Einstweiliger Rechtsschutz im sozialgerichtlichen Verfahren; Anordnungsgrund bei Rechtsstreit über die Kündigung eines Versorgungsvertrages
Gründe:
I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin wendet sich in der Hauptsache gegen die Kündigung des Versorgungsvertrages.
Mit Bescheid vom 22. November 2007 verpflichteten die Beschwerdegegnerinnen die Beschwerdeführerin zur Beseitigung von Qualitätsdefiziten
zum 31. Mai 2008. Nach einer Wiederholungs- und Stichprobenprüfung am 10. Juni 2008 stellte der MDK fest, es seien nur vereinzelte
Fortschritte im Bereich der Qualitätsentwicklung zu erkennen. Mit Schreiben vom 14. Juli 2008 teilten die Beschwerdegegnerinnen
der Beschwerdeführerin ihre Absicht mit, den Versorgungsvertrag außerordentlich zu kündigen und kündigten mit Bescheid vom
2. September 2008 den Vertrag zum 30. September 2008.
Am 11. September 2008 erhob die Beschwerdeführerin Klage beim Sozialgericht Landshut und stellte gleichzeitig den Antrag,
die Beschwerdegegnerinnen im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die von ihr im Rahmen der Pflegeversicherung
nach dem 1. Oktober 2008 für die jeweiligen Mitglieder der Beklagten erbrachten Leistungen entsprechend der vertraglich vereinbarten
Gebührenvereinbarung bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu vergüten.
Die Beschwerdegegnerinnen beantragten, den Antrag zurückzuweisen. Ein Anordnungsanspruch bestehe nicht. Aufgrund der schwerwiegenden
Vertragsverletzungen sei den Beschwerdegegnerinnen ein weiteres Festhalten an dem Versorgungsvertrag nicht zumutbar gewesen.
Die Kündigung sei formal wirksam. Es liege ein Antrag der S. A., die den Pflegedienst übernommen habe, auf Abschluss eines
Versorgungsvertrages vor.
Mit Beschluss vom 7. Oktober 2008 lehnte das Sozialgericht Landshut den Antrag, die aufschiebende Wirkung der am 11. September
2008 erhobenen Klage bis zu einer Entscheidung der Kammer im Hauptsacheverfahren anzuordnen, ab. Die Antragstellerin
(= Beschwerdeführerin) sei infolge der Übernahme ihres Pflegedienstes durch S. A. zum 1. Oktober 2008 von der Kündigung zum
1. Oktober 2008 nicht mehr betroffen. Im Übrigen sei die Kündigung nicht aus formalen Gründen unwirksam. Die Kündigung stelle
einen Verwaltungsakt dar, der in dem Zeitpunkt wirksam werde, in dem er bekannt gegeben worden sei.
Mit der Beschwerde vom 14. Oktober 2008 wandte die Beschwerdeführerin ein, eine Übergabe des Betriebes sei bisher nicht erfolgt.
Im Übrigen bleibe die Vertragsbeziehung der Beschwerdeführerin zu den Beschwerdegegnerinnen von einer Betriebsübergabe unberührt.
Die Kündigung sei formell rechtswidrig. Es fehle der Nachweis, dass der unterschreibende Mitarbeiter bevollmächtigt gewesen
sei.
Die Beschwerdegegnerinnen beantragten mit Schreiben vom 3. November 2008, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie übersandten das
Protokoll einer Dienstbesprechung der ambulanten Pflegedienste B. und M. GbR vom 30. Oktober 2008, nach dem diese Pflegedienste
die Patienten und das Personal des Pflegedienstes A. ab 1. Oktober 2008 übernehmen würden. Unterschrieben war dieses Protokoll
unter anderem von der Beschwerdeführerin und S. A ...
Mit Schreiben vom 20. November 2008 teilte der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin mit, dass er sie nicht mehr anwaltlich
vertrete. Auf Bitten des neuen Bevollmächtigten wurde ihm Fristverlängerung zur Stellungnahme bis zum 18. August 2009 gewährt.
Mit Schreiben vom 18. August 2009 trug der Bevollmächtigte vor, zwar habe zwischenzeitlich S. A. mit Wirkung vom 1. Dezember
2008 einen Versorgungsvertrag mit den Beschwerdegegnerinnen abgeschlossen. Die Beschwerdeführerin sei aber nach wie vor Inhaberin
des Pflegedienstes. Ihr Recht auf Bestand eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes sei erheblich verletzt, zumal
die beanstandeten Qualitätsmängel nicht gegeben gewesen seien.
