Gründe:
I. Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren hat.
Der Kläger ist 1956 geboren und hat seinen derzeitigen Wohnsitz in Bosnien-Herzego-wina.
Am 26.04.2005 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung durch die Beklagte. Diesen Antrag lehnte
die Beklagte mit Bescheiden vom 10.01.2006, 11.04.2006 und 03.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2006
ab.
Die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Landshut mit Urteil vom 19.10.2007 als unbegründet abgewiesen.
Das Urteil ist dem Kläger an seinen Wohnsitz in Bosnien-Herzegowina am 06.11.2007 per Einschreiben-Rückschein zugestellt worden;
der Rückschein ist vom Kläger selbst unterschrieben worden.
Mit Schreiben vom 25.01.2008 hat der Kläger Berufung erhoben. Dieses Schreiben hat der Kläger per Einschreiben am 29.01.2008
in Bosnien-Herzegowina zur Post gegeben. Wie sowohl dem vom Kläger vorgelegten Postaufgabebeleg als auch dem zugehörigen Briefumschlag
zu entnehmen ist, ist das Schreiben nicht als prioritaire Sendung oder als Luftpost aufgegeben worden. Der Eingang beim Bayerischen
Landessozialgericht ist am 08.02.2008 erfolgt.
Auf den Hinweis des Gerichts auf die Verfristung der Berufung hin (Schreiben vom 20.02.2008) hat sich der Kläger mit Schreiben
vom 11.03.2008 dahingehend geäußert, ihm sei bekannt, dass die Berufung innerhalb von drei Monaten bei Gericht eintreffen
solle. Er sei aber gleichzeitig davon ausgegangen, dass er die Berufung innerhalb von drei Monaten abschicken solle, und aufgrund
dessen der Meinung gewesen, dass die Berufung fristgemäß bei Gericht eintreffe. Seine Deutschkenntnisse seien nicht ausreichend
und er müsse bei jeder Antwort an das Gericht einen Übersetzer bezahlen. Aus der von ihm vorgelegten Kopie des Postaufgabebelegs
sei zu ersehen, dass die Berufung am 29.01.2008 per Expresspost abgeschickt worden sei. Es sei ihm versichert worden, dass
die Sendung nicht mehr als sechs Tage dauern werde. Er bitte, dies als Entschuldigung zu akzeptieren.
Eine mit gerichtlichem Schreiben vom 28.07.2008 vom Kläger erbetene Bescheinigung seines Postamtes zur Frage der üblichen
Postlaufzeiten hat der Kläger nicht vorgelegt, da dies in Bosnien-Herzegowina nicht üblich sei. Wie auch schon vom Gericht
festgestellt, seien nicht selten Postlaufzeiten von zwei Wochen und mehr anzutreffen. Es sei natürlich nicht in seinem Sinne,
dass das Schreiben erst am 08.02.2008 bei Gericht eingegangen sei; als normaler Bürger habe er aber keinen weiteren Einfluss,
als die Briefmarken und Sendung ganz normal zu bezahlen (Schreiben vom 11.08.2008).
