Rente wegen Erwerbsminderung
Psychische Erkrankung
Mehrschrittige Prüfung des Vorliegens eines Ausnahmefalls
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Die 1981 geborene Klägerin erlernte von 1998 bis 2001 den Beruf einer Verwaltungsfachangestellten und war anschließend in
diesem Beruf tätig, zuletzt als Teilzeitbeschäftigte beim Landratsamt G-Stadt. Die Klägerin führte parallel zur Beschäftigung
eine Fortbildung zur Verwaltungsfachwirtin durch und begann ein Studium zur Diplom-Betriebswirtin. Bei der Klägerin bestand
seit 04.04.2007 Arbeitsunfähigkeit. Ab Oktober 2007 wurde ihr ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 zuerkannt.
Vom 07.02.2008 bis 11.03.2008 befand sich die Klägerin zur stationären medizinischen Rehabilitation in den Fachkliniken N
... Im dortigen Entlassungsbericht vom 28.07.2008 wurden folgende Diagnosen aufgeführt: 1. Nahrungsmittelintoleranzen. 2.
Multiple Chemical Sensitivity. 3. Prädiabetes. 4. Rezidivierendes Ekzem: Handrücken bds. und Beugeseiten der Extremitäten.
5. Schwindelattacken, unsystematisch. 6. Benommenheit. 7. Kognitive Funktionseinschränkung. 8. Leukopenie. 9. Multiple Allergien.
10. Reaktion auf schwere Belastung. Trotz einer Gewichtsabnahme von 20 kg im Zusammenhang mit den Nahrungsmittelintoleranzen
lag zur Zeit der Rehabilitation der BMI noch an der Grenze zwischen Normal- und Übergewichtigkeit. Die Klinik sah die Klägerin
als aktuell nur unter drei Stunden einsatzfähig an. Sie könne dabei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten überwiegend
im Sitzen, ohne Nachtschicht, ohne besondere Anforderung an das Konzentrations-, Reaktions- und Umstellungsvermögen, ohne
Publikumsverkehr und ohne unkontrollierbare Exposition gegenüber volatilen Chemikalien durchführen. Nach einer Regenerationsphase
von sechs Monaten sei die Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell geplant.
Am 24.10.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Auf Veranlassung
der Beklagten wurde die Klägerin am 05.12.2008 durch den Neurologen und Psychiater Dr. K. untersucht, von dem die toxisch-allergische
Störungshypothese der Umweltmediziner kritisiert und ein Krankheitsbild auf der Grundlage von körperlicher und seelischer
Labilität gestellt wurde. In neurologischer Hinsicht lägen diffuse Somatisierungsstörungen vor, in psychischer Hinsicht eine
Dysthymie mit histrionischen Zügen. Es bestünde keine echte Erkrankung im Rechtssinne und die Klägerin könne ihrer bisher
verrichteten Tätigkeit vollschichtig nachkommen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien leichte bis mittelschwere Tätigkeiten
in Tagesschicht und ohne ständiges Stehen und Gehen möglich, wobei letztere Einschränkung offensichtlich auf einem Verdacht
auf lumbale Wurzelreizerscheinungen beiderseits bei Lumbalsyndrom gründete.
Am 09.12.2008 erfolgte eine weitere Untersuchung durch die Internistin B. R., die vom Vorliegen einer Nahrungsmittelintoleranz
und einer multiplen Chemikalien-Sensitivität bei der Klägerin ausging. Leichte Tätigkeiten im Sitzen könnten noch in einem
zeitlichen Umfang von drei bis unter sechs Stunden verrichtet werden; dies betreffe auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als
Verwaltungsfachangestellte. Die quantitative Einschränkung beruhe auf den glaubhaften Angaben der Klägerin, wonach diese nach
einem solchen zeitlichen Einsatz lang andauernde Pausen zur Erholung benötige. Das Ergebnis stütze sich wesentlich auf die
Beurteilung der Rehabilitationsklinik. Außerdem wurde - offensichtlich in Unkenntnis des Gutachtens des Dr. K. - eine nervenärztliche
Begutachtung angeregt.
Der beratende Arzt der Beklagten, Dr. E., kam am 20.01.2009 zum Ergebnis, dass die im Gutachten attestierte Leistungsminderung
nicht durch objektive Befunde belegt sei. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.02.2009 eine Rentengewährung ab.
Die Klägerin legte am 19.02.2009 Widerspruch gegen diesen Bescheid ein und bezog sich zur Begründung auf eine testpsychologische
Untersuchung in der Praxis des Dr. B. vom 07.07.2008, obwohl dort eine weitgehend durchschnittliche Leistungsfähigkeit festgestellt
worden war.
