Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen einen Beitragsnachforderungsbescheid nach strafverfahrensrechtlichen
Ermittlungen; Notwendigkeit einer sozialverfahrensrechtlichen Betriebsprüfung; Erforderlichkeit personenbezogener Feststellungen
Gründe
I.
Der Antragsteller betreibt unter der Firma O. B. Dienstleistungsbetriebe u.a. in A-Stadt ein Unternehmen zur Entrümpelung,
Entkernung und Renovierung von Immobilien. Im Rahmen einer Verkehrskontrolle am 06.10.2009 wurden auf einem Parkplatz der
Autobahn A 92 drei Personen mit einem Klein-LKW des Antragstellers mit dem Kennzeichen ...- ... angetroffen und kontrolliert.
Es handelte sich dabei um den tschechischen Staatsangehörigen J. P. sowie die slowakischen Staatsangehörigen P. L. und K.
H ... Herr P. gab an, mehrfach pro Monat für den Antragsteller tätig zu sein im Rahmen von Wohnungsauflösungen. Er könne frei
entscheiden, ob er die Sachen abhole oder nicht. Der Antragsteller führte hierzu aus, dass nach seinem Geschäftsmodell jeweils
zunächst er selbst die wertvolleren Gegenstände den Haushalten entnehme und sodann den Rest Herrn P. gegen kostenlose Abholung
anbiete. Falls das Angebot für Herrn P. interessant sei, hole dieser die in der Wohnung verbliebenen Gegenstände unter Mithilfe
von Herrn L. und Herrn H. ab, um sie nach Tschechien und unter Umständen andere osteuropäische Länder zu verbringen.
Das Hauptzollamt A-Stadt - Finanzkontrolle Schwarzarbeit - leitete daraufhin Ermittlungen ein, die schließlich zur Anklageerhebung
durch die Staatsanwaltschaft A-Stadt führten. Im Rahmen einer Durchsuchung am 27.04.2010 wurden am Betriebssitz in A. sowie
in A-Stadt und am Wohnsitz des Antragstellers Unterlagen beschlagnahmt, aus denen sich nur wenige Erkenntnisse hinsichtlich
einer Beschäftigung von Personal ergaben. Anlässlich einer weiteren Durchsuchung am 23.09.2010 beim Steuerberater des Antragstellers,
Herrn H. in A-Stadt, wurde die Finanzbuchhaltung für die Jahre 2005 bis 2009 sowie das erste und zweite Quartal des Jahres
2010 sichergestellt. Darunter befanden sich Lohnunterlagen für drei Aushilfen.
Nach den anschließenden Ermittlungen hinsichtlich der sichergestellten Buchungslisten und Wiegescheine der Firmen A.R. GmbH
lieferte der Antragsteller im Jahr 2005 55 mal Entsorgungsware ab, im Jahr 2006 150, im Jahr 2007 145, im Jahr 2008 160, im
Jahr 2009 170 und im Jahr 2010 140. Bei der Firma B. Entsorgung - Recycling GmbH lieferte der Antragsteller an 69 Tagen Material
zur Entsorgung an. Der Antragsteller hat für die gesamten Erlöse aus Entrümpelungen und dem Weihnachtsmarkt im Dezember der
jeweiligen Jahre nur einen geringfügigen Aushilfslohn verbucht.
Aufgrund der Ermittlungen des Hauptzollamtes erhob die Staatsanwaltschaft A-Stadt am 28.12.2011 Anklage und beschuldigte den
Antragsteller, in 64 selbstständigen Handlungen als Arbeitgeber der Einzugstelle Beiträge für Arbeitnehmer zur Sozialversicherung
einschließlich der Arbeitförderung vorenthalten zu haben, in jeweils 64 Fällen als Arbeitgeber der für den Einzug der Beiträge
zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtliche erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht
und vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung vorenthalten zu haben.
Die Anklage stützte sich im Wesentlichen auf die Aussagen der vernommenen Zeugen, vornehmlich Kunden des Antragstellers. Diese
gaben an, dass mehrere Personen bei der Durchführung seiner Entrümpelungs- und Wohnungsauflösungsarbeiten sowie bei der Entsorgung
von Material tätig geworden seien. Die Zeugen P. und L. seien nach ihren übereinstimmenden Angaben bereits seit mehreren Jahren
für die Firma des Antragstellers tätig. Die für den Antragsteller tätigen Personen seien so fest in den Betrieb des Antragstellers
integriert gewesen, dass er Arbeitgeber dieser Personen gewesen sei.
