Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1952 geborene Klägerin ist serbische Staatsangehörige und hat keine Berufsausbildung absolviert. Ihr Versicherungsverlauf
weist Beitragszeiten in Deutschland vom 13.04.1972 bis 26.08.1977 auf. Vom serbischen Versicherungsträger wurden weitere Beitragszeiten
vom 09.05.1981 bis 20.03.2004 gemeldet.
Ein erster Rentenantrag der Klägerin vom 07.07.2005 war mit Bescheid vom 13.02.2006 wegen Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen abgelehnt worden. Am 03.07.2006 stellte die Klägerin erneut Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Mit Bescheid vom 23.03.2007 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wiederum aufgrund
der - im Hinblick auf das Antragsdatum - fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ab. Auf den Widerspruch der Klägerin
zog die Beklagte neben Berichten der behandelnden Ärzte auch ein internistisches Gutachten der serbischen Invalidenkommission
vom 26.10.2006 bei. Hierbei wurde neben extremem Übergewicht, einer Schilddrüsenunterfunktion, Bluthochdruck und einer Hormonstörung
auch eine obstruktive Lungenfunktionsstörung diagnostiziert. Die Klägerin wurde für fähig erachtet, unter qualitativen Einschränkungen
leichte und zum Teil mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von 6 Stunden und mehr täglich zu
verrichten. Ein weiteres Gutachten der serbischen Invalidenkommission vom 09.02.2007 bescheinigte aufgrund der Lungenfunktionsanalyse
vom 25.12.2006 im Vergleich zur Vorbegutachtung eine Verschlimmerung der obstruktiven Lungenfunktionsstörung, so dass leichte
Tätigkeiten nurmehr unter 3 Stunden täglich verrichtet werden könnten. Am 15.01.2008 erließ die Beklagte einen weiteren Ablehnungsbescheid.
Es stehe zwar fest, dass die Klägerin seit 25.12.2006 voll erwerbsgemildert sei, gleichwohl weise sie im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum
vom 25.12.2001 bis 24.12.2006 nur 28 der erforderlichen 36 Beitragsmonate auf. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen
seien damit nach wie vor nicht erfüllt. Mit Bescheid vom 02.04.2008 wies die Beklagte den aufrechterhaltenen Widerspruch der
Klägerin als unbegründet zurück.
Am 09.06.2008 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Landshut (SG). Die Frage der Erwerbsminderung sei nicht richtig geprüft worden, die Klägerin sei in Deutschland einer Untersuchung zu
unterziehen. Das Gericht forderte von der Klägerin alle verfügbaren medizinischen Unterlagen für die Zeit von Juli 2005 bis
Februar 2006 an und holte ein lungenfachärztliches Gutachten nach Aktenlage ein. Die Sachverständige Frau Dr. L. stellte mit
Gutachten vom 28.09.2009 fest, dass nach den vorliegenden Befunden von einer allmählichen Verschlechterung der chronisch-obstruktiven
Bronchitis bei anhaltendem Nikotinabusus auszugehen sei. Sowohl im ersten Gutachten der Invalidenkommission vom 26.10.2005
wie auch in einem Entlassungsbericht über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 10.03. bis 22.03.2006 sei eine maßgebliche
Verschlimmerung noch nicht dokumentiert. Im Vergleich zur Untersuchung durch die Komission sei die medikamentöse Therapie
nach Entlassung aus der stationären Behandlung sogar reduziert worden. Die Sachverständige stellt klar, dass ärztlicherseits
eine schwere Lungenfunktionseinschränkung und schwergradige respiratorische Globalinsuffizienz erstmals durch die Untersuchungen
vom 25.12.2006 bei allerdings unzureichender medikamentöser Therapie festgestellt wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt könne von
voller Erwerbsminderung ausgegangen werden. Quantitative Leistungseinschränkungen zu einem früheren Zeitpunkt ließen sich
aufgrund der vorliegenden Befunde medizinisch nicht begründen, die anderen Diagnosen hätten keine maßgeblichen Auswirkungen
auf die Erwerbfähigkeit der Klägerin.
