Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen von der Beklagten.
Der im Jahr 1969 geborene Kläger ist Volljurist. Bis August 1999 war er in der gesetzlichen Rentenversicherung mit insgesamt
44 Monaten Pflichtbeitragszeiten gesetzlich pflichtversichert. Seitdem ist er als selbstständiger Rechtsanwalt zugelassen
und tätig. Er ist Partner einer Rechtsanwaltssozietät und seit dem 26.08.1998 Mitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte
im Land Nordrhein-Westfalen.
Am 25.07.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung der von ihm geleisteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.09.2012 ab. Die Voraussetzungen einer Beitragserstattung, nämlich Versicherungsfreiheit
oder Befreiung von der Versicherungspflicht sowie die Nicht-Erfüllung der allgemeinen Wartezeit, lägen bei dem Kläger nicht
vor. Als selbstständiger Rechtsanwalt unterliege er ohnehin nicht der Rentenversicherungspflicht. Es bestehe keine Möglichkeit
für ihn, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen. Es stehe ihm aber offen, freiwillige Beiträge zu entrichten.
Mit der Zahlung von Beiträgen für 16 Monate würde er die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten erfüllen und damit einen Anspruch
auf Regelaltersrente begründen.
Dagegen richtete sich der Widerspruch vom 24.09.2012. Der Kläger führte aus, dass ein Sachbearbeiter der Beklagten in Köln,
welcher den Befreiungsantrag entgegengenommen habe, eine Beitragserstattung binnen sechs Wochen zugesagt habe. Er falle nicht
unter die Rentenversicherungspflicht und zahle Beiträge ausschließlich an das Versorgungswerk. Er könne sich daher nicht von
der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Schließlich ergebe sich eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu Syndikusanwälten.
Diese hätten nämlich die Möglichkeit, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen und damit eine Beitragserstattung
zu erhalten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen des
§
210 Abs.
1 Nr.
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) seien nicht erfüllt. Eine Beitragserstattung sei nur dann zulässig, wenn das Recht zur freiwilligen Versicherung nicht bestehe.
Der Kläger erfülle die Voraussetzungen für die freiwillige Versicherung.
Dagegen hat der Kläger am 28.01.2013 bei dem Sozialgericht Köln Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, es liege ein
Verstoß gegen Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) vor. Zudem hat er auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 10.07.2012 verwiesen. Das Gericht habe dort offen gelassen,
ob sich die Rechtslage für eine Beitragserstattung für Selbständige ab dem 11.08.2010 unter dem Aspekt des Art.
3 Abs.
1 GG anders darstelle, weil der Gesetzgeber mit der ersatzlosen Streichung des §
7 Abs.
2 SGB VI und der Einfügung des §
210 Abs.
1a SGB VI im Ergebnis nur den versicherungsfreien und den von der Versicherungspflicht befreiten Personen bei Nichterfüllung der allgemeinen
Wartezeit ein Wahlrecht zwischen freiwilliger Versicherung und Beitragserstattung eingeräumt habe, nicht aber den nicht-versicherungspflichtigen
Personen in ähnlicher Lage. Der Kläger hat vorgetragen, ein Syndikusanwalt, der ebenfalls Mitglied im Versorgungswerk der
Rechtsanwälte sei, erhalte auf Antrag die Beitragserstattung von der Beklagten, der selbstständig niedergelassene Rechtsanwalt
hingegen nicht.
Mit Urteil vom 12.12.2013 hat das Sozialgericht Köln die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger sei durch den angefochtenen
Bescheid nicht beschwert. Die Voraussetzung einer Erstattung der Beiträge nach Maßgabe des §
210 SGB VI lägen nicht vor. Dem Kläger stünde das Recht zur freiwilligen Versicherung zu, so dass eine Beitragserstattung gemäß §
210 Abs.
1 Nr.
1 SGB VI ausgeschlossen sei. Auch die Voraussetzungen des §
210 Abs.
1a SGB VI lägen nicht vor. Der Kläger sei weder versicherungsfrei gemäß §
5 SGB VI noch befreit im Sinne des §
6 SGB VI. Auch aus der Auskunft des Sachbearbeiters der Beklagten ergebe sich kein Recht auf Beitragserstattung, denn es handele sich
nicht um eine Zusicherung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Auch liege kein Verstoß gegen Art.
