Tatbestand:
Die Kläger begehren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die
Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.06.2005. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kläger im Hinblick auf das von ihnen
selbst bewohnte Eigenheim zu berücksichtigendes Vermögen haben und daher nicht bedürftig sind.
Der 1946 geborene Kläger zu 1) bewohnt mit seiner 1947 geborenen Ehefrau, der Klägerin zu 2, ein Einfamilienhaus. Die Kläger
sind je zur Hälfte Eigentümer eines 599 qm großen Grundstückes, das mit einem 102,73 qm großen, im Jahr 1975 errichteten,
Eigenheim bebaut ist. Das Grundstück liegt im Ortsteil L. der Marktgemeinde M., die ca. 11000 Einwohner hat.
Am 04.11.2004 beantragten die Kläger Leistungen nach dem SGB II, nachdem der Kläger zu 1) zuvor bis zum 18.04.2004 Arbeitslosenhilfe
bezogen hat. Auf Nachfrage der Beklagten gab der Kläger zu 1) an, dass das Einfamilienhaus abbezahlt sei. Nach Mitteilung
der Beklagten beträgt der Wert des bebauten Grundstücks, nach einer Stellungnahme des Gutachterausschusses beim Landratsamt
A., 170.000 Euro.
Mit Schreiben vom 22.02.2005 bot die Beklagte die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bis zu einer
vorzunehmenden Verwertung des selbstgenutzten Hausgrundstückes in Darlehensform an. Die Bevollmächtigte der Kläger lehnte
zu-nächst das Darlehensangebot ab und führte aus, dass weder das Grundstück noch das Haus unangemessen groß seien. Später
wurde der darlehensweisen Gewährung zugestimmt. Daraufhin erließ die Beklagte am 09.06.2005 einen Bescheid über die Bewilligung
von Leistungen nach dem SGB II als rückzahlbares, zinsloses Darlehen. Für Januar 2005 wurden 633,63 EUR bewilligt, für Februar
2005 995,80 EUR, für April 2005 931,80 EUR und für den Zeitraum vom 01.05.2005 bis zum 30.06.2005 jeweils 835,80 EUR. Die
Beklagte legte der Berechnung die maßgebliche Regelleistung zuzüglich der tatsächlichen Unterkunftskosten in Form der anfallenden
berücksichtigungsfähigen Nebenkosten zugrunde. Sie zog das Einkommen aus der Erwerbstätigkeit der Ehefrau abzüglich der Freibeträge
nach § 30 SGB II ab und gewährte einen Zuschlag zum Arbeitslosengeld II gemäß § 24 SGB II. Da die Kläger über ein die Vermögensfreigrenze
übersteigendes Vermögen verfügen würden, würde die Hilfe als Darlehen gewährt. Das Hausgrundstück sei nicht nach § 12 Abs.3
Nr.4 SGB II geschützt, da sowohl das Grundstück als auch die Wohnfläche die Angemessenheitskriterien für einen Zweipersonenhaushalt
übersteigen würden. Da eine sofortige Verwertung des Hausgrundstückes nicht in Betracht komme, seien die Leistungen nach §
9 Abs.4 SGB II als Darlehen zu erbringen.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Widerspruch ein, diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2005
zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Kläger nicht hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs.1 Nr.2 SGB II seien, da sie
über zu berücksichtigendes Vermögen in Form ihres Einfamilienhauses, das unangemessen groß sei, verfügen würden. Daher seien
die Leistungen nur darlehensweise zu gewähren.
Hiergegen erhob die Bevollmächtigte der Kläger am 20.07.2005 Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG).
Während des Klageverfahrens gewährte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 05.09.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 23.09.2005 Leistungen nach dem SGB II in Darlehensform für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis zum 31.12.2005 sowie mit Bescheid
vom 10.01.2006 darlehensweise Leistungen für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 30.06.2006 und mit Bescheid vom 19.09.2006 für
den Zeitraum vom 01.07.2006 bis zum 30.10.2006. Gegen den Bescheid vom 05.09.2005 wurde eine weitere Klage erhoben. Die Bescheide
vom 10.01.2006 und 19.09.2006 wurden, nach Meinung des SG, gemäß §
96 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Gegenstand der anhängigen Klageverfahren. In der mündlichen Verhandlung hat das SG die beiden Klagen gegen den Bescheid vom 09.06.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2005 und gegen den
Bescheid vom 05.09.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2005 zur gemeinsamen Verhandlung verbunden.
Mit Urteil vom 09.05.2007 hob das SG die Bescheide der Beklagten vom 09.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2005, den Bescheid vom 05.09.2005
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2005 sowie die Bescheide vom 10.01.2006 und vom 19.09.2006 auf und verurteilte
die Beklagte, dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.07.2006 nichtrückzahlbare Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Das SG war der Auffassung, dass das Eigenheim der Kläger Schonvermögen im Sinne des § 12 Abs.3 Nr.4 SGB II sei, da es nicht unangemessen groß sei. In der Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 07.11.2006, B
7b AS 2/05 R habe dieses ausgeführt, dass es sich bei dem Begriff der angemessenen Größe um einen unbestimmten Rechtsbegriff handle.
Bei der Beurteilung, ob eine Wohnung unangemessen groß sei, sollten die Wohnflächengrenzen des Zweiten Wohnungsbaugesetzes
(II. WoBauG) zugrunde gelegt werden. Hierbei sollte eine Differenzierung nach der Anzahl der Personen erfolgen. Das BSG habe in seiner
Entscheidung eine Reduzierung von jeweils 20 qm pro Person, ausgehend von einem 120 qm Haus bei einem Haushalt von vier Personen,
für sachgerecht gehalten. Bei einer Belegung von einer Wohnung mit bis zu zwei Personen sei die Grenze allerdings typisierend
auf 80 qm festzusetzen. Dies sei jedoch keine quasi normative Größe. Es müsse Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche,
vom Regelfall abweichende Bedarfslagen geben. Die angenommenen Werte orientierten sich am "Durchschnittsfall" und bedürften
bei Vorliegen besonderer Umstände einer Anpassung nach oben oder auch nach unten. Im Übrigen sei bei der Entscheidung des
BSG vom 07.11.2006 Gegenstand eine Eigentumswohnung gewesen und kein Einfamilienhaus. Das SG hat zur Berechnung der Größe des Eigenheimes der Kläger von der Wohnfläche mit 103 qm für das Treppenhaus 10 qm abgezogen.
Deshalb hielt es das Haus der Kläger von seiner Größe her gerade noch für angemessen. Es sei daher Schonvermögen im Sinne
des § 12 Abs.3 Nr.4 SGB II. Des Weiteren hat es ausgeführt, dass eine Verwertung des Hauses eine besondere Härte nach § 12
Abs.3 Satz 1 Nr.6 SGB II bedeuten würde. Eine besondere Härte würde dann vorliegen, wenn eine Verwertung den Leitgedanken
der Absätze 2 und 3 Satz 1 Nr.1 bis 5 des § 12 SGB II widerspreche. Dies sei bei den Klägern angesichts des Alters, der Größe
und der Tatsache, dass das Haus im Wesentlichen in Eigenleistung gebaut worden sei, der Fall. Daher sei das Eigenheim der
Kläger nicht zu verwerten.
Die Beklagte hat am 14.06.2007 Berufung gegen das Urteil des SG Augsburg eingelegt. Zur Begründung der Berufung hat die Beklagte
vorgetragen, dass Familienheime nach § 7 Abs.1 II. WoBauG in der Regel dann nicht unangemessen groß seien, wenn bezogen auf einen Vierpersonenhaushalt die Wohnfläche eine Grenze von
130 qm nicht übersteige (§ 39 Abs.1 Satz 1 Nr.3, Abs.2 II. WoBauG). Wenn die Wohnflächengrenzen sich auf ein von vier Personen selbst genutztes Familienheim bezögen, bedeute dies bei einem
Zweipersonenhaushalt eine Wohnfläche von 90 qm (130 qm abzüglich 20 qm pro Person). Ein Abschlag für das im Wohngebäude befindliche
Treppenhaus sei nicht vorzunehmen. Ein Abzug könne nach Auskunft der Bauverwaltung des Landratsamts Augsburg nur dann erfolgen,
wenn das Treppenhaus zu einer weiteren abgeschlossenen Wohnung führen würde. Daher sei das selbst genutzte Familienheim mit
circa 103 qm zum berücksichtigenden Vermögen zu zählen. Auch eine besondere Härte im Sinne der vermögensrechtlichen Vorschriften
des § 12 Abs.3 Satz 1 Nr.6 SGB II würde nicht vorliegen. Ein außergewöhnlicher Härtefall oder ein Fall der besonderen Härte
liege nicht vor. Insbesondere kein Verlust der Altersvorsorge und eine daraus entstehende Versorgungslücke. Außerdem habe
die Regelung des § 12 Abs.3 Satz 1 Nr.6 SGB II nicht den Zweck die Beibehaltung ungeschützten Vermögens zu Lasten des Steuerzahlers
zu ermöglichen. Vielmehr halte gerade die Bestimmung über das sog. Schonvermögen einem Hilfebedürftigen einen gewissen Spielraum
in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit offen. Grundsätzlich müsse im SGB II auch die Vermögenssubstanz verwendet werden,
bevor auf öffentliche Mittel zurückgegriffen werden könne. Im Übrigen ginge durch das Verwertungsverlangen das Wohneigentum
nicht zwingend verloren. Verwertbarkeit bedeute nämlich nicht nur den Verbrauch, den Verkauf oder die Übertragung einer Sache,
sondern auch deren Beleihung oder Belastung. Die Beklagte hat erneut darauf hingewiesen, dass sie bereit sei eine zinslose
Grundschuld auf das Eigenheim des Klägers zu ihren Gunsten zu akzeptieren.
Der Senat hat die vom SG Augsburg in der mündlichen Verhandlung verbundenen Rechtsstreitigkeiten S 9 AS 94/07 und S 9 AS 95/07 mit Beschluss vom 28.03.2008 getrennt, so dass Streitgegenstand des Berufungsverfahrens der Bescheid vom 09.06.2005 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2005 ist.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 09.05.2007 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid
vom 09.06.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2005 abzuweisen.
Die Bevollmächtigte der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen und hilfsweise die Revision zuzulassen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung §§
143,
151 SGG ist zulässig und begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 09.06.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 15.07.2005, soweit die Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes lediglich als Darlehen gewährt
hat.
Der Bedarfsgemeinschaft der Kläger steht grundsätzlich ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II zu.
Rechtsgrundlage ist insoweit der § 7 Abs.1 Satz 1 i.V.m. § 19 Satz 1 SGB II. Nach diesen Vorschriften erhalten Personen, die
das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes,
wenn sie erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland haben. Im vorliegenden
Fall ist das Tatbestandsmerkmal der Hilfebedürftigkeit streitig. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs.1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt,
seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder
nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu
berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann.
Bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit regelt § 12 SGB II, in welchem Umfang Vermögen zu berücksichtigen ist. Er stellt eine
Konkretisierung des in §§ 3 Abs. 3, 9 Abs.1 Nr.2 SGB II normierten Grundsatzes der Subsidiarität dar. Leistungen nach dem
SGB II erhält nur derjenige, der seinen Bedarf nicht durch anderweitige Möglichkeiten, z.B. durch den Einsatz seines Vermögens,
decken kann. Hierbei muss der Hilfebedürftige neben dem Ertrag seines Vermögens auch dessen Substanz verwerten, soweit diese
nicht durch die Vorschrift des § 12 Abs. 2 und Abs.3 SGB II geschützt ist. Nicht zu verwerten ist das Vermögen, dessen Wert
den Grundfreibetrag nach § 12 Abs. 2 SGB II nicht übersteigt. Ebenfalls sind Vermögensgegenstände nicht zu berücksichtigen,
die in § 12 Abs. 3 Nr. 1 bis Nr. 5 SGB II aufgezählt sind. Schließlich ist abschließend zu prüfen, ob die Verwertung eines
Vermögensgegenstandes unzumutbar im Sinne von offensichtlich unwirtschaftlich oder im Sinne des Vorliegens einer besonderen
Härte nach § 12 Abs. 3 Nr.6 SGB II ist.
§ 12 Abs.1 Satz 1 SGB II bestimmt, dass als Vermögen alle verwertbaren Gegenstände des Hilfebedürftigen und der mit ihm in
Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen(vgl. § 9 Abs. 2 SGB II) zu berücksichtigen sind. Ein Vermögensgegenstand ist nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Sozialhilfe (BVerwGE 106, 105) dann verwertbar, wenn der Hilfebedürftige durch dessen Einsatz Geldmittel erhalten kann, mit denen er seinen Bedarf decken
und er seiner Bedürftigkeit abhelfen kann. Der Begriff der Verwertbarkeit ist rein wirtschaftlich zu definieren und beurteilt
sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen. Demgemäß ist das Vermögen nach § 12 Abs.4
Satz 1 SGB II mit seinem Verkehrswert, also dem am allgemeinen Markt erzielbaren Preis zu berücksichtigen (vgl. hierzu Mecke
in Eicher-Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Aufl.2008, § 12 SGB II Rdnr.30 ff.).
