Rechtmäßigkeit der Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung bei schwierigen privaten Lebensumständen; Beantragung
des Ruhens; Maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt für die Zulassungsentziehung
Tatbestand
Streitig ist die Entziehung der Zulassung der Klägerin.
Die Klägerin ist praktische Ärztin und nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung in A-Stadt teil.
Mit Schreiben vom 27.03.2009 wies die Beigeladene zu 1, die KVB, die Klägerin auf die Regelung des §
95 d SGB V hin, dass sie erstmals bis 30.06.2009 nachweisen müsse, dass sie im Zeitraum der letzten fünf Jahre 250 Fortbildungspunkte
erworben habe. Da dieser Termin immer näher rückte, werde sie an die rechtzeitige Nachweisführung erinnert. Neben technischen
Hinweisen enthält dieses Schreiben auch den Hinweis darauf, dass diejenigen, die den Nachweis der sozialrechtlich geforderten
fachlichen Fortbildung nicht rechtzeitig erbringen könnten, diese Fortbildung innerhalb von zwei Jahren nachholen müssten.
Das Honorar werde bis zum Ablauf des Quartals, in denen die 250 Punkte erreicht seien, für vier Quartale um 10 %, ab dem fünften
Quartal um 25 % gekürzt. Seien dann immer noch nicht ausreichend Fortbildungspunkte gesammelt, drohten Sanktionen bis hin
zum Entzug der Zulassung. Mit Schreiben vom 10.06.2009 erinnerte die Beigeladene zu 1 die Klägerin nochmals daran, dass der
Nachweis über 250 Fortbildungspunkte bis zum 30.06.2009 zu erbringen sei. Mit Schreiben vom 24.06.2009 erinnerte die Beigeladene
zu 1 die Klägerin erneut.
Die Beigeladene zu 1 wies mit Schreiben vom 02.03.2011 darauf hin, dass die Klägerin bis zum 30.06.2009 verpflichtet gewesen
wäre, die Fortbildungsnachweise zu erbringen. Da bisher kein Nachweis eingegangen sei, sei sie verpflichtet gewesen, ab dem
Quartal 3/2009 Kürzungen von 10 % vorzunehmen, ab dem Quartal 3/2010 von 25 %. Werde der Nachweis nicht spätestens zwei Jahre
nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums erbracht, solle die Beigeladene zu 1 unverzüglich gegenüber dem Zulassungsausschuss einen
Antrag auf Entziehung der Zulassung stellen. Die Beigeladene zu 1 bitte deshalb, den Fortbildungsnachweis bis 30.06.2011 zu
führen. Am 26.09.2011 teilte die Beigeladene zu 1 der Klägerin mit, dass für den ersten Fortbildungszeitraum vom 30.06.2004
bis 30.06.2009 kein Fortbildungsnachweis vorliege. Nach der Vorgabe des Gesetzgebers solle die Beigeladene zu 1 unverzüglich
gegenüber dem Zulassungsausschuss einen Antrag auf Entziehung der Zulassung stellen, wenn der Fortbildungsnachweis nicht spätestens
zwei Jahre nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums erbracht werde. Dies bedeute, dass die Nichterfüllung der gesetzlichen Fortbildungspflicht
grundsätzlich eine gröbliche Pflichtverletzung darstelle, so dass die kassenärztliche Vereinigung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen
Versorgung die Zulassungsentziehung beantragen müsse. Nachdem die Entziehung der Zulassung weitreichende Folgen für die Klägerin
habe, werde sie gebeten, im Rahmen der Antragsprüfung eine kurze schriftliche Stellungnahme abzugeben, ob besondere Gründe
vorlägen, aus denen die Klägerin an der Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen sowie der Nachweisführung gehindert gewesen sei.
Sollte sie an einigen Fortbildungsmaßnahmen teilgenommen haben, wäre es hilfreich, den Punktestand des Fortbildungspunktekontos
mitzuteilen. Dies sei im Interesse der Klägerin, da in besonderen Ausnahmefällen von einer Antragstellung abgesehen werden
könne. Die Klägerin erhielt eine Frist bis 10.10.2011 zur Stellungnahme.
Mit Schreiben vom 23.04.2012 beantragte die Beigeladene zu 1 die Entziehung der Zulassung. Die Klägerin habe weder im Fünfjahreszeitraum
bis 30.06.2009 noch dem sich anschließenden Zeitraum von zwei Jahren bis 30.06.2011 einen Fortbildungsnachweis erbracht. Gründe
habe sie trotz Aufforderung mit Schreiben vom 26.09.2011 nicht angegeben. Besondere Umstände, die darauf schließen ließen,
dass sich die Klägerin in anderer Weise regelmäßig fortgebildet habe, lägen nicht vor. Die Zulassungsentziehung sei auch verhältnismäßig,
die vollständige Entziehung der Zulassungsstelle stelle das einzige Mittel dar, um das vertragsärztliche System gegen Störungen
zu schützen. Die Klägerin habe weder durch mehrmalige schriftliche Erinnerungen noch durch die Honorarkürzungen dazu angehalten
werden können, den Fortbildungsnachweis zu erbringen und ihren vertragsärztlