Tatbestand:
Streitig ist eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1966 geborene, in seiner Heimat Marokko lebende Kläger war in Deutschland in der Zeit vom 31.01.1991 bis 31.01.1994 versicherungspflichtig
beschäftigt. Weitere Pflichtbeiträge wurden für ihn vom 01.02.1994 bis 02.04.1994 sowie vom 24.05.1996 bis 06.08.1996 wegen
des Bezugs von Sozialleistungen entrichtet. Am 26.08.1996 kehrte der Kläger in seine Heimat zurück, nach eigenen Angaben aufgrund
einer Abschiebung. In Marokko erwarb er nach Aktenlage keine Versicherungszeiten.
Auf seinen Antrag erstattete die damalige Landesversicherungsanstalt Hessen mit Bescheid vom 18.08.2000 die Arbeitnehmeranteile
der für die Zeit bis 31.01.1994 entrichteten Pflichtbeiträge zur Deutschen Rentenversicherung in Höhe von 9.071,65 DM. Der
Bescheid enthielt, ebenso wie schon das vom Kläger unterschriebene Antragsformular, ausführliche Darlegungen zu den rechtlichen
Folgen einer Beitragserstattung (Auflösung des Versicherungsverhältnisses, keine weiteren Ansprüche aus den bis zur Erstattung
zurückgelegten Beiträgen).
Einen dennoch im Juni 2001 gestellten Antrag auf "Berufsunfähigkeitsgeld" lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.06.2001
unter Hinweis auf die wirksam erfolgte Beitragserstattung und das aufgelöste Versicherungsverhältnis ab. Widerspruch und Klage
dagegen blieben erfolglos (zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 06.08.2001, klageabweisender Gerichtsbescheid vom 06.09.2002).
Mit Urteil vom 16.03.2004 bestätigte das Bayer. Landessozialgericht diese Entscheidungen.
Mit einem am 02.02.2006 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben beantragte der Kläger die Überprüfung des Erstattungsbescheides
vom 18.08.2000 mit der Begründung, es seien offenbar nicht alle Beiträge erstattet worden. Das von ihm seinerzeit unterschriebene
Antragsformular enthalte eine andere Versicherungsnummer als der Erstattungsbescheid, es existiere also eine weitere Versicherungsnummer
für seine Person, unter der eine Erstattung bisher nicht erfolgt sei. Die Beklagte lehnte mit formlosen Schreiben vom 08.02.2006
die erneute Überprüfung und Änderung des Erstattungsbescheides ab. Es seien antragsgemäß alle Beiträge erstattet worden. Es
lägen keine neuen Sachverhalte vor, die zu einer Überprüfung Anlass gäben. Bei der im Antragsformular handschriftlich eingesetzten
Versicherungsnummer 12 290966 A 069 anstelle der richtigen Nummer 12 290966 A 039 handle es sich um einen Schreibfehler, diese
Nummer existiere nicht.
Mit einem am 03.03.2006 beim Sozialgericht (SG) eingegangenem Schreiben wandte sich der Kläger gegen diesen Bescheid. Zunächst brachte er sinngemäß vor, er nehme an, dass
die Versicherungszeiten im Versicherungsverlauf unvollständig oder falsch angegeben seien, da die vom Arbeitsamt entrichteten
Rentenbeiträge als Ausfallzeiten berücksichtigt worden seien und der Erstattungsbescheid eine andere Versicherungsnummer trage
als das Antragsformular. Im Laufe des weiteren Verfahrens legte er dann zwei knappe ärztliche Bescheinigungen aus dem Jahr
2006 über das Vorliegen einer paranoiden Schizophrenie vor. Er teilte mit, er habe seinerzeit die Beitragserstattung beantragt,
ohne auf die Folgen zu achten. Es gehe ihm nunmehr um eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Einen Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe lehnte das SG mit Beschluss vom 26.07.2007 wegen mangelnder Erfolgsaussicht des Klageverfahrens ab. Es ging von einem auf Rente wegen Erwerbsminderung
gerichteten Klagebegehren aus und legte dar, die Klage sei wegen eines fehlenden Vorverfahrens unzulässig, im Übrigen sei
sie aber auch in der Sache unbegründet. Bereits mit Gerichtsbescheid vom 06.09.2002 und Urteil des Bayer. Landessozialgerichts
vom 16.03.2004 sei entschieden worden, dass mit der Bestandskraft des Erstattungsbescheides das Versicherungsverhältnis gemäß
§
210 Abs.6 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) zwischen der Beklagten und dem Kläger aufgelöst worden sei.
Auf Hinweis des Gerichts holte die Beklagte das fehlende Vorverfahren nach. Sie wies den Widerspruch "gegen den Bescheid vom
28.02.2006" (gemeint, wie später klargestellt wurde, 08.02.2006) mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2007 zurück. Der Begründung
ist zu entnehmen, dass dem Kläger keine weitere Beitragserstattung zustehe, da sämtliche von ihm entrichteten Arbeitnehmeranteile
der Beiträge zur Rentenversicherung erstattet worden seien. Mit der Erstattung seien sämtliche Ansprüche gegen die Deutsche
Rentenversicherung untergegangen, das Versicherungsverhältnis sei aufgelöst worden. Im Übrigen habe der Kläger lediglich insgesamt
43 Pflichtbeitragsmonate in der Deutschen Rentenversicherung zurückgelegt, so dass auch im Falle eines eingetretenen Versicherungsfalles
der Erwerbsunfähigkeit/Erwerbsminderung die für eine Rentengewährung erforderliche allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten
an Versicherungszeiten nicht erfüllt gewesen sei. Die nochmalige Prüfung ergebe daher für die bisherigen Entscheidung keine
Änderung.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.11.2007, berichtigt durch Bescheid vom 21.12.2007 wegen offensichtlicher Unrichtigkeit
des Tenors, teilweise als unzulässig und teilweise als unbegründet ab. Das auf Überprüfung des Beitragserstattungsbescheides
vom 18.08.2008 gerichtete Klagebegehren sei nach inzwischen erfolgter Nachholung des erforderlichen Widerspruchsverfahrens
trotz der im Widerspruchsbescheid enthaltenen "Unschärfen" zulässig, aber unbegründet. Bei Erlass des bestandskräftig gewordenen
Erstattungsbescheides sei weder das Recht unrichtig angewandt worden noch sei von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der
sich nachträglich als unrichtig erwiesen habe. Der Kläger habe insoweit keine neuen Tatsachen vorgebracht, noch seien solche
ersichtlich. Es sei offensichtlich, dass eine weitere Versicherungsnummer für den Kläger, nämlich die Nummer 12 290966 A 069,
nicht existiere. Ersichtlich handle es sich im Antragsformular insoweit um einen Schreibfehler. Auch sei der Erstattungsbescheid
als solcher nicht rechtswidrig. Die Höhe der erstatteten Beiträge sei nicht zu beanstanden.
Das auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente gerichtete Klagebegehren sei unzulässig. Über einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung
habe die Beklagte letztmals mit bestandskräftigem Bescheid vom 20.06.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.08.2001
(bestätigt durch Gerichtsbescheid des SG vom 06.09.2002 und Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 16.03.2004) entschieden. Ein weiterer Bescheid, gegen den der
Kläger sich erneut mit der Klage wenden könnte, sei nicht ergangen. Soweit der Widerspruchsbescheid vom 10.10.2007 in seiner
Begründung Ausführungen enthalte, die als Ablehnung einer Rentengewährung gedeutet werden könnten, liege kein Ausgangsbescheid
zur Rentenablehnung vor, so dass dieser im Rahmen der Überprüfung der Beitragserstattung ergangene Widerspruchsbescheid nicht
gleichzeitig einen Widerspruchsbescheid bezüglich einer Rentenablehnung darstellen könne.
Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen diesen Gerichtsbescheid und begehrt sinngemäß die Zuerkennung einer Rente wegen
Erwerbsminderung mit der Begründung, er habe nicht die (weitere) Erstattung von Beiträgen beantragt, sondern lediglich mit
seinem Begehren "eine Entscheidung hinsichtlich des Zurückerstattens der Beiträge berührt".
Mit Beschluss vom 09.06.2008 wurde die Berufung gemäß §
153 Abs.5
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf die zuständige Berichterstatterin übertragen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Augsburg vom 22.11.2007 sowie des Bescheides vom 08.02.2006
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2007 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, der beigezogenen Akten S
7 RJ 612/01 des Sozialgerichts Augsburg und L 6 RJ 506/02 des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
151 SGG), sie erweist sich aber nicht als begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 08.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2007,
mit dem die Beklagte die Überprüfung und (sinngemäß) Neufeststellung bzw. Ergänzung des Erstattungsbescheides vom 18.08.2000
abgelehnt hat. Auch das Berufungsgericht geht insoweit davon aus, dass die Beklagte mit dem Bescheid vom 10.10.2007 trotz
der knappen und teilweise "unscharfen" Ausführungen den Widerspruch des Klägers gegen den eine Überprüfung mangels Vorliegens
neuer Tatsachen ablehnenden Bescheid vom 08.02.2006 zurückgewiesen hat. Die am 03.03.2006 ohne vorangegangenes Vorverfahren
erhobene und damit zunächst unzulässige Klage gegen diesen Bescheid war damit prozessual zulässig geworden, soweit mit ihr
ein sich auf den Inhalt des Bescheides beziehendes Begehren (Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Beitragserstattung, eventuell
ergänzende Erstattung) verfolgt wurde.
Soweit mit der Klage jedoch im Laufe des Verfahrens offensichtlich nur mehr eine Rente wegen Erwerbsminderung begehrt wurde,
war dieses Klagebegehren, wie das Erstgericht zutreffend festgestellt hat, unzulässig und bleibt auch bei erneuter Geltendmachung
im Berufungsverfahren unzulässig.
Es fehlt insoweit schon an einem Rechtsschutzbedürfnis des Klägers. Dieser kann nicht darlegen, durch den angefochtenen Bescheid
vom 08.02.2006 in Bezug auf sein auf eine Rentenzahlung gerichtetes Klagebegehren in seinen Rechten verletzt zu sein. Der
Bescheid trifft dazu keinerlei Aussage. Es wird rechtlich auch in keiner Weise durch ein neuerliches Rentenbegehren des Klägers
"berührt". Prozessuale Voraussetzung für ein solches Klagebegehren ist ein zuvor erlassener, einen Rentenantrag ablehnender
Bescheid, der sodann im Klagewege mit der Anfechtungsklage (§
54 Abs.4
SGG) angefochten werden kann. Im vorliegenden Fall ist ein solcher ablehnender neuer Rentenbescheid nicht ergangen. Er kann auch
nicht in der Begründung des von der Widerspruchsstelle der Beklagten im Hinblick auf den Widerspruch des Klägers gegen den
Bescheid vom 08.02.2006 erlassenen Widerspruchsbescheides vom 10.10.2007 gesehen werden, soweit darin Ausführungen zu einer
Rentengewährung enthalten sind. Damit fehlt es an einer wesentlichen Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anfechtungsklage.
Eine isoliert erhobene, direkt auf die Leistung gerichtete Verpflichtungsklage ist aber nicht zulässig, wenn ein unmittelbar
auf die Leistung gerichteter Rechtsanspruch geltend gemacht wird (vgl. Meyer-Ladewig,
SGG, §
54 Anm.6, 20).
Auch von einer zulässigen Klageänderung im Laufe des Klage- oder Berufungsverfahrens ist vorliegend nicht auszugehen. Eine
Klageänderung, die eine Änderung des Streitgegenstandes beinhaltet (Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung statt Überprüfung
einer angeblich fehlerhaften Beitragserstattung), ist gemäß §
99 Abs.1
SGG nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Beides ist hier
nicht der Fall. Das Gericht kann eine Sachdienlichkeit der Klageänderung, mit der der Rechtsstreit auf eine völlig neue Grundlage
gestellt würde, vorliegend nicht erkennen. Auch hat sich die Beklagte weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung
auf die abgeänderte Klage eingelassen. Das Erstgericht hat daher zu Recht die Unzulässigkeit des auf Gewährung von Rente wegen
Erwerbsminderung gerichteten Klagebegehrens festgestellt. Die Berufung konnte damit keinen Erfolg haben.
Der Kläger wird abschließend noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei der bestehenden Rechtslage auch in Zukunft
weitere Rentenanträge völlig aussichtslos sind. Er hatte auch vor der erfolgten Beitragserstattung in der Deutschen Rentenversicherung
niemals eine Anwartschaft auf Rentenleistungen, denn er erfüllte mit den für ihn insgesamt entrichteten (nur) 43 Versicherungsbeiträgen
die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung ebenso wenig wie für eine spätere Regelaltersrente.
Diese Renten setzen - wie ihm schon öfter mitgeteilt wurde - nach den gesetzlichen Bestimmungen das Vorhandensein von mindestens
fünf Jahren, also 60 Kalendermonaten, an Beiträgen voraus (sog. "Wartezeit"). Diese waren in seinem Falle nicht gegeben. Die
erfolgte Beitragserstattung muss daher als sinnvolle und sachgerechte Entscheidung angesehen werden.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.2
SGG sind nicht ersichtlich.