervikalsyndrom mit gering- bis mittelgradiger Funktionseinschränkung bei Abnutzung Bandscheibe HWK 5/6
und 6/7; linksseitiger Prolaps HWK 6/7 ohne sensomotorische Ausfälle
2.Lokales bis pseudoradikuläres Lumbalsyndrom, nebenbefundlich Spina bifida occulta S 1
3.Tendinosis supraspinatus beide Schultergelenke mit Impingement rechts vermehrt bei fibro-zystischen Umbauten Tuberculum
majus mit endgradigen Bewegungseinschränkungen beidseits
4.Leichte Chondropathia patellae beide Knie ohne funktionelle Auswirkungen
5. Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung
6. Coxarthrose Grad 1 linkes Hüftgelenk ohne funktionelle Einschränkungen.
Aktuell hinzugekommen sei der Verdacht auf ein Aspergersyndrom.
Der Kläger sei noch in der Lage, mittelschwere körperliche Tätigkeiten 6 Stunden und mehr im Freien und in geschlossenen Räumen
zu verrichten. Schweres Heben und Tragen sowie dauernde Überkopfarbeiten, Publikumsverkehr oder Stressbelastung sollten vermieden
werden. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Hinsichtlich des Aspergersyndroms
sollte eine weitere psychiatrische Untersuchung des Klägers abgewartet werden.
Der Kläger übersandte daraufhin einen Befundbericht des Klinikums D-Stadt, in dem ein Fibromyalgie-Syndrom, ein chronisches
LWS-Syndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung sowie ein Verdacht auf eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit körperlichen
und psychischen Faktoren festgestellt wurden. Ferner wurde ein Bericht der Klinik A. vorgelegt, wonach beim Kläger der Verdacht
auf Asperger Autismus, DD: kombinierte Persönlichkeitsstörung mit anankastischen und schizoiden Anteilen, bestehen würde.
Das SG hat daraufhin die Klage mit Urteil vom 23. September 2010 unter Berufung auf die Gutachten von Dr. F., Dr. B. und Dr. S.
abgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und zur Begründung und unter Bezugnahme auf
die zuletzt übersandten Befundberichte ausgeführt, beim Kläger liege ein Asperger-Autismus sowie eine Fibromyalgie vor. Die
chronischen Schmerzen führten zu einer depressiven Grundstimmung, die mit den festgestellten Einschränkungen auf orthopädischem
Gebiet sowie dem gleichzeitig festgestellten Autismus zu einer vollen Erwerbsminderung führen würden. Inzwischen habe sich
der Verdacht auf den Asperger-Autismus bestätigt. Ein weiterer Befundbericht der Klinik A. wurde vorgelegt.
Der Senat hat gemäß §
106 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. D ... Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten
vom 31. August 2011 festgestellt, auf neurologischem Fachgebiet seien keine Befunde von Krankheitswert zu erheben. In psychiatrischer
Hinsicht handele es sich um eine somatoforme Schmerzstörung vor dem Hintergrund einer akzentuierten Persönlichkeit mit vorwiegend
histrionischen Anteilen. Darüber hinaus liege eine Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen (früher Rentenneurose)
vor. Der Kläger könne noch mittelschwere und leichte Arbeiten aus unterschiedlicher Ausgangsposition heraus überwiegend in
geschlossenen Räumen vollschichtig verrichten. Schwere körperliche Tätigkeiten sollten vermieden werden. Verrichtungen, die
üblicherweise in ungelernten Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen, seien möglich. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit
lasse sich nicht begründen. Die Umstellungsfähigkeit des Klägers auf andere Tätigkeiten sei nicht eingeschränkt.
Hierzu hat der Kläger ausgeführt, es sei nicht nur ein Verdacht auf Asperger-Autismus geäußert worden, sondern es sei eine
diesbezügliche Diagnose auch mit Fremdanamnese gestellt worden. Die Sachverständige scheine in diesen Bereichen lediglich
rudimentäre Kenntnisse zu haben.
