Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Gewährung von Übergangsfristen nach Unterbrechung des Leistungsbezugs
Gründe:
I. Streitig ist die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und eine Übernahme von Mietschulden zur Abwendung der
Räumung der Wohnung.
Der im Jahr 1949 geborene Antragsteller stand von März 2008 bis Oktober 2008 im Leistungsbezug bei der Antragsgegnerin. Er
bewohnt in A-Stadt eine Wohnung mit einer monatlichen Kaltmiete von 680,- Euro zuzüglich Neben- und Heizkosten von 115,- Euro.
Infolge der laufenden Erwerbstätigkeit wurden regelmäßig Leistungen von monatlich etwa 300,- Euro bewilligt. Mit Schreiben
vom 22.07.2008 wurde ihm mitgeteilt, das die Kosten der Unterkunft unangemessen seien und ab November 2008 nur mehr eine Kaltmiete
von 449,21 Euro übernommen werde. Infolge eines höheren Monatsverdienstes und der Reduzierung des anerkannten Bedarfs für
Unterkunft und Heizung wurden ab November 2008 keine Leistungen mehr gewährt. Lediglich im März 2009 war das Erwerbseinkommen
wesentlich geringer, so dass für diesen Monat trotz des reduzierten Unterkunftsbedarfs Leistungen bewilligt wurden.
Weil sein Arbeitsverhältnis zum 30.09.2009 gekündigt wurde, stellte der Antragsteller Anfang November 2009 einen erneuten
Leistungsantrag. Für die Zeit vom November 2009 bis April 2010 wurde Arbeitslosengeld II bewilligt, wobei der reduzierte Bedarf
für die Unterkunft zugrunde gelegt wurde. Ein Eilverfahren mit dem Ziel der vollen Übernahme der Kosten der Unterkunft blieb
beim Sozialgericht München und Landessozialgericht (Beschluss vom 29.06.2010, L 16 AS 460/10 B ER) ohne Erfolg.
Mit Bescheid vom 10.05.2010 wurde Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.05.2010 bis 31.10.2010 in Höhe von 393,80 Euro monatlich
bewilligt. Dabei wurden die reduzierten Kosten der Unterkunft und als Einkommen Arbeitslosengeld nach
SGB III berücksichtigt. Der Bescheid enthielt eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung. Mit Schreiben vom 28.07.2010 wurde Widerspruch
erhoben.
Am 13.08.2010 wurde beim Sozialgericht München ein weiteres Eilverfahren beantragt. Es solle die tatsächliche Kaltmiete und
ein Darlehen für die Mietrückstände zur Abwendung der Räumung der Wohnung gewährt werden. Im August 2010 kündigte die Gerichtsvollzieherin
eine Räumung der Wohnung zum 15.09.2010 an.
Mit Beschluss vom 26.08.2010 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Der Bewilligungsbescheid
vom 10.05.2010 sei wegen einer falschen Rechtsmittelbelehrung nicht bestandskräftig. Es bestehe kein Anordnungsanspruch, weil
die Aufwendungen für die Wohnung des Antragstellers nicht angemessen seien. Eine ausdrückliche Aufforderung, die Miete zu
senken sei bereits im Jahr 2008 erfolgt. Der Antragsteller habe deshalb seit diesem Zeitpunkt über die notwendigen Informationen
verfügt. Eine Übernahme der Mietschulden scheide schon deswegen aus, weil die Wohnung nicht angemessen sei und daher nicht
erhaltenswert.
Am 14.09.2010 hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München eingelegt. Angesichts der längeren
Unterbrechung des Leistungsbezugs dürfe nicht sofort eine Deckelung der Kosten der Unterkunft erfolgen. Es sei noch möglich,
die Wohnung zu halten. Der Antragsteller wisse, dass er eine neue Unterkunft finden müsse. Es gehe jedoch auch darum, die
Räumungsfrist um etwa einen Monat hinauszuzögern, damit keine Obdachlosigkeit eintrete.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 26.08.2010 aufzuheben und die Beschwerdegegnerin vorläufig zu verpflichten, höhere
Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu gewähren und die Mietschulden darlehensweise
zu übernehmen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf die Akte der Antragsgegnerin, die Akte des Sozialgerichts
und die Akten des Landessozialgerichts verwiesen.
II. Das Beschwerdegericht schließt sich gemäß §
142 Abs.
2 Satz 3
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) der überzeugenden Begründung des Sozialgerichts an und weist die zulässige Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen
Entscheidung zurück.
Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass der Antragsteller zwischen November 2008 und Oktober 2009 nicht etwa deswegen keine
Leistungen bezogen hatte, weil er ein höheres Einkommen erzielte als während des Leistungsbezugs. Er ist allein deswegen leistungslos
geblieben, weil bei unverändertem Einkommen der tatsächliche Unterkunftsbedarf zu Recht als unangemessen eingestuft wurde
und abgesenkt wurde. Dies zeigt auch die einzige Ausnahme in dieser Zeit: Im März 2009 hatte er Leistungen erhalten, weil
er in diesem Monat einen außergewöhnlich geringen Lohn erzielt hatte.
Bereits das Erwerbseinkommen war regelmäßig nicht hoch genug, um den tatsächlichen Bedarf für die Unterkunft abzudecken. Auch
bei unverändertem Erwerbseinkommen hätte er nicht mit dem Argument, er habe nun länger keine Leistungen bezogen, eine neue
Schonfrist verlangen können. Der Antragsteller war vielmehr fortlaufend gehalten, seine Unterkunftskosten zu senken. Bei diesem
Verlauf ist nicht erkennbar, weshalb eine Schonfrist von sechs Monaten erneut beginnen sollte, wenn das Einkommen durch den
Verlust des Arbeitsplatzes und den Wechsel zum Arbeitslosengeld nach
SGB III weiter absinkt. Überdies würde eine erneute Schonfrist in den vorherigen Bewilligungszeitraum fallen, nicht in den aktuellen
Bewilligungszeitraum vom Mai bis Oktober 2010.
Es kann offen bleiben, ob die Wohnung wie angekündigt bereits zum 15.09.2010 geräumt wurde, weil es nicht nach § 22 Abs. 5
SGB II gerechtfertigt wäre, eine Wohnung mit offenkundig unangemessener Miete durch Übernahme von Mietschulden zu erhalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.