Auf Nachfrage des Gerichts zu den Postlaufzeiten von Bosnien-Herzegowina nach Deutschland hat die Deutsche Post mit Schreiben
vom 04.08.2008 folgende Auskunft erteilt: Den vorgelegten Belegen (Postaufgabebeleg und Briefumschlag) sei zu entnehmen, dass
der Berufungsschriftsatz des Klägers mit der Zusatzleistung Einschreiben eingeliefert worden sei. Die Zusatzleistung Einschreiben
habe keinen Einfluss auf die Laufzeit einer Sendung. Grundsätzlich würden im internationalen Bereich die Sendungsströme nach
Luft- (prioritaire) und Land/Seebeförderung (non-prioritaire) unterschieden. Sendungen mit dem Vermerk "Luftpost", "Air Mail"
oder "Prioritaire" würden im internationalen Postverkehr auf dem schnellstmöglichen Weg befördert. Fehle diese Kennzeichnung,
würden die Sendungen auf dem kostengünstigsten und damit langsameren Land/Seeweg transportiert. Auch die weitere Bearbeitung
der Sendungen erfolge für prioritaire Sendungen vor non-prioritaire Sendungen. Regelmäßig durchgeführte Laufzeitprüfungen
hätten ergeben, dass die Laufzeiten für prioritaire Sendungen aus Bosnien-Herzegowina ca. sechs bis acht Tage betrügen, non-prioritaire
Briefsendungen hingegen mehr als 10 Tage bis zur Auslieferung benötigen würden. Es sei allerdings zu bemerken, dass es sich
hierbei um Erfahrungswerte, nicht um Laufzeitgarantien handle. Es könne leider immer wieder vorkommen, dass einzelne Sendungen
eine etwas längere Zeit benötigen würden, als die gewonnenen Erfahrungswerte ergeben hätten.
Mit Schreiben vom 03.09.2008 hat der Kläger mitgeteilt, dass die Sendung (des Berufungsschriftsatzes) von der bosnischen Post
zurückverfolgt worden sei, und dazu einen nach seiner Auskunft von der bosnischen Post stammenden Ausdruck vorgelegt. Diesem
Ausdruck vom 28.08.2008, der die ausstellende Stelle nicht eindeutig erkennen lässt, ist zu entnehmen, dass das Einschreiben
vom 29.01.2008 zum Transport mit einem Flug am 30.01.2008 (Abflugzeit 16:15 Uhr) vorgesehen war. Weiter hat der Kläger darauf
hingewiesen, dass er eine Beförderung per Luftpost nicht extra habe zahlen müssen, da die Post ohnehin auf dem Luftweg befördert
werde. Der Berufungsschriftsatz sei bereits am 30.01.2008 in Deutschland gewesen; warum die Sendung erst nach acht Tagen angekommen
sei, habe man ihm nicht sagen können.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 19.10.2007 und die Bescheide vom 10.01.2006, 11.04.2006 und 03.05.2006 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2006 aufzuheben und ihm Rente wegen Erwerbsminderung durch die Beklagte zuzusprechen.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 04.03.2008 beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als sachlich unbegründet zurückzuweisen.
Dem Senat haben die Prozessakten beider Rechtszüge und die Akten der Beklagten vorgelegen. Zur Ergänzung des Sachverhalts,
insbesondere hinsichtlich des Vortrags der Prozessbeteiligten, wird hierauf Bezug genommen.
II. Das Gericht kann gemäß §
158 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung (§
124 Abs.
3 SGG) entscheiden. Nach den Grundsätzen über die Gewährung rechtlichen Gehörs ist es ausreichend, dass der Berufungskläger vor
der Entscheidung darauf, dass und aus welchen Gründen die Berufung unzulässig sein könnte, hingewiesen und ihm Gelegenheit
zur Stellungnahme gegeben worden ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer,
SGG, 9. Aufl., §
158, Rn. 8).
Die Berufung ist unzulässig, da sie nach Ablauf der Berufungsfrist eingelegt worden ist und ein Wiedereinsetzungsgrund nicht
gegeben ist.
Gemäß §
151 Abs.
1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist gemäß §
151 Abs.
2 SGG auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten
der Geschäftsstelle eingelegt wird. Ist das Urteil im Ausland zugestellt worden, beträgt die Berufungsfrist gemäß §§
151 Abs.
1,
87 Abs.
1 Satz 2
SGG nicht ein, sondern drei Monate.
Gemäß §
66 Abs.
1 SGG beginnt die Berufungsfrist nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über das mögliche Rechtsmittel, das Gericht, bei dem der
Rechtsbehelf anzubringen ist, seinen Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist.
Weitere Voraussetzung für den Beginn des Fristlaufs ist, dass das angefochtene Urteil ordnungsgemäß zugestellt worden ist
(§§
151 Abs.
1,
63 Abs.
1 SGG). Zugestellt wird im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit grundsätzlich nach den Bestimmungen der
Zivilprozessordnung -
ZPO - (§
63 Abs.
2 Satz 1
SGG). Eine Zustellung im Ausland erfolgt durch Einschreiben mit Rückschein, soweit aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen
Schriftstücke unmittelbar durch die Post übersandt werden dürfen (§
183 Abs.
1 Nr.
1 ZPO), anderenfalls durch die Behörden des fremden Staates oder durch die diplomatische oder konsularische Vertretung des Bundes,
die in diesem Staat residiert, (§
183 Abs.
1 Nr.
2 ZPO) oder durch das Auswärtige Amt an einen Deutschen, der das Recht der Immunität genießt und zu einer Vertretung der Bundesrepublik
Deutschland im Ausland gehört (§
183 Abs.
1 Nr.
3 ZPO). Lässt sich eine formgerechte Zustellung nicht belegen oder sind zwingende Zustellungsvorschriften verletzt, so gilt die
Zustellung in dem Zeitpunkt als erfolgt, in dem ein tatsächlicher Zugang an den Adressaten nachgewiesen ist (§
189 ZPO).
Ob im vorliegenden Fall das Sozialgericht mit der Zustellung des Urteils per Einschreiben mit Rückschein an den Kläger an
dessen Wohnsitz in Bosnien-Herzegowina eine zulässige Form der Zustellung gewählt hat (ein Sozialversicherungsabkommen zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bosnien-Herzegowina ist bislang nicht abgeschlossen worden; ob das Abkommen
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom
12.10.1968 auf die Republik Bosnien-Herzegowina als Nachfolgestaat der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien anwendbar
ist, ist nicht abschließend geklärt), kann dahingestellt bleiben, da ein etwaiger Zustellungsmangel gemäß §
189 ZPO, der auch bei der Zustellung eines sozialgerichtlichen Urteils gemäß §
63 Abs.
2 Satz 1
SGG zur Anwendung kommt, geheilt wäre. Danach gilt ein Dokument, wenn zwingende Zustellungsvorschriften verletzt sind, in dem
Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Schriftstück dem Adressaten tatsächlich zugegangen ist. Diese Vorschrift, die eine uneingeschränkte
Heilbarkeit einer Verletzung von Zustellungsvorschriften vorsieht, dient der Rechtssicherheit, der Prozesswirtschaftlichkeit
und der Gerechtigkeit; Prozessrecht darf niemals zum Selbstzweck werden. Allerdings muss mangels Einhaltung der gesetzlichen
Form an das Erfordernis des Zugangs ein strenger Maßstab angelegt werden (vgl. Hartmann, in: Baumbach, Lauterbach, Albers,
Hartmann,
ZPO, 64. Aufl., §
189, Rn. 2). Im vorliegenden Fall ist der Zugang bei Zugrundelegung strenger Anforderungen nachgewiesen, da der Kläger den vorliegenden
Rückschein des Einschreibens, mit dem ihm das Urteil übersandt worden ist, persönlich unterschrieben hat. Die Rechtsmittelbelehrung
des angefochtenen Urteils entspricht den Anforderungen des §
66 Abs.
1 SGG. Zugestellt worden ist das Urteil des Sozialgerichts dem Kläger nachweislich des Rückscheins am 06.11.2007. Damit begann
die Berufungsfrist am 07.11.2007 zu laufen (§
64 Abs.
1 SGG) und endete am 06.02.2008, einem Mittwoch (§
64 Abs.
2 Satz 1
SGG).
Die beim Bayerischen Landessozialgerichts am 08.02.2008 eingegangene Berufung erfolgte erst nach Ablauf der Berufungsfrist
und ist damit verspätet.
