Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Witwenrente.
Die 1926 in E. (jetzt B.) geborene Klägerin schloss am 17. November 2004 die Ehe mit dem 1913 geborenen Versicherten A ...
Der Versicherte verstarb am 17. November 2004.
Mit Antrag vom 10. Dezember 2004 begehrte die Klägerin Witwenrente nach dem verstorbenen Versicherten. Sie machte geltend,
der Versicherte sei 26 Jahre ihr Lebensgefährte gewesen und habe seit 19 Jahren mit ihr in einer gemeinsamen Wohnung gelebt.
Die Anmeldungen zur Eheschließung beim Standesamt A-Stadt sei am 4. November 2004 erfolgt. Der Versicherte sei erst nach diesem
Termin erkrankt und am 14. November 2004 wegen Atemschwierigkeiten (Asthma) ins Krankenhaus eingeliefert worden. Er sei dann
unerwartet am Tag der Hochzeit verstorben. Die Heirat sei zur Sicherung der erforderlichen Betreuung/Pflege des ständig auf
Pflege angewiesenen Ehegatten erfolgt und der Tod des Ehegatten sei bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten
gewesen.
Die Beklagte holte in Bezug auf den Versicherten Befundberichte des Allgemeinmediziners Dr. H. und des Krankenhauses A-Stadt
sowie eine Stellungnahme ihres medizinischen Dienstes (Bl. 24 Beklagtenakte) ein. Mit angefochtenem Bescheid vom 12. Januar
2005 lehnte sie den Antrag unter Bezugnahme auf §
46 Abs.
2a SGB VI ab. Nach objektiver Betrachtungsweise sei aus medizinischer Sicht bei der Eheschließung absehbar gewesen, dass der Tod des
Versicherten innerhalb eines Jahres eintreten werde.
Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch mit der Begründung erhoben, es sei bereits mehrfach vorgesehen gewesen zu heiraten.
Aus verschiedenen Gründen sei die Hochzeit immer wieder verschoben worden. Die Hochzeit sei für den 19. November 2005 vorgesehen
gewesen. Nachdem der Versicherte zwischen Aufgebots- und Eheschließungstermin völlig unerwartet ins Krankenhaus musste, sei
die Eheschließung dort vollzogen worden. Zum Zeitpunkt der Planung der Eheschließung und der Bestellung des Aufgebotes sowie
der Heirat habe sich der Versicherte in einem gesundheitlich stabilen Zustand befunden. Atteste der behandelnden Ärzte Dr.
L. und Dr. R. wurden vorgelegt. Dr. L. erklärte, der Versicherte sei zum Zeitpunkt der Planung der Eheschließung Anfang November
2004 in einem gesundheitlich stabilen Zustand gewesen. Eine gesundheitliche Verschlechterung und das Versterben des Versicherten
sei nicht absehbar gewesen. Dr. R. bescheinigte dem Versicherten, voll orientiert zu sein und dass keine Bedenken gegen eine
Durchführung der Hochzeit im Krankenhaus bestünden. Auch von der Standesbeamtin wurde schriftlich erklärt, dass der Versicherte
bei Eheschließung voll geschäftsfähig war. Die Nottraung dürfe nicht abgelehnt werden, wenn sich der Standesbeamte davon überzeugt
habe, dass beide Verlobte in der Lage seien, die Trauung zu vollziehen. Auch sei die Klägerin durch eine Rente von der gesetzlichen
Rentenversicherung in Höhe von 794,79 Euro und eine Betriebsrente in Höhe von 55,84 Euro brutto versorgt. Der Sohn des Versicherten
gab schließlich eine eidesstattliche Versicherung ab, dass der gesamte Sachvortrag in der Widerspruchsbegründung vom 11. April
2005 der Wahrheit entspreche. Bereits seit 1995 sei von Hochzeitsplänen gesprochen worden.
