Übernahme von Bewerbungskosten aus einem Vermittlungsbudget
Berufliche Eingliederung
Eingliederungsvereinbarung
Kosten für Tagespresse
Tatbestand
Streitig ist die Übernahme von Bewerbungskosten aus dem Vermittlungsbudget.
Die Beteiligten schlossen am 02.02.2010 und am 07.02.2011 jeweils eine Eingliederungsvereinbarung mit dem Ziel der Aufnahme
einer Tätigkeit durch die Klägerin als Rezeptionistin im Umkreis von 50 km um A-Stadt. Die Eingliederungsaussichten der Klägerin
könnten durch Leistung aus dem Vermittlungsbudget unterstützt werden, zB durch Übernahme von Bewerbungskosten und Reisekosten
zu Vorstellungsgesprächen nach individuellem Bedarf. Die Klägerin verpflichtete sich, sich auf geeignete Stellen auch im Wege
der sogenannten "Initiativbewerbung" zu bewerben. Zum nächsten Termin sollten die vollständigen Bewerbungsunterlagen mitgebracht
werden.
Die Klägerin beantragte bei der Beklagten die Übernahme von Bewerbungskosten für der Zeit vom 02.02.2010 bis 01.02.2011 iHv
80,65 EUR, insbesondere im Hinblick auf Fahrtkosten zum Berufsbildungszentrum sowie Aufwendungen für Passbilder, Telefon-,
Foto-, Porto- und Kopierkosten. Sie legte dabei eine Auflistung von zehn Firmen vor, bei denen sie sich in diesem Zeitraum
beworben haben will. Weiter beantragte sie die Übernahme von Bewerbungskosten für die Zeit vom 02.02.2011 bis 31.12.2011 iHv
57,40 EUR für die gleichen Arten von Aufwendungen und legte hierbei eine Aufstellung von vier Firmen vor, bei denen sie sich
zwischen dem 02.02.2011 und 18.12.2011 beworben haben will. Ergänzend teilte sie mit, sie habe das Sammeln von Einzelbelegen
vernachlässigt, könne aber noch folgende Belege vorlegen: - 9 Belege Tagespresse: 13,10 EUR - 5 Belege Fahrtkosten zum Berufsinformationszentrum:
44 EUR - Passfoto: 10,75 EUR - Prepaid-Karten: 30 EUR - Porto: 26,50 EUR - Kopien: 8,00 EUR und 3,75 EUR Fahrtkosten seien
wegen Einladungen zum 14.01.2010, 02.02.2010, 19.04.2010, 03.08.2010, 05.10.2010, 07.02.2011 und 09.08.2011 (7 x 22 km x 0,40
EUR = 61,60 EUR) entstanden. Sie habe zwar mit mehreren Arbeitgebern telefoniert, sei aber niemals dazu aufgefordert worden,
eine Bewerbungsmappe zu übersenden. Weitere detailliertere Angaben zu den Bewerbungskosten seien ihr kaum zumutbar.
Nach einem Vermerk der Beklagten seien der Klägerin die Fahrtkosten wegen der Einladungen bezüglich aller Termine in Höhe
von insgesamt 44,00 EUR (22 km x 2 x 5 x 0,20 EUR) erstattet worden. Nur für den Termin am 14.01.2010 - diesbezüglich sei
eine Einladung nicht feststellbar - und für den Termin am 02.02.2010 - hierfür seien schon Leistungen ausbezahlt worden -
könnten keine weiteren Kosten erstattet werden.