Mit Urteil vom 09.11.2009 wies das SG die Klage als unbegründet ab. Zur Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hätte der Leistungsfall
der vollen oder zumindest teilweisen Erwerbsminderung vor dem 01.05.2006 vorliegen müssen. Für den Nachweis dieser Tatsache
reichten - wie von der Sachverständigen dargestellt - die vorhandenen medizinischen Unterlagen nicht aus. Die Klägerin könne
auch keine Berufschutz in Anspruch nehmen.
Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 06.04.2010 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht
ein. Es wird geltend gemacht, die Klägerin habe nicht voraussehen können, wann sie erkranken werde. Hätte sie dies gewusst,
hätte sie bestimmt weitere Pflichtbeiträge durch Aufnahme einer Beschäftigung entrichtet oder auch freiwillige Beiträge gezahlt.
Da nur drei Monate an Beitragszeiten fehlen würden, müsse eine nachträgliche freiwillige Beitragsentrichtung zugelassen werden.
Der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich nach 2006 weiter verschlechtert. Zur Dokumentation dieser Verschlechterung wurden
weitere ärztliche Unterlagen aus dem Jahr 2010 übermittelt. Mit Schreiben vom 09.02.2011 wies das Gericht die Beteiligten
darauf hin, dass es beabsichtige, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach §
153 Abs.
4 SGG zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 09.11.2009 sowie der Bescheides vom 23 03.2007 und
15.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2008 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Senatsakte, die Akte des Sozialgerichts sowie die beigezogene Verwaltungsakte
der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung ergeht gem. §
153 Abs.
4 S. 1
SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss, weil der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung
nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten wurden angehört, §
153 Abs.
4 S. 2
SGG.
Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, §§
143,
144,
151 SGG. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Nach §
43 Abs.
1 Satz 1
SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
teilweise erwerbsgemindert sind und die im Gesetz genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert
sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§
43 Abs.
1 Satz 2
SGB VI). Gemäß §
43 Abs.
2 Satz 1
SGB VI haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Versicherte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie neben
der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen voll erwerbsgemindert sind. Das ist nach §
43 Abs.
2 Satz 2
SGB VI dann der Fall, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen
Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Anspruch auf Rente wegen
verminderter Erwerbsfähigkeit nach §
43 SGB VI setzt weiter voraus, dass der Versicherte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt
der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet hat (§
43 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2, Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 SGB VI). Als Folge der in §
43 Abs.
1 und
2 SGB VI normierten besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erlischt der Versicherungsschutz für eine Erwerbsminderung
spätestens nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende der letzten rentenrechtlich berücksichtigungsfähigen Zeit.
Unter diesen Prämissen ist ein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht gegeben. Die Klägerin
ist zwar seit Dezember 2006 voll erwerbsgemindert, erfüllt aber zu diesem Zeitpunkt die für einen Rentenanspruch notwendigen
weiteren versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht. Pflichtbeiträge wurden letztmals für den Monat März 2004 entrichtet.
Weitere Beitragszeiten oder sonstige rentenrechtliche Zeiten in Deutschland oder in Serbien liegen nicht vor. Ausgehend von
einem Leistungsfall im Dezember 2006 weist der Versicherungsverlauf der Klägerin damit in dem maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeit-
raum (Dezember 2001 bis November 2006) lediglich 28 anstelle der erforderlichen 36 Monate an berücksichtigungsfähigen Zeiten
auf. Entgegen der Auffassung ihres Bevollmächtigten fehlen der Klägerin damit nicht nur drei, sondern insgesamt acht Monate
an Beitragszeiten. Es handelt sich hierbei entsprechend dem Wortlaut des §§
43 SGB VI um Pflichtbeitragszeiten oder solche perpetuierende Anrechnungszeiten, so dass auch eine freiwillige Beitragsentrichtung
- vorausgesetzt sie wäre zulässig - die Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen i.S.v. §