Eine von der Beklagten vorgesehene neuerliche Rehabilitationsmaßnahme in der Psychosomatischen Klinik B. N. scheiterte an
den Anforderungen der Klägerin hinsichtlich belastungsfreier Unterbringung und besonderer Ernährung. Eine stattdessen avisierte
Rehabilitationsmaßnahme in der B.-Klinik S. kam ebenfalls nicht zustande, ohne dass aus der Akte Gründe hierfür ersichtlich
wären.
Letztlich bewilligte die Beklagte der Klägerin erneut eine Rehabilitationsmaßnahme in den Fachkliniken N ... Diese wurde vom
07.01.2010 bis 03.02.2010 durchgeführt und erbrachte folgende Diagnosen: 1. Multiple Chemical Sensitivity. 2. Nahrungsmittelintoleranzen.
3. Multiple Allergien. 4. Neurodermitis atopica. 5. Chronische Erschöpfung. 6. Sekundäre Amenorrhoe. 7. Verdacht auf Syndrom
der polyzystischen Ovarien. 8. Spannungskopfschmerz bei HWS-Syndrom. 9. Bekannte Hyperuricämie. 10. Reaktion auf schwere Belastung.
Eine Fortsetzung der ambulanten Psychotherapie werde dringend empfohlen. Die Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes werde angeregt.
Die gesundheitliche Situation der Klägerin wurde als unverändert gegenüber dem vorherigen Rehabilitationsverfahren angesehen,
das zeitliche Leistungsvermögen mit 3 bis unter 6 Stunden angegeben.
Die Sozialmedizinerin und Psychiaterin Dr. S. vom beratungsärztlichen Dienst der Beklagten kritisierte den Entlassungsbericht
und sah eine andere Leistungsbeurteilung, als bisher von der Beklagten vertreten, nicht als belegt an.
Ab Februar 2010 wurde der Klägerin der GdB auf 50 erhöht, nachdem in einem Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Würzburg ()
ein Gutachten bei der Ärztin für öffentliches Gesundheitswesen Dr. B. eingeholt worden war.
Im November 2010 wurde berichtet, dass die Klägerin ihren Beruf weiterhin ausübe: Sie habe in der Landkreisverwaltung einen
reinen digitalen Arbeitsplatz und schaffe so vier Tage mit jeweils vier Stunden in der Woche. Sie könne das drei bis vier
Wochen am Stück leisten und brauche dann eine Pause von zwei bis sieben Tagen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es hätten sich im Widerspruchsverfahren
keine weiteren Befunde ergeben, die zu einer Änderung der im Rentenverfahren getroffenen sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung
zu führen hätten. Diese Einschätzung würde letztlich auch durch den Rehabilitationsentlassungsbericht bestätigt.
Am 26.01.2011 hat die Klägerin mit Telefax-Schreiben Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben. Das Sozialgericht hat Befundberichte
bei den behandelnden Ärzten Dr. G., Dr. G., Dr. N., Dr. B., Dr. O. und Dr. B. eingeholt. Ferner hat es ein für die X-Lebensversicherung
AG erstelltes Gutachten der I. C. beigezogen, bei dem Dr. D. und Dr. B. aus der Praxis Dr. K. in B. die Untersucher gewesen
waren. Darin sind eine lavierte Depression mit somatoformen Elementen und eine undifferenzierte Somatisierungsstörung diagnostiziert
worden. Die Klägerin könne ihre bisherige Tätigkeit nicht ausüben, wobei derzeit Arbeitsunfähigkeit gegeben sei. Das Krankheitsbild
sei noch nicht leitliniengerecht behandelt und vor der Feststellung von Berufsunfähigkeit müsse die adäquate leitliniengerechte
Therapie erfolgt sein. Erforderlich sei eine stationäre Therapie in einer psychiatrischen Fachklinik.
Das Sozialgericht hat ein Gutachten durch die Internistin und Sozialmedizinerin Dr. H. erstellen lassen, die die Klägerin
am 06.09.2011 untersucht hat und im Gutachten vom 04.10.2011 folgende Gesundheitsstörungen bei der Klägerin festgehalten hat:
1. Ausgeprägte Überempfindlichkeit gegen Umweltstoffe (Multiple-Chemical-Sensitivity). 2. Multiple Nahrungsmittelintoleranzen.
