Anspruch auf Witwenrente; Nichterfüllung der Wartezeit nach einer Beitragserstattung; Erlöschen der Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung von Witwenrente aus der Versicherung ihres
verstorbenen Ehemannes N. A. nach erfolgter Beitragserstattung zusteht.
Die Klägerin ist türkische Staatsangehörige mit Wohnsitz in ihrem Heimatland. Ihr verstorbener Ehemann war vom 25.10.1963
bis 04.08.1967 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt und kehrte danach in die Türkei zurück.
Auf seinen Antrag vom 08.01.1980 erstattete die Beklagte mit Bescheid vom 14.03.1980 die in der Zeit vom 25.10.1963 bis 04.08.1967
entrichteten Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.903,10 DM.
Am 13.05.2003 beantragte die Klägerin die Gewährung von Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Mannes N. A ...
Mit Bescheid vom 01.07.2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Beiträge des Versicherten zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung
seien durch die Beklagte mit Bescheid vom 14.03.1980 erstattet worden. Damit sei das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst.
Somit bestehe kein Anspruch auf Zahlung einer Rente mehr. Den hiergegen am 20.10.2003 eingelegten Widerspruch - mit dem die
Klägerin eine Rentengewährung aus den nicht erstatteten Arbeitgeberbeiträgen begehrte - wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 26.11.2003 zurück. Die vom verstorbenen Ehemann der Klägerin in der Zeit vom 25.10.1963 bis 04.08.1967 zur deutschen gesetzlichen
Rentenversicherung entrichteten Beiträge seien mit Bescheid vom 14.03.1980 in Höhe von 1.903,10 DM erstattet worden. Nach
dem 14.03.1980 seien keine weiteren Beiträge zur deutschen Rentenversicherung mehr entrichtet worden und damit keine auf die
Wartezeit anrechnungsfähigen Zeiten aus der deutschen Rentenversicherung mehr vorhanden gewesen. Ein Anspruch auf Witwenrente
allein aus den vom Arbeitgeber getragenen Beiträgen bestehe aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage nicht.
Hiergegen hat die Klägerin am 07.01.2004 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Mit Urteil vom 12.03.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen
Ehemannes N. A ... Wegen der Nichterstattung der von den jeweiligen Arbeitgebern für den Zeitraum vom 25.10.1963 bis 04.08.1967
entrichteten Beiträge an den verstorbenen Ehemann stehe der Klägerin kein Anspruch auf Gewährung einer Witwenrente aus der
deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zu. Gemäß § 1303 Abs 7
Reichsversicherungsordnung (
RVO) schließe die Beitragserstattung weitere Ansprüche aus den zurückliegenden Versicherungszeiten aus. Da der Ehemann der Klägerin
nach dem 08.01.1980 keine weiteren rentenrechtlichen Zeiten in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt habe, bestehe für
die Klägerin kein Anspruch aus dem damals bestehenden, durch die Beitragserstattung aber aufgelösten Versicherungsverhältnis.
Die durchgeführte Beitragserstattung führe nämlich nicht nur zur Auflösung des beim Rentenversicherungsträger aufgelaufenen
Guthabens der erstattungsfähigen Beiträge, sondern zur rückwirkenden Löschung des Versicherungsverhältnisses in seiner Gesamtheit
bzw. in leistungsrechtlicher Hinsicht zum Verfall der bis dahin zurückgelegten Versicherungszeiten. Die Rechtsbeziehungen
zwischen dem Ehemann der Klägerin und damit auch der Klägerin und der Beklagten seien mit der Beitragserstattung endgültig
beseitigt. Mangels Versicherungsverhältnis könne sich auch kein Anspruch auf eine Rente allein aus den nicht erstatteten Arbeitgeberbeiträgen
zur Rentenversicherung ergeben.
Hiergegen richtet sich die beim SG am 24.04.2008 und beim Bayer. Landessozialgericht am 30.04.2008 eingegangene Berufung der Klägerin.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgericht Bayreuth vom 12.03.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 01.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 26.11.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Witwenrente ab 01.05.2002 aus der Versicherung ihres verstorbenen
Ehemannes N. A. aus den Beiträgen, die von den jeweiligen Arbeitgebern für die Zeit vom 25.10.1963 bis 04.08.1967 zur deutschen
gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet wurden, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 12.03.2008 zurückzuweisen.
