Gründe:
I. Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, ob der Antragsteller von Arbeitslosengeld II ausgeschlossen
ist, weil er Eigentümer eines Wohnhauses mit 130 qm Wohnfläche ist.
Der 1950 geborene Antragsteller ist gelernter Elektroinstallateur. Nach der Meisterschule und der Fachoberschule studierte
er erfolgreich Elektrotechnik. Er ist seit 1995 arbeitslos. Der Antragsteller ist Eigentümer eines Einfamilienhauses mit 130
qm Wohnfläche und einem Grundstück von 900 qm. Bei seinem Erstantrag gab er als Verkehrswert des 1972 gebauten Hauses 129.000,-
Euro an. Auf dem Haus lasteten keine Schulden.
Der Antragsteller erhielt von 01.01.2005 bis 28.02.2007 Arbeitslosengeld II als Zuschuss.
Im Februar 2007 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass die Leistungen künftig nur noch darlehensweise erfolgen könnten.
Das Eigenheim vom 130 qm habe keine angemessene Wohnfläche, die Grenze liege laut Bundessozialgericht (BSG) bei 80 qm. Es
wurde ein Darlehen angeboten, wenn der Kläger bereit sei, dieses dinglich abzusichern. Der vom Antragsteller beauftragte Rechtsanwalt
widersprach dem - das BSG habe lediglich zu Eigentumswohnungen entschieden. Mit Bescheid vom 16.05.2007 wurden Leistungen
für die Folgezeit abgelehnt. Das Haus sei verwertbares Vermögen. Ein Darlehen mit dinglicher Sicherung sei abgelehnt worden.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2007 zurückgewiesen. In einem weiteren Schreiben wurde darauf hingewiesen,
dass nach dem BSG die Grenze bei einem Einfamilienhaus bei 90 qm liege. Im Rahmen der dagegen erhobenen Klage (S 16 AS 529/07) kam es am 09.01.2008 zu einem Vergleich, wonach der Antragsteller von 01.11.2007 bis Ende 2008 Leistungen in Form von Darlehen
erhielt. Hierfür wurde eine dingliche Sicherung an dem Grundstück bestellt.
Ende 2008 wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass er sich darum bemühen müsse, sein Haus zu verwerten. Ein Darlehen
komme nur für eine Übergangszeit in Betracht. Außerdem sei eine weitere dingliche Sicherung erforderlich. Mit Bescheid vom
13.03.2009 wurde die Gewährung von Leistungen ab 01.01.2009 abgelehnt, weil die weitere dingliche Sicherung nicht erfolgt
sei und Verkaufsbemühungen nicht nachgewiesen seien. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2009
zurückgewiesen. Dagegen wurde zum Sozialgericht Augsburg Klage erhoben (S 9 AS 656/09), die der anwaltlich vertretene Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vom 29.07.2009 für erledigt erklärte. Die auf
Fortführung dieses Verfahrens gerichtete Klage blieb wie die dazu eingelegte Berufung (L 16 AS 410/11) erfolglos.
Mit Bescheid vom 17.12.2009 bzw. Widerspruchsbescheid vom 18.04.2011 wurde der Leistungsantrag vom 19.11.2009 abgelehnt. Das
Haus sei verwertbares Vermögen. Dagegen wurde Klage erhoben (S 15 AS 509/11). Mit Bescheid vom 26.10.2010 wurde der Leistungsantrag vom 19.01.2010 abgelehnt. Das Haus sei zu groß und eine Verwertung
des Hauses werde nicht betrieben. Der Antragsteller erhob auch hiergegen Klage (S 15 AS 1521/10). Er erklärte in der mündlichen Verhandlung vom 21.07.2011 am Sozialgericht Augsburg beide Klagen für erledigt. Nach späteren
Mitteilungen wurde dort wohl vereinbart, dass der Antragsteller weitere Nachweise vorlegt, ein Wertgutachten zu dem Haus geholt
und dann erneut über Leistungen ab Januar 2009 entschieden wird.
Der Antragsteller wandte sich Ende 2010 wegen des nach seiner Ansicht zu späten Leistungsbeginns gegen den Vergleich vom 09.01.2008.
Klage (S 16 AS 1570/10) und Berufung (L 7 AS 992/11) blieben erfolglos. Im Berufungsverfahren brachte der Antragsteller vor, dass der Vergleich in dieser Form nie hätte zustande
kommen dürfen. Nach § 12 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) könne nur der Verkauf oder die Vermietung von abtrennbaren
Gebäudeteilen verlangt worden. Dies ergebe sich aus einer Entscheidung des BSG (Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 2/05 R). Er wohne nun in einem kalten Haus bei 5 bis 8 Grad Celsius im Winter und lebe von Maiskolben. Sein Gewicht betrage nur
noch 53 kg bei 176 cm Größe. Eine notwendige Zahnbehandlung sei nicht möglich.
Entsprechend der Vereinbarung, die den Klagerücknahmen vom 21.07.2011 wohl vorausging, forderte der Antragsgegner mit Schreiben
vom 14.10.2011 unter anderem folgende Unterlagen vom Antragsteller: Kontoauszüge ab 01.01.2009 für alle Konten und Sparbücher,
Finanzübersichten aller kontoführenden Banken, Nachweise über sämtliche Versicherungen (Lebens-, Haftpflicht-, Gebäudeversicherungen,
Kfz-Haftpflicht), Kraftfahrzeugsteuer, Renteninformation, Versicherungskonto bei der Krankenkasse, Nachweise zum Erwerb und
den laufenden Kosten des Eigenheims sowie eine eidesstattliche Versicherung über das Bestreiten des Lebensunterhalts seit
01.01.2009. Es wurde eine Frist gesetzt und auf eine mögliche Versagung nach §
66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) hingewiesen. Mit einem weiteren Schreiben vom 02.11.2011 wurden bis auf wenige Ausnahmen die vorgenannten Nachweise unter
erneuter Fristsetzung und Hinweis auf eine Versagung nochmals angefordert.
Der Antragsteller legte daraufhin verschiedene Unterlagen vor: Die Rundfunkgeräte wurden im Frühjahr 2011 bei der GEZ abgemeldet;
es besteht ein Gebührenrückstand. Bei der örtlichen Gemeinde besteht ein Zahlungsrückstand wegen Kanalgebühren, Grundsteuer
und Mühlabfuhr. Der Antragsteller ist freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert; diese Versicherung ruht
seit Frühjahr 2009 wegen Beitragsrückständen, die bis Herbst 2011 auf mehr als 8.100,- Euro angewachsen sind. Nach der Rentenauskunft
von Anfang 2010 beginnt die Regelaltersrente zum 01.02.2016 mit etwa 600,- Euro Monatsrente. Der Antragsteller bezahlt eine
Kfz-Haftpflicht für einen Pkw.
Der Antragsteller erhält ab Sommer 2011 für ein Jahr von einer privaten Stiftung monatlich 150,- Euro. Von diesen Zahlungen
überwies der Antragsteller einen Großteil auf sein Online-Sparkonto, das Ende 2010 einen Stand von 2.270,- Euro aufwies, bis
September 2011 auf 1.596,- Euro zurückging und im Oktober 2011 wieder auf 2.131,- Euro anstieg.
Der Antragsgegner veranlasste einen Kontenabruf beim Bundeszentralamt für Steuern nach §§
93,
93b Abgabenordnung. Das Bundeszentralamt teilte Ende November 2011 zehn Konten (davon fünf aufgelöste Konten) bei sechs verschiedenen Banken
mit.
Am 27.12.2011 stellte der Antragsteller beim Sozialgericht Augsburg einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Er habe im
November die erforderlichen Unterlagen vorgelegt. Sein Wohnzimmer sei kalt (5 bis 8°C) und er lebe von Mais und Haferflocken.
Die Schulden bei der Gemeinde könne er nicht bezahlen, weil er sonst für Strom kein Geld mehr habe, den er unbedingt benötige.
Der Antragsteller übermittelte eine eigene Aufstellung zu den Geldbewegungen auf seinem Girokonto und Sparkonto. Danach überwies
er am 04.11.2011 einen Betrag von 155,- Euro auf sein Online-Sparkonto, das daraufhin 2.286,- Euro Guthaben auswies.
Mit Bescheid vom 17.01.2012 (Seite 37 Akte des Sozialgerichts) lehnte der Antragsgegner Leistungen ab 01.01.2009 ab. In der
Gerichtsverhandlung vom 21.07.2011 sei vereinbart worden, den Leistungsanspruch ab 01.01.2009 rückwirkend zu überprüfen. Durch
ein Kontenabrufverfahren seien bislang nicht angegebene Konten offen gelegt worden. Die vom Antragsgegner schriftlich angeforderten
Unterlagen seien nicht vollständig vorgelegt worden. Die Entscheidung beruhe auf §§
60 und
66 SGB I. Es bestünden erhebliche Zweifel daran, dass Hilfebedürftigkeit vorliege. Dagegen legte der Antragsteller am 29.01.2012 Widerspruch
ein, über den noch nicht entschieden ist.
Mit Beschluss vom 23.01.2012 wies das Sozialgericht Augsburg den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Ein Anordnungsgrund
sei nicht glaubhaft, weil der Antragsteller weder in diesem Eilverfahren auch in anderen Verfahren am Sozialgericht Augsburg
schlüssig dargelegt habe, mit welchen Mitteln er seinen Lebensunterhalt seit 01.01.2009 gesichert habe und inwiefern diese
Mittel mittlerweile aufgebraucht seien. Die vom Antragsteller vorgetragene existenzielle Notlage stelle somit eine reine Behauptung
dar. Auch ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft. Es würden jegliche Nachweise zu den in Kontoabrufverfahren ermittelten
Konten fehlen. Zweifel bezüglich der Hilfebedürftigkeit gingen zulasten des Antragstellers.
Der Antragsteller hat am 26.01.2012 Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München eingelegt. Er habe im Jahr 2008,
während er Arbeitslosengeld II bekommen habe, extrem sparsam gelebt, so dass er in dieser Zeit das Guthaben auf dem Sparkonto
habe erhöhen können. Der Antragsteller hat Tabellen vorgelegt, wonach er in den Jahren 2009, 2010 und 2011 zwischen 6,- Euro
und 65,- Euro monatlich für Lebensmittel ausgegeben habe. Er könne alle Belege der letzten Jahre vorlegen. Die Krankenkasse
lehne eine dringend notwendige Zahnbehandlung wegen Beitragsrückständen ab. Die Gemeinde drohe mit Zwangsvollstreckung. Ein
Darlehen sei von der Bank abgelehnt worden. Wenn sein Geld zu Ende gehe, sei er zum Selbstmord gezwungen. Es seien bereits
einige Heizkörper im Haus eingefroren. Bei den fehlenden Konten handle es sich um Sparbücher, die längst aufgelöst seien oder
nur geringe Guthaben hätten. Eine vorgezogene Altersrente ab 01.10.2013 (Rente 545,82 Euro abzüglich 165,64 Euro Krankenkasse)
komme nicht in Betracht, da die Rente auch ohne Abschläge (ab 01.02.2016, Rente 595,87 Euro abzüglich 165,64 Euro für Krankenkasse)
schon gering sei. Deshalb sei auch das eigene Haus unverzichtbar.
Aufgrund einer Einverständniserklärung hat das Beschwerdegericht bei den kontoführenden Banken Informationen zu den Konten
des Antragstellers eingeholt. Danach handelt es sich bei den bislang unbekannten Konten um Sparbücher mit geringen Einlagen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 23.01.2012 aufzuheben und den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ihm Arbeitslosengeld
II zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akten des Antragsgegners, die Akte des Sozialgerichts und die Akte
des Beschwerdegerichts verwiesen.
II. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG). Die Beschwere ist aber unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgewiesen.
Der Antragsteller ist nicht hilfebedürftig gemäß § 9 Abs. 1 SGB II.
Das Beschwerdegericht sieht in dem Bescheid vom 17.01.2012 einen Versagungsbescheid gemäß §
66 SGB I. Die Formulierung des Tenors ist zwar zweideutig ("dem Antrag kann nicht entsprochen werden"), jedoch wird in den Gründen
§
66 SGB I ausdrücklich als Grundlage der Entscheidung genannt. Eine Versagung nach §
66 SGB I fällt nicht unter §
39 SGB II, so dass ein Widerspruch automatisch aufgrund §
86a Abs.
1 Satz 1
SGG aufschiebende Wirkung hat (vgl. BayLSG, Beschluss vom 12.11.2009, L 7 AS 661/09 B ER). Weil der Versagungsbescheid somit vorläufig keine Wirkung entfalten kann, ist der Anspruch auf Leistungen zu prüfen.
Für die begehrte Begründung einer Rechtsposition im einstweiligen Rechtsschutz ist ein Antrag auf eine Regelungsanordnung
nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG statthaft. Der Antrag muss zulässig sein und die Anordnung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Es
muss glaubhaft sein, dass ein materielles Recht besteht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird (Anordnungsanspruch)
und dass eine vorläufige Regelung notwendig ist, weil ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar
ist (Anordnungsgrund).
Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz (
GG) stellt besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
- also bei Ablehnung des Eilantrags nach dem Maßstab des §
86b SGG - schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren
nicht mehr beseitigt werden können (Beschluss des BVerfG vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05). Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach-
und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen. Dies gilt insbesondere, wenn eine endgültige Verhinderung
der Verwirklichung von Grundrechten eines Beteiligten droht. Dabei sind die Anforderungen an die Glaubhaftmachung nicht zu
überspannen und Fragen des Grundrechtsschutzes einzubeziehen.
Ist eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, ist aufgrund einer Folgenabwägung
zu entscheiden. Auch dabei sind die grundrechtlichen Belange des Betroffenen umfassend in die Abwägung einzubeziehen. Kriterien
der Interessensabwägung sind zum Beispiel die Schwere und die Eintrittswahrscheinlichkeit der drohenden Verletzung von (Grund-)
Rechten, ein Mindestmaß an Erfolgsaussichten in der Hauptsache, die Verletzung von Mitwirkungspflichten (vgl. dazu BVerfG,
Beschluss vom 01.02.2010, 1 BvR 20/10) und die hypothetischen Folgen bei einer Ablehnung bzw. Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz.
Der Maßstab des Bundesverfassungsgerichts ist hier anzuwenden, weil es um eine vollständige Ablehnung existenzsichernder Leistungen
geht, die nicht durch Schonvermögen oder Hilfe Dritter aufgefangen wird. Das Beschwerdegericht hält es für denkbar, dass der
Antragsteller sich extrem eingeschränkt hat und in der Zeit ab 01.01.2009 nur minimale Ausgaben für den Lebensunterhalt getätigt
hat. Er war nicht in der Lage, seine Krankenversicherung und Rundfunkgebühren zu bezahlen und er sieht sich offenen Forderungen
seiner Gemeinde für sein Haus gegenüber. In diese Lage begibt sich niemand, der ausreichende Geldmittel zur Hand hat. Diese
extreme Einschränkung hat es wohl auch möglich gemacht, dass der Antragsteller sogar von den 150,- Euro aus den Stiftungsmitteln
Geld angespart hat. Auf den zuvor unbekannten Konten befinden sich keine Beträge, die die Hilfebedürftigkeit in Frage stellen
würden.
Die Sach- und Rechtslage kann hier abschließend geprüft werden. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung
für Arbeitssuchende nach SGB II. Er ist nicht hilfebedürftig im Sinn von § 9 Abs. 1 SGB II, weil er Eigentümer eines Hauses
ist, das kein Schonvermögen, sondern verwertbares Vermögen ist.
Der alleinstehende Antragsteller ist Eigentümer eines Hauses von 130 qm Wohnfläche. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist
als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteile vom 15.04.2008, B 14 AS 34/06 R und 02.07.2009, B 14 AS 33/08 R) ist für eine oder zwei Personen eine Wohnfläche von 90 qm angemessen. Das Haus des Antragstellers ist also viel zu groß
und damit kein Schonvermögen nach dieser Vorschrift.
Das Haus ist auch kein Schonvermögen nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II, weil dessen Veräußerung keine besondere Härte wäre.
Selbstverständlich ist die Verwertung des Eigenheims für einen Eigenheimbewohner regelmäßig belastend. Ob eine besondere Härte
vorliegt, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls. Maßgebend sind dabei nur außergewöhnliche Umstände,
die nicht durch die ausdrückliche gesetzliche Freistellungen über das Schonvermögen nach § 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II und die
Absetzungsbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden. Eine besondere Härte besteht daher nur, wenn außergewöhnliche Umstände
vorliegen, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit
der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (BSG, Urteil vom 16.05.2007, B 11b AS 37/06 R, Rn. 31 und Urteil vom 06.05.2010, B 14 AS 2/09 R, Rn. 25).
Hier ist es so, dass das Haus für den alleinstehenden Antragsteller viel zu groß ist. Als angemessene Wohnfläche wird im Rahmen
der Leistungen für die Unterkunft nach § 22 SGB II von einer angemessenen Fläche von 50 qm ausgegangen. Der Antragsteller
ist auch nicht nur kurzfristig auf Hilfeleistungen angewiesen. Er ist seit 1995 ohne Arbeit. Seit 01.01.2005 bezieht er Arbeitslosengeld
II. Dabei hätte er eigentlich nur im Jahr 2005 ein Darlehen erwarten können, um die Zeit bis zum Verkauf seines Hauses zu
überbrücken (jetzt geregelt in § 24 Abs. 5 SGB II). Er beabsichtigt auch, noch einige Jahre Arbeitslosengeld II zu beziehen,
weil er eine vorzeitige Altersrente vehement ablehnt. Dabei wird er auch beim Bezug der Regelaltersrente von netto 430,- Euro
nicht in der Lage sein, sein Existenzminimum (Regelbedarf von derzeit 374,- Euro zuzüglich Kosten der Unterkunft) zu sichern.
Jede Heizölbestellung und jede Reparatur am Haus wird ihn überfordern.
Das Haus ist auch verwertbar im Sinn von § 12 Abs. 1 SGB II, weil es bis auf die geringe Grundschuld zugunsten des Antragsgegners
dinglich nicht belastet ist. Dass der Antragsteller von der Bank trotz seines Hauses kein Darlehen erhält, ist offenkundig:
Es fehlt ihm die Kapitaldienstfähigkeit. Bei einer Veräußerung würde dem Antragsteller aber ein Verkaufserlös zufließen, der
weit über seinem Grundfreibetrag (150,- Euro je vollendetes Lebensjahr) läge. Das Einfamilienhaus liegt in der Nähe der Kreisstadt
C-Stadt und es ist nicht weit entfernt von Dillingen an der Donau. Dass für dieses Haus bei ernsthaften Verkaufsbemühungen
binnen sechs bis zwölf Monaten kein Käufer gefunden werden könnte ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der vom Antragsteller
behauptete Reparaturbedarf fließt in den Verkehrswert ein, der nach § 12 Abs. 4 SGB II maßgeblich ist.
Das Gericht verkennt nicht, dass dies für den Antragsteller eine schwer nachzuvollziehende Entscheidung sein kann. Er hat
seit Jahren große Opfer auf sich genommen, um sein Haus irgendwie zu behalten. Es ist daher auf den Zweck der Schonung des
Eigenheims hinzuweisen: Es geht nicht um die Schonung von erworbenem Vermögen, sondern um die Sicherung des Grundbedürfnisses
Wohnen. Damit geht es nicht um den dauerhaften Erhalt eines Eigenheims, weil es ein Eigenheim ist, sondern um die Sicherung
von angemessenem Wohnen. In diesem Zusammenhang ist die Entscheidung des Gesetzgebers zu respektieren, die Angemessenheit
des Eigenheims in § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II nur an die angemessene Größe, sprich Wohnfläche, zu knüpfen. Wenn der Antragsteller
trotzdem "auf Biegen und Brechen" in seinem Haus bleiben will, muss er versuchen, sein Existenzminimum auf andere Weise zu
sichern, z.B. durch eine geringfügige Beschäftigung (er ist auch gelernter Elektriker), durch Vermietung eines Teils seines
Hauses oder weitere Leistungen der privaten Stiftung.
Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass das Ruhen der freiwilligen Krankenversicherung nach §
16 Abs.
3 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) nicht gilt für Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§
25 und
26 SGB V und für Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderlich sind. Wenn die Krankenkasse derartige
Leistungen verweigern sollte, kann er gegen die Krankenkasse vorgehen.
Ob der Antragsteller vom Antragsgegner gegen eine dingliche Sicherung ein Darlehen nach § 9 Abs. 4, § 24 Abs. 5 SGB II erhalten
kann, lässt das Beschwerdegericht offen. Zum einen wurde dies vom Antragsteller nicht begehrt, zum anderen verfügt er auf
seinen Konten noch über Beträge von zusammen deutlich über 2.000,- Euro. Bei der vom Antragsteller vorgetragenen extrem sparsamen
Lebensführung kann er damit die Zeit überbrücken, bis er das Haus bei ernsthaften Verkaufsbemühungen verkauft hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.