Mit Bescheid vom 31.01.2012 lehnte die Beklagte die Erstattung der Aufwendungen ab. Es fehle an einem Nachweis über erfolgte
Bewerbungen. Die Klägerin habe selbst eingeräumt, keine Bewerbungsunterlagen versandt zu haben. Es komme nur eine Kostenerstattung
für tatsächlich nachgewiesene Bewerbungen in Betracht. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Es seien ihr für das Erstellen
einer Bewerbungsmappe Vorkosten entstanden. Niemand habe ihre Bewerbungsunterlagen haben wollen. Es könnten keine Bewerbungsmappen
versandt werden, wenn diese nicht nachgefragt bzw erwünscht würden. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid
vom 08.03.2012 zurück. Die Förderung aus dem Vermittlungsbudget stehe im Ermessen. Bewerbungskosten würden nur für tatsächliche
Bewerbungen erstattet und auch nur soweit sie entstanden seien. Die Klägerin habe keine Nachweise in Form von Kopien der Bewerbungsschreiben,
Eingangsbestätigungen oder Absagen, etc vorgelegt. Fahrtkosten zum Berufsinformationszentrum könnten nicht erstattet werden,
da die Klägerin hierzu nicht ausdrücklich aufgefordert worden sei. Es sei nicht ersichtlich, warum sie diese Besuche nicht
an Tagen habe unternehmen können, an welchen sie - unter Übernahme von Reisekosten - Termine bei ihrem Arbeitsvermittler wahrgenommen
habe. Im Übrigen sei bezüglich der Vorsprachen beim Berufsinformationszentrum auch auf die Eigenleistungsfähigkeit zu verweisen.
Dagegen hat die Klägerin beim Sozialgericht Würzburg Klage erhoben, die mit Beschluss vom 20.03.2013 an das Sozialgericht
Nürnberg (SG) verwiesen worden ist. Sie habe vergeblich telefonisch versucht, einen Arbeitgeber zu finden. Bei ihrer Arbeitssuche seien
Kosten iHv 197,85 EUR angefallen. Da die Beklagte nunmehr 44 EUR ersetzt habe, stünden noch 153,85 EUR aus. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23.06.2014 abgewiesen. Die Erstattung der Bewerbungskosten stehe im Ermessen der Beklagten.
Ermessensfehler seien nicht ersichtlich, da nur tatsächlich entstandene Kosten zu übernehmen seien und nicht etwa auch fiktiv
geltend gemachte Portokosten für tatsächlich nicht versandte Bewerbungen. Gleiches gelte für die vorsorglich gefertigten Bewerbungsmappen.
Es wäre ausreichend gewesen, eine derartige Mappe erst auf eine entsprechende Anforderung eines Arbeitgebers hin zu erstellen
und sodann gezielt zu versenden. Von einer Übersendung der Bewerbungsmappe ohne vorhergehendes Telefonat mit dem Arbeitgeber
habe die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Eine Notwendigkeit, Bewerbungsmappen in ihrer Situation vorzuhalten, sei nicht
gegeben. Fahrtkosten zum Bildungs- und Informationszentrum seien ebenfalls nicht zu übernehmen, da das Informationszentrum
auch an Tagen hätte aufgesucht werden können, an denen die Klägerin einen Termin bei ihrem Arbeitsvermittler gehabt habe.
Dagegen hat Klägerin die vom Bayerischen Landessozialgericht (LSG) zugelassene Berufung eingelegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23.06.2014 sowie den Bescheid vom 31.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 08.03.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 153,85 EUR für Bewerbungskosten im Zeitraum vom 02.02.2010
bis 31.12.2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und im Urteil des SG verwiesen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin (§
145 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-) ist zum Teil begründet. Das Urteil des SG ist ebenso wie der Bescheid vom 31.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2012 teilweise aufzuheben.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung von Bewerbungskosten im Umfang von 18,09 EUR zu. Im Übrigen ist die Berufung
zurückzuweisen.
Nach § 45 Abs 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch idF des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente
vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) können ua Arbeitslose aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder
Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden. Sie sollen insbesondere bei der Erreichung in der
Eingliederungsvereinbarung festgelegten Eingliederungsziele unterstützt werden; die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen
Kosten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird (§
45 Abs.
1 Satz 2 u. 3
SGB III).
Danach hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung von Bewerbungskosten iHv 18,09 EUR. Im Rahmen der Eingliederungsvereinbarungen
vom 02.02.2011 und 07.02.2011 haben die Beteiligten vereinbart, die Klägerin bewerbe sich auf Stellen aus dem Internet und
der Tagespresse ebenso wie eigeninitiativ bei potentiellen Arbeitgebern. Eigenbemühungen seien dabei in persönlicher, telefonischer
oder schriftlicher Form möglich und die vollständigen Bewerbungsunterlagen zum nächsten Termin bei dem Arbeitsvermittler mitzubringen.
