Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren; Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussichten
Gründe:
I. Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG). Dort wendet sie sich gegen eine Rückforderung von Arbeitslosengeld (Alg) sowie die damit in Zusammenhang stehende Erstattung
von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Die Klägerin bezog seit 01.11.2006 Alg, wobei sie in den Zeiträumen vom 01.12.2006 bis 06.12.2006, vom 27.03.2007 bis 05.04.2007
und vom 16.04.2007 bis 20.04.2007 bei der Stadt A-Stadt (St. Z.) aushilfsweise als Reinigungskraft sozialversicherungspflichtig
mit einer Wochenarbeitszeit von mehr als 15 Stunden beschäftigt war. Nachdem die Klägerin diese Beschäftigungszeiten nicht
jeweils vor Antritt der Tätigkeiten gemeldet hatte, erläuterte die Beklagten der Klägerin im Rahmen zweier Telefonate am 26.04.2007
und 07.05.2007 nochmals die Notwendigkeit die Beschäftigungsaufnahme jeweils vorab mitzuteilen und sich nach dem Ende der
Tätigkeit wieder persönlich arbeitslos zu melden.
In der Zeit vom 11.07.2007 bis 13.07.2007 war die Klägerin erneut bei der St. Z. versicherungspflichtig beschäftigt. Hierauf
hob die Beklagte mit Bescheid vom 28.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2009 die Alg- Bewilligung
für den Zeitraum vom 11.07.2007 bis 20.08.12007 auf und forderte überzahlte Leistungen in Höhe von 1.087,60 EUR zurück. Zudem
seien die Beiträge zur Kranken- (236,34 EUR) und Pflegeversicherung (26,09 EUR) für den Zeitraum 14.07.2007 bis 20.08.2007
zu erstatten. Die Klägerin habe die Aufnahme der mehr als geringfügigen Beschäftigung nicht angezeigt. Für die Zeit des Beschäftigungsverhältnisses
bestehe mangels Arbeitslosigkeit kein Leistungsanspruch, und für die Folgezeit (ab dem 14.07.2007 bis zur erneuten Meldung
am 21.08.2007) sei die Anspruchsvoraussetzung der persönlichen Arbeitslosmeldung wegen der nicht angezeigten Beschäftigungsaufnahme
weggefallen gewesen. Die Rückforderung der überzahlten Leistungen rechtfertige sich aus dem Umstand, dass die Klägerin ihre
Mitteilungspflichten grob fahrlässig verletzt habe.
Die Klägerin hat gegen den Widerspruchsbescheid vom 27.01.2009 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben und die Bewilligung
von PKH beantragt. Ein Beschäftigungsverhältnis habe nur vom 11.07.2007 bis 13.07.2007 bestanden. Nach dessen Ende habe sie
die Beklagte informiert und sich am 13.07.2007 telefonisch wieder arbeitsuchend gemeldet. Dies könne ihr Ehemann bezeugen,
der bei dem Telefonat anwesend gewesen sei.
Mit Beschluss vom 12.10.2009 hat das SG den Antrag auf Bewilligung der PKH mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt. Unabhängig davon, dass sich nach Lage
der Akten das von der Klägerin behauptete Telefonat nicht belegen lasse, könne das Vorbringen als wahr unterstellt, zu keiner
anderen Betrachtungsweise führen, denn die nachträgliche Meldung des Beschäftigungsverhältnisses sei nicht mehr als unverzüglich
§
122 Abs
2 Nr.2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) anzusehen, so dass die Wirkung der Arbeitslosmeldung für die Zeit ab dem 14.07.2007 weggefallen sei. Vorhergehend (11.07.2007
bis 13.07.2007) habe ein Anspruch wegen fehlender Arbeitslosigkeit nicht bestanden und die Rückforderung mit Wirkung für die
Vergangenheit sei rechtmäßig, weil die Klägerin sowohl aufgrund des Merkblattes 1 für Arbeitslose als auch in der Folge der
Beratungen vom 26.04.2007 und 07.05.2007 hinreichend über den Umfang ihrer Mitteilungspflichten informiert worden sei.
Gegen diesen Beschluss hat der Klägerin Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und ergänzend vorgebracht,
dass bereits vor der Arbeitsaufnahme am 11.07.2007 ein Beratungsgespräch bei der Beklagten (Sachbearbeiterin Frau H.) stattgefunden
habe und der Beklagten dort die Arbeitsaufnahme zum 11.07.2007 mitgeteilt worden sei. Hierzu sei sie als Partei zu vernehmen.
Im übrigen habe sie das Ende des Beschäftigungsverhältnisses der Beklagten unmittelbar nach dessen Ende (am 13.07.2007) mitgeteilt.
Diese Vorgehensweise sei bereits längere Zeit praktiziert worden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wir auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz Bezug genommen.
Dem Antrag auf Bewilligung von PKH für das Klageverfahren vor dem SG war nicht zu entsprechen, weil dem Rechtsschutzbegehren der Klägerin - unabhängig vom Vorliegen der persönlichen und wirtschaftlichen
Voraussetzungen - die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt.
Nach §
73a Absatz
1 SGG i.V.m. §
114 Satz 1
Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält Prozesskostenhilfe eine Partei (im sozialgerichtlichen Verfahren: Beteiligter), die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht zwar nicht überspannt werden. Es reicht
für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (BSG vom 17.02.98 -
B 13 RJ 83/97 R). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl. Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Auflage 2005, §
73a Rn.7) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung
und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit
des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Allerdings müssen dabei letzte Zweifel
an der rechtlichen Beurteilung nicht ausgeschlossen werden, denn eine endgültige und abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten
ist in der Regel nicht möglich und auch nicht notwendig (Peters/Sautter/Wolff,
SGG, 4.Aufl., Stand 1/2008, §
73a Ziff.13.2 a)).
Unter Beachtung dieser Grundsätze hat die Klägerin keinen Anspruch auf PKH, weil bei summarischer Prüfung der Rückforderungsbescheid
der Beklagten vom 28.09.2007 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2009) rechtmäßig erscheint.
Mit der Aufnahme der Tätigkeit bei der St. Z. hat die Klägerin eine zeitlich mehr als geringfügige Beschäftigung iSd §
119 Abs
3 SGB III aufgenommen, die mangels unverzüglicher Mitteilung seitens der Klägerin an die Beklagte zum Erlöschen der Arbeitslosmeldung
geführt hat, §
122 Abs
2 Nr.2
SGB III. Somit hat ein Anspruch auf Alg aufgrund der fehlenden Arbeitslosmeldung (§
118 Abs
1 Nr.2
SGB III) im Zeitraum vom 14.07.2007 bis 20.08.2007 nicht bestanden. In der vorhergehenden Zeit der Beschäftigung bei der St. Z. (11.07.2007
bis 13.07.2007) bestand eine solcher Anspruch bereits deshalb nicht, weil die Klägerin - mangels Beschäftigungslosigkeit -
nicht arbeitslos war (§
119 Abs
1 Nr.
1; §118 Abs
1 Nr.
1 SGB III). Im Rahmen des Hauptsacheverfahrens wird zwar noch zu prüfen sein, ob die tatsächliche Arbeitszeit der Klägerin mindestens
15 Wochenstunden umfasste, wofür jedoch zunächst alle Anhaltspunkte sprechen, nachdem der damalige Arbeitgeber von 30 Wochenstunden
sprach und somit bei drei gearbeiteten Tagen hiervon 3/5 (d.h. 18 Wochenstunden) erbracht worden sein dürften.
In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob das SG sich gedrängt sehen muss, den Ehemann der Klägerin als Zeugen einzuvernehmen, zumal der unter Beweis zu stellende Sachverhalt
noch völlig unzureichend formuliert ist. Die Auffassung des SG, eine nach Abschluss des Beschäftigungsverhältnisses erfolgte Mitteilung, sei nicht als unverzüglich iSd §
122 Abs
2 Nr.2
SGB III anzusehen, so dass auch bei Wahrunterstellung des erstinstanzlich vorgetragenen Sachverhaltes, die Arbeitslosmeldung weggefallen
sei, ist im vorliegenden Fall aus Sicht des Senates nicht zu beanstanden.
Soweit die Klägerin im Beschwerdeverfahren nunmehr erstmalig vorträgt, sie habe die Beklagte im Rahmen einer persönlichen
Vorsprache bereits vorab über die Arbeitsaufnahme am 11.07.2007 informiert, ist dies nach Lage der Akten nicht zu belegen.
Darüber hinaus ist das in diesem Zusammenhang angebotene Beweismittel der Parteivernahme (§§ 445ff
Zivilprozessordnung -
ZPO) nach §
118 Abs
1 Satz 1
SGG im sozialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen (vgl. Keller in Meyer- Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9.Aufl., §
118 Rn.8), so dass der nunmehr vorgetragene Sachverhalt - auf der Grundlage der bislang angebotenen Beweismittel - nicht nachweisbar
erscheint. Im Ergebnis ist ein Klageerfolg daher fern liegend, so dass ein Anspruch auf PKH nicht besteht.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar, §
177 SGG, und ergeht kostenfrei.