Ein Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §
67 SGG liegt nicht vor.
Nach §
67 SGG ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn ein Verfahrensbeteiligter ohne Verschulden verhindert gewesen
ist, eine gesetzliche Verfahrensfrist, wie dies die Berufungsfrist darstellt, einzuhalten. Von fehlendem Verschulden ist dann
auszugehen, wenn der Beteiligte hinsichtlich der Wahrung der Frist diejenige Sorgfalt nicht außer Acht lässt, die für einen
gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten
ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten ist (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 27.05.2008,
Az.: B 2 U 5/07 R). Besteht auch nur die Möglichkeit einer verschuldeten Fristversäumnis, scheidet eine Wiedereinsetzung aus (vgl. Keller,
aaO., § 67, Rn. 3).
Folgende Gesichtspunkte kommen als Wiedereinsetzungsgründe nicht in Betracht:
- Kein Grund für eine Wiedereinsetzung kann darin gesehen werden, dass der Kläger möglicherweise (eventuell aufgrund nicht
ausreichender Sprachkenntnisse) davon ausgegangen ist, dass für die Wahrung der Berufungsfrist bereits die rechtzeitige Absendung
der Berufungsschrift ausreichend, nicht aber der fristgerechte Eingang erforderlich wäre. Soweit der Kläger im Schreiben vom
11.03.2008 geltend macht, er habe (nicht näher bezeichnete) gerichtliche Schreiben dahingehend verstanden, dass die Absendung
des Berufungsschriftsatzes innerhalb der Berufungsfrist ausreichend wäre, so relativiert er diese Behauptung schon selbst
wieder dadurch, dass er im selben Schreiben darauf hinweist, er sei - wie dies der Rechtslage entspricht - vom Erfordernis
des rechtzeitigen Eingangs innerhalb der Berufungsfrist ausgegangen. Im Übrigen ist die Rechtsmittelbelehrung im erstinstanzlichen
Urteil so klar und deutlich gefasst, dass ein derartiges Missverständnis auf ein Verschulden des Klägers zurückzuführen wäre
und damit als vermeidbarer Rechtsirrtum unbeachtlich bleiben müsste (vgl. Bayerisches Landessozialgericht- BayLSG -, Urteil
vom 07.09.2006, Az. L 14 R 262/06 - m.w.N.).
- Kein Grund für eine Wiedereinsetzung liegt darin, dass der Kläger nach eigenen Angaben aufgrund nicht ausreichender Sprachkenntnisse
jeweils die Hilfe eines Übersetzers bei gerichtlichen Schriftstücken benötigt hat und sich dadurch eine Reaktion des Klägers,
beispielsweise auch die Einlegung der Berufung, verzögert haben könnte. Zu berücksichtigen ist dabei zum einen, dass die Gerichtssprache
Deutsch ist (§
61 Abs.
1 Satz 1
SGG, §
184 Satz 1
Gerichtsverfassungsgesetz -
GVG -). Es ist daher ausreichend und gesetzeskonform, Rechtsmittelbelehrungen allein in der Gerichtssprache Deutsch und nicht
in der Sprache ausländischer Verfahrensbeteiligter abzufassen, selbst wenn diese der deutschen Sprache nicht mächtig sind
(vgl. BSG, Urteil vom 22.10.1986, Az.: 9a RV 43/85). Zum anderen hat der Gesetzgeber dem Umstand, dass bei Verfahrensbeteiligten
im Ausland sich nicht nur aufgrund der Postlaufzeiten bei der Einlegung des Rechtsmittels - eine gegebenenfalls längere Postlaufzeit
bei der Zustellung der angefochtenen Entscheidung ist ohne Bedeutung, da die Rechtsmittelfrist erst mit der Zustellung beginnt
und damit eine längere Übermittlungsdauer keinen Einfluss auf die Dauer der Rechtsmittelfrist hat -, sondern auch aufgrund
sprachlich bedingter Probleme ein erhöhter Zeitaufwand für den ausländischen Beteiligten ergeben kann, damit mehr als ausreichend
Rechnung getragen, dass die Berufungsfrist von einem Monat (im Inland) auf drei Monate verlängert ist. Es könnte daher allenfalls
in ganz besonders gelagerten Extremfällen davon ausgegangen werden, dass sich aufgrund sprachlich bedingter Verständnisschwierigkeiten
eine Wiedereinsetzung begründen lassen kann (Beispiel: völlig entlegener Wohnort eines Beteiligten in einem Land, in dem zudem
so gut wie keine der deutschen Sprache Kundigen beheimatet sind). Davon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden.
Dies ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass es dem Kläger regelmäßig möglich war, auf gerichtliche Schreiben innerhalb vergleichsweise
kurzer Zeit angemessen zu reagieren (Beispiel: Auf das gerichtliche Schreiben vom 20.08.2008 ging die Antwort des Klägers
bereits am 12.09.2008 ein).
- Keinen Grund für eine Wiedereinsetzung stellt die Postlaufzeit des Berufungsschriftsatzes des Klägers vom 25.01.2008 dar,
der nachweislich des Postaufgabebelegs am 29.01.2008 zur Post gegeben worden und am 08.02.2008 beim Bayerischen Landessozialgericht
eingegangen ist.
Erforderlich zur Einhaltung einer gesetzlichen Frist wie der Berufungsfrist ist, dass der Berufungsschriftsatz ordnungsgemäß
adressiert und frankiert so rechtzeitig zur Post gegeben wird, dass er nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen
der Post (oder - bei einer Versendung aus dem Ausland - mehrerer Postunternehmen) bei regelmäßigem Betriebsablauf den Empfänger
fristgerecht erreicht hätte (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Kammerbeschluss vom 29.12.1994, Az.: 2 BvR 106/93). Insoweit kann ein Verfahrensbeteiligter die vorgegebene Frist zwar bis zum Ende ausschöpfen, jedoch erhöht sich zum Fristablauf
hin die diesbezügliche Sorgfaltspflicht (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.1993, Az.:13 RJ 9/92 - m.w.N.).
Verzögerungen bei der Briefbeförderung können dem Absender nicht als Verschulden zugerechnet werden, wobei dies jedoch allein
die über den regelmäßigen Betriebsablauf hinaus verlängerte Postlaufzeit betrifft (vgl. BayLSG, Urteil vom 07.09.2006, Az.:
L 14 R 262/06).
Von einem fehlendem Verschulden bezüglich der Versäumung der Berufungsfrist könnte daher nur dann ausgegangen werden, wenn
der Berufungsschriftsatz des Klägers vom 25.01.2008 bei regelmäßigem Betriebsablauf innerhalb der Berufungsfrist beim Bayerischen
Landessozialgericht eingegangen wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Aufgegeben hat der Kläger den Berufungsschriftsatz in
Bosnien-Herzegowina am 29.01.2008, wie sich aus dem vom Kläger vorgelegten Postaufgabebeleg ergibt. Wie ebenfalls dem Postaufgabebeleg,
zudem auch dem zugehörigen Briefumschlag, zu entnehmen ist, ist das Schreiben nicht als prioritaire Sendung oder als Luftpost
aufgegeben worden. Eine derartige Sonderleistung, im Postaufgabebeleg als Eilsendung bzw. Luftpost bezeichnet, hat der Kläger
nicht gewählt. Dies hat er im Übrigen auch selbst im Schreiben vom 03.09.2008 bestätigt, in dem er ausgeführt hat, dass er
eine Beförderung per Luftpost nicht extra bezahlt habe. Seine Behauptung im Schreiben vom 11.03.2008, der Berufungsschriftsatz
sei als Expresspost versandt worden, ist daher nachweislich falsch. Nach der Auskunft der Deutschen Post vom 04.08.2008 haben
regelmäßig durchgeführte Laufzeitprüfungen ergeben, dass derartige (non-prioritaire) Sendungen regelmäßig mehr als 10 Tage
von der Postaufgabe (in Bosnien-Herzegowina) bis zur Auslieferung am Bestimmungsort (in Deutschland) benötigen. Auch Laufzeiten,
die über die gewonnenen Erfahrungswerte hinausgehen, kommen immer wieder vor.
Unter Zugrundelegung einer regelmäßigen (Mindest-)Postlaufzeit von 10 Tagen wäre ein Eingang des am 29.01.2008 zur Post gegebenen
Berufungsschriftsatzes des Klägers beim Bayerischen Landessozialgericht nicht vor dem 08.02.2008 zu erwarten gewesen. Dieses
frühest zu erwartende Eingangsdatum, das im Übrigen auch dem tatsächlichen Eingangsdatum entspricht, liegt zwei Tage nach
Ablauf der Berufungsfrist. Von einem fehlenden Verschulden bezüglich der Verfristung der Einlegung der Berufung kann daher
unter dem Gesichtspunkt der üblichen Beförderungsdauer nicht ausgegangen werden. Der Kläger hätte damit rechnen müssen, dass
der von ihm aufgegebene Berufungsschriftsatz nicht fristgerecht beim Bayerischen Landessozialgericht eingehen werde, zumal
das am 24.10.2007 abgesandte Urteil den Kläger auch erst am 06.11.2007 erreicht hatte.
Wenn der Kläger im Schreiben vom 03.09.2008 darauf hinweist, er habe eine Beförderung per Luftpost nicht extra bezahlen müssen,
da die Post ohnehin auf dem Luftweg befördert werde, kann dieser Hinweis nur so gedeutet werden, dass der Kläger damit geltend
machen will, er habe für die Versendung des Berufungsschriftsatzes eine prioritaire und nicht eine non-prioritaire Versendungsform
gewählt, Versendungsformen, zwischen denen im gerichtlichen Schreiben vom 08.08.2008 und im Schreiben der Deutschen Post vom
04.08.2008 differenziert worden ist. Dies ist aber nicht nachvollziehbar. Auch wenn davon ausgegangen wird, dass im vorliegenden
Fall der als non-prioritaire Sendung aufgegebene Berufungsschriftsatz tatsächlich als Luftpost befördert worden ist, so folgt
daraus noch nicht, dass diese non-prioritaire Sendung wie eine prioritaire Sendung beschleunigt befördert worden wäre. Denn
wie dem Schreiben der Deutschen Post vom 04.08.2008 zu entnehmen ist, werden prioritaire Sendungen auch im weiteren Beförderungsverfahren
bevorzugt, also beschleunigt, vor den non-prioritaire Sendungen befördert, so dass sich die unterschiedliche lange Beförderungsdauer
der beiden Versendungsformen nicht nur aus der Unterscheidung zwischen dem Transport auf dem Land-/Seeweg beziehungsweise
dem Luftweg ergibt, sondern aus der gesamten Behandlung der Postsendung.
Nicht richtig ist auch, dass der Kläger keinen weiteren Einfluss auf die Beförderung gehabt hätte, als seine "Briefmarken
und Sendung ganz normal zu bezahlen" (Schreiben des Klägers vom 11.08.2008). Vielmehr hätte er durch die Wahl der schnelleren
Versendungsform einer prioritaire Sendung, für die er einen entsprechenden Zuschlag hätte entrichten müssen, wie sich aus
der entsprechenden Position auf dem Postaufgabebeleg ergibt, einen fristgerechten Eingang der Berufung erreichen können. Denn
bei der zu erwartenden Beförderungsdauer einer prioritaire Sendung von sechs bis acht Tagen wäre die Berufungsfrist gewahrt
gewesen. Dass er dies nicht gemacht hat, obwohl ihm aufgrund des bereits nahenden Fristendes eine erhöhte Sorgfaltspflicht
oblag (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.1993, Az.: 13 RJ 9/9), belegt ein Verschulden des Klägers bezüglich der Verfristung der
Berufungsschrift, das eine Wiedereinsetzung ausschließt.
Unerheblich ist, aus welchen Gründen im konkreten Einzelfall nicht eine kürzere Beförderungsdauer als die zu erwartende Postlaufzeit
vorliegt. Auf diesen Gesichtspunkt stellt der Kläger im Schreiben vom 03.09.2008 ab, wenn er darauf hinweist, dass eine Beförderung
der Sendung nach Deutschland per Flugzeug am 30.01.2008 geplant gewesen sei und daher ein Eingang innerhalb der Berufungsfrist
zu erwarten gewesen wäre. Denn bei der Übermittlung per Post kommt es einzig und allein darauf an, wann der Zugang beim Adressaten
erfolgt beziehungsweise nach den üblichen Postlaufzeiten zu erwarten ist. Eine Nachverfolgung des konkreten Übermittlungsvorgangs
dahingehend, dass alle einzelnen Schritte analysiert würden, ist nicht erforderlich. Es wäre weder sachgerecht noch praktikabel,
auf der einen Seite einzelne Verzögerungen unberücksichtigt zu lassen, auf der anderen Seite aber überdurchschnittlich schnelle
Beförderungsschritte einzubeziehen und damit die Beförderungsdauer zu errechnen, die sich im Einzelfall bei Außerachtlassen
der verzögerten Schritte ergeben hätte. Denn es handelt sich dabei um Umstände, die bei der Aufgabe eines Schriftstücks zur
Post nicht vorhersehbar sind und damit bezüglich der Erwartung und Vorstellung hinsichtlich der Einhaltung von Fristen keine
Bedeutung haben können. Bei der Frage, ob Wiedereinsetzung zu gewähren ist, kann daher nur auf die nach allgemeiner Erfahrung
zu erwartende Beförderungsdauer abgestellt werden, nicht aber können in rückblickender Weise einzelne Verzögerungen ausgegliedert
werden. Es stellt sich daher vorliegend auch nicht die Frage, wer zu vertreten hat, dass nach der vermutlich erfolgten Beförderung
per Flugzeug am 30.01.2008 der Berufungsschriftsatz des Klägers beim Bayerischen Landessozialgericht (erst) am 08.02.2008
eingegangen ist und nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt.
- Keinen Grund für eine Wiedereinsetzung stellt schließlich die Behauptung des Klägers in seinen Schreiben vom 11.03.2008
und 11.08.2008 dar, im örtlichen Postamt sei ihm gesagt worden, dass die Übersendung nicht länger als sechs Tage dauern werde,
was einen fristgerechten Eingang hätte erwarten lassen.
Zwar kann eine öffentliche Bekanntmachung oder Auskunft der Post im konkreten Einzelfall hinsichtlich der üblicherweise zu
erwartenden Beförderungsdauer einen Vertrauenstatbestand dahingehend schaffen, dass mit einem fristgerechten Eingang zu rechnen
gewesen wäre, was wiederum ein Verschulden des Klägers ausschließen würde (vgl. BVerfG, aaO.). Eine Berücksichtigung dieses
möglichen Vertrauenstatbestandes würde aber voraussetzen, dass die vom Kläger behauptete Tatsache der Auskunft des örtlichen
Postamts glaubhaft gemacht worden ist (§
67 Abs.
2 Satz 2
SGG). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Glaubhaftmachung bedeutet, dass nicht die beim Vollbeweis geforderte an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gegeben sein
muss, sondern dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreicht (vgl. BSG, Beschluss vom 11.11.2003, Az.: B 2 U 293/03 B - m.w.N), wobei an die überwiegende Wahrscheinlichkeit keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. Keller,
aaO., § 67, Rn. 10d). Ausreichend ist, wenn die gute Möglichkeit besteht, dass der Lebenssachverhalt sich so, wie er behauptet
wird, zugetragen hat und wenn für die behaupteten Tatsachen letztlich mehr spricht als dagegen.
Irgendwelche Belege dafür, dass der Kläger tatsächlich beim Postamt in Bosnien-Herzegowina die Auskunft erhalten hat, dass
die Übermittlung in der vom Kläger gewählten Form der non-prioritaire Sendung nur sechs Tage dauern werde, liegen nicht vor.
Der Kläger hat auch auf Nachfrage des Gerichts Derartiges nicht beibringen können. Auch wenn die Ausstellung einer entsprechenden
Bescheinigung durch ein Postamt in Bosnien-Herzegowina unüblich sein sollte, wie dies der Kläger mit Schreiben vom 11.08.2008
vorgetragen hat, so kann aus dieser Unüblichkeit nicht der Rückschluss gezogen werden, dass die Auskunft tatsächlich so erteilt
worden ist, wie sie der Kläger behauptet. Zudem bedeutet "unüblich" nicht auch, dass derartige Bescheinigungen in keinem Fall
ausgestellt werden. Schließlich hat der Kläger von der Post in seinem Heimatland - offenbar aufgrund entsprechender Nachfrage
- einen weiteren Beleg über den Beförderungsweg (Ausdruck vom 28.08.2008) erhalten. Dies zeigt, dass auch im Heimatland des
Klägers die Post auf Nachfrage entsprechende Nachforschungen anstellt und darüber Nachweise zur Verfügung stellt. Mit Blick
darauf erscheint es nicht plausibel, warum das dortige Postamt nicht auch im Einzelfall dem Kläger eine Bescheinigung über
die von dort aus erwartete Beförderungsdauer hätte ausstellen können. Im Übrigen hält es der Senat für äußerst zweifelhaft,
dass dem Kläger tatsächlich vom örtlichen Postamt die Auskunft gegeben worden sein soll, dass "die Übersendung nicht länger
als sechs Tage dauern" (Schreiben des Klägers vom 11.08.2008) werde. Denn diese Auskunft widerspricht den Erfahrungswerten
der Deutschen Post aufgrund regelmäßiger Laufzeitprüfungen. Dass Erfahrungswerte des Postamts in Bosnien-Herzegowina, sofern
derartige Werte dort überhaupt bekannt wären, davon abweichen könnten, erscheint nicht nachvollziehbar. Zudem ist zu bedenken,
dass Erfahrungswerte über die Postlaufzeit bei Versendung ins Ausland nicht im Absendeland, sondern im Empfängerland gewonnen
werden; nur dort lässt sich die gesamte Beförderungsdauer feststellen. Auch dies spricht dagegen, dass dem Kläger im Postamt
in Bosnien-Herzegowina eine einen Vertrauenstatbestand schaffende Auskunft zur Postlaufzeit gegeben worden ist. Zudem hat
der Kläger im Schreiben vom 11.08.2008 selbst bestätigt, dass nicht selten Postlaufzeiten von zwei Wochen und mehr für Sendungen
aus Bosnien-Herzegowina nach Deutschland anzutreffen seien. Warum bei Berücksichtigung dieses sogar dem Kläger bekannten Umstandes
das Postamt eine anderslautende Auskunft gegeben haben sollte, ist nicht ersichtlich. Die Behauptung des Klägers bezüglich
einer angeblichen Auskunft des örtlichen Postamts zur zu erwartenden Postlaufzeit ist daher nicht glaubhaft gemacht. Angesichts
des Wissens des Klägers bezüglich der üblichen Postlaufzeit von deutlich mehr als sechs Tagen und seiner einschlägigen Erfahrungen
kann die Behauptung des Klägers bezüglich der angeblichen Auskunft des dortigen Postamts lediglich als "Schutzbehauptung"
gewertet werden, mit der der Kläger den Versuch unternommen hat, einen Wiedereinsetzungsgrund zu generieren, dessen Voraussetzungen
ihm zuvor vom Gericht erläutert worden sind, und seine Berufung als nicht verfristet darzustellen.
Da die Berufung erst nach Ablauf der Berufungsfrist erhoben worden ist und kein Wiedereinsetzungsgrund vorliegt, war sie als
unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung (§
193 SGG) beruht darauf, dass die Berufung erfolglos geblieben ist.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.