Der Widerspruch wurde nach Einholung einer Stellungnahme des sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten mit Widerspruchsbescheid
vom 3. Juni 2005 zurückgewiesen. Der verstorbene Versicherte sei seit langer Zeit schwer erkrankt gewesen. Dies gelte insbesondere
für die Zeit ab 2002, in der eine Herzinsuffizienz attestiert wurde. Auch seien am 14. November 2004 gravierende körperliche
und technische Befunde erhoben worden. Damit sei absehbar gewesen, dass der Versicherte innerhalb eines Jahres versterben
würde.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben. Zur Begründung wurde über den bisherigen Vortrag hinaus auf das Urteil des Sozialgerichts Würzburg S 8 RJ 697/02 verwiesen, wonach eine ausreichende eigene Versorgung des Hinterbliebenen grundsätzlich geeignet sei, die Vermutung einer
Versorgungsehe zu widerlegen. In den letzten 5-6 Jahren des Zusammenlebens sei immer wieder die Trauung angesprochen worden;
Verzögerungen haben sich aus der Tatsache ergeben, dass die Ehefrau eine Geburtsurkunde aus ihrem Geburtsort anfordern musste,
was sich erheblich zeitaufwändig gestaltete. Bereits im Dezember 2001 sei der Versicherte so schwer erkrankt gewesen, dass
die Ärzte ein Überleben nicht für wahrscheinlich hielten. Der Versicherte habe sich dann noch im Februar, März und April 2002
im Krankenhaus A-Stadt aufgehalten. Im Juni, Juli und September 2002 hatte er noch Schwindelanfälle. Im Oktober 2002, Dezember
2002, April 2003, Juni 2003, Juli/August 2003,September/Oktober 2003, November 2003, Mai 2004 seien die Klägerin bzw. Angehörige
des Versicherten im Krankenhaus bzw. in Kur gewesen. Nach Stabilisierung des Gesundheitszustandes all dieser Personen sei
für November 2004 die Hochzeit geplant gewesen. Wenn eine Versorgungsehe vordergründig gewesen wäre, hätte eine Hochzeit bereits
unmittelbar nach der lebensbedrohlichen Episode im Jahr 2001 stattfinden müssen.
Nach Beiziehung von Befundberichten der Allgemeinärzte Dres. H. - M. und des Krankenhauses A-Stadt wies das SG die Klage mit Urteil vom 25. April 2007 ab. Der Versicherte sei schon seit vielen Jahren wiederholt wegen seiner Erkrankung
zu Krankenhausaufenthalten gezwungen gewesen. Es bestanden erhebliche Vorer- krankungen. Der Tod sei bei der Nottrauung am
17. November 2004 daher absehbar gewesen. Gegen eine Widerlegung der Versorgungsehe spreche auch der Umstand, dass die Eheschließung
im Rahmen einer Nottrauung erfolgt sei.
Mit der hiergegen erhobenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung wurde weiter vorgetragen, es
sei nicht davon auszugehen gewesen, dass der Tod des Versicherten kurzfristig bevorstünde, zum Zeitpunkt der Eheschließung
und der Bestellung des Aufgebots habe sich der Kläger in einem gesundheitlich stabilen Zustand befunden und die seit vielen
Jahren geplante Hochzeit habe aus verschiedenen Gründen immer wieder verschoben werden müssen. Insoweit wurde der Sohn des
Versicherten A. als Zeuge benannt. Auf ein Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Juli 2007 (L 16 R 487/06) wurde verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung am 21.Oktober 2008 hat der Senat den Zeugen A. jun. unbeeidigt einvernommen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 25. April 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 9. März 2005 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2005 aufzuheben und an die Klägerin Witwenrente gemäß §
46 SGB VI entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG (Az. S 9 R 454/05) und der Beklagten ergänzend Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Regensburg hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen
Anspruch auf Gewährung von großer Witwen- rente gemäß §
46 Abs.
1,
2 Nr.
2 Sechstes Buch des Sozialgesetzbuchs (
SGB VI). Dem Anspruch der Klägerin auf Gewährung der großen Witwenrente steht §
46 Abs.
2a SGB VI entgegen. Danach haben Witwen keinen Anspruch auf Witwenrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei
denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende
Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Diese Bestimmung enthält eine gesetzliche Vermutung, mit der unterstellt wird, dass beim Tod des Versicherten innerhalb eines
Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war. Diese gesetzliche Vermutung ist allerdings
widerlegbar. Die Widerlegung der Rechtsvermutung erfordert nach §§
202 Sozialgerichtsgesetz (
SGG), 292
Zivilprozessordnung (
ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils (vgl. KassKomm, Gürtner, §
46 SGB VI RdNr. 46b, m. w. N.). Die gesetzliche Vermutung ist widerlegt, wenn Umstände vorliegen, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf
eine Versorgungsehe schließen lassen. Besondere Umstände sind all jene Umstände des Einzelfalles, die nicht schon von der
Vermutung selbst erfasst und geeignet sind, einen Schluss auf den Zweck der Heirat zuzulassen (BSGE 35, 272). Es sind vor allem solche Umstände von Bedeutung, die auf einen von einer Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund schließen
lassen. Hierbei hat eine Gesamtwürdigung aller Umstände zu erfolgen (KassKomm, aaO., Rdnr. 46c). Dabei reicht es grundsätzlich
aus, wenn für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht keine Rolle spielte, gleich, ob dies der Versicherte oder der überlebende
Ehegatte war (KassKomm, aaO., Rdnr. 46c). Besondere Umstände, die die Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen vermögen,
können nur solche sein, die eindeutig darauf schließen lassen, dass die Ehe nicht zumindest überwiegend aus Gründen der Versorgung
geschlossen wurde. Die Darlegung allgemeiner, bei einer Heirat regelmäßig mitentscheidender Gesichtspunkte wie der Wunsch,
nicht mehr allein sein zu wollen, und die Absicht, eine Lebensgemeinschaft auf Dauer zu begründen oder die Miete einer entsprechenden
Wohnung rechtfertigt nicht die Annahme besonderer Umstände im Sinne des Gesetzes (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil
vom 25. Januar 1972, L 8 V 202/71 - zu § 38 Abs. 2 BVG -).
Es liegt bei Hochzeit und Tod des Versicherten am selben Tag nur eine kurze Ehedauer iSd §
46 Abs.
2a SGB VI vor. Eine Rentengewährung kommt damit nur in Betracht, wenn die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe widerlegt ist. Dies
ist nach Auffasssung des Senats nicht der Fall.
Umstände, die trotz kurzer Ehedauer nicht auf eine Versorgungsehe schließen lassen, sind nicht erkennbar.
Gegen eine Versorgungsehe spricht zunächst nicht die "Nichtvoraussehbarkeit" des Todes des Versicherten. Vielmehr ist die
Tatsache, dass die Klägerin und der Versicherte in einem nahen zeitlichen Zusammenhang zu der Einlieferung des Versicherten
in das Krankenhaus nach der Verschlechterung des auch vorher schon stark angegriffenen Gesundheitszustandes des Versicherten
geheiratet haben, im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände ein gewichtiges Indiz dafür, dass zum Zeitpunkt
der Eheschließung die Versorgungsabsicht im Vordergrund stand.
Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen war der Versicherte bereits zum Zeitpunkt der Bestellung des Aufgebots multimorbide,
zum Zeitpunkt der Eheschließung hat sich der Gesundheitszustand des Versicherten noch einmal deutlich verschlechtert. Ausweislich
des Befundberichtes des Allgemeinmediziners Dr. H. vom 30. Dezember 2005 bestanden bei dem Kläger ein Diabetes mellitus Typ
II, ein Zustand nach rezidivierenden cerebralen Ischämien, eine arterielle Hypertonie, eine Mitralklappeninsuffizienz und
Aortenklappenstenose, eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), eine Herzinsuffizienz NYHA III, ein Zustand nach
Hinterwandinfarkt 2002, eine koronare Herzerkrankung, ACI-Stenose rechts (50%), Vorhofflimmern, chronische Anämie, diabetische
Nephropathie (fortschreitend). Der Kläger sei seit vielen Jahren multimorbide gewesen. Insbesondere die Herzinsuffizienz auf
dem Boden der koronaren Herzerkrankung und der COPD sowie der Diabetes mellitus mit begleitender diabetischer Nephropathie
seien in den Jahren fortschreitend gewesen. Am 14. November 2004 wurde der Versicherte schließlich ausweislich des Befundberichts
des Krankenhauses A-Stadt vom 5. Januar 2006 mit dekomensierter Globalherzinsuffizienz bei dilatativer Kardiomyopathie und
terminaler Niereninsuffizienz stationär aufgenommen. Der Allgemeinzustand war deutlich reduziert, es bestand Ruhedyspnoe bei
Lippenzyanose.