Bei dem jeweils im Miteigentum des Klägers und seiner Ehefrau stehenden selbst genutzten Hausgrundstück handelt es sich grundsätzlich
um verwertbares Vermögen im Sinne dieser Vorschrift. Nach Auskunft des Gutachterausschusses beim Landratsamt A. beträgt der
Wert des bebauten Grundstücks 170.000 Euro. Mit diesem Wert übersteigt das bebaute Grundstück den Grundfreibetrag des § 12
Abs.2 Nr.1 i.V.m. § 65 Abs.5 SGB II. in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung. Den Klägern steht nach dieser Vorschrift
je vollendetes Lebensjahr ein Freibetrag von 520 Euro zu, höchstens 33.800 Euro.
Der Kläger zu 1) war im streitigen Zeitraum 59 Jahre alt, ihm steht ein Freibetrag in Höhe von 30.680 Euro zu, die Klägerin
zu 2) war 58 Jahre alt, ihr steht ein Freibetrag von 30.160 Euro zu. Der Wert des bebauten Grundstücks, zu gleichen Teilen
auf die Kläger verteilt, übersteigt ohne Zweifel diese Freibeträge.
Das Einfamilienhaus der Kläger ist auch nicht als sogenanntes Schonvermögen nach § 12 Abs.3 Satz 1 Nr. 4 SGB II nicht als
Vermögen zu berücksichtigen. Nach dieser Vorschrift ist ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine
entsprechende Eigentumswohnung bei der Ermittlung des Vermögens nicht zu berücksichtigen.
Das Grundstück der Kläger liegt im Ortsteil L. der Gemeinde M. und damit im ländlichen Bereich. Nach den Hinweisen der BA
für die Anwendung des SGB II sind Grundstücke im städtischen Bereich bis zu 500 qm Größe und im ländlichen Bereich bis zu
800 qm angemessen (vgl. hierzu auch Mecke aaO., § 12 RdNr. 71 und Urteil des BSG vom 16.05.2007, B 11b AS 37/06R, SozR 4-4200
§ 12 Nr.4). Damit ist die Grundstücksgröße des klägerischen Hausgrundstückes angemessen.
Allerdings muss neben der Grundstücksgröße auch die Wohnfläche des Einfamilienhauses angemessen sein, damit das Hausgrundstück
in das Schonvermögen der Kläger fällt.
Die Kläger können sich bezüglich ihres Einfamilienhauses nicht auf den Verwertungsschutz des § 12 Abs.3 Satz 1 SGB II berufen.
Das den Klägern gehörende Haus ist kein im Sinne des § 12 Abs.3 Satz 1 Nr.4 SGB II privilegiertes Haus, da es nicht von angemessener
Größe ist. Bei der Bestimmung dessen, was im Einzelfall als angemessen anzusehen ist, orientiert sich die Rechtsprechung des
BSG (vgl. BSG vom 07.11.2006, B 7b AS 2/05 R bezüglich Eigentumswohnungen und BSG vom 16.05.2007, B 11b AS 37/06 R bezüglich selbstgenutzter Häuser) an den Vorgaben für Wohnflächengrenzen des außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbau-
und Familienheimgesetzes (2. Wohnungsbaugesetz, II. WobauG) vom 19.08.1994 (BGBl.I 2137).
Die Rechtsprechung nimmt jedoch zusätzlich eine Differenzierung nach der Bewohnerzahl vor.
Ein Familienheim im Sinne des § 7 Abs.1 II. WoBauG wäre demnach bezogen auf einen Vierpersonenhaushalt nicht unangemessen groß, wenn die Wohnfläche eine Grenze von 130 qm nicht
übersteigen würde (§ 39 Abs.1 Satz 1, Abs.2 II. WoBauG).
Ausgehend von diesem Grenzwert sind für die Kläger Abschläge von der Wohnfläche zu machen, da es sich um einen Zweipersonenhaushalt
handelt. Hierfür ist von einem Abschlag von 20 qm pro Person auszugehen. Zwar enthält das II. WoBauG keine Vorgaben für eine Flächenreduzierung bei geringerer Personenzahl, allerdings nimmt es eine Flächenerhöhung von 20 qm
pro Person vor, wenn ein Haushalt aus mehr als vier Personen besteht (vgl. § 82 Abs.3 Satz 1 II. WoBauG). Die Rechtsprechung des BSG (vgl. aaO. oben) wendet diesen Flächenwert auch entsprechend auf Flächenabschläge an.
Daraus folgt, dass bei den Klägern ausgehend von einer Bezugsgröße von 130 qm und einem Flächenabschlag von insgesamt 40 qm
für zwei Personen eine Gesamtwohnfläche von 90 qm als angemessen anzusehen ist. Besondere Gründe in der Person der Kläger,
welche die Zubilligung einer höheren Flächengröße rechtfertigen würden, sind für den Senat nicht ersichtlich. Mit einer zu
berücksichtigenden Wohnfläche von nahezu 103 qm übersteigt das Hausgrundstück der Kläger die als angemessen zu betrachtende
Flächengröße somit deutlich. Es gehört daher nicht mehr zu dem in § 12 Abs.3 Satz 1 Nr.4 SGB II aufgeführten Schonvermögen
und ist grundsätzlich zu verwerten.
Das von den Klägern selbst genutzte Einfamilienhaus stellt auch verwertbares Vermögen in diesem Sinne dar. Der Vermögensbegriff
umfasst neben beweglichen Gegenständen, vermögenswerten Rechten und Forderungen auch unbewegliche Sachen. Ihm unterfallen
daher neben unbebauten auch bebaute Flächen, wie das Grundstück des Klägers. Es handelt sich hierbei um "verwertbares" Vermögen.
Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Bundessozialhilfegesetz (vgl. aaO.) sieht einen Vermögensgegenstand stets dann als verwertbar an, wenn der Hilfebedürftige durch dessen Einsatz zu
Geldmitteln kommt, die es ihm ermöglichen rechtzeitig seinen Bedarf zu decken und damit seiner Bedürftigkeit abzuhelfen. Somit
ist der Begriff der Verwertbarkeit rein wirtschaftlich zu definieren. Er beurteilt sich nach den gegebenen tatsächlichen und
rechtlichen Verhältnissen. Der Verwertung der klägerischen Immobilie stehen weder tatsächliche noch rechtliche Gründe entgegen,
da die Beklagte bereit ist, die Verwertung in Form einer Grundschuldeintragung auf sich vornehmen zu lassen. Im Übrigen gibt
es keine Anhaltspunkte für eine tatsächliche Unverwertbarkeit des klägerischen Grundstücks, etwa dass es unverkäuflich oder
über den Marktwert hinaus belastet wäre. Nach dem vorliegenden Grundbuchauszug ist das Haus unbelastet.
Unerheblich ist auch, dass der Einsatz des Vermögenswertes eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt oder die Verwertung im Augenblick
wirtschaftlich nicht günstig ist. Ebenso ist nicht zu berücksichtigen, ob der Vermögenswert im Zeitpunkt, in dem die Hilfe
eintreten soll, zwar vorhanden, aber nicht sofort verwertbar ist.
Die Forderung nach der Verwertung des Hausgrundstückes stellt für die Kläger keine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs.3
Satz 1 Nr.6 SGB II dar. Im Einzelfall kann die Verwertung eines Vermögensgegenstandes nicht verlangt werden, wenn dies für
den Hilfesuchenden eine "besondere Härte" bedeuten würde. Maßgeblich können hierfür nur außergewöhnliche Umstände sein, die
dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und die nicht ausdrücklich im Gesetz berücksichtigt
sind.