In Übereinstimmung mit dem Erstgericht gehe die Beklagte davon aus, dass die erfolgte Beitragserstattung nach § 1303
RVO das Versicherungsverhältnis, aus dem Ansprüche hergeleitet werden könnten, aufgelöst habe. Mangels Versicherungsverhältnis
könne sich auch kein Anspruch auf eine Rente allein aus den nicht erstatteten Arbeitgeberbeiträgen zur Rentenversicherung
ergeben. Da der Ehemann der Klägerin nach dem Zeitpunkt der Beitragserstattung keine weiteren rentenrechtlichen Zeiten in
der Bundesrepublik zurückgelegt habe, bestehe damit kein Anspruch auf Witwenrente aus dem durch die Beitragserstattung in
seiner Gesamtheit aufgelösten Versicherungsverhältnis.
Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig.
Die Berufung erweist sich jedoch als nicht begründet.
Zu Recht hat das SG die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 01.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2003 abgewiesen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Witwenrente gemäß §
46 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) in der Fassung vom 19.02.2002 (gültig ab 01.01.2002 bis 31.12.2004) aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes N.
A. aus den von ihm in der Zeit vom 25.10.1963 bis 4.8.1967 entrichteten Beiträgen zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung.
Denn dem Ehemann sind die von ihm aufgrund seiner versicherungspflichtigen Tätigkeit für die Zeit vom 25.10.1963 bis 4.8.1967
entrichteten Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.903,10 DM mit Bescheid vom 14.3.1980 erstattet
worden. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Witwenrente aus den von den jeweiligen Arbeitgebern für den genannten Zeitraum
entrichteten Beiträgen.
Voraussetzung für die Gewährung einer Witwenrente ist gemäß §
46 SGB VI (aaO.) u.a., dass der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit
von fünf Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen Todes, §
50 Abs.
1 Satz 1 Nr
3 SGB VI. Auf die allgemeine Wartezeit ... werden Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet, §
51 Abs
1 SGB VI.
Auf Beitragserstattungen vor dem 1.1.1992 ist § 1303
RVO anwendbar, denn §
210 SGB VI ist erst auf Beitragserstattungen ab dem 1.1.1992 anwendbar (Art. 85 RRG 1992 vom 18.12.1989, BGBl I S. 2261 iVm Art. 42 RÜG vom 25.07.1991, BGBl I S. 1606; Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 2, § 210 RdNr. 28).
Gemäß § 1303 Abs. 1 Satz 1
RVO wurde dem Ehemann der Klägerin auf seinen Antrag vom 8.1.1980 mit Bescheid vom 14.3.1980 die Hälfte der entrichteten Beiträge
erstattet. Dies ist hier unstreitig erfolgt.
Gemäß § 1307 Abs.7
RVO schließt diese Beitragserstattung weitere Ansprüche aus den zurückliegenden Versicherungszeiten aus. Die durchgeführte Beitragserstattung
führt nämlich nicht nur zur Auflösung des beim Rentenversicherungsträger aufgelaufenen Guthabens der erstattungsfähigen Beiträge,
sondern zur rückwirkenden Löschung des Versicherungsverhältnisses in seiner Gesamtheit (Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht,
Band 1, § 1303
RVO RdNr. 28) bzw. in leistungsrechtlicher Hinsicht zum Verfall der bis dahin zurückgelegten Versicherungszeiten (vgl. BSG SozR
§ 1303 Nr. 18). Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Ehemann der Klägerin und der Beklagten und damit auch zwischen der Klägerin
und der Beklagten sind mit der Beitragserstattung beseitigt.
Eine Erstattung der vom Arbeitgeber entrichteten Beiträge zur Rentenversicherung ist nach § 1303 Abs.1 Satz 1
RVO ausgeschlossen. Aufgrund der Löschung des Versicherungsverhältnisses in seiner Gesamtheit kann sich auch kein Anspruch auf
Witwenrente aus den nicht erstatteten Arbeitgeberbeiträgen zur Rentenversicherung ergeben.
Die Beschränkung des Beitragserstattung auf den Arbeitnehmeranteil ist mit dem Verfassungsrecht vereinbar und verstößt nicht
gegen das Willkürverbot (vgl. dazu beispielhaft: BSG SozR 2200 § 1303 Nr 18, 33; BVerfG SozR 2200 § 1303 Nr 19, 34; BSG SozR 3-2600 § 210 Nr 2; BSG Beschluss vom 31.07.2007 - Az: B 5a/4 R 199/07 B; BayLSG Urteil vom 31.01.2007 - Az.: L 20 R 592/06).
Nach der Beitragserstattung (entgegen der Auffassung des SG ist nicht der Zeitpunkt des Antrags auf Beitragserstattung maßgeblich) hat der Versicherte keine weiteren rentenrechtlichen
Zeiten mehr zurückgelegt.
Nach alledem ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG vom 12.3.2008 zurückzuweisen.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich, §
160 Abs.2 Nrn 1 und 2
SGG.