3 Abs.
1 GG vor. Die Beitragserstattung nach §
210 SGB VI stelle einen Ausgleich für den Verlust des Rechts auf Versicherung dar. Dessen bedürfe der Kläger nicht. Mit den von ihm
in der Vergangenheit gezahlten Beiträgen habe er bereits eine Anwartschaft für eine Regelaltersrente erworben und könne allein
durch die Entrichtung weiterer freiwilliger Beiträge dafür Sorge tragen, die allgemeine Wartezeit von 60 Beitragsmonaten zu
erfüllen. Diese Möglichkeit der Schließung einer Beitragslücke durch freiwillige Beiträge nach alter Rechtslage hätten die
von dem Ausschluss des Rechts zur freiwilligen Versicherung Betroffenen nicht gehabt. Die Gruppe derjenigen, die versicherungsfrei
bzw. von der Versicherungspflicht befreit waren, sei nach der früheren Rechtslage gegenüber den nicht versicherungspflichtigen
Personen schlechter gestellt gewesen.
Eine unterschiedliche Behandlung von Personen, die nicht versicherungspflichtig seien, gegenüber Personen, die versicherungsfrei
bzw. von der Versicherungspflicht befreit seien, verstoße nicht gegen die Vorgaben des Art.
3 Abs.
1 GG. Personen, die unter die §§
5 oder 6
SGB VI fielen, würden in der Regel eine Absicherung im Alter aus anderen Sicherungssystemen erhalten. Aufgrund dessen könne bereits
vor Erreichen der Regelaltersgrenze und Erfüllung der Wartezeit davon ausgegangen werden, dass ein Anspruch auf Altersrente
entstehen werde. Diese Überlegungen ließen sich für die weite Gruppe der Selbstständigen, die von vornherein nicht der Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlägen, nicht in dieser Weise treffen. Habe der Gesetzgeber Selbstständige grundsätzlich
als weniger schutzbedürftig als Beschäftigte eingestuft, sei es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber für diese Personengruppe
bei der mit Schaffung des
SGB VI aufgestellten Regel verbleibe, dass die Entscheidung, geleistete Beiträge zu erstatten, erst bei dem Erreichen der Regelaltersgrenze
getroffen werde.
Das Urteil ist dem Kläger am 02.01.2014 Tag zugegangen. Der Kläger hat dagegen am selben Tag bei dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
Berufung eingelegt.
Der Kläger ist der Ansicht, die Ungleichbehandlung zwischen selbstständigen Rechtsanwälten und Syndikusanwälten sei nicht
gerechtfertigt. Jedenfalls in der Berufsgruppe der Rechtsanwälte habe der Gesetzgeber davon ausgehen können, dass im Alter
eine Absicherung bestünde. Es liege zudem eine Grundrechtsverletzung im Sinne des Art.
14 Abs.
1 Satz 1
GG vor. Die Eigentumsgarantie schütze den Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich; Ziel sei es, dem Einzelnen eine eigenverantwortliche
Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen. Dies sei nur gewährleistet, wenn jederzeit die Möglichkeit vorhanden sei, Zugriff
auf sein Eigentum zu haben. Durch den Ausschluss von der Beitragserstattung sei ihm diese Möglichkeit genommen. Zudem werde
in seine Berufsausübungsfreiheit aus Art.
12 Abs.
1 GG eingegriffen. Es liege eine indirekte Benachteiligung vor, weil dem angestellten Anwalt die Wahl zwischen freiwilliger Weiterversicherung
oder Erstattung der gezahlten Beiträge gelassen werde und dem Selbstständigen nicht. Dieser Eingriff sei nicht gerechtfertigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.12.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.09.2012
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2013 zu verpflichten, ihm die gezahlten Beiträge zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Begründung auf die Ausführungen in dem erstinstanzlichen Urteil verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Köln hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs.
1 Satz 1, Abs.
4, §
56 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) des Klägers zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 13.09.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2013
verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten im Sinne des §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG. Ein Recht des Klägers auf Erstattung der von ihm gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung besteht derzeit
- zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung - weder einfachrechtlich noch verfassungsrechtlich.
1) Die Beklagte hat das (einfache) Recht zutreffend angewandt. Der Kläger kann von ihr derzeit keine Erstattung von Beiträgen
verlangen.
a) Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine Beitragserstattung gemäß §
210 Abs.
1 Nr.
1 SGB VI. Danach werden Beiträge auf Antrag bei Versicherten erstattet, die nicht versicherungspflichtig sind und nicht das Recht
zur freiwilligen Versicherung haben.
Der Kläger ist "Versicherter" im Sinne dieser Norm, weil für ihn Pflichtbeiträge entrichtet worden waren (vgl. Bundessozialgericht
-BSG-, Urteil vom 10.07.2010 - B 13 R 26/10 R -, [...] Rn. 21). Da er weder zu den in §
1 noch zu den in §
2 SGB VI genannten Personenkreisen zählt, ist der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auch
nicht versicherungspflichtig. Nach §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB VI steht ihm aber das Recht auf freiwillige Versicherung zu, so dass eine Beitragserstattung gemäß §
210 Abs.
1 Nr.
1 SGB VI ausgeschlossen ist.
b) Der Kläger erfüllt zudem nicht die Voraussetzungen für eine Beitragserstattung gemäß §
210 Abs.
1a Satz 1
SGB VI. Danach werden Beiträge auf Antrag auch Versicherten erstattet, die versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit
sind, wenn sie die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben. Der Kläger, welcher von vornherein nicht versicherungspflichtig
ist, fällt daher nicht unter die in den §§
5 und
6 SGB VI genannten Ausnahmetatbestände. Er ist weder versicherungsfrei i.S.d. §
5 SGB VI noch von der Versicherungspflicht befreit i.S.d. §
6 SGB VI. Sein Erstattungsantrag kann auch nicht in einen konkludenten Befreiungsantrag umgedeutet bzw. jener von diesem als stillschweigend
umfasst angesehen werden, weil zum Zeitpunkt des Erstattungsantrages keine Versicherungspflicht besteht, so dass auch eine
Befreiung denklogisch nicht möglich ist (BSG, Urteil vom 10.07.2010 - B 13 R 26/10 R -, [...] Rn. 30).
c) Weitere einfachrechtliche Erstattungsmöglichkeiten sind für den Kläger bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nicht gegeben.
Die Regelung des §
26 Abs.
2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) i.V.m. §
211 SGB VI scheidet von vornherein aus, weil weder ersichtlich noch von dem Kläger vorgetragen worden ist, dass die bis zum Jahr 1999
gezahlten Pflichtbeiträge zu Unrecht entrichtet worden sein könnten.
Die Erstattung rechtmäßig gezahlter Beiträge kann auch nicht außerhalb des §
210 SGB VI im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs begehrt werden; weil dieser allein auf den Ausgleich durch eine gesetzlich
zulässige Amtshandlung gerichtet ist (Wißing, in: Schlegel&8201;/&8201;Voelzke, jurisPK-
SGB VI, 2. Aufl. 2013, §
210 SGB VI Rn. 20 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 18.08.1983 - 11&8201;RA&8201;60/82 -, [...] Rn. 30). Im Übrigen ist auch ein Beratungsfehler der Beklagten nicht
erkennbar. Soweit - wie der Kläger vorträgt - man ihm bei Antragstellung mündlich eine Erstattung in Aussicht gestellt hat,
dürfte dies darauf beruhen, dass der Kläger im Erstattungsantrag (im dortigen Feld 8.5) unzutreffender Weise angegeben hatte,
von der gesetzlichen Versicherungspflicht befreit zu sein, obwohl er tatsächlich (schon) nicht versicherungspflichtig war
und ist.
Eine entsprechende mündliche Zusage wäre mangels Schriftform nicht wirksam (§ 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X).
d) Eine Beitragserstattung kann der Kläger damit erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze verlangen, sofern er die allgemeine
Wartezeit bis dahin weiterhin nicht erfüllt (§
210 Abs.
1 Nr.
2 SGB VI).
2) Ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der von ihm gezahlten Beiträge ergibt sich auch nicht aus materiellem Verfassungsrecht.
a) Das Eigentumsgrundrecht des Art.
14 Abs.
1 Satz 1
GG gibt einen solchen Anspruch nicht her. Der Schutzbereich des Art.
14 Abs.
1 GG wird durch das Versagen einer vorzeitigen Erstattungsmöglichkeit nicht berührt, jedenfalls wird in diesen nicht eingegriffen.
Die "Rentenanwartschaft" auf eine Rente aus eigener Versicherung ist in der gesetzlichen Rentenversicherung von Art.
14 Abs.
1 GG geschützt (ständige Rechtsprechung, zuletzt Bundesverfassungsgericht -BVerfG-, Nichtannahmebeschluss vom 20.04.2016 - 1 BvR 1122/13 -, [...] Rn. 9 m.w.N.). Auch für rentenrechtliche Anwartschaften ergibt sich die Reichweite der Eigentumsgarantie erst aus
der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art.
14 Abs.
1 Satz 2
GG Sache des Gesetzgebers ist.
Es ist bereits fraglich, ob der Kläger eine "Rentenanwartschaft" erworben hat, die vom Schutzbereich des Art.
14 Abs.
1 GG erfasst ist. Denn er hat die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß §
50 Abs.
1 SGB VI nicht erfüllt. Er ist damit Inhaber eines bloßen "Anrechts", mit dem er die Möglichkeit erhält, das Versicherungsverhältnis
fortzusetzen und - nach der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit - eine Anwartschaft auf eine (Regel-)Altersrente zu erwerben.
Diese Position gibt dem Versicherten allein ein Recht auf Fortsetzung der Mitgliedschaft bei einem Träger der gesetzlichen
Rentenversicherung mit der rechtlich geschützten "Aussicht", eine Anwartschaft zu erwerben (so BSG, Vorlagebeschluss vom 30.03.2004 - B 4 RA 24/02 R -, [...] Rn. 76). Vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit besteht in der Altersrentenversicherung kein Versicherungsschutz.
Ohne den Erwerb weiterer Beitrags- oder Ersatzzeiten (oder eines Rechts auf eine Rente aus der Erwerbsminderungsversicherung
infolge der nur dort möglichen vorzeitigen Wartezeiterfüllung i.S. von §
53 SGB VI) entfällt die rechtlich geschützte "Aussicht" auf den Erwerb einer Anwartschaft auf (Regel-)Altersrente (so BSG a.a.O.). "Die Berechtigung ( ...), durch Zahlung weiterer Beiträge eine Anwartschaft in der Form erwerben zu können, dass
zur Entstehung des Vollrechts nur noch der Versicherungsfall eintreten muss, ist eigentumsrechtlich nicht geschützt" (BVerfG,
Beschluss vom 31.08.2004 - 1 BvR 945/95 -, [...] Rn. 9). Infolgedessen räumt die Rechtsordnung dem Versicherten in diesen Fällen nach Vollendung des 65. Lebensjahres
und ohne Erfüllung der allgemeinen Wartezeit einen Anspruch auf (anteilige) Beitragserstattung ein (BSG a.a.O.).
Dies kann aber dahinstehen. Denn in die rentenrechtliche Anwartschaft des Klägers aufgrund der in der Vergangenheit zurückgelegten
Pflichtbeitragszeiten von 44 Monaten greift der Gesetzgeber, indem er dem Kläger keine Möglichkeit der Beitragserstattung
vor Erreichen der Regelaltersgrenze einräumt, jedenfalls nicht ein. Seine Rechtsposition ist wegen der Möglichkeit des Klägers,
sich - mindestens bis zum Erreichen der allgemeinen Wartezeit von 60 Monaten - freiwillig zu versichern, nicht verloren oder
entwertet. Selbst wenn der Kläger davon keinen Gebrauch macht, bleiben die von ihm gezahlten Beiträge für diesen erhalten,
denn mit Erreichen der Regelaltersgrenze besteht die Möglichkeit der Beitragserstattung gemäß §
210 Abs.
1 Nr.
2 SGB VI.
Der Kläger beruft sich zwar auf die Rechtsprechung zum eigentumsrechtlichen Schutz von Anwartschaften, begehrt mit seiner
Klage aber nicht einen solchen Erhalt, sondern die Rückzahlung von Beiträgen, die er aufgrund einer wirksamen gesetzlichen
Verpflichtung, nämlich seiner in der Vergangenheit liegenden Pflichtmitgliedschaft, an den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung
gezahlt hat. Eine öffentlich-rechtliche Rechtsposition auf Erstattung von Beiträgen vor Erreichen der Regelaltersgrenze hat
für den Kläger wie für andere nicht versicherungspflichtige Personen zu keiner Zeit bestanden. Insbesondere durch die gesetzliche
Neuregelung des Beitragserstattungsrechts zum 11.08.2010 (durch Art. 2 Nr. 6 des Dritten Gesetzes zur Änderung des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 05.08.2010, BGBl. I 2010, S. 1127) ist damit keine den Kläger rechtlich begünstigende Position nachträglich entzogen worden. Somit "kann aus Art.
14 Abs.
1 GG kein Anspruch auf Erstattung schon geleisteter Beiträge hergeleitet werden" (BVerfG, Beschluss vom 31.08.2004 - 1 BvR 945/95 -, [...] Rn. 9).
b) In das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art.
12 Abs.
1 GG wird durch die gesetzlichen Regelungen in den §§
7 Abs.
1,
210 SGB VI nicht eingegriffen.
aa) Art.
12 Abs.
1 GG gewährleistet die Freiheit der beruflichen Betätigung. Der Schutz dieses Grundrechts ist einerseits umfassend angelegt, wie
die Erwähnung von Berufswahl, Wahl von Ausbildungsstätte und Arbeitsplatz und Berufsausübung zeigt. Andererseits schützt es
aber nur vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind. Es genügt also nicht, dass
eine Rechtsnorm oder ihre Anwendung unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die Berufstätigkeit entfaltet. Ein Eingriff
in das Grundrecht liegt erst dann vor, wenn die Norm, auf die die Maßnahme gestützt ist, berufsregelnde Tendenz hat (st. Rechtsprechung,
siehe etwa BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 27.07.2000 - 1 BvR 2218/97 -, [...] Rn. 23 m.w.N.). Es genügt auch, dass eine Norm die Berufstätigkeit selbst unberührt lässt, aber im Blick auf den
Beruf die Rahmenbedingungen verändert, unter denen dieser ausgeübt werden kann. Solche Regelungen berühren Art.
12 Abs.
1 GG, wenn sie infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes stehen und objektiv eine berufsregelnde
Tendenz haben.
bb) Die Regelungen über die freiwillige Versicherung in §
7 SGB VI sowie die Beitragserstattung in §
210 SGB VI haben weder die berufliche Betätigung unmittelbar zum Gegenstand noch stehen diese in einem engen Zusammenhang mit der Berufsausübung
und lassen eine objektiv berufsregelnde Tendenz erkennen. Sie greifen damit in den Schutzbereich des Art.
12 Abs.
1 GG nicht ein.
Bis zum Inkrafttreten des Rentenreformgesetzes 1992 setzte der Anspruch auf eine Beitragserstattung vor Erreichen der Regelaltersgrenze
einerseits das Entfallen der Versicherungspflicht voraus, andererseits durfte ein Recht zur freiwilligen Versicherung nicht
bestehen. Die freiwillige Versicherung war damit vorrangig vor der Erstattung und ausschließende Voraussetzung. §
210 Abs.
1 Nr.
1 SGB VI ist insofern abweichend formuliert, als an die Stelle des "Entfallens der Versicherungspflicht" das Tatbestandsmerkmal "nicht
versicherungspflichtig" getreten ist. Das Recht zur freiwilligen Versicherung - zugleich ein Ausschlusstatbestand für die
Erstattung - bestand für die Personengruppe nach den §§
5 und
6 SGB VI nur, wenn sie für 60 Kalendermonate Beiträge geleistet bzw. die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten erfüllt hatte