43 SGB VI nicht herbeiführen könnte.
Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass eine rentenberechtigende
Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits in dem Zeitpunkt eingetreten war, in dem die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen
letztmals erfüllt waren (bis zum 01.04.2006). Die vom Sozialgericht beauftragte Sachverständige Frau Dr. L. kommt nachvollziehbar
und überzeugend zu dem Ergebnis, dass sich eine valide Aussage über den Eintritt der Erwerbsminderung erst zum Zeitpunkt der
Lungenfunktions-Analyse vom 20.12.2006 treffen lässt. Zu diesem Zeitpunkt ist allerdings bereits von voller Erwerbsminderung
auszugehen. Wann der Prozess der schleichende Verschlimmerung der Lungenerkrankung die Grenze von der durch die Invalidenkommission
nach Untersuchung im Oktober 2005 noch festgestellten Erwerbsfähigkeit für leichte Tätigkeiten im Umfang von 6 Stunden und
mehr täglich hin zu zumindest teilweiser Erwerbsunfähigkeit (3 bis unter 6 Stunden täglich) überschritten hat, ist anhand
der verfügbaren, von der Klägerin und von der Invalidenkommission übermittelten ärztlichen Unterlagen nicht mehr festzustellen.
Jedenfalls bestand eine solche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit noch nicht im März 2006, da anlässlich des stationären Aufenthaltes
der Klägerin im Allgemeinkrankenhaus "S." im März 2006 keine Verschlimmerung im Vergleich zum Untersuchungsergebniss der Invalidenkommission
dokumentiert wurde. Es ist daher nicht mit dem erforderlichen Vollbeweis belegt, dass die maßgebliche Verschlimmerung noch
vor dem letztmaligen Erfüllen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum 01.04.2006 eingetreten ist. Notwendig ist hier
ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit bzw. eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit (vgl. hierzu Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig,
SGG, 8. Auflage 2005 §
118 Rdnr.5 ff. und §
128 Rdnr.3b ff.). Da weitere medizinische Unterlagen für die fragliche Zeit nicht vorliegen - die von der Klägerin im Rahmen
des Berufungsverfahrens vorgelegten Arztbriefe dokumentieren medizinische Befunde aus dem Jahr 2010 - geht die Nichterweislichkeit
der Tatsache zu ihren Lasten. Im sozialgerichtlichen Verfahren trägt insoweit derjenige die objektive Beweislast für die Tatsachen,
die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen.
Zur Erfüllung der fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen kann sich die Klägerin auch nicht auf die Regelung des
§
241 Abs.
2 SGB VI berufen. Danach sind Pflichtbeiträge entbehrlich, wenn bereits vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt wurde
und in der Folge jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Anwartschaftserhaltungszeiten
oder solchen Zeiten belegt ist, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist. Zwar hat die Klägerin vor dem 01.01.1984 die
allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt. In der Zeit vom 01.01.1984 bis November 2006 ist jedoch nicht jeder Kalendermonat
mit Pflichtbeiträgen oder Anwartschaftserhaltungszeiten belegt; unbelegt sind die Monate ab April 2004. Für diese Zeit ist
auch die - grundsätzlich mögliche - Nachzahlung freiwilliger Beiträge nach den §§
241 Abs.
2 Satz 2,
197, 198
SGB VI infolge Zeitablaufs nicht mehr zulässig.
Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit nach §
240 SGB VI zu. Es liegen insoweit, wie das SG zu Recht festgestellt hat, keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die ungelernte Klägerin im Rahmen ihrer Beschäftigung in Deutschland
Tätigkeiten ausgeübt hat, die hinsichtlich Anforderungen und erforderlicher Qualifikation in voller Breite einer Facharbeitertätigkeit
vergleichbar waren.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG.