Zulässigkeit der Überprüfung der Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts im sozialgerichtlichen Verfahren
Zulässigkeit der Verwerfung der Beschwerde
Festsetzung von Gerichtskosten für ein von einem vollmachtslosen Vertreter geführtes Verfahren
Gründe
I.
Streitig ist die Verpflichtung des Beschwerdegegners dazu, sich in Verwaltungsverfahren nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ausschließlich an den anwaltlichen Vertreter des Beschwerdeführers zu wenden.
Der Beschwerdeführer bezieht vom Beschwerdegegner Leistungen nach dem SGB II. In Widerspruchs- und Klageverfahren tritt zuletzt regelmäßig der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers auf, wobei
dafür in der Vergangenheit jeweils entsprechende konkret verfahrensbezogene Vollmachten vorgelegt worden sind.
Mit Schreiben vom 09.10.2016, eingegangen beim Sozialgericht (SG) München am 11.10.2016, hat der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt,
wonach sich der Beschwerdegegner in allen Verwaltungsverfahren an den anwaltlichen Vertreter des Beschwerdeführers zu wenden
habe. Beigelegt war diesem Schriftsatz eine vom Beschwerdeführer unterschriebene Vollmacht vom 25.04.2016 "wegen Bewilligungsbescheid
vom 19.4.2016 (Jan. - März 2016)".
Der Beschwerdegegner hat dazu mit Schreiben vom 17.10.2016 darauf hingewiesen, dass der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers
bisher seine Bevollmächtigung nur jeweils für die einzelnen Widerspruchsverfahren angezeigt habe. Dementsprechend sei die
Korrespondenz im Rahmen der Widerspruchsverfahren stets mit dem Verfahrensbevollmächtigten geführt worden. Eine Vollmacht
für Verwaltungsverfahren sei nicht vorgelegt worden.
Ein Schreiben des SG vom 17.11.2016, in dem der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers aufgefordert worden war, eine Kopie des Schreibens
vorzulegen, mit dem dem Beschwerdegegner angezeigt worden sei, dass sämtliche Korrespondenz nur über den anwaltlichen Vertreter
geführt werden solle, ist trotz Fristsetzung ohne Reaktion geblieben.
Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 06.12.2016 als unbegründet abgelehnt.
Gegen den am 09.12.2016 zugestellten Beschluss hat der anwaltliche Vertreter mit Schreiben vom 09.01.2017 Beschwerde eingelegt.
Die Beschwerde begründet er weitestgehend wörtlich identisch wie den Antrag vor dem SG, wie er mit Schreiben vom 09.10.2016 gestellt worden ist. In den Verwaltungsvorgängen des Beschwerdegegners befänden sich
- so der anwaltliche Vertreter weiter - mehrere Vollmachtsformulare, in denen der Beschwerdegegner angewiesen werde, Zustellungen
nur an den anwaltlichen Vertreter vorzunehmen.
Der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts vom 06.12.2016 aufzuheben und den Beschwerdegegner im Wege einer einstweiligen Anordnung
zu verpflichten, sich bis zu einem Widerruf durch den Beschwerdeführer in sämtlichen Leistungsangelegenheiten nach dem SGB II ausschließlich an den Verfahrensbevollmächtigten zu wenden. Sollte sich der Beschwerdegegner im Einzelfall direkt an den
Beschwerdeführer selbst wenden, weil der Beschwerdeführer zu einer Mitwirkungshandlung verpflichtet ist, wird der Beschwerdegegner
verpflichtet, den Verfahrensbevollmächtigten zeitgleich zu verständigen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der mit der Antragsbegründung weitestgehend identischen Beschwerdebegründung verweist der Beschwerdegegner auf seine
Antragserwiderung im Schreiben vom 17.10.2016 im erstinstanzlichen Verfahren. Er weist darauf hin, dass die Behauptung des
anwaltlichen Vertreters des Beschwerdeführers, es sei im Verwaltungsverfahren eine Vollmacht vorgelegt worden, nicht zutreffend
sei.
Trotz gerichtlicher Aufforderung mit Schreiben vom 24.01.2017 hat der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers binnen der
vom Gericht gesetzten Frist kein Schreiben vorgelegt, mit dem der Beschwerdegegner aufgefordert worden wäre, sämtliche Korrespondenz
nur noch über den anwaltlichen Vertreter zu führen.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 01.02.2017 ist der anwaltliche Vertreter zudem darauf hingewiesen worden, dass für das Verfahren
der einstweiligen Anordnung weder in der ersten noch in der Beschwerdeinstanz eine Vollmacht vorgelegt worden sei. Die beim
SG vorgelegte Vollmacht umfasse das Verfahren der einstweiligen Anordnung zweifelsfrei nicht. Es müsse von der Inanspruchnahme
gerichtlicher Hilfe durch einen vollmachtlosen Vertreter ausgegangen werden. Gelegenheit, die für das Verfahren der einstweiligen
Anordnung erforderliche Vollmacht nachzureichen, ist bis zum 19.02.2017 gegeben worden.
Eine Vollmacht hat der anwaltliche Vertreter nicht vorgelegt.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die Akten des SG zum Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sowie die des Beschwerdegegners verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß §
202 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i.V.m. §
572 Abs.
2 Satz 2
Zivilprozessordnung (
ZPO) als unzulässig zu verwerfen Es fehlt an einer Prozessvollmacht des als anwaltlicher Vertreter auftretenden Rechtsanwalts
des Beschwerdeführers und damit an einer Prozessvoraussetzung für eine ordnungsgemäße Einlegung der Beschwerde.
Nach §
73 Abs.
2 Satz 1
SGG können sich die Beteiligten durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Vollmacht ist gemäß §
73 Abs.
6 Satz 1
SGG schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen; gemäß §
73 Abs.
6 Satz 2
SGG genügt auch eine nachgereichte Vollmacht. Nach §
73 Abs.
6 Satz 5
SGG hat das Gericht den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt
auftritt. Daraus folgt aber nicht, dass bei einem Rechtsanwalt eine Vollmachtsvorlage vom Gericht nicht verlangt werden darf,
sondern nur, dass das Gericht bei einem anwaltlich vertretenen Beteiligten grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die Frage
der Vollmacht von Amts wegen zu überprüfen. Gleichwohl darf das Gericht bei Vorliegen begründeter Zweifel eine Überprüfung
der Bevollmächtigung vornehmen und nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens eine schriftliche Vollmacht anfordern (vgl. Leitherer,
in: Meyer-Ladewig/Keller/ders.,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
73, Rdnr. 68 - m.w.N.).
Begründete Zweifel im vorgenannten Sinn haben sich vorliegend zum einen daraus ergeben, dass weder in den Akten des Beschwerdegegners
eine Vollmacht mit einer allgemeinen Anweisung im Sinne von § 13 SGB X enthalten ist und der anwaltliche Vertreter eine solche auch nie vorgelegt hat. In den Akten sind lediglich konkret verfahrensbezogene
Vollmachten enthalten. Zum anderen bezieht sich die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beim SG vorgelegte Vollmacht explizit auf ein vom vorliegenden Streitgegenstand abweichendes Begehren des Beschwerdeführers. Bei
Berücksichtigung dieser beiden Umstände ist für den Senat die Annahme nahe liegend gewesen, dass der Beschwerdeführer dem
anwaltlichen Vertreter für das vorliegende Verfahren der einstweiligen Anordnung überhaupt keine Vollmacht erteilt hat. Der
Senat ist daher im Rahmen der Ausübung seines Ermessens gehalten gewesen, dem anwaltlichen Vertreter des Beschwerdeführers
unter Hinweis auf die Problematik des Auftretens als vollmachtloser Vertreter die Gelegenheit zu geben, eine sich auf das
Verfahren der einstweiligen Anordnung beziehende Vollmacht vorzulegen.
Eine solche Vollmacht hat der anwaltliche Vertreter trotz entsprechender Fristsetzung gemäß §
73 Abs.
6 Satz 2 Halbsatz 2
SGG nicht vorgelegt. Die Beschwerde ist daher unzulässig.
Darauf, dass die Beschwerde auch unbegründet ist, weil das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht - der dort gestellte Antrag war nicht nur unbegründet,
sondern auch aus den selben Gründen wie die Beschwerde unzulässig - abgelehnt hat, weist der Senat lediglich der Vollständigkeit
halber hin.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §§
154 Verwaltungsgerichtsordnung, §
202 Satz 1
SGG i.V.m. §
89 Abs.
1 ZPO. Der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers hat trotz Fristsetzung keine Vollmacht vorgelegt und aufgrund der vollmachtlosen
Prozessführung einen unnötigen Verfahrensaufwand verursacht. Daher ist es angemessen, die Kosten demjenigen aufzuerlegen,
der diese als vollmachtloser Vertreter veranlasst hat (vgl. Leitherer, a.a.O., § 73, Rdnr. 76 - m.w.N.; Bayer. Landessozialgericht,
Beschluss vom 15.04.2014, Az.: L 5 R 1201/13 B ER).
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Dieser Beschluss ist in Ziff. I. und II. wegen §
177 SGG, in Ziff. III. wegen § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.