(§
7 Abs.
2 SGB VI a.F.). Das Recht zur Erstattung der Beiträge vor Erreichen der Regelaltersgrenze kam daher insbesondere jenen zugute, die
sich nicht freiwillig versichern konnten, weil die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt war und die aus demselben Grunde eine
Altersrente nicht erlangen konnten, zugleich aber anderweitig abgesichert waren. Diese Personen konnten daher unter keinem
denkbaren Gesichtspunkt eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mehr erlangen (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg,
Urteil vom 17.04.2013 - L 22 R 31/12 -, [...] Rn. 29).
Mit Wirkung vom 11.08.2010 ist §
7 Abs.
2 SGB VI dahingehend geändert worden, dass nunmehr nur noch die bindende Bewilligung oder der Bezug einer Vollrente wegen Alters die
freiwillige Versicherung ausschließt (vgl. zu den Hintergründen auch Freudenberg, jurisPR-SozR 6/2014 Anm. 2). Der Zugang
zur freiwilligen Versicherung ist damit erleichtert und erheblich erweitert worden. Da es sich zugleich aber um einen Ausschlusstatbestand
für die Beitragserstattung handelte, wäre diese im Grundsatz eingeschränkt worden. Um die Möglichkeit der Beitragserstattung
für die Personengruppe, die vor der Gesetzesänderung in diesen Genuss kamen, zu erhalten, hat der Gesetzgeber §
210 Abs.
1a SGB VI eingefügt.: "Dadurch wird sichergestellt, dass versicherungsfreie und von der Versicherungspflicht befreite Personen bei
nicht erfüllter allgemeiner Wartezeit trotz künftiger Berechtigung zur freiwilligen Versicherung - wie im bisherigen Recht
- das Recht auf Beitragserstattung haben" (BT-Drucks. 17/2169 S. 8).
Im Ergebnis ist es daher nach neuer Rechtslage auch der Personengruppe aus §
5 und
6 SGB VI möglich, durch eine freiwillige Versicherung die allgemeine Wartezeit doch noch zu erfüllen und einen Anspruch auf eine Rente
aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu erlangen. Insofern ist einer der Gründe für eine Erstattungsregelung entfallen.
Durch die genannten Vorschriften besteht für den Personenkreis der dem Grunde nach versicherungspflichtigen Personen nach
den §§
1 und
2 SGB VI, die versicherungsfrei gemäß §
5 SGB VI oder von der Versicherungspflicht befreit gemäß §
6 SGB VI sind, die Wahl zwischen (1) einer freiwilligen Versicherung, (2) einer Erstattung bei Erreichen der Regelaltersgrenze gemäß
§
210 Abs.
1 Nr.
2 SGB VI oder (3) einer vorzeitigen Erstattung von Beiträgen vor Erreichen der Regelaltersgrenze durch §
210 Abs.
1a SGB VI. Dem nicht von der Versicherungspflicht gemäß §§
1 und
2 SGB VI erfassten Personenkreis fehlt aus diesem Kanon die letztgenannte (vorzeitige) Erstattungsmöglichkeit nach §
210 Abs.
1a SGB VI. Diese zu versagen, berührt das Grundrecht der Berufsfreiheit nicht.
Die Regelungen über die freiwillige Versicherung in §
7 SGB VI sowie die Beitragserstattung in §
210 SGB VI sind nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht darauf ausgelegt, die Berufsfreiheit zu verkürzen, sondern den bisherigen
Ausschluss von der Berechtigung zur freiwilligen Versicherung für versicherungsfreie und von der Versicherungspflicht befreite
Personen wegen Nichterfüllung der Mindestversicherungszeit von fu&776;nf Jahren (allgemeine Wartezeit) aufzugeben (BT-Drucks.
17/2169 S. 8), so dass unmittelbarer Gegenstand dieser Regelungen ersichtlich nicht die berufliche Tätigkeit ist. Sie haben
- sofern man den engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes überhaupt bejahen will - aber auch keine objektiv berufsregelnde
Tendenz. Der Ausschluss von der Möglichkeit der Beitragserstattung nach §
210 Abs.
1a SGB VI ist nicht auf einzelne Berufe bezogen, sondern erfasst sämtliche von den §§
1 und
2 SGB VI nicht erfassten Personen, welche in der Vergangenheit Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt haben.
