Statthaftigkeit der Beschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren gegen die Ablehnung einer Bewilligung von Mehrbedarf nach
dem SGB II; Streitgegenstand im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt mit dem vorliegenden Eilverfahren die Gewährung eines vierteljährlichen Mehrbedarfes von 150 EUR
für die Wahrnehmung des Kontakts mit ihren in Polen lebenden Eltern.
Die 1985 geborene Antragstellerin ist polnische Staatsangehörige und lebt mit ihrem Verlobten, den sie im vorliegenden Verfahren
mit der Führung des Rechtsstreits beauftragt hat, in einer Bedarfsgemeinschaft. Sie ist im Besitz einer Freizügigkeitsbescheinigung
nach § 5 Abs. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU und bezieht vom Antragsgegner seit 31.01.2013 vorläufig Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Die Leistungsbewilligung erfolgte stets vorläufig, weil der Antragsgegner der Auffassung ist, dass die Antragstellerin
gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist.
Mit Antrag vom 08.10.2013 machte sie beim Antragsgegner einen Mehrbedarf in Höhe von 150 EUR vierteljährlich für die Wahrnehmung
des Kontakts mit ihren in Polen lebenden Eltern geltend, weil sie es sich nicht leisten könne, sie zu besuchen. Auch ihre
Eltern könnten sich eine Fahrt zu ihr nicht leisten. Die einfache Fahrt koste ca. 140 EUR für den Zug. Hinzu kämen ca. 10
EUR für die Fahrt von Warschau zu ihrem Heimatort.
Mit Bescheid vom 30.10.2013 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin in Vollzug eines Beschlusses des Sozialgerichts
Regensburg vorläufig Leistungen ab 01.10.2013 bis 31.03.2014 in Höhe von 610 EUR monatlich (Regelsatz von 345 EUR zuzüglich
anteiliger Unterkunftskosten in Höhe von 295 EUR).
Mit Schreiben vom 17.12.2013 (Eingang beim Sozialgericht Regensburg am gleichen Tag) beantragte sie unter Berufung auf ihren
Antrag vom 08.10.2013, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur Bewilligung des beantragten Mehrbedarfs zu
verpflichten. Dieser habe über ihren Antrag noch nicht entschieden. Mittlerweile habe sie eine Zustimmung zur Ortsabwesenheit
erhalten und würde ihre Eltern, die sie lange nicht gesehen habe, an Weihnachten gerne besuchen.
Mit Beschluss vom 13.01.2014 lehnte das Sozialgericht Regensburg den Antrag ab. Die Kosten für die Wahrnehmung des Kontakts
mit den im Ausland lebenden Eltern der Antragstellerin seien von der Regelleistung umfasst und stellten keinen Mehrbedarf
dar. Nach der Rechtsmittelbelehrung ist gegen den Beschluss die Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht zulässig.
Mit einem beim Sozialgericht Regensburg am 12.02.2014 eingegangenen Schreiben hat die Antragstellerin Beschwerde gegen den
Beschluss vom 13.01.2014 eingelegt. Der im Regelsatz enthaltene Anteil für Verkehr betrage monatlich nur 22,78 EUR und umfasse
nur die üblichen Fahrten im Alltag. Für die Besuche bei ihren Eltern müsse sie alleine 600 EUR jährlich ausgeben. Der Gesetzgeber
habe in § 21 Abs. 6 SGB II keinen abschließenden Katalog eingeführt, sondern eine offene Generalklausel geschaffen.
Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom 27.02.2014 erwidert und beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Auf Hinweis des Senats, dass die Beschwerde aufgrund der Höhe der geltend gemachten Leistungen nicht statthaft sei, hat die
Antragstellerin mit Schreiben vom 02.03.2014 erklärt, dass die Kosten in jedem künftigen Bewilligungszeitraum erneut anfallen
würden und daher die Bewilligungszeiträume zu addieren seien, bis die Summe von 751 EUR erreicht werde. Auch habe sie auf
die Richtigkeit der Belehrung über die Statthaftigkeit der Beschwerde im angegriffenen Beschluss vertraut. Hilfsweise werde
die geltend gemachte Mehrbedarfssumme auf 751 EUR im Bewilligungszeitraum erhöht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Behördenakten
des Antragsgegners verwiesen.
II.
Gemäß §
172 Abs.
3 Nr.
1 in Verbindung mit §
144 Abs.
1 des
SGG ist in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Beschwerde ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht
zulässig wäre, weil die Voraussetzungen des §
144 Abs.
1 SGG für eine zulassungsfreie Berufung nicht vorliegen. Das ist bei einer Klage, die - wie hier - eine Geldleistung oder einen
hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, der Fall, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR nicht übersteigt.
Die Statthaftigkeit der Beschwerde ist auch dann vom Beschwerdegericht zu prüfen, wenn die Beschwerde nach der Rechtsmittelbelehrung
des angefochtenen Beschlusses zulässig wäre.
Der Beschwerdewert ist danach zu bestimmen, was das Sozialgericht der Antragstellerin versagt hat und was von dieser mit ihrer
Beschwerde weiterverfolgt wird, wobei der Streitgegenstand im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht weiter gehen
kann als in dem Hauptsacheverfahren, dem es folgt (BayLSG, Beschluss vom 16.07.2012 - L 11 AS 323/12 B ER -, Rn. 10 nach juris). Allenfalls umgekehrt könnte das Begehren im Eilverfahren hinter den im Hauptsacheverfahren geltend
gemachten Anspruch zurückbleiben (Leitherer in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Auflage 2012, §
172, Rn. 6g). Die Erhöhung des beantragten Mehrbedarfs durch die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 02.03.2014 ist daher unbeachtlich.
Die Antragstellerin macht vorliegend einen laufenden Mehrbedarf gemäß § 21 SGB II geltend. Zu Streitigkeiten wegen der Höhe eines Mehrbedarfs hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits mehrfach entschieden, dass dieser nicht isolierter Gegenstand eines Klageverfahrens sein kann, sondern ausschließlich
im Zusammenhang mit den Leistungen für den jeweiligen Bewilligungszeitraum überprüft werden muss, wobei auf diejenigen Zeiträume
abzustellen ist, die im Zeitpunkt der Behördenentscheidung in der Vergangenheit lagen beziehungsweise in der Gegenwart liegen
(BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 6/13 R).
Unabhängig von der Frage, ob danach nicht bereits die Bestandskraft des Bescheids vom 30.10.2013 dem geltend gemachten Anspruch
prozessual entgegensteht, kann der Streitgegenstand nicht weiter reichen als der ab Antragstellung (08.10.2013) vom Antragsgegner
bereits durch Bescheid entschiedene Zeitraum, der sich vorliegend bis zum 31.03.2014 erstreckt. Bezogen auf diesen Zeitraum
wird mit dem geltend gemachten Mehrbedarf der Beschwerdewert von 750 EUR nicht erreicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG analog und folgt der Entscheidung in der Sache.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.