Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 01.09.2008.
Der 1947 geborene Kläger war bei seinem letzten Arbeitgeber, der A. Vakuumschalttechnik GmbH (A-GmbH) bis zur Betriebsschließung
am 31.03.2005 versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend wurde er nach eigenen Angaben in eine Transfergesellschaft
übernommen. In der Zeit vom 01.01.2007 bis 31.08.2008 bezog er von der Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld.
Die A-GmbH hatte dem Kläger mit Schreiben der Geschäftsführung vom 12.12.2003 die bis Mitte 2004 vorgesehene Betriebsschließung
mitgeteilt und dazu ausgeführt, "im Falle der Schließung" werde sein Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet; im Jahr 2003
hätten aufgrund der rechtlichen Vorgaben (u. a. Verhandlungen zum Abschluss eines Sozialplans) noch keine Kündigungen ausgesprochen
werden können. Die tatsächliche Kündigung des Klägers erfolgte mit Schreiben der Betriebsnachfolgerin der A-GmbH, der Firma
A. Vakuumschalttechnik-GmbH vom 20.09.2004 zum 31.03.2005, dem Zeitpunkt der tatsächlichen Betriebsschließung.
Eine vom Kläger im September 2005 erbetene Rentenauskunft der Beklagten vom 28.10.2005 ergab, dass ein Anspruch auf Altersrente
wegen Arbeitslosigkeit frühestens ab 01.11.2009 mit einem Abschlag von 11,1 % bestehe. Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch
und berief sich zur Begründung darauf, dass bei mehreren seiner Kollegen ein Anspruch auf Altersrente ab Vollendung des 60.
Lebensjahres aufgrund der Vertrauensschutzregelung des §
237 Abs.
5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) anerkannt worden sei. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2006 mit der Begründung zurück,
die Voraussetzungen des §
237 Abs.
5 SGB VI für die Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 60. Lebensjahr ohne Anhebung der Altersgrenze seien nicht
erfüllt; die Regelung finde Anwendung, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer vor dem 01.01.2004 erfolgten Kündigung nach
dem 31.12.2003 beendet worden sei; das vom Kläger vorgelegte Arbeitgeberschreiben vom 12.12.2003 stelle keine wirksame Kündigung
i. S. dieser Regelung dar, es enthalte lediglich die Ankündigung einer Kündigung. Eine solche regle die Beendigung des Arbeitsverhältnisses
nicht wirksam und reiche für die Vertrauensschutzregelung des §
237 Abs.
5 SGB VI nicht aus.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (S 14 R 4218/06) hob dieses mit Urteil vom 24.01.2008 u. a. den Widerspruchsbescheid vom 22.06.2006 auf und wies die Klage im Übrigen ab.
Es habe sich bei der Rentenauskunft vom 28.10.2005 nicht um einen Bescheid, sondern lediglich um eine unverbindliche Auskunft
nach §
109 Abs.
2 SGB VI gehandelt. Erstmals mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2006 sei verbindlich über einen Versicherungsschutz nach §
237 Abs.
5 SGB VI entschieden worden, insoweit sei die Widerspruchsbehörde jedoch funktional und sachlich unzuständig gewesen, anstelle der
Ausgangsbehörde erstinstanzlich zu entscheiden. In der Sache habe der Kläger jedoch keinen Anspruch auf Anwendung der Vertrauensschutzregelung
des §
237 Abs.
5 SGB VI durch die Beklagte, da die Voraussetzungen nicht nachgewiesen seien und der Kläger auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung
im Unrecht bezüglich abweichender Entscheidungen im Falle von Kollegen geltend machen könne.
Am 01.04.2008 stellte der Kläger bei der Beklagten Antrag auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 01.09.2008. Er berief
sich auf eine im Internet gefundene Arbeitsanweisung der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung zu §
237 Abs.
5 SGB VI, worin es hieß, dass die Vertrauensschutzregelung auch angewandt werden könne, wenn bereits vor dem 01.01.2004 festgestanden
habe, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen werde und aus Kapazitätsgründen die Kündigung erst nach dem 31.12.2003
erfolgt sei.
Er fügte dazu ein Schreiben der Firma A. Energietechnik GmbH vom 17.03.2008 bei, worin ausgeführt wurde, die Schließung der
A-GmbH sei bereits im Juni 2003 vom zuständigen Management beschlossen und durch entsprechende Schritte eingeleitet worden.
Somit habe bereits vor dem 01.01.2004 festgestanden, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger gekündigt werde. Aus "Kapazitäts-
und Zeitgründen" habe die Kündigung jedoch erst im Jahre 2004 erfolgen können.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25.07.2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf Altersrente nach §
237 SGB VI ab 01.09.2008 ab, weil die Voraussetzungen erst am 21.10.2009 erfüllt seien.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2008 zurückgewiesen. Nach ausführlicher Darlegung der
Rechtslage zu §
237 SGB VI hieß es darin, die Kündigung des Klägers sei am 20.09.2004 erfolgt, ein zeitnaher Zusammenhang zwischen der Ankündigung im
Dezember 2003 und der tatsächlichen Kündigung bestehe nicht; im Übrigen gehe aus den eingereichten Unterlagen hervor, dass
die Kündigung nicht aus Kapazitätsgründen nicht bereits im Jahre 2003 ausgesprochen worden sei, sondern vielmehr deswegen,
weil noch Beratungen mit dem Wirtschaftsausschuss und Verhandlungen mit dem Betriebsrat zu führen gewesen seien.
Mit seiner anschließenden erneuten Klage zum Sozialgericht (SG) verwies der Kläger auf den ihm nach seiner Meinung zustehenden Vertrauensschutz und die Notwendigkeit der Gleichbehandlung
mit seinen früheren Kollegen.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 27.05.2009 ab. Es legte die Voraussetzungen des Anspruchs auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit
und die dazu ergangenen Regelungen über die Anhebung der Altersgrenzen und Möglichkeiten der vorzeitigen Inanspruchnahme (§
237 Abs.
1,
3,
5 SGB VI) im Einzelnen dar und stellte fest, seit dem 01.01.2006 sei die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente ab Vollendung
des 60. Lebensjahres nur noch für Versicherte möglich, die bis zum 31.12.1945 geboren seien; zwar enthalte §
237 Abs.
5 SGB VI eine Ausnahmeregelung, wonach die Altersgrenze von 60 Jahren für bestimmte Versicherte nicht angehoben werde. Nach der hier
allein in Betracht kommenden Fallgruppe 2 dieser Regelung werde die Altersgrenze von 60 Jahren für die vorzeitige Inanspruchnahme
für Versicherte nicht angehoben, "deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung oder Vereinbarung, die vor dem 01.01.2004
erfolgt ist, nach dem 31.12.2003 beendet worden ist". Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht. Es müsse die Kündigung
bzw. Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses spätestens im Verlauf des 31.12.2003 erfolgt sein, wobei auch
eine mündliche Absprache zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer genüge, soweit nicht aufgrund tarif- oder arbeitsvertraglicher
Regelungen eine Schriftform vorgesehen sei. Die bloße Ankündigung einer Kündigung reiche dagegen nicht aus, weil hierdurch
die Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht verbindlich geregelt werde. Auch in der Arbeitsanweisung der Regionalträger
der Deutschen Rentenversicherung zu §
237 SGB VI unter R 6.2.4. und dem inhaltsgleichen Beschluss des Fachausschusses Versicherung und Renten aus der Sitzung 2 des Jahres
2004 (AGSAVR 2/2004, Top 3) zur Auslegungsfrage 32 zu §
237 Abs.
5 Satz 1 Nr.
2 SGB VI werde auf eine rechtsverbindliche Kündigung vor dem 01.01.2004 abgestellt. Eine Anhebung der Altersgrenze solle danach ebenfalls
dann nicht erfolgen, wenn bereits zum 01.01.2004 festgestanden habe, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen werde
und die Kündigung aus Kapazitätsgründen erst nach dem 31.12.2003 erfolgte. Wenn dem Arbeitgeber bereits im Dezember 2003 mündlich
angekündigt worden sei, dass im Rahmen einer Betriebsauflösung sein Arbeitsverhältnis gekündigt werde, müsse nachgewiesen
werden, dass der Arbeitgeber noch im Dezember 2003 habe kündigen wollen, aus zeitlichen Gründen die Kündigung aber erst im
Januar 2004 habe erfolgen können. Entsprechendes sei den Unterlagen des Klägers gerade nicht zu entnehmen. Es sei lediglich
die Ankündigung einer möglichen Kündigung aufgrund beabsichtigter Betriebsschließung erfolgt. Weder werde ein exaktes Datum
der beabsichtigten Betriebsschließung benannt, noch komme zum Ausdruck, dass eine Kündigung vor einem tatsächlichen Eintritt
der Betriebsschließung erfolgen sollte. Erst recht könne nicht davon ausgegangen werden, dass eine Kündigung lediglich aus
Kapazitätsgründen nicht mehr bis zum Stichtag habe erfolgen können. In den Genuss der Vertrauensschutzregelung hätten aber
allein die Arbeitnehmer kommen sollen, deren Arbeitsverhältnis bereits zum 31.12.2003 gekündigt war bzw. deren Arbeitsverhältnis
zu diesem Zeitpunkt habe beendet werden sollen und eine entsprechende Kündigung allein aus Kapazitätsgründen nicht bis zu
diesem Stichtag habe erfolgen können. Damit sei logischerweise eine zeitliche Komponente verbunden. Soweit die Kündigung nicht
bis zum Stichtag habe ausgesprochen werden können, sei diese jedenfalls zeitnah durch den Arbeitgeber nachzuholen gewesen.
Im Falle des Klägers sei aber eine Kündigung bis zum Stichtag 31.12.2003 zu keiner Zeit beabsichtigt gewesen; die Kündigung
habe vielmehr im Zusammenhang mit der Betriebsschließung erfolgen sollen, die für Mitte 2004 in Aussicht gestellt worden sei,
der genaue Zeitplan habe jedoch nicht festgestanden. Tatsächlich sei das Beschäftigungsverhältnis dann erst im September 2004
zum 31.03.2005 gekündigt worden. Ein zeitlicher bzw. sachlicher Zusammenhang mit dem Stichtag 31.12.2003 sei insoweit nicht
erkennbar.
Abschließend hieß es, der Kläger könne die Anerkennung des Vertrauensschutzes auch nicht aus dem allgemeinen Gleichheitssatz
des Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) herleiten. Ein solcher Anspruch scheide aus, soweit in gleich gelagerten Fällen zu Unrecht ein Anspruch anerkannt worden
sei. Eine Gleichbehandlung im Unrecht sei nicht möglich. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob andere Versicherungsträger
bei identischen Sachverhalten einen Vertrauensschutz bejaht hätten.
Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen das Urteil. Er macht erneut geltend, der Vertrauensschutz des §
237 Abs.
5 SGB VI sei ihm zu Unrecht verwehrt worden. Es habe in seinem Fall vor dem 01.01.2004 festgestanden, dass sein Arbeitsverhältnis
gekündigt werde, auch sei die Kündigung aus Kapazitätsgründen erst nach dem 31.12.2003 erfolgt. Dieser Begriff sei weit auszulegen
und könne auch z. B. Engpässe in der Fertigung oder Auftragsabwicklung vor der Schließung umfassen. Die Kündigung sei auch
im Dezember 2003 schriftlich angekündigt worden; dass die tatsächliche Kündigung zeitnah zur Ankündigung habe erfolgen müssen,
ergebe sich aus der Arbeitsanweisung der Deutschen Rentenversicherung nicht.
Weiter beruft sich der Kläger erneut auf ein Recht auf Gleichbehandlung mit den Kollegen, denen ein Vertrauensschutz bei gleicher
Sachlage zuerkannt worden sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 27.05.2009 sowie des Bescheides vom 25.07.2008 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2008 zu verurteilen, ihm Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 01.09.2008
zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf das angefochtene Urteil und dessen zutreffende Begründung.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen
Beklagtenakten Bezug genommen.
Nach der Begründung des Gesetzes (BT-Drucks 15/2149 S 27) sollten mit dieser Regelung Anreize zur Frühverrentung unter Wahrung
des gebotenen Vertrauensschutzes abgebaut werden. Es heiß dazu u. a.:
"Für Versicherte, die am 01.01.2004 arbeitslos waren oder vor diesem Tag im Vertrauen auf das geltende Recht rechtsverbindlich
über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses disponiert haben ..., wird die Altersgrenze für eine frühestmögliche Inanspruchnahme
nicht angehoben. Damit können nicht nur Versicherte rentennaher Jahrgänge aus Vertrauensschutzgründen weiter mit 60 Jahren
die Altersgrenze wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit in Anspruch nehmen. Es werden auch alle Versicherten geschützt,
denen der Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit noch zustehen kann und bei denen am Stichtag
die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses verbindlich feststand."
Das Arbeitsverhältnis des Klägers war nicht durch eine vor dem 01.01.2004 erfolgte Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag
beendet worden. Dies ergibt sich deutlich aus dem Text des Firmenschreibens vom 23.12.2003, mit dem von der vorgesehenen Betriebsschließung
("Mitte 2004") Mitteilung gemacht und angekündigt wurde, dass "im Falle der Betriebsschließung" das Arbeitsverhältnis des
Klägers durch Kündigung beendet werde. Die für eine Betriebsschließung notwendigen Schritte (Verhandlungen mit dem Betriebsrat
etc.) waren zu diesem Zeitpunkt bereits eingeleitet worden, der Zeitpunkt der tatsächlichen Betriebsschließung war jedoch
noch offen, auch stand der Zeitpunkt einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers in keiner Weise fest, sodass eine
wirksame Kündigung noch nicht ausgesprochen werden konnte oder sollte.
Unerheblich ist, ob nach allem - wie der Kläger versucht darzulegen - vor dem 01.01.2004 feststand, dass sein Arbeitsverhältnis
demnächst gekündigt werde. Die gesetzliche Regelung stellt allein auf eine wirksame, vor dem 01.01.2004 erfolgte Kündigung
ab, die notwendigerweise einen konkreten Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beinhaltet. Sie war bis zum 31.12.2003
eindeutig nicht erfolgt.