Es ist bereits nicht zu erkennen, dass und inwiefern der Umstand, auf eine Beitragserstattung bis zum Erreichen der Regelaltersrente
warten zu müssen, den Entschluss zur Wahl oder Ausübung eines Berufes überhaupt steuern kann (vgl. zu der Frage, ob die Verpflichtung
zur Zahlung der Künstlersozialabgabe Art.
12 Abs.
1 GG berührt,: BVerfG, Beschluss vom 08.04.1987 - 2 BvR 909/82 u.a. - BVerfGE 75, 108, 154). Wenn bereits die Begründung einer Rentenversicherungspflicht den Schutzbereich des Art.
12 Abs.
1 GG nicht berührt, weil eine solche Vorschrift keine Berufspflicht, sondern eine Beitragspflicht zum Gegenstand hat (vgl. zur
Begründung der Rentenversicherungspflicht selbstständiger Lehrer BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.06.2007 - 1 BvR 2204/00 -, [...] Rn. 27), so ist nicht erkennbar, inwiefern dem zeitlich befristeten Ausschluss einer Erstattungsregelung eine berufsregelnde
Tendenz zugemessen werden soll.
c) Die Beitragserstattungsregelung des §
210 SGB VI verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art.
3 Abs.
1 GG.
Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht
jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich
zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem
Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (st. Rechtsprechung, BVerfG, Beschluss vom 27.02.2007
- 1 BvL 10/00 -, BVerfGE 117, 272, 300 f. m.w.N.). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz ist nicht zu überprüfen,
ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen
seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat.
aa) Die Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe derer, denen eine freiwillige Versicherung nach §
7 SGB VI eröffnet ist, ist gerechtfertigt.
Im Hinblick auf die Erstattungsmöglichkeiten findet innerhalb der genannten Gruppe eine Ungleichbehandlung von denjenigen,
die nach §
5 SGB VI versicherungsfrei oder nach §
6 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit sind, und denjenigen, die bereits nicht zu den versicherungspflichtigen Personen gemäß
§§
1 und
2 SGB VI gehören, statt. Diese Unterscheidung bestand schon nach alter Rechtslage. Der Gesetzgeber hat mit der vorbezeichneten Neuregelung
für die erstgenannte Gruppe mit der Möglichkeit der freiwilligen Versicherung eine Option geschaffen, ohne für diese die bereits
bestehende vorzeitige Erstattungsmöglichkeit abzuschaffen. Personen, die bereits nicht zu den versicherungspflichtigen Personen
gemäß §§
1 und
2 SGB VI gehören, steht diese vorzeitige, sofortige Erstattungsmöglichkeit demgegenüber weiterhin nicht zu; sie müssen sich auf die
Möglichkeit der freiwilligen Versicherung und eine spätere Beitragserstattung verweisen lassen.
Der Gesetzgeber war aber durch Art.
3 Abs.
1 GG nicht gehalten, eine entsprechende vorzeitige Beitragserstattungsmöglichkeit auch für die nicht versicherungspflichtigen
Personen gemäß §§
1 und
2 SGB VI einzuführen. Dies gilt insbesondere für die von dem Kläger insoweit begehrte Gleichstellung mit abhängig beschäftigten Syndikusanwälten,
die nach Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß §
6 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI eine vorzeitige Beitragserstattung unter den Voraussetzungen des §
210 Abs.
1a Satz 1
SGB VI beanspruchen können. Es bestehen zwischen beiden genannten Gruppen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, die
eine ungleiche Behandlung rechtfertigen. Die Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe derjenigen, denen durch §
7 SGB VI die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung eröffnet ist, rechtfertigt sich bereits aus dem Umstand, dass die eine Personengruppe
gemäß §§
1,
2 SGB VI dem Grunde nach versicherungspflichtig ist, die andere dagegen nicht. Das Bestehen (oder umgekehrt Fehlen) von Versicherungspflicht
ist in der Sozialversicherung im allgemeinen und in der gesetzlichen Rentenversicherung im Besonderen ein tragendes und zwangsläufig
systemimmanentes Differenzierungskriterium (vgl. auch Freudenberg, jurisPR-SozR 6/2104 Anm. 2). Es bewegt sich im Rahmen des
gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums, wenn dieser bei allen Personen, welche bereits dem Grunde nach nicht versicherungspflichtig
sind gemäß §§
1 und
2 SGB VI, hinsichtlich einer Beitragserstattung typisierend das Erreichen der Regelaltersgrenze und damit im Regelfall den Abschluss
der Erwerbsbiografie abwartet, ohne bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Sicherheit oder den Umfang der vorhandenen Altersabsicherung
zu prüfen.
bb) Art.
3 Abs.
1 GG gebietet innerhalb der Personengruppe der Selbständigen entgegen der Rechtsauffassung des Klägers auch keine Ungleichbehandlung
im Sinne einer Binnendifferenzierung.
Innerhalb der Personengruppe, die bereits nicht zu den versicherungspflichtigen Personen gemäß §§
1 und
2 SGB VI gehört, ist im Hinblick auf die vorzeitige Beitragserstattung durch Art.
3 Abs.
1 GG eine Differenzierung zwischen der Teilgruppe, die - wie der Kläger - vergleichbar mit den von §
6 SGB VI erfassten Personen sozial abgesichert ist, und jener, die nicht vergleichbar sozial abgesichert ist, nicht geboten. Folgt
man der Sichtweise des Klägers, würde sich etwa die Frage stellen, ob nicht auch bei dem Vorhandensein von ausreichendem Vermögen
eine mit §
6 SGB VI vergleichbare Absicherungslage bestünde, die eine weitere, noch kleinteiligere Binnendifferenzierung im Beitragserstatungsrecht
erforderte. Es ist weder willkürlich noch sachlich zu beanstanden, dass der Gesetzgeber bei Erweiterung der Möglichkeit der
freiwilligen Versicherung die Inhaber eines Anspruchs auf Beitragserstattung nach alter Rechtslage vor dem Verlust ihrer Rechtsposition
geschützt hat. Dabei ist es unbeachtlich, ob dies rechtlich erforderlich gewesen wäre oder nicht. Der Gesetzgeber war nicht
gehalten, die Möglichkeit der Beitragserstattung noch auf weitere Personenkreise auszuweiten (Hessisches Landessozialgericht,
Urteil vom 26.11.2013 - L 2 R 206/13 -, [...] Rn. 36).
3) Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
4) Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
5) Der Senat hat die Revision im Sinne von §
160 Abs.
2 SGG allein vor dem Hintergrund zugelassen, dass das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 10.07.2012 die Frage eines
Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot ausdrücklich offen gehalten hat: "Ob sich unter dem Aspekt des Art.
3 Abs.
1 GG die Rechtslage ab 11.08.2010 nunmehr anders darstellt, weil der Gesetzgeber [ ] im Ergebnis nur den versicherungsfreien und
den von der Versicherungspflicht befreiten Personen bei Nichterfüllung der allgemeinen Wartezeit ein Wahlrecht zwischen freiwillige
Versicherung und Beitragserstattung eingeräumt hat, nicht aber den nicht-versicherungspflichtigen Personen in ähnlicher Lage,
ist hier nicht zu entscheiden." (BSG, Urteil vom 10.07.2012 - B 13 R 26/10 R -, [...] Rn. 39). Die grundsätzliche Frage ist höchstrichterlich nach wie vor ungeklärt, ob es von Verfassungs wegen -
insbesondere aufgrund des Gleichheitssatzes - zu beanstanden ist, dass der Gesetzgeber bei Nichterfüllung der allgemeinen
Wartezeit versicherungsfreien und versicherungsbefreiten Personen einen Anspruch auf sofortige Beitragserstattung einräumt,
diesen nicht-versicherungspflichtigen Personen demgegenüber versagt und sie stattdessen auf eine zeitlich spätere Beitragserstattung
(erst bei Erreichen des Regelaltersgrenze) verweist.