Nachdem sich für den Zeitraum Januar 2005 bis Juni 2010 ein Nettoumsatz von 904.172,12 Euro ermitteln ließ, der vom Steuerberater
unter der Buchhaltungskontonummer 8401 "Erlöse Wohnungsauflösungen" verbucht wurde, gelangte die Antragsgegnerin zu der Überzeugung,
dass die Umsätze des Antragstellers im Wesentlichen im Bereich der Entrümpelungen erzielt worden seien. Diese Tätigkeit sei
sehr lohnintensiv. Deswegen sei es gerechtfertigt, eine Lohnquote von 66,67 % anzunehmen.
Mit Bescheid vom 11.10.2012 forderte die Antragsgegnerin Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 325.909,66 Euro
nach einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von 107.088,50 Euro. Sie stützte ihre Entscheidung im Wesentlichen auf das Ergebnis
der Ermittlungen des Hauptzollamtes. Der Bescheid wurde erlassen als Summenbescheid. Das Strafverfahren vor dem Amtsgericht
A-Stadt wurde bislang nicht abgeschlossen. Die Hauptverhandlung vom Januar 2013 ist vertagt worden.
Nachdem die Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung ablehnte, hat der Antragsteller am Sozialgericht Landshut am 21.12.2012
die Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 12.11.2012 beantragt. Er hat erneut geltend gemacht, dass
sein Geschäftsmodell vorsehe, dass er sich nur die wertvollsten Gegenstände aus den Wohnungen hole und dann einem tschechischen
Unternehmen das Angebot zur kostenlosen Abholung unterbreite. Der Hintergrund sei, dass die noch verbleibenden Gegenstände
in den Wohnungen auf dem deutschen Markt keinen Wert hätten, allerdings auf dem osteuropäischen Markt verkauft werden könnten.
Als mitarbeitende Familienangehörige beschäftige er seinen Vater, seine Mutter, seine Ehefrau sowie seinen Schwager und sein
Schwiegervater. Dabei handle es sich um familienhafte Mithilfe. Im Rahmen der Renovierung übernehme der Antragsteller Renovierungsarbeiten
und Renovierungsleistungen für verschiedene Auftragnehmer. Zur Erfüllung dieser Verpflichtungen beauftrage er selbstständige
Unternehmer, in der Regel ortsansässige Firmen. Diese würden ihm Rechnungen stellen und diese Geldflüsse seien in seiner Buchhaltung
festgehalten. Sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten seien aber nicht bei ihm, sondern bei dem Auftragsunternehmen angefallen.
Auch die geschätzte Schadenshöhe sowie die Schätzung der Lohnquote treffe nicht zu. Eine Lohnquote von 66,67 % sei unzutreffend.
Man sei dabei von einem lohnintensiven Gewerbe ausgegangen unter Einsatz von Mitarbeitern einer hohen Qualifikation. Dies
sei allerdings bei einem Entrümplungsunternehmen nicht der Fall. Weiterhin hat er geltend gemacht, dass er nicht über finanzielle
Mittel verfüge, er besitze kein belastbares Vermögen. Würden die Bescheide vollstreckt, müsse er eine eidesstattliche Versicherung
abgeben oder Insolvenzantrag stellen.
Die Antragsgegnerin hat hierzu ausgeführt, dass lediglich der Vater des Antragstellers als mithelfende Arbeitskraft belegt
sei. Der Zeuge P. sei jedoch im Fahrzeug des Antragstellers angetroffen worden und habe auch bei ihm gewohnt.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 24.04.2013 die Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid
vom 11.10.2012 abgelehnt. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass die erwirtschafteten Umsätze von
über 900.000,00 Euro in der Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2010 nicht alleine durch den Antragsteller und seinen Vater und
die gemeldeten Aushilfskräfte erledigt werden konnten. Die bei der Autobahnkontrolle am 06.10.2009 angetroffenen Personen
seien nicht als selbstständige Unternehmer anzusehen. Insoweit lägen hier Beschäftigungsverhältnisse vor. Daher bestünden
keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide der Antragsgegnerin.