3. Saisonale Rhinokonjuktivitis allergica bei Typ I-Sensibilisierung gegen Frühblüher. 4. Derzeit abgeheiltes toxisches Kontaktekzem
im Bereich der Fingerseiten Digitus II-V beidseits. 5. Lymphödeme beide Beine mit Kompressionstherapie. 6. Primäre Polydipsie
unter Ausschluss eines Diabetes insipidus, kompensierte Hypoatriämie nach Trinkmengenreduktion. 7. Helicobakter-assoziierte
Pangastritis bei abgeheilter Oesophagitis unter Protonenpumpeninhibitoren. 8. Myalgisches HWS-Syndrom ohne relevante Funktionseinschränkungen.
9. Sekundäre Amenorrhoe. 10. Schwere Somatisierungsstörung. Aus internistischer Sicht könne die Klägerin noch eine mindestens
6-stündige Tätigkeit ausüben, wobei es sich um überwiegend leichte Arbeiten im Sitzen oder in wechselnder Stellung in geschlossenen
Räumen handeln müsse. Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung, an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, mit besonderer
Belastung des Bewegungs- und Stützsystems, unter ungünstigen äußeren Bedingungen und insbesondere bei stark reizenden Umweltstoffen
müssten vermieden werden. Es sei gegenüber den Vorgutachten in medizinischer Hinsicht keine relevante Änderung eingetreten
und durch die Einrichtung des Heimarbeitsplatzes habe eine gewisse Stabilisierung erzielt werden können. Ein psychiatrisches
Gutachten sei zur weiteren Abklärung der sozialmedizinischen Leistungsfähigkeit erforderlich.
Das Sozialgericht hat sodann ein Gutachten beim Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. S. eingeholt, der die Klägerin
am 16. und am 31.01.2012 untersucht hat. Der ärztliche Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 18.02.2012 nach der zweimaligen
Exploration, bei der die Klägerin nach ihren eigenen Angaben bis an die Leistungsgrenze gegangen war, eine Somatisierungsstörung
bei demonstrativer Persönlichkeitsakzentuierung gesehen. An Diagnosen außerhalb seines Fachgebietes seien im Wesentlichen
eine Allergie, ein rezidivierendes myalges HWS- und LWS-Syndrom, ein Zustand nach Gastritis und ein Lymphödem beider Beine
zu benennen. Auffällig seien der Symptomwechsel bei Ausschluss verschiedener somatischer Krankheitszusammenhänge; die Annahme
einer artifiziellen Genese eines Teils der Symptome, insbesondere im Zusammenhang mit den Hautekzemen und der Elektrolytstörung,
sei naheliegend. Das von verschiedenen Seiten angenommene MCS-Phänomen zeige kein charakteristisches Symptommuster und keinen
systematischen Zusammenhang zwischen den geklagten Beschwerden und angeschuldigten Noxen; die Betroffenen hätten signifikant
gehäuft psychische Störungen, die den umweltbezogenen Beschwerden weit vorausgehen würden. Zudem erfülle die Klägerin gar
nicht die enggefassten diagnostischen Kriterien einer MCS, insbesondere ergebe sich keine nachweisbare initiale Exposition
gegenüber den angeschuldigten Toxinen. Aufgrund der neurotischen Grundlage der gestörten Gesundheit würden immer neue Beschwerden
in immer groteskerer Ausgestaltung präsentiert zur Aufrechterhaltung des sekundären Krankheitsgewinns. Das Symptombild sei
aus seiner ärztlichen Sicht durch eine psychische Störung umfassend erklärbar. Der psychosomatische Beschwerdekomplex könne
unter Zuhilfenahme psychotherapeutischer Maßnahmen weiter stabilisiert werden, wobei die Klägerin seit 2009 in regelmäßiger
psychotherapeutischer Behandlung sei. Sozialmedizinisch ergebe sich daraus, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
mehr als sechs Stunden täglich einsatzfähig sei. Es bestünden Einschränkungen hinsichtlich stress- und konfliktreicher Arbeit
durch die Gefahr einer psychischen Labilisierung und die Fixierung auf somatische Beschwerden. Tätigkeiten mit besonderer
nervlicher Belastung müssten daher auf Dauer vermieden werden. Auch seien Nachtschichten nicht zumutbar. Die Steuerung komplexer
Arbeitsvorgänge oder Verantwortung für Personen könnten nicht übernommen werden. Dagegen bestehe für Arbeiten ohne Zeitdruck
uneingeschränkte Verwendungsfähigkeit. Allerdings seien aufgrund Einschränkungen außerhalb des psychiatrischen Fachgebietes
auch noch häufiges Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten ohne Hilfsmittel nicht möglich.