Auf Antrag des Klägers hat der Senat gemäß §
109 SGG Beweis erhoben durch ein psychiatrisches Gutachten von Dr. C. vom 12. Mai 2012. Die Gutachterin diagnostizierte beim Kläger
eine somatoforme Schmerzstörung bei akzentuierter Persönlichkeit mit histrionischen, narzisstischen und paranoiden Anteilen,
ein degeneratives HWS-Syndrom mit rezidivierendem, radikulärem Schmerzsyndrom C 5/6, C 6/7, rechts betont, mit Einschränkungen
der Oberflächensensibilität, einen Spannungskopfschmerz, ein degeneratives LWS-Syndrom ohne neurologisches Defizit, sowie
- vordiagnostiziert - eine Chondromalacia patellae beidseits und ein leichtgradiges Impingement-Syndrom bei Tendinitis calcarea
der rechten Schulter. Wesentliche Gesundheitsstörungen seien nicht hinzugekommen oder weggefallen. Der Kläger könne noch vollschichtig
leichte und mittelschwere Arbeiten vorzugsweise in geschlossenen Räumen im Gehen, Stehen und Sitzen, vorzugsweise mit der
Möglichkeit eines Positionswechsels mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen verrichten. Zu vermeiden seien das Heben und Tragen
von Lasten über 7,5 Kilogramm, dauernde Überkopfarbeiten, Arbeiten unter Zeitdruck oder mit überwiegendem Publikumsverkehr.
Die Umstellungsfähigkeit des Klägers sei nicht eingeschränkt.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 5. Juni 2012 wurde dem Kläger eine Frist zur Stellungnahme binnen 4 Wochen gesetzt und darauf
hingewiesen, dass die Beweisaufnahme abgeschlossen sei.
Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2012 hat der Kläger ausgeführt, das Gutachten von Dr. C. enthalte einige Unregelmäßigkeiten. Insbesondere
das Problem im Zusammenhang mit der Fibromyalgie werde nicht ausreichend und korrekt wiedergegeben. Um Fristverlängerung bis
10. August 2012 wurde gebeten. Das Gericht teilte daraufhin dem Kläger mit, dass der Rechtsstreit für den 8. August 2012 zur
Sitzung vorgesehen sei. Bis dahin könne eine Stellungnahme übersandt werden. Die Frist für eine eventuell erneute Stellung
eines Antrags nach §
109 SGG werde damit jedoch nicht verlängert.
Mit Schreiben vom 6. August 2012 hat der Kläger geltend gemacht, die Ausführungen der Sachverständigen zur Fibromyalgie seien
unzureichend. Die Diagnose ICD-10 M79.7 Fibromyalgie sei von ihr nicht beachtet worden. Diese Diagnose erkläre die Beschwerden
des Klägers und führe zur vollständigen Erwerbsminderung. Es wurde beantragt, gemäß §
109 SGG ein Gutachten von Dr. O. einzuholen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 23. September 2010 und des Bescheids der Beklagten
vom 22. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. September 2008 zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung
über den 31. August 2008 hinaus entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Akten des SG sowie der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 22. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.
September 2008 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem
Kläger steht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß §
43 Abs.
2 SGB VI und Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß §
43 Abs.
1 SGB VI zu. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§
43 Abs.
1,
240 Abs.
1,
2 SGB VI scheidet von vornherein aus, da der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist.
Gem. §
43 Abs.
1,
2 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie
1.teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2.in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit haben und
3.vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer
Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig
zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. §
43 Abs.
3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein
kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem SG und dem LSG steht für den erkennenden Senat fest, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers zwar qualitativ hinsichtlich der
Art und Schwere der noch möglichen Tätigkeiten gemindert ist, ohne dass die qualitativen Leistungseinschränkungen jedoch einen
rentenerheblichen Umfang angenommen hätten. Eine quantitative Leistungseinschränkung liegt nicht vor. Der Kläger kann nach
den übereinstimmenden Feststellungen aller Gerichtssachverständigen noch 6 Stunden täglich und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
zumindest leichte Arbeiten verrichten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat besteht sogar noch ein Leistungsvermögen
von 6 Stunden und mehr für mittelschwere Arbeiten.
Im Vordergrund stehen beim Kläger die Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet. Bei der letzten Untersuchung des
Klägers durch Dr. C. war der Kläger von athletischer Erscheinung, übergewichtig und in einem guten Allgemeinzustand. Die orientierende
körperliche Untersuchung ergab keine Auffälligkeiten. Neurologisch fand sich kein Anhalt für eine Beeinträchtigung im Bereich
der Hirnnerven. Pathologische Reflexe waren nicht festzustellen, die grobe Kraft an den oberen und unteren Extremitäten war
seitengleich vorhanden. Gravierende Beeinträchtigungen der Koordination lagen beim Kläger ebenfalls nicht vor.
