Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren; Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten
Gründe:
I. Streitig ist die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen
fehlender Erfolgsaussicht.
Den Antragstellern und Beschwerdeführern wurden zunächst Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II für die
Zeit von April 2010 bis September 2010 bewilligt. Dabei wurden die Kosten der damaligen Unterkunft als Bedarf anerkannt.
Mitte Mai 2010 teilten die Antraghersteller mit, dass sie in eine neue Wohnung am selben Ort umziehen würden. Der beigefügte
Mietvertrag enthielt keine Angaben zum Mietobjekt. Für Juni 2010 wurden keine Leistungen für die Unterkunft ausbezahlt. Im
Juni wurde die neue Anschrift mitgeteilt und eine Meldebescheinigung übermittelt. Mit Änderungsbescheid vom 30.06.2010 wurden
auch die Kosten für die neue Unterkunft ab 01.06.2010 als Bedarf berücksichtigt. Nach Angaben des Bevollmächtigten sei der
Bescheid erst am Montag, den 05.07.2010, zugegangen.
Am 02.07.2010 stellte der Bevollmächtigte der Antragsteller beim Sozialgericht München einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz
und beantragte zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Die vollständige PKH-Erklärung wurde am 07.07.2010 vorgelegt.
Danach erklärten die Beteiligten im Hinblick auf die mittlerweile erfolgte Leistungsgewährung den Antrag auf einstweiligen
Rechtsschutz in der Hauptsache für erledigt.
Mit Beschluss vom 28.07.2010 lehnte das Sozialgericht sowohl die Kostenerstattung als auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
ab. Dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil es genügt hätte, vor Einreichung des Antrags
bei der Antragsgegnerin nachzufragen. Der Abhilfebescheid vom 30.06.2010 sei vor dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz
ergangen.
Am 02.08.2010 haben die Antragsteller Beschwerde gegen den ablehnenden Beschluss zur Prozesskostenhilfe erhoben und zugleich
Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt.
II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) zu Recht
abgelehnt.
Bei der Prüfung der nach §
73a Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i.V.m. §
114 Satz 1
Zivilprozessordnung (
ZPO) erforderlichen Erfolgsaussicht ist nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Bay LSG, Beschluss vom
19.03.2009, L 7 AS 52/09 B PKH) auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrags abzustellen. Die Entscheidungsreife ist gegeben, wenn der
vollständige PKH-Antrag mit ausgefüllter PKH-Erklärung vorliegt und regelmäßig der Gegner Gelegenheit hatte, zum PKH-Antrag
gemäß §
118 Abs.
1 ZPO Stellung zu nehmen (Bay LSG, aaO., Rn. 14). Eine Stellungnahme des Gegners kann nach §
118 Abs.
1 Satz 1
ZPO allerdings entbehrlich sein, wenn diese aus besonderen Gründen als unzweckmäßig erscheint.
Der vollständige PKH-Antrag wurde dem Sozialgericht am 07.07.2010 vorgelegt. Dies war der früheste mögliche Zeitpunkt der
Entscheidungsreife des PKH-Antrags. Bereits vor diesem Zeitpunkt hatte sich die Hauptsache des Eilverfahrens erledigt durch
den am 05.07.2010 erfolgten Zugang des Änderungsbescheids vom 30.06.2010, der die Kosten der neuen Unterkunft berücksichtigte.
Damit bestand zur Entscheidungsreife keine weitere Erfolgsaussicht mehr, der Antrag auf Gewährung von PKH war abzulehnen.
Die Kostenentscheidung nach §
193 SGG kann bei einer Erledigung der Hauptsache (hier durch Gewährung der begehrten Leistung) auf andere Kriterien und Zeitpunkte
abstellen, insbesondere auf die Erfolgsaussichten bis zum erledigenden Ereignis und die Gründe für die Klageerhebung bzw.
den Eilantrag (vgl. dazu Meyer-Ladewig,
Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage, 2008, §
193 Rn. 13). Wenn das erledigende Ereignis vor der oben beschriebenen PKH-Entscheidungsreife liegt, kann es zu einer positiven
Kostenentscheidung und einer negativen PKH-Entscheidung kommen. Dass der Änderungsbescheid vom 30.06.2010 scheinbar erst am
05.07.2010, also nach dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an das Gericht, bekannt gegeben wurde, kann dahinstehen. Die
PKH-Entscheidung ist kein Korrektiv für die nach §
172 Abs.
3 Nr.
3 SGG nicht beschwerdefähige Kostenentscheidung.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist abzulehnen. Für das PKH-Verfahren wird selbst
keine Prozesskostenhilfe gewährt (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig,
Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, §
73a RdNr. 2b). Dies gilt auch für das zugehörige Beschwerdeverfahren. Das PKH-Verfahren dient nicht unmittelbar der "Rechtsverfolgung"
im Sinn von §
114 Satz 1
ZPO; es handelt sich um ein separates Verfahren zur Prüfung, ob die Rechtsverfolgung finanzieller Unterstützung bedarf (so BayLSG,
Beschluss vom 07.05.2010, L 17 U 133/10 B PKH und schon BGH, Beschluss vom 30.05.1984, VIII ZR 298/83 = NJW 1984, S. 2106). Eine andere Beurteilung hätte ein seltsames Ergebnis: Würde man für ein erstes PKH-Verfahren Prozesskostenhilfe gewähren,
ergäbe sich die Frage, ob für dieses zweite PKH-Verfahren nicht auch wieder Prozesskostenhilfe zu gewähren ist. Dies kann
nicht richtig sein. Einen Antrag auf Prozesskostenhilfe kann der Betroffene selbst stellen und ggf. zuvor Beratung nach dem
Beratungshilfegesetz in Anspruch nehmen.
Eine Kostenentscheidung unterbleibt im Beschwerdeverfahren gemäß §
73a SGG in Verbindung mit §
127 Abs.
4 ZPO.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.