Die Klägerin hat eine umfangreiche Schilderung der Untersuchungen abgegeben und in einer eigenen Stellungnahme zu dem Gutachten
einzelne Aussagen präzisiert, korrigiert oder in Frage gestellt. Zur Untermauerung hat sie einen geänderten Arztbrief des
Dr. G. vorgelegt. Weiter hat sie nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) die Einholung eines Gutachtens bei dem Umweltmediziner Dr. E. und eine Zusatzbegutachtung auf nervenärztlichem Fachgebiet
durch die Neurologin und Psychiaterin Dr. G.-B. beantragt. Der Hauptantrag ist dann auf eine Einholung des Gutachtens durch
den Allgemein- und Umweltmediziner Dr. D. abgeändert worden.
Der ärztliche Sachverständige Dr. D. hat die Klägerin am 19.01.2013 untersucht und in seinem Gutachten vom 10.04.2013 zunächst
mitgeteilt, dass die Klägerin eine weitere Gewichtsabnahme aufzuweisen habe (Wechsel vom Normal- zum Idealgewicht). Der ärztliche
Sachverständige hat folgende Gesundheitsstörungen als gegeben angesehen: 1. Chronische Multisystemerkrankung (CMI) in Form
einer Multiplen Chemikaliensensitivität (MCS). 2. Chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS). 3. Chronische rezidivierende gastro-intestinale
Beschwerden im Sinne eines "Leaky-Gut-Syndroms". 4. HWS-Syndrom mit Steilstellung und Blockade der Kopfgelenke. 5. Cephalgie.
6. Epicondylitis humeri radialis links. 7. LWS-Syndrom. 8. Erworbene sekundäre Mitochondriopathie (ATP-Mangel). 9. Tinnitus.
10. Schwindel unklarer Genese. 11. Schwermetallbelastung. 12. Hypothalmische Amenorrhoe. 13. Nahrungsmittelintoleranzen. 14.
Pollinosis. 15. Chronisches Lipödem bzw. Lymphödem an beiden Beinen. 16. Rezidivierendes toxisches Kontaktekzem Fingerseiten
bds. D 2-5. 17. Rezidivierende Ekzeme: Handrücken bds. und Beugeseiten der Extremitäten. 18. Genetisch fixierte Störung Glutathion-Konjugation
im ZNS mit Steigerung der Intoleranz gegenüber neurotoxischen VOCs. 19. Genetisch fixierte Reduktion der Acetylierung in der
Phase II der Biotransformation. 20. Verdacht auf rheumatoide Erkrankung. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
nur eine weniger als 3-stündige Tätigkeit ausüben. Die Bedingungen am jetzigen Heimarbeitsplatz seien nicht mit denen des
allgemeinen Arbeitsmarktes zu vergleichen. Hinzu käme eine Vielzahl von Einschränkungen der Arbeitsbedingungen. Am stärksten
sei die Klägerin durch leicht flüchtige organische Chemikalien belastet. Da sie dies an ihrem Heimarbeitsplatz weitgehend
vermeiden könne, habe eine Stabilisierung des Gesundheitszustandes erreicht werden können. Unter Beibehaltung des digitalen
Heimarbeitsplatzes habe sich die Belastbarkeit der Klägerin mit maximal 16 Wochenstunden stabilisiert. Der Sachverständige
hat ausdrücklich ausgeführt, dass es, auch wenn man eine somatoforme Störung attestieren würde, bei dem Leidensdruck der Klägerin
dieser keine vollschichtige Arbeitsfähigkeit von 6 Stunden täglich zuzumuten sei, denn immerhin bestehe eine Einschränkung
der Erwerbsfähigkeit von 50 % (GdB 50). Ein PET-Scan zur Erfassung von Hirnschäden sei bei der Klägerin bisher nicht durchgeführt
worden, da ein solches Verfahren in Deutschland nicht als geeignet für die Kassenpraxis eingestuft worden sei. Der Gutachterstreit,
zwischen psychogener Zuschreibung umweltassoziierter Krankheiten und chemogener Zuschreibung werde im vorliegenden Falle auf
dem Rücken der Klägerin ausgetragen. Als klinischer Umweltmediziner halte er die toxikogene Ursache des Leidens für wahrscheinlicher.