In psychischer Hinsicht war der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. C. wach und in allen Qualitäten orientiert. Der interpersonale
Kontakt war gut herstellbar. Der Kläger war in der Lage, konzentriert und aufmerksam am Gespräch teilzunehmen. Die Auffassung
erschien ungestört. Es zeigte sich ein besonnener und planvoller Umgang in der Beantwortung von Fragen. Der formale Gedankengang
war weitgehend geordnet, das Denken schien flüssig, teils weit ausholend. Inhaltlich dominierte eine Fokussierung auf die
Beschwerden im Bereich des gesamten Skelettsystems. Affektiv war der Kläger überwiegend in positiver Grundstimmung. Der Antrieb
war reduziert bei gutem interpersonalen Rapport. Auffälligkeiten in der Prosodie, Artikulation und Sprechweise traten nicht
auf. Stimme, Gestik und Mimik waren differenziert und moduliert. Der Blickkontakt war flüssig und der Situation angemessen.
Ein Anhalt für psychotisches Erleben, Ich- oder Wahrnehmungsstörungen ergab sich nicht.
Dr. C. hat ausgeführt, dass bei Berücksichtigung von Anamnese und psychopathologischem Befund kein Anhalt für eine depressive
Störung bestehe. Von einer somatoformen Schmerzstörung sei jedoch auszugehen. Die Diagnose eines Asperger-Syndroms könne nicht
bestätigt werden. Der Kläger weise nicht die charakteristischen Beeinträchtigungen der Kommunikation, sozialen Interaktion
sowie keine stereotypen Verhaltensmuster mit eingeschränktem Verhaltensrepertoire auf. Der psychopathologische Befund der
Klinik A. sei blande im Hinblick auf die für die Asperger-Diagnose typischen Kennzeichen. Er baue vielmehr im Wesentlichen
auf der Eigenanamnese des vorgebildeten Klägers auf. Klinisch und anamnestisch hätte sich darüber hinaus auch kein Anhalt
für das Vorliegen eines Aufmerksamkeit-Defizits-Syndroms ergeben.
Dr. C. hat auch kein Fibromyalgie-Syndrom bestätigt. Selbst wenn es vorliegen sollte, so prägt es nach ihrer, den Senat überzeugenden
Einschätzung jedenfalls das gesamte Beschwerdebild des Klägers nicht entscheidend und könne es auch nicht besser erklären.
Der Senat bleibt bei seiner Auffassung, dass die Fibromyalgie, der eine organisch nicht fassbare Erkrankung zu Grunde liegt,
nicht per se eine Berentungsdiagnose darstellt (vgl. auch BayLSG, Urteil vom 6. Oktober 2010, Az. L 13 R 253/09, in [...]). Schonung und Entpflichtung im Alltags- und Berufsleben sind eher kontraproduktiv, während eine adäquate Eingliederung
in eine angepasste Arbeit fibromyalgie-typische Beschwerden tendenziell eher günstig beeinflusst.
Nach den für den Senat nachvollziehbaren, auch die Gesundheitsstörungen des Klägers auf orthopädischem Fachgebiet mitberücksichtigenden
zusammenfassenden Ausführungen von Dr. C. gibt es keinen nachvollziehbaren Grund, warum der Kläger nicht vollschichtig körperlich
leichte bis mittelgradig beanspruchende Arbeiten verrichten können sollte.
Dieses Ergebnis steht in Übereinstimmung mit den Feststellungen von Dr. D ... Dr. D. hat ebenfalls keine neurologische Ausfälle
und keine krankheitswertige depressive oder ängstliche Verstimmung feststellen können. Ein Leidensdruck wurde zwar angegeben,
war aber in der Gegenübertragung nicht spürbar. Die emotionale Schwingungsfähigkeit des Klägers war ausreichend gegeben. Die
vom Kläger geltend gemachte massive Antriebshemmung war für die Sachverständige in sich wenig plausibel. Bei Dr. D. zeigten
sich keine Einbußen in Bezug auf Konzentration, Aufmerksamkeit und Gedächtnis. Auch hier waren inhaltliches und formales Denken
regelgerecht bei jeglichem Fehlen von Hinweisen auf eine psychotische Symptomatik. Eine innere Unruhe oder Anspannung des
Klägers war nicht feststellbar. Verdeutlichungstendenzen waren nach der Einschätzung der erfahrenen Gerichtssachverständigen
unverkennbar. Nach Feststellung der Sachverständigen liegt beim Kläger eine Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen
Gründen vor. Es besteht kein Zweifel, dass die vom Kläger geschilderten Symptome ausschließlich subjektiv anzusiedeln sind
bei fehlendem echten Leidensdruck und bewusstseinsnaher Ansiedlung des Geschehens sowie erheblichem sekundärem Krankheitsgewinn.
Diese früher als Rentenneurose bezeichnete Störung ist aber für den Kläger mit zumutbarer Willensanstrengung überwindbar.
Auch Dr. B. teilt in seinem umfangreichen und sorgfältig erarbeiteten Gutachten diese Einschätzung des Leistungsvermögens
des Klägers. Sämtliche Gerichtsgutachten unterscheiden sich in ihrer sorgfältigen Ausarbeitung und genauen Begründung deutlich
von den Ausführungen des Dr. S., der seine Einschätzung nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar begründet hat. Die bloße
Mitteilung von Diagnosen und die dann in einem kurzen Absatz folgende Feststellung, es bestehe eine Leistungsminderung von
unter 3 Stunden täglich, zusätzlich noch kombiniert mit dem Hinweis, dass bisher keine konsequente Schmerztherapie durchgeführt
worden sei, erfüllt offensichtlich nicht die Anforderungen, die man berechtigterweise an ein Gutachten stellen kann.
Aus orthopädischer Sicht ergibt sich ebenfalls kein Befund, der das Rentenbegehren des Klägers stützen könnte. Insoweit haben
Dr. F. und Dr. S. übereinstimmend festgestellt, dass die nachgewiesenen degenerativen Veränderungen des Klägers insbesondere
an Wirbelsäule, Schultern, Hüfte und Knien die vom Kläger geschilderten Schmerzen und Beschwerden nicht zureichend erklären
können. Nach den Ausführungen von Dr. S. besteht insoweit ein deutliches Missverhältnis. Dr. S. hat nach Auffassung des Senats
völlig zurecht darauf hingewiesen, dass der Bericht der Therme B-Stadt aus dem Jahr 2005, der Grundlage für die erste Rentengewährung
gewesen ist, völlig insuffizient ist. In ihm wird mit keinem Wort nachvollziehbar erklärt, warum der Kläger auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt nicht vollschichtig leistungsfähig sein könnte. Auch Dr. H. hat ohne jegliche nachvollziehbare Begründung und
ohne Feststellung von Sensibilitätsstörungen oder Motorikstörungen und bei unauffälligem Laségue beidseits ohne Paresen eine
quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers angenommen. Der Senat teilt die Auffassung von Dr. S., dass
bereits zum damaligen Zeitpunkt eine vollschichtige Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestanden hat. Im
übrigen setzt ein Anspruch auf Weitergewährung einer Zeitrente nicht voraus, dass der Nachweis einer Besserung des Gesundheitszustandes
des Klägers gelingt. Vielmehr ist zunächst vom Rentenversicherungsträger und dann ggf. von den Gerichten ohne Bindung an die
Feststellungen, die Grundlage für die Gewährung einer Zeitrente war, zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine erneute Gewährung
einer Rente wegen Erwerbsminderung vorliegen.
Dr. S. hat - in Übereinstimmung mit Dr. F. - aus den vorliegenden Befunden überzeugend abgeleitet, dass der Kläger noch leichte
bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten kann. Seine Vorbehalte in Bezug auf ein möglicherweise
vorliegendes Asperger-Syndrom sind durch Dr. C. überzeugend ausgeräumt worden.
Der Senat ist damit davon überzeugt, dass der Kläger noch mindestens 6 Stunden täglich leichte und sogar mittelschwere Tätigkeiten
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten kann.
Auf Grund dieses quantitativen Einsatzvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt scheidet eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
und erst recht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aus. Ein Rentenanspruch ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger
unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden allgemeinen Arbeitsmarktes keine Tätigkeit finden würde.
Denn bei ihm liegen weder ein nur eine Teilzeit erlaubendes Erwerbsvermögen noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen
oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit
erforderlich machen würde. Auch für sonstige sogenannte Katalogfälle (vgl. SozR 2200 § 1246 Nrn. 30, 75, 81, 90, 104, 109,
117; SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8, § 1246 Nr. 41) liegt - nach den Feststellungen der Sachverständigen und der Überzeugung des
erkennenden Gerichts - keinerlei Anhalt vor, insbesondere besteht keine renterelevante Einschränkung der Wegefähigkeit des
Klägers.
Zur Einholung eines weiteren Gutachtens fühlte sich der Senat aufgrund der Vielzahl der vorliegenden Gutachten, in denen auch
zu einer möglichen Fibromyalgieerkrankung des Klägers eingehend Stellung genommen worden ist, nicht gedrängt. Der Antrag gemäß§
109
SGG auf Einholung eines weiteren Gutachtens von Dr. O. wurde nicht innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist gestellt. Er wurde
in der mündlichen Verhandlung dementsprechend nicht aufrechterhalten.
Damit scheidet die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung aus.
Die Kostenentscheidung (§
193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. §
160 Abs.
2 SGG), liegen nicht vor.