Die Beschwerdegegnerinnen erwiderten mit Schreiben vom 7. September 2009, inzwischen sei unstreitig der Geschäftsbetrieb zum
1. Dezember 2008 auf S. A. übergegangen. Die Beschwerdeführerin sei nicht mehr Inhaberin des Pflegedienstes. Eine rein formale
Rechtsposition sei in diesem Zusammenhang nicht denkbar.
Der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin erklärte mit Schreiben vom 15. September 2009, es gehe um eine Rechtsposition der
Beschwerdeführerin und nicht um eine reine Abrechnungsangelegenheit. Sie habe gegenüber den Beschwerdegegnerinnen Anspruch
auf Abrechnung, denn sie sei so zu stellen, als wenn die ungerechtfertigte Kündigung nicht ausgesprochen worden wäre.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 7. Oktober 2008 aufzuheben und festzustellen, dass die Beschwerdegegnerinnen
verpflichtet sind, die von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Pflegeversicherung gemäß
SGB XI nach dem 1. Oktober 2008 für die jeweiligen Mitglieder der Beschwerdegegnerinnen erbrachten Leistungen entsprechend der vertraglich
vereinbarten Gebührenvereinbarung bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu vergüten.
Die Beschwerdegegnerinnen beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Beigezogen sind die Akten der Beschwerdegegnerinnen sowie die Akten des Sozialgerichts, auf deren Inhalt im Übrigen Bezug
genommen wird.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Gemäß §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG i.d.F. des 6.
SGG-Änderungsgesetzes vom 17. August 2001 kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung
eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile nötig erscheint. Dies setzt wie jede andere einstweilige Anordnung einen Anordnungsanspruch - dies ist der materielle
Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht - und einen Anordnungsgrund voraus, der insbesondere in
der Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung besteht (vgl. M.-Ladewig,
SGG, 9. Aufl., §
86b Rdnr. 27 ff.)
Im vorliegenden Fall fehlt es an der Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, wie das Sozialgericht im
Beschluss vom 7. Oktober 2008 zu Recht ausgeführt hat. Der Senat weist die Beschwerde gemäß §
142 Abs.
2 S. 2
SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der
Entscheidungsgründe ab.
Die von der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwände können zu keiner anderen Entscheidung Anlass geben.
Eine einstweilige Anordnung ist zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht erforderlich. Denn ein Anordnungsgrund im Sinne
einer besonderen Eilbedürftigkeit ist nicht glaubhaft gemacht. Es ist nicht ersichtlich, welche wesentlichen Nachteile der
Beschwerdeführerin ohne eine gerichtliche Eilentscheidung drohen könnten. Die Beschwerdeführerin hat nach Einlegung der Beschwerde
am 14. Oktober 2008 im Zeitraum vom November 2008 bis August 2009 keine Stellungnahme abgegeben, sondern jeweils erklärt,
die vom Gericht gesetzten Fristen zur Stellungnahme seien zu verlängern. Daher kann von einer besonderen Eilbedürftigkeit
nicht ausgegangen werden.
Im Übrigen ist auch ein Anordnungsanspruch nicht durchsetzbar. Die Beschwerdeführerin wendet sich im Hauptsacheverfahren gegen
die zum 30. September 2008 ausgesprochene Kündigung. Da inzwischen unstreitig S. A. den Pflegedienst zum 1. Dezember 2008
übernommen hat, käme eine Zahlungspflicht der Beschwerdegegnerinnen nur bezüglich des Zeitraums von zwei Monaten in Betracht.
Dies hat die Beschwerdeführerin im Schreiben vom 11. November 2008 ausdrücklich bestätigt. Sie habe ab 1. Oktober 2008 keine
pflegerischen Leistungen gegenüber den Versicherten der Beschwerdegegnerinnen erbracht, ab diesem Zeitpunkt werde sie daher
keine Forderungen gegen die Beschwerdegegnerinnen geltend machen. Insofern ist ein Anordnungsanspruch im Hinblick auf die
unstreitige Übernahme des Pflegedienstes nicht gegeben. Der Beschwerdeführerin ist zuzumuten, mit eventuellen Honorarforderungen
bis zur Entscheidung der Hauptsache abzuwarten.
Der Streitwert war gemäß § 53 Abs. 3 Ziff. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG auf 5.000,00 EUR festzusetzen.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).