Die fehlende sichere Erwartung des Todeintritts binnen Jahresfrist ist nicht ausreichend dafür, dass eine Versorgungsehe als
widerlegt angesehen werden kann. Denn der Gesetzgeber hat die Vermutung einer Versorgungsehe nicht nur für die Fälle angeordnet,
in denen bereits in Angesicht des nahenden Todes noch eine Ehe geschlossen wird, sondern für alle Todesfälle innerhalb einer
Frist von immerhin einem Jahr. Gerade bei Todesfällen, die nur wenige Monate vor Ablauf der Einjahresfrist eintreten, ist
es jedoch nahezu ausgeschlossen, dass bereits zum Zeitpunkt des Eheschlusses der Tod in knapp einem Jahr für medizinische
Laien vorhersehbar gewesen ist. Die gesetzliche Vermutung des §
46 Abs.
2a SGB VI würde damit weitgehend leerlaufen, würde man die Nichtvoraussehbarkeit des Eintritts des Todes ausnahmslos als Umstand akzeptieren,
der eine Versorgungsehe widerlegen kann. Ein praktisches Anwendungsgebiet für diese Bestimmung ergäbe sich dann nur noch,
wenn der Tod in sehr engem zeitlichen Zusammenhang mit der Hochzeit erfolgt, weil nur in derartigen Fällen eine Vorhersehbarkeit
des Todes binnen Jahresfrist überhaupt in Betracht kommt. Die Nichtvoraussehbarkeit des Todesfalles innerhalb der 1-Jahres-Frist
kann angesichts dessen nach Auffassung des Senats nur dann gewichtig gegen eine Versorgungsehe sprechen, wenn die Eheleute
zum Zeitpunkt der Eheschließung keinerlei Anhaltspunkte für die Möglichkeit des vorzeitigen Ablebens eines Ehepartners hatten
und der Tod durch ein überraschendes Ereignis eintritt, nicht jedoch dann, wenn sich - wie hier - bei einem hochbetagten Menschen
im Rahmen eines gravierenden chronischen Krankheitsgeschehens das diesen Erkrankungen innewohnende erhöhte Todesrisiko plötzlich
realisiert. Ein Beispiel für einen eine Versorgungsehe widerlegenden Umstand im Sinne eines überraschenden Ereignisses ist
der Tod aufgrund einer plötzlich auftretenden, unerwarteten akuten Erkrankung (z.B. Infektion). Für diese Auslegung spricht
auch die Gesetzesbegründung, die ein ähnliches Beispiel (Unfalltod; vgl. BT-Drucks. 14/4595, S. 44) anführt.
Für ein bevorstehendes Ableben des Versicherten gab es hier zahlreiche Anhaltspunkte. Der Versicherte war aufgrund seiner
Multimorbidität in permanenter ärztlicher Behandlung und über seine gravierenden Erkrankungen informiert. Der Senat ist auch
davon überzeugt, dass die Klägerin Kenntnis von dem Gesundheitszustand ihres Mannes hatte, da diese mit ihm in häuslicher
Gemeinschaft lebte. Seit 2002 war der Versicherte ausweislich der Auskunft von Dr. H. und der Angaben des Klägerbevollmächtigten
in wiederholter stationärer Behandlung im Krankenhaus A-Stadt. Bereits Dezember 2001 trat bei dem Versicherten ein Gesundheitszustand
auf, für den die damals behandelnden Ärzte nach Auskunft des Bevollmächtigten der Klägerin nur wenig Aussicht auf Überleben
prognostizierten. Damit stellt sich das Ableben des Versicherten nicht als Ereignis dar, das mit einem Tod aufgrund eines
Unfallereignisses oder einer Infektion vergleichbar wäre. Vielmehr hat bei dem hochbetagten Versicherten die Summierung seiner
erheblichen Vorerkrankungen zu der dekompensierten Globalherzinsuffizienz geführt, die zunächst seine Krankenhausaufnahme
am 14. November 2005 und dann seinen Tod verursacht hat. Dies lässt sich aus dem Befundbericht des Krankenhaus A-Stadt vom
5. Januar 2006 entnehmen. Auch der Umstand, dass die Ehe im Wege einer Nottrauung eingegangen wurde, spricht dafür, dass die
Ehe bewusst angesichts des sich abzeichnenden Versterbens des Versicherten geschlossen wurde. Andere Umstände (z.B. die Sicherstellung
von Pflege auf unbegrenzte Zeit; vgl. insoweit BSG, Urteil vom 3. September 1986, 9a RV 8/84 zu § 38 Abs. 2 BVG, in juris) liegen angesichts dieses Ablaufs der Geschehnisse fern. Von einer eine Versorgungsehe widerlegende Nichtvoraussehbarkeit
des Todes des Versicherten kann daher nicht ausgegangen werden.
Besondere, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände liegen auch nicht darin, dass die Klägerin und der Versicherte schon
seit vielen Jahren ununterbrochen in häuslicher und eheähnlicher Gemeinschaft lebten. Dieser Umstand spricht nach Auffassung
des Senats vielmehr eher umgekehrt dafür, dass alleiniger oder überwiegender Zweck der Ehe war, der Klägerin eine Versorgung
zu verschaffen. Denn einem langjährigen Zusammenleben "ohne Trauschein" liegt die langjährige bewusste Entscheidung zu Grunde,
eben nicht zu heiraten und damit nicht den vielfältigen gesetzlichen Regelungen, die für Eheleute gelten, zu unterliegen.
Dies gilt umsomehr, wenn - wie auch hier - nach langjährigem Zusammenleben kurz nach dem Auftreten eines lebensbedrohlichen
Gesundheitszustandes mit Krankenhauspflichtigkeit geheiratet wird (vgl. LSG Schleswig Holstein, Urteil vom 11. November 1999,
Az. L 5 U 112/98, in juris). Langjährige Heiratsabsichten können ausnahmsweise nur dann die Vermutung der Versorgungsehe widerlegen, wenn
sie hinreichend konkret sind und sich als die konsequente Verwirklichung einer schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten
Heiratsabsicht darstellen (Bayer. Landessozialgericht, Urteil vom 23. Juli 2003, L 2 U 360/01, in juris). Nach den Angaben der Klägerin wurde bereits in den letzten 5-6 Jahren des Zusammenlebens von einer Heirat gesprochen,
mithin seit 1998/1999. Nach der eidesstattlichen Versicherung des Zeugen sei bereits ab 1995 von Heirat die Rede gewesen,
nach seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung sogar bereits ab 1988/1989. Die Eheschließung sei jedoch immer wieder hinausgeschoben
worden, weil es Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Geburtsurkunde der Klägerin und diverse Krankenhausaufenthalte von
Familienan- gehörigen gab. Der Zeuge hat als weiteren Grund für die Verschiebung der Hochzeitspläne angegeben, dass der Bau
des zweiten Hauses für den Vater vorrangig gewesen sei. Von einer konsequenten Verwirklichung von Heiratsabsichten kann schon
angesichts der langen Zeitdauer, über den die Heiratspläne gehegt wurden, nach Auffassung des Senats nicht gesprochen werden.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum es nicht möglich sein soll, binnen 5-6 Jahren bzw. sogar seit 1988/1989 eine Geburtsurkunde
(bei Geburt im Bundesgebiet) zu erhalten. Auch ein Hausbau stellt keinen plausiblen Grund dar, eine Hochzeit immer weiter
zu verschieben. Die Krankenhaus- bzw. Kuraufenthalte waren nach dem Vortrag der Klägerin erst in den Jahren Dezember 2001
bis Mai 2004, wobei zwischen den einzelnen Aufenthalten zum Teil erhebliche zeitliche Lücken auftraten (April 2002 bis Oktober
2002, Dezember 2002 bis April 2003, November 2003 bis Mai 2004). Angesichts des hohen Alters des Versicherten und dessen angeschlagenen
Gesundheitszustands ist nicht verständlich, dass die Heirat dennoch immer wieder hinausgezögert wurde.
Gegen die Annahme einer Versorgungsehe spricht auch nicht, dass der Versicherte nach den Angaben des Zeugen wohl gedacht hat,
durch die Heirat könne er die Klägerin enger an seinen Sohn binden, damit sie in dem gemeinsam bewohnten Haus wohnen bleiben
könne. Nach der Aussage des Zeugen hatte der Versicherte seine beiden Häuser bereits vor dem Tod der Mutter im Jahr 1976 an
ihn übertragen und die Schwester des Zeugen ausbezahlt. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass § 46a Abs. 2
SGB VI für eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung den Nachweis von objektiven Umständen verlangt, die auf bestimmte Absichten
des verstorbenen Versicherten Rückschlüsse zulassen. Eine Zeugenaussage über die etwaigen Absichten des Versicherten selbst
stellt keinen derartigen objektiven Umstand dar, der auf die Absichten Rückschlüsse zuließe. Im Übrigen hat der Zeuge in dieser
Beziehung ohnehin nur seine eigenen Vermutungen über die Absichten des Versicherten wiedergegeben und nicht Aussagen des Versicherten
über seine Beweggründe. Der Zeuge hat klar und für den Senat nachvollziehbar bekundet, dass er über die Motive des Versicherten
in Bezug auf die Heirat mit der Klägerin nur spekulieren könne, "da der Versicherte als wenig redseliger Mensch über solche
Dinge, insbesondere über Geldsachen, nicht gesprochen habe". Ein Nachweis eines Umstandes, der gegen eine überwiegende Versorgungsabsicht
spricht, kann damit in diesen Bekundungen des Zeugen nicht gesehen werden.
Der Senat teilt nicht die Auffassung, dass eine Versorgungsehe generell schon dann ausscheidet, wenn der oder die Hinterbliebene
bereits Rentenleistungen aus eigener Versicherung bezieht. Der Bezug von Rentenleistungen ist kein taugliches Kriterium für
eine Differenzierung im Rahmen des § 46 a Abs. 2
SGB VI. Einen rechtfertigenden Grund für eine Schlechterstellung von Hinterbliebenen, die (noch) keine Rentenleistungen beziehen
gegenüber Rentenempfängern kann der Senat nicht erkennen. Das Gesetz stellt nach seinem eindeutigen Wortlaut nur darauf ab,
ob es widerlegt werden kannn, dass es der alleinige oder überwiegende Ehezweck war, eine Hinterbliebenenversorgung zu erhalten.
Ziel des Gesetzes ist es, die Auszahlung von Rentenleistungen zulasten der Versichertengemeinschaft zu unterbinden, wenn eine
Ehe nur oder überwiegend zu dem Zweck abgeschlossen worden ist, Rentenleistungen zu erhalten. Diesem Gesetzeszweck ist nicht
nur bei denjenigen zu verwirklichen, die bislang keine Rentenleistungen erhalten, sondern auch bei denjenigen, die mit einer
Hinterbliebenenrente insgesamt eine höhere Versorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung erlangen.
Schließlich spricht eher für den Abschluss einer Versorgungsehe als dagegen, dass der Versicherte bei Eheschluss bereits 91
Jahre alt war und zwischen den Eheleuten ein erheblicher Altersunterschied von 13 Jahren bestand, der bei der notwendigen
Gesamtbetrachtung durchaus berücksichtigt werden kann (vgl. insoweit LSG Saarland, Urteil vom 26. September 2000, Az: L 2 U 54/98, in juris).
Nach alledem konnte nach Auffassung des Senats die Vermutung einer Versorgungsehe nicht widerlegt werden. Die Berufung war
daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (vgl. §
160 Abs.
2 SGG).