Es sei jedoch für die Klägerin unabhängig davon, ob ein toxisches oder phobisches Problem vorliege, unzumutbar, sie vollschichtig
an den fraglich sicheren Arbeitsplatz zurückzuschicken, zumal ihr wegen dieser Erkrankung ein GdB von 50, sprich eine Minderung
der Erwerbsfähigkeit von 50 v.H., zugesprochen worden sei.
Im Folgenden hat die Klägerin auf die Einholung des Gutachtens bei Frau Dr. G.-B. verzichtet.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht am 19.11.2013 durch Gerichtsbescheid (§
105 SGG) entschieden. Es hat die Klage abgewiesen. Die gesundheitliche Situation der Klägerin sei im Gutachten des gerichtsärztlichen
Sachverständigen Prof. Dr. S. überzeugend erfasst und sozialmedizinisch gewürdigt. Dem Gutachten des Dr. D. werde nicht gefolgt.
Dr. D. gebe zu dem Gutachten des Prof. Dr. S. an, dieser habe zwar die wesentlichen Vorbefunde korrekt ausgeführt, ziehe jedoch
hieraus die falschen Schlüsse. Andererseits sei der Gutachter Dr. D. nicht bereit gewesen, das Vorliegen einer psychiatrischen
Erkrankung differenzialdiagnostisch zu diskutieren. Vielmehr sei er der sozialrechtlich und sozialmedizinisch unzutreffenden
Meinung, dass selbst, wenn eine somatoforme Störung bei der Klägerin gegeben sei, dies angesichts des klägerischen Leidensdrucks
quasi automatisch zu einem unter 6-stündigen Leistungsvermögen führen müsse.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 18.12.2013 mit Telefax Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Dem
Entlassungsbericht der Rehabilitationsmaßnahme sei besonderes Gewicht beizumessen, da er nach längerdauernder Beobachtung
der Klägerin erfolgt sei. Zudem sei MCS nicht als psychische Erkrankung, sondern als körperliche anzusehen, wie sich aus der
Zuordnung im ICD 10 ergebe. Für das Bestehen der Leiden der Klägerin im Alltagsleben seien auch die Eltern als Zeugen geeignet.
Die Klägerin sei nicht in der Lage, mehr als die derzeit geleisteten 16 Stunden pro Woche zu arbeiten und dies auch nur an
einem Schonarbeitsplatz im Hause der Eltern. Selbst dort müsse sie die Arbeit immer wieder für Pausen unterbrechen, weil sie
zu erschöpft sei. Verwiesen worden ist auf die meistzitierte Definition von MCS, wonach u.a. Symptome im Zusammenhang mit
dokumentierbaren Umweltexpositionen erworben hätten sein müssen.
Der Senat hat Befundberichte bei den aktuellen Behandlern der Klägerin Dipl.-Psych. E., R. D., Dr. F., Dr. G. und Dr. H. eingeholt
und ein Gutachten durch den Arbeits- und Umweltmediziner Dr. C. erstellen lassen. In seinem Gutachten vom 20.07.2015, für
das er die Klägerin am 22.06.2015 untersucht hat, hat der ärztliche Sachverständige angegeben, dass sich bei der Klägerin
eine körperliche Leistungsschwäche im Sinne einer deutlichen Dekonditionierung habe feststellen lassen, eine Herzrhythmusstörung
im Sinne eines Bigeminus sei unter körperlicher Belastung wieder entfallen. Notwendig sei eine Fortsetzung der Psychotherapie,
die die empfundenen Auswirkungen der angenommenen Diagnose eines MCS-Syndroms durchaus günstig beeinflussen könne. Aus seiner
Sicht seien die Diagnosen bei der Klägerin folgendermaßen zu fassen: 1. Multiple Chemikaliensensitivität. 2. Nahrungsmittelintoleranzen.
3. Ekzem im Bereich der Fingerseiten. 4. Lymphödem der unteren Extremität, Kompressionstherapie. 5. Polydipsie bei Ausschluss
eines Diabetes insipitus. 6. Somatisierungsstörung. 7. Sekundäre Amenorrhoe. Wesentliche Änderungen im gesundheitlichen Status
der Klägerin hätten sich nicht ergeben. Die Klägerin könne unter Berücksichtigung der vorliegenden Gesundheitsstörungen noch
täglich mindestens sechs Stunden unter üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Tätigkeiten
mit besonderer nervlicher Belastung wie Akkord-, Fließbandarbeit, Wechsel- und Nachtschicht, Arbeit an laufenden Maschinen,
Lärm, Publikumsverkehr, besondere Belastung des Bewegungs- und Stützsystems seien der Klägerin nicht zumutbar. Vermieden werden
müssten auch unfallgefährdete Arbeitsplätze sowie die Einwirkung von inhalativen Chemikalien oberhalb des typischen Innenraumluftkonzentrationsbereiches.
Die Klägerseite hat gegen das Gutachten eingewandt, dass dort verkannt werde, dass MCS gerade definiert werde als Reaktion
auf Stoffe in verschiedenen Organsystemen, die durch chemische Substanzen im Niedrigdosisbereich ausgelöst würden. Außerdem
habe der Sachverständige sein Fachgebiet verlassen, indem er sich zu psychischen Einschränkungen geäußert habe. Es werde noch
einmal angeregt, die Eltern der Klägerin als Zeugen zu vernehmen, inwieweit die Klägerin sich täglich einschränken müsse.
Eine Beschäftigung der Klägerin zu den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes sei ausgeschlossen. Auch seien bei der Begutachtung
der Klägerin zusätzliche Erholungspausen eingeräumt gewesen, was das Bild hinsichtlich der Konzentrationsfähigkeit verzerre.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 19.11.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 13.02.2009 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 13.01.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auf ihren Antrag vom 29.09.2008
hin eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 19.11.2013 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die Gerichtsakte und die Beklagtenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§
143,
144,
151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis damit erklärt hatten (§
124 Abs.
2 i.V.m. §
153 Abs.
1 SGG).
Gemäß §
43 Abs.
2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll
erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte
Tätigkeit oder Beschäftigung haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die in gleicher Weise für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gelten,
hat die Klägerin nach der aktuellen Auskunft der Beklagten für alle in Frage kommenden Leistungszeitpunkte erfüllt, offensichtlich
weil sie weiterhin im Homeoffice arbeitet und dabei Beiträge entrichtet werden. Eine Anwendung von §
241 Abs.
2 SGB VI würde dagegen nicht in Betracht kommen, da die Klägerin nicht zu dem dort erfassten Personenkreis gehört, nachdem sie zum
01.01.1984 noch nicht die allgemeine Wartezeit erfüllt gehabt haben konnte.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß §
43 Abs.
2 Satz 2
SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die medizinischen Anspruchsvoraussetzungen
für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach §
43 Abs.
1 SGB VI erfordern, dass ein Versicherter nicht mindestens 6 Stunden täglich einsatzfähig ist. Ergänzend führt §
43 Abs.
3 SGB VI aus, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden
täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Die Klägerin, die als Antragstellerin den Nachweis der Leistungsvoraussetzungen zu erbringen hat, hat zur Überzeugung des
Senats weder das Vorliegen einer dauerhaften zeitlichen Einschränkung ihrer Erwerbsfähigkeit an geeigneten Arbeitsplätzen
nachweisen können, noch belegen können, dass die Anforderungen an die Arbeitsbedingungen, die sich aus ihren Gesundheitsstörungen
ergeben, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht beachtet werden können. Nach der Zusammenschau der gutachterlichen Feststellungen
verbleibt es vielmehr dabei, dass die Klägerin noch in der Lage ist, wenigstens 6 Stunden täglich leichte Tätigkeiten auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Dabei ist ihr häufiges Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten ohne Hilfsmittel
nicht möglich. Weiter ist zu beachten, dass die Einwirkung von inhalativen Chemikalien oberhalb des typischen Innenraumluftkonzentrationsbereiches
unterbleibt. Der Klägerin dürfen außerdem besondere nervliche Belastungen wie Zeitdruck insbesondere Akkord- oder Fließbandarbeit,
stress- und konfliktreiche Arbeit wie umfangreicher Publikumsverkehr, komplexe Arbeitsvorgänge oder Verantwortung für Personen
sowie Nachtschicht, Arbeit an laufenden Maschinen, Unfallgefährdung und Lärm nicht zugemutet werden.
Der Senat stützt sich wesentlich auf die Feststellungen der gerichtsärztlichen Sachverständigen Prof. Dr. S. und Dr. C ...
Aus diesen Gutachten wird ersichtlich, dass es entgegen der Ansicht der Klägerseite nicht um einen Gutachterstreit geht, in
dem die Ansichten von Umweltmedizinern und Psychiatern zu unterschiedlichen Krankheitsbewertungen und sozialmedizinischen
Folgerungen führen. Vielmehr wird deutlich, dass für die von Dr. D. auf der Grundlage von Angaben des Dr. B. und der Reha-Klinik
N. getätigten Feststellungen ein hinreichender Nachweis nicht als geführt angesehen werden kann. Bei der Klägerin ließen sich
keine Umwelteinflüsse gesundheitlichen Folgen zuordnen und eine daraus resultierende Schwäche der körperlichen Leistungsfähigkeit
nicht mit hinreichender Sicherheit belegen. Vielmehr wird spekulativ eine Reihe möglicher weitzurückliegender Auslöser (Schwimmbadbesuche
in der Jugend) in den Raum gestellt. Die umweltmedizinisch feststellbaren allergischen Reaktionen sind nach den Ausführungen
des Dr. C. erst jenseits einer arbeitsplatzüblichen Innenluft mit alltäglichen Stoffkonzentrationen nachvollziehbar, so dass
es ausreicht, durch qualitative Anforderungen an die Arbeitsbedingungen eine weitergehende Schadstoffkonzentration auszuschließen.
Dabei wird nicht in Abrede gestellt, dass der Alltag der Klägerin massiv durch ihren Umgang mit möglichen schädlichen Einflüssen
geprägt ist und von einer extremen Schonhaltung gekennzeichnet ist. Die entsprechenden Beschreibungen aus der Reha-Maßnahme
belegen dies. Zusätzliche Beschreibungen hierzu aus dem familiären Umfeld sind somit entbehrlich. Eine objektive Erforderlichkeit
von Einschränkungen in diesem Umfang ist damit aber nicht belegt und selbst in der testpsychologischen Untersuchung in der
Praxis Dr. B. im Juli 2008 fanden sich durchschnittliche Werte der Leistung und Konzentration. Vielmehr hat Prof. Dr. S. nachvollziehbar
herausarbeiten können, dass die Klägerin durch sekundären Krankheitsgewinn in ihrer psychischen Fehlhaltung bestärkt wird
und psychosomatisch auf Veränderungen und Belastungen reagiert. Auch wenn dies nicht bewusstseinsnahe oder sonst vorwerfbare
Vorgänge sind, so sind sie nach diesen Darlegungen für eine psychosomatische Behandlung nicht von vornherein unzugänglich,
sondern treffen auf eine realistische Behandlungsoption. Hinzu kommt noch, dass für einzelne Symptombilder in ihrer Entwicklung
und ihren Verläufen sich aufdrängt, dass hier auch eine - zumindest unterstützende - Selbstinduzierung erfolgt sein muss.
Die übrigen dissoziativen Störungen der Empfindungen und des Gedächtnisses sind dem nur nachgeordnet.
Bei den im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten ist einzuräumen, dass sie zwar zusätzliche Erkenntnisse über den Stand
der jeweiligen Symptome bieten, in ihrer sozialmedizinischen Schlussfolgerung aber wenig Brauchbares beitragen, weil Dr. K.
gerichtsbekanntermaßen einen extrem engen rein psychiatrischen Krankheitsbegriff vertritt und B. R. sich ohne vertiefte Prüfung
den Wertungen des Rehabilitationsentlassungsberichtes der Klinik N. angeschlossen hat.
Für die Frage der Rentengewährung ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
psychische Erkrankungen erst dann rentenrechtlich relevant werden, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch,
ambulant und stationär) davon auszugehen ist, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden
kann - weder aus eigener Kraft, noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe (BSG Urteil vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89; BSG Urteil vom 29.02.2006 - B 13 RJ 31/05 R - jeweils zitiert nach [...]; BayLSG Urteil vom 21.03.2012 - L 19 R 35/08). Nachdem die Klägerin bisher noch keine psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme durchlaufen hat, ist es trotz erfolgter
ambulanter Psychotherapie aus Sicht des Senates zumindest höchst fraglich, ob man von einer Ausschöpfung der Behandlungsoptionen
auf psychischem Gebiet ausgehen kann. Es spricht mehr dafür, dass dies nicht der Fall ist, als dass man die erfolgten Therapien
als umfassend ansehen könnte. Der im aktuellen Gutachten beobachtete Trainingsmangel im Gefolge der körperlichen Schonhaltung
der Klägerin löst somatische Schwächen aus - hier bei der Herzfunktion - die aber bei entsprechender Belastung sich als noch
reversibel gezeigt haben. Gleiches ist für eine etwa verhaltenstherapeutisch orientierte Therapie im Bereich sonstigen Schonverhaltens
der Klägerin zu erwarten, so dass eine Unveränderbarkeit und Dauerhaftigkeit der Einschränkungen noch nicht besteht.
Unbeachtlich für eine Rentengewährung im Rahmen des
SGB VI bleiben nach den gesetzlichen Vorschriften die Zeiten, in denen die Klägerin wegen Arbeitsunfähigkeit vorübergehend nicht
arbeiten konnte bzw. kann. Eine längerdauernde zeitliche Einschränkung der Einsatzfähigkeit der Klägerin ist aus objektiv
nachweisbaren Gründen nicht - oder zumindest bisher nicht - belegt.
Ausnahmsweise kann eine Rentengewährung wegen voller Erwerbsminderung zwar auch dann erfolgen, wenn eine quantitative Einschränkung
des Rentenantragstellers nicht besteht bzw. nicht nachgewiesen ist, aber auch ein solcher Fall liegt bei der Klägerin aus
Sicht des Senats nicht vor. Für die Prüfung, ob ein solcher von der Rechtsprechung entwickelter Ausnahmefall vorliegt, ist
nach dem BSG (Urt. v. 09.05.2012, B 5 R 68/11 R - zitiert nach [...]) mehrschrittig vorzugehen. Zunächst ist festzustellen, ob mit dem Restleistungsvermögen Verrichtungen
erfolgen können, die bei ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren,
Reinigen, Maschinenbedienung, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen. Erforderlichenfalls stellt sich im
zweiten Schritt die Frage nach der sog. besonderen spezifischen Leistungsbehinderung oder der Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen.
Und im dritten Schritt wäre ggf. von der Beklagten eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen und die Einsatzfähigkeit
dann hinsichtlich dieser Tätigkeit abzuklären (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand August 2012, §
43 SGB VI Rn 37 mwN).
Von der Klägerseite werden in diesem Zusammenhang die besonderen Anforderungen an die Arbeitsplatzgestaltung (u.a. bzgl. Materialien
und Luftreinhaltung) angeführt, die nur bei einem Schonarbeitsplatz wie dem Home-Office der Klägerin vorhanden seien und nicht
den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes angeführt. Zum anderen wird der spezielle Pausenbedarf genannt, der
von der Klägerin bei der Ausübung ihrer derzeitigen Teilzeitbeschäftigung berücksichtigt wird, aber sonst im Erwerbsleben
nicht beachtet werden könne. Für den Senat ergibt sich zunächst, dass die abstrakten Handlungsfelder nahezu alle mit Ausnahme
von Kleben - als grundsätzlich geeignet anzuführen wären. Allerdings dürfte sich vielfach in industriellen Zusammenhängen
nicht die notwendige geringe Schadstoffkonzentration in der Umgebung sicherstellen lassen. Eine - wie von Dr. C. als tolerabel
beschriebene - Innenraumluft lässt sich aber vielfach im Zusammenhang mit Bürotätigkeiten antreffen, wenn nicht ein Großraumbüro
oder sonst eine Aufstellung von Bürodruckmaschinen im Raum besteht. Die Klägerin verfügt über breite Vorkenntnisse und über
eine nahezu nicht eingeschränkte Sinneswahrnehmung, so dass ihr außerhalb des Bereichs einfacher Industriehilfstätigkeiten
ein so breites Einsatzfeld verbleibt, dass aus Sicht des Senates die Beklagte nicht verpflichtet war, konkrete Verweisungstätigkeiten
zu benennen. Der weiter geltend gemachte Pausenbedarf ist aus Sicht des Senates nach den gutachterlichen Feststellungen ebenso
wenig belegt wie die zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens und ist im Zusammenhang mit der vorhandenen Schonhaltung
und dem behebbaren Trainingsmangel zu beurteilen. Zusätzliche in der Arbeitswelt unübliche Pausen werden von den gerichtsärztlichen
Sachverständigen nicht gefordert. Es sind keine unzumutbaren, längerfristigen gesundheitlichen Folgen ersichtlich, die bei
der Klägerin auftreten würden, wenn sie zusätzliche Pausen nicht erhalten würde.
Dementsprechend sind die Entscheidungen der Beklagten, die einen Rentenanspruch der Klägerin nicht als belegt ansehen, nicht
zu beanstanden. Das Vorliegen von voller oder teilweiser Erwerbsminderung ist nicht hinreichend nachgewiesen.
Ein Antrag auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§
240 SGB VI) ist nicht gestellt worden; er hätte auch keinen Erfolg gehabt, weil die Klägerin aufgrund ihres Geburtsdatums eindeutig
nicht zu dem von dieser Vorschrift erfassten Personenkreis gehört.
Nach alledem war die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 19.11.2013 sowohl im
Haupt-, als auch im Hilfsantrag als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.