Solche Umstände liegen nach Auffassung des Senats nicht vor. Die zum Zeitpunkt der Antragstellung absehbare Verrentung des
Klägers zu 1) und die damit beendete Hilfebedürftigkeit kann keine besondere Härte begründen. Bis zum Renteneintritt am 01.08.2006
liegt mit immerhin 19 Monaten ein durchaus beachtlicher Zeitraum und nicht nur eine kurze und vorübergehende Hilfebedürftigkeit
vor. Insbesondere ist auch darauf hinzuweisen, dass eine "besondere Härte" im Sinne des § 12 Abs.3 Satz 1 Nr.6 SGB II nur
dann angenommen werden kann, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über
das Schonvermögen (§ 12 Abs.3 Satz 1 SGB II, § 4 Abs.1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung - Alg II-V -) und die Absetzungsbeträge
nach § 12 Abs.2 SGB II erfasst werden. Hierbei ist auch zu beachten, dass im SGB II ein strengerer Maßstab als im Recht der
Sozialhilfe, in dem die Leistungsbewilligung nicht vom Einsatz und der Verwertung des Vermögens abhängig gemacht werden darf,
wenn dies für die Anspruchsteller eine "Härte bedeuten würde" (vgl. § 88 Abs.3 Satz 1 BFHG in der bis zum 31. Dezember 2004
geltenden Fassung), anzuwenden ist. Daher müssen im Rahmen des SGB II außergewöhnliche Umstände vorliegen, die dem Betroffenen
ein deutlich größeres Opfer abverlangen. Dies machen auch die Gesetzesmaterialien deutlich. Hiernach liegt ein Härtefall im
Sinne des § 12 Abs.3 Satz 1 Nr.6 SGB II dann vor, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine
Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen müsste, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbständiger Tätigkeit
aufweist (BT-Drs.15/1749 S.32). Hieraus kann geschlossen werden, dass es nicht auf den Verlust der Altersvorsorge alleine
ankommt, sondern dass zum Verlust der Altersvorsorge eine Versorgungslücke als besondere Härte hinzutreten muss. Diese außergewöhnlichen
Umstände liegen bei den Klägern nicht vor. Auch eine nur geringfügige Überschreitung der Angemessenheitsgrenze rechtfertigt
die Annahme eines besonderen Härtefalles nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht (vgl. Urteil vom 16.05.2007,
B 11b 37/05 R).
Es ist allerdings nachvollziehbar, dass die Verwertung ihres selbst bewohnten Hausgrundstückes von den Klägern als hart empfunden
wird, aber darin liegt keine über die mit der Forderung nach Vermögensverwertung üblicherweise hinausgehende Härte vor. Angesichts
der in § 3 Abs.3 SGB II niedergelegten Selbsthilfeverpflichtung der Kläger haben sie zur Beseitigung ihrer Notlage grundsätzlich
die Substanz ihres Vermögens zu verwerten, bevor sie öffentliche Mittel in Anspruch nehmen können. Zudem ist zu berücksichtigen,
dass mit dem Verwertungsverlangen der Beklagten nicht zwingend der Verlust des Wohneigentums für die Kläger verbunden ist.
Die Beklagte hat die Eintragung einer Grundschuld angeboten.
Da die Kläger über verwertbares Vermögen im Sinne des § 12 SGB II verfügen, liegt keine Hilfebedürftigkeit im Sinne des §
12 Abs.1 SGB II vor.
Damit scheidet ein Anspruch auf die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01.01.2005
bis zum 31.05.2006 aus, soweit diese in Form eines Zuschusses begehrt werden.
Den Klägern waren jedoch die beantragten Leistungen in Form eines Darlehens zu gewähren.
Nach § 9 Abs.4 SGB II ist hilfebedürftig auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu
berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde. Denn Hilfsbedürftigkeit
kann sich unabhängig vom Vorhandensein verwertbaren Vermögens nach § 9 Abs.4 SGB II auch daraus ergeben, dass der sofortige
Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den Betroffenen eine
besondere Härte bedeuten würde.
Da der Verkauf oder die Belastung einer Immobilie erfahrungsgemäß einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt, waren der Bedarfsgemeinschaft
nach § 23 Abs.5 Satz 1 SGB II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form eines Darlehens zu erbringen. Die Kläger
wurden durch diese Form der Leistungsgewährung auch nicht unzumutbar belastet, weil das von der Beklagten gewährte Darlehen
zinslos erbracht wird. Aus diesem Grund hat die Beklagte die Leistungen den Klägern zu Recht in Darlehensform bewilligt.
Daher war das Urteil des Sozialgerichts Augsburg für den Bewilligungszeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.06.2005 aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß §
193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung der Beklagten für die Kläger keinen Erfolg brachte. Die Revision wird nach §
160 SGG nicht zugelassen, da die entscheidungserheblichen Rechtsfragen vom BSG durch die oben zitierten Entscheidungen bereits entschieden
sind.