Auch eine unbillige nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte könne nicht angenommen werden. Der Antragsteller
habe nur vorgetragen, er verfüge nicht über freie liquide Mittel.
Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt und vorgetragen, dass in erheblichen Umfang im Zeitraum von 2005 bis
2010 Erlöse auf das Konto 8401 (Entrümpelungen) gebucht worden seien, die ihren Ursprung nicht in den Entrümpelungsarbeiten
hatten. Dies wurde glaubhaft gemacht durch eine eidesstattliche Versicherung des Steuerberaters H. vom 30.07.2013. Darüber
hinaus hat der Antragsteller vorgetragen, dass er im Jahr 2013 einen Verlust in Höhe von 596,35 Euro erwirtschaftet habe,
was ebenfalls bestätigt wurde in einem Schreiben des Steuerberaters vom 07.06.2013. Zugleich wurde vom Steuerberater angegeben,
dass sich nach der Gegenüberstellung von Aktiv- und Passivvermögen zwar noch keine Privatinsolvenz anzunehmen sei, jedoch
der Immobilienbesitz in A. zum Verkauf stehe und der größte Teil an die Gläubigerbank und Sicherheitsnehmer fließen werde.
Ein Überschuss von Geldmitteln sei nicht zu erwarten. Nach Aufgabe der Sicherheiten sei auch die Erlangung eines Kredites
zudem erschwert. Eine zwangsweise Beitreibung von Verbindlichkeiten und Außenstände würde zur Folge haben, dass sich der Antragsteller
wirtschaftlich auf lange Sicht nicht mehr erholen könne und so unbedingt auf fremde und damit auf Hilfe der öffentlichen Hand
angewiesen wäre.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 24.04.2013 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den
Bescheid vom 11.10.2012 herzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides
bestünden. Anhand der vorliegenden Unterlagen sei nicht belegt, dass der Sofortvollzug des angefochtenen Beitragsbescheides
zu einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte führe. Es sei auch zu berücksichtigen,
dass hier die Beitragsforderung aufgrund einer Betriebsprüfung nach §
28 p Abs.
1 SGB IV i.V.m. § 2 Abs. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz durchgeführt worden sei. In den Fällen von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung sei in der Regel von einer Aussetzung
abzusehen.
Zu der gerichtlichen Anfrage vom 22.07.2013, versendet mit der Ladung zum Erörterungstermin am 01.08.2013, der jedoch aufgehoben
worden ist, hat das Gericht die Antragsgegnerin um Mitteilung gebeten, wo weitere Ermittlungsunterlagen angefordert werden
können. Hierzu hat sich die Antragsgegnerin bislang nicht geäußert.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache erfolgreich. Zu Unrecht hat das Sozialgericht Landshut die Herstellung der aufschiebenden
Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 11.10.2012 abgelehnt.
Bei dem gesetzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen einen Beitragsbescheid (§
86 a Abs.
2 Ziffer 1
SGG) kann die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise durch das Gericht angeordnet werden, §
86 b Abs.
1 Satz 1 Ziffer 2
SGG. Diese Regelung gilt während eines Widerspruchs- und eines Klageverfahrens. Ob das Gericht den vorläufigen Rechtsschutz gewährt,
steht indessen Ermessen ("kann") und erfordert eine Interessenabwägung der relevanten öffentlichen und privaten Belange bei
Gewährung oder Nichtgewährung des vorläufigen Rechtsschutzes sowie eine Abschätzung oder Erfolgsaussicht in der Hauptsache.
Eine überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung ist insbesondere dann gegeben, wenn es sich ohne weiteres
und ohne vernünftige Zweifel erkennen lässt, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist und die Rechtsverfolgung des Bürgers
keinen Erfolg verspricht (BT-Drs. 14/5943 unter Bezugnahme auf das Bundesverwaltungsgericht NJW 74, 2104).
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens
herzustellen, da erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides bestehen.
Streitig ist zwischen den Beteiligten eine Beitragsforderung in Höhe von 325.909,66 Euro einschließlich Säumniszuschläge aufgrund
einer Betriebsprüfung nach §
28 p Abs.
1 SGB IV.
Die Antragsgegnerin stützt ihren Bescheid ausschließlich auf die strafverfahrensrechtlichen Ermittlungen des Hauptzollamtes
im Rahmen von § 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz. Die Antragsgegnerin unterstützte hierbei gemäß § 2 Abs 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz die Zollverwaltung. Eine sozialverfahrensrechtliche Betriebsprüfung nach §
28 p
SGB IV hat sie selbst nicht durchgeführt, insbesondere keine eigenen Ermittlungen im Sinne von § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) eingeleitet oder Betroffene angehört. Art und Umfang einer eventuellen Tätigkeit der ggf. als Arbeitnehmer in Frage kommenden
Personen sind bislang nicht geklärt, obwohl sie weiteren Ermittlungen zugänglich wären. Diese Ermittlungen können im Rahmen
des Widerspruchsverfahrens nachgeholt werden.
Die Antragsgegnerin hat in dem streitgegenständlichen Bescheid Gesamtsozialversicherungsbeiträge nachgefordert, ohne diese
einzelnen Mitarbeitern des Antragstellers zuzuordnen (Summenbescheid gemäß §
28 f Abs.
2 SGB IV i.F.d. Gesetzes vom 24.03.1997 - BGBl I S. 594). Aus den Ermittlungen des Hauptzollamtes sowie der Antragsgegnerin ist jedoch ersichtlich, dass jedenfalls aus Sicht der
Antragsgegnerin namentlich bekannte Personen als Arbeitnehmer in Frage kommen. Ob diese tatsächlich Arbeitnehmer waren, gilt
es noch zu ermitteln. Heranzuziehen sind auch die zahlreichen Zeugenaussagen, aus denen sich einzelne Personen ermitteln lassen.
Selbst wenn nicht die gesamten Sozialversicherungsbeiträge vollständig allen Beschäftigten zugeordnet werden könnten, so ist
dies von der Antragsgegnerin insoweit vorzunehmen, als es aufgrund der vorhandenen Aufzeichnungen möglich ist. In Frage kommen
hier insbesondere die drei Personen, die bei der Fahrzeugkontrolle angetroffen wurden sowie die vom Antragsteller selbst angegebenen
Angehörigen.
Bei Sozialversicherungsbeiträgen handelt sich nicht um Abgaben im Sinne einer Steuer, vielmehr steht den Sozialversicherungsbeiträgen
ein konkreter Anspruch des Arbeitnehmers gegenüber, bei Erfüllung der entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen auch die
gesetzlich garantierten Leistungen zu erhalten (vgl. Beschluss des erkennenden Senates vom 30.07.2012 - L 5 R 267/12 B ER, Rz. 29, zitiert nach [...]). So hängt beispielsweise der Anspruch und die Höhe von Arbeitslosengeld von dem vorangegangenen
Versicherungspflichtverhältnis (§
147 SGB III) und dem erzielten Entgelt ab (§
149 SGB III). Ebenso errechnet sich das Krankengeld aus dem erzielten Entgelt (§
47 SGB V). Auch die Höhe einer späteren Rente aus Beitragszeiten hängt von den gezahlten Beiträgen ab (§
55 SGB VI). Wenn aber die Beitragssummen den Arbeitnehmern nicht zugeordnet werden, hat dies zur Auswirkung, dass den Betroffenen keine
oder zumindest geringeren Leistungsansprüche erwachsen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 17.12.1985, 12 RK 30/83) muss daher bei der Erhebung von Beiträgen zur Sozialversicherung die Feststellungen der Versicherungs- und Beitragspflicht
sowie der Beitragshöhe auch dann grundsätzlich personenbezogen erfolgen, wenn der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht verletzt
hat und die Aufklärung des Sachverhalts dadurch zwar erschwert jedoch nicht unmöglich gemacht worden ist. Deshalb ist ein
Summenbescheid über die Gesamtsozialversicherungsbeiträge nur dann zulässig, wenn die Zuordnung der Beiträge zu den einzelnen
Personen nicht möglich ist (BSG, Urteil vom 31.10.2012, B 12 R 1/11 R).
Im vorliegenden Fall sind mehrere Personen namentlich bekannt, denen Sozialversicherungsbeiträge zugeordnet werden könnten.
Eine personenbezogene Feststellung der Versicherungspflicht, der Beitragspflicht und der Beitragshöhe ist, vor allem bei Versicherungen
von Rentenanwartschaften der betroffenen Arbeitnehmer von solchem Gewicht, dass sie grundsätzlich auch dann erfolgen muss,
wenn es mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden und nur unter Inkaufnahme eines verwaltungsmäßigen Mehraufwandes erreichbar
ist. Auch wenn es, was im vorliegenden Fall denkbar ist, wegen einer Verletzung der Aufzeichnungspflicht oder sogar aufgrund
von Manipulationen des Arbeitgebers unmöglich sein sollte, bei einigen, vielleicht sogar der Mehrzahl der Arbeitnehmer genaue
Feststellung zur Versicherungs- und Beitragspflicht sowie zur Beitragshöhe zu treffen, ist es im Interesse derjenigen Arbeitnehmer,
bei denen sich die erforderlichen Tatsachen noch ermitteln lassen, nicht gerechtfertigt, das Erfordernis der personenbezogenen
Beitragserhebung insgesamt und damit auch für diese Arbeitnehmer preiszugeben (BSG, Urteil vom 17.12.1985, 12 RK 30/83 Rz. 30 f, zitiert nach [...]; siehe auch Beschluss des erkennenden Senats vom 19.02.2013, L 5 R 933/12 B ER). Diesbezüglich besteht im Widerspruchsverfahren Gelegenheit, die personenbezogene Zuordnung der Sozialversicherungsbeiträge
nachzuholen.
Die Antragsgegnerin stützt sich in dem streitgegenständlichen Bescheid im Wesentlichen auf die Ermittlungsergebnisse des Hauptzollamtes.
Diese sind insbesondere unter Berücksichtigung der eidesstattlichen Versicherung des Steuerberaters des Antragstellers nicht
vollständig und weiter aufzuklären. Allerdings dienen die Ermittlungen des Hauptzollamtes auch nicht dem Zweck der präzisen
Ermittlung von Sozialversicherungsbeiträgen im Sinn des §
28 p
SGB IV, sondern nach §2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SchwarzArbG zunächst nur Prüfung, ob die sich aus den Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Pflichten nach §
28 a SGB IV erfüllt werden oder wurden. Es ist deswegen nicht ausgeschlossen, dass bei Durchführung einer entsprechenden Betriebsprüfung
in den Räumen des Steuerberaters weitere Informationen erlangt werden können, die dazu dienen, die Sozialversicherungsbeiträge
einzelnen Beschäftigten zuzuordnen. Darüber hinaus ist durch die eidesstattliche Versicherung des Steuerberaters glaubhaft
gemacht, dass die Berechnungsmodalitäten zur Ermittlung der sozialversicherungsrechtlich relevanten Lohnsummen jedenfalls
zum Teil nicht zutreffend sein werden. Deren genauer Anteil wäre im Widerspruchsverfahren ebenfalls zu ermitteln.
Aus diesen Gründen ist der streitgegenständliche Bescheid rechtswidrig und ein Erfolg des Rechtsbehelfs des Antragstellers
sehr wahrscheinlich.
Abgesehen davon, dass nunmehr aufgrund der Stellungnahme des Steuerberaters des Antragstellers vom 07.06.2013 glaubhaft gemacht
ist, dass der Antragsteller derzeit nicht über ein ausreichendes Vermögen verfügt, um die Beitragsforderung zu begleichen,
besteht zusammenfassend im vorliegenden Fall kein sofortiges öffentliches Vollzugsinteresse an dem streitgegenständlichen
Bescheid bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides. Der Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 24.04.2013 ist daher aufzuheben
und dem Antrag stattzugeben.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt derjenigen des Sozialgerichts (§§ 52, Abs. 3, 47 Abs. 2 Gerichtskostengesetz).
Dieser Beschluss beendet das Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz und ist nicht mit der weiteren Beschwerde anfechtbar, §
177 SGG.