Die Beklagte verpflichtete sich zur Unterstützung der Eingliederungsaussichten, Leistungen aus dem Vermittlungsbudget zu erbringen,
wobei sich die Förderungen nach dem individuellen Bedarf (Bewerbungskosten, Reisekosten zu Vorstellungsgesprächen) richten
sollten. Demnach war die in Aussicht gestellte Förderung nicht von vornherein darauf beschränkt, der Klägerin lediglich eine
Pauschale für eine tatsächlich verschickte Bewerbungsmappe zu erstatten, sondern es sollte der individuelle Bedarf berücksichtigt
werden. Demnach war eine Leistungsgewährung nicht auf Pauschalen beschränkt.
Allerdings können nicht alle von der Klägerin geltend gemachten Positionen Berücksichtigung finden. So sind die Kosten für
die Tagespresse, die die Klägerin mit 13,10 EUR geltend gemacht hat, nicht zu übernehmen, da insofern kein Zusammenhang mit
der beruflichen Eingliederung besteht und es sich nur um die einer Bewerbung vorausgehende, die Bewerbung vorbereitende Kosten
geht (vgl dazu auch Urmersbach in Eicher/Schlegel,
SGB III, Stand 02/2013, §
44 Rn 68). Ebenso wenig können die Kosten für die fünf Fahrten zum Berufsinformationszentrum übernommen werden, die die Klägerin
mit 44 EUR angesetzt hat. Es handelt sich um nicht angemessene Kosten. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass nicht
ersichtlich ist, weshalb die Besuche des Berufsinformationszentrums nicht mit dem allgemeinen Vorsprachetermin bei dem Arbeitsvermittler
verbunden worden sind, bei denen in Bezug auf die Fahrtkosten eine Erstattung erfolgt ist. Trotz ausdrücklicher Anfrage des
Senats hat die Klägerin nicht konkret dargetan, weshalb ihr dies nicht möglich gewesen sein soll. Die geltend gemachten Portokosten
in Höhe von 26,50 EUR sind nicht anzusetzen, denn die Klägerin hat selbst vorgetragen, Bewerbungsunterlagen nicht an potentielle
Arbeitgeber verschickt zu haben, da diese nach telefonischer Anfrage darauf verzichtet hätten. Die Kosten für Fotokopien sind
nicht zu übernehmen, denn die vorgelegten Quittungen über insgesamt 8 EUR und 3,75 EUR sind nicht nachweislich mit Bewerbungen
der Klägerin in Verbindung zu bringen. So datiert eine Quittung über 8 EUR auf den 01.02.2010, mithin einen Zeitpunkt vor
dem Abschluss der Eingliederungsvereinbarung am 02.02.2010. Die Quittung über 3,75 EUR vom 17.01.2011 ist zur Überzeugung
des Senats ebenfalls nicht geeignet, angefallene Kosten für erforderliche Kopien nachzuweisen, denn die Klägerin will keine
Bewerbungsmappen verschickt haben und im Übrigen muss - wenn sie tatsächlich eine Bewerbungsmappe bereits vorsorglich zusammengestellt
haben sollte - diese zum 17.01.2011 im Hinblick auf den Abschluss der ersten Eingliederungsvereinbarung bereits zum 02.02.2010
bereits vorgelegen haben. Trotz entsprechenden Hinweises durch den Senat wurde ein konkreter Zusammenhang mit einer Bewerbung
oder dem Erstellen einer Bewerbungsmappe nicht dargetan. Von den geltend gemachten Fahrtkosten zu den Einladungen durch die
Arbeitsvermittlung zum 14.01.2010, 02.02.2010, 19.04.2010, 03.08.2010, 05.10.2010 sowie vom 07.02.2011 und 09.08.2011 wurden
der Klägerin Kosten im Umfang von 44 EUR bereits erstattet, die sie auch nicht mehr geltend gemacht hat. Im Hinblick auf die
Termine 14.01.2010 und 02.02.2010 hat die Beklagte vermerkt, dass zum 14.01.2010 keine Einladung vorgelegen habe und die Kosten
für die Einladung zum 02.02.2010 bereits zuvor erstattet worden seien. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Klägerin noch
weitere Fahrtkosten für Vorsprachen bei der Arbeitsvermittlung entstanden sein könnten, die nicht erstattet worden sind. Hierauf
wurde die Klägerin auch vom Senat hingewiesen und ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Hierzu hat die Klägerin aber
nichts weiteres vorgetragen, so dass es aus Sicht des Senats keine Anhaltspunkte gibt, an dem Vermerk der Beklagten zu zweifeln.
Zu erstatten sind jedoch die Kosten für die Anfertigung der Passfotos iHv 10,95 EUR. Insofern hat die Klägerin eine Quittung
vom 08.02.2010 für "Passfotos für Bewerbung" vorgelegt. Der Zeitpunkt der Anfertigung der Passbilder steht in unmittelbarem
Zusammenhang mit der Eingliederungsvereinbarung vom 02.02.2010. Passbilder sind für eine ordnungsgemäße, schriftliche Bewerbung
notwendig. Die Beklagte kann die Klägerin dabei auch nicht darauf verweisen, diese nur im Bedarfsfalle anzufertigen, wenn
tatsächlich eine Bewerbung abgeschickt wird, da sie selbst in der Eingliederungsvereinbarung von der Klägerin gefordert hat,
zum nächsten Termin die vollständigen Bewerbungsunterlagen mitzubringen. Hierzu gehört auch ein Passbild. Weiter waren von
den geltend gemachten Kosten für Telefonate mit potentiellen Arbeitgebern Kosten im Umfang von 7,14 EUR zu berücksichtigen.
Weitergehende Kosten in Höhe von 30 EUR, die die Klägerin im Hinblick auf die Aufladung ihres Mobilfunkguthabens geltend macht,
können nicht zum Ansatz gebracht werden. Eine Notwendigkeit, die Gespräche mit potentiellen Arbeitgebern per Handy führen
zu müssen, ist nicht erkennbar. Hierauf wurde die Klägerin auch vom Senat hingewiesen. Weitere Umstände, die eine entsprechende
Notwendigkeit hätten erkennen lassen können, hat sie nicht vorgebracht. Die Kosten von 7,14 EUR hat der Senat geschätzt (entsprechend
§
202 SGG i.V.m. §
287 Abs
2 Zivilprozessordnung -
ZPO-) und dabei die Aufzeichnungen der Klägerin über Bewerbungen bei 14 Arbeitgebern zugrunde gelegt. Unter Berücksichtigung
eines durchschnittlichen Telefonats von zehn Minuten und eines Minutenpreises eines Gesprächs im Festnetz der Telekom von
5,1 Cent pro Minute (vgl. http://www.sueddeutsche.de/geld/telekomtarife-kosmetik-statt-billigerer-preise-1.190834) ergibt
sich ein Preis für ein Gespräch von 0,51 EUR (10 Minuten x 5,1 Cent pro Minute). Im Hinblick auf die Angabe der Klägerin,
die Arbeitgeber hätten ihr bald zu erkennen gegeben, dass sie ihre schriftliche Bewerbung gar nicht erst einreichen müsse,
kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Telefonate durchschnittlich länger gedauert hätten. Bei 14 Arbeitgebern folgt
daraus ein Betrag von 7,14 EUR. Telefonkosten sind auch nicht grundsätzlich von einer Förderung aus dem Vermittlungsbudget
ausgeschlossen (vgl dazu Urmersbach in Eicher/Schlegel,
SGB III, Stand 02/2013, §
44 Rn 69). In den Eingliederungsvereinbarungen war nicht festgehalten, dass die Eigenbemühungen nur schriftlich hätten erfolgen
können.
Im Hinblick auf die Erstattung von Kosten iHv 18,09 EUR war das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert. Dies ergibt sich
daraus, dass eine Unterstützung insbesondere bei den in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Eingliederungszielen erfolgen
sollte und Gründe für eine Abweichung von diesem Regelfall vorliegend nicht erkennbar sind, vielmehr die Übernahme entsprechender
Kosten in der Eingliederungsvereinbarung nach individuellen Bedarf vorgesehen war. Dass die potentiellen Arbeitgeber gleichartige
Leistungen voraussichtlich erbracht hätten, ist nicht der Fall.
Damit war die Berufung im Umfang der zu erstattenden Kosten von 18,09 EUR erfolgreich. Im Übrigen war sie zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs
2 Nr
1 und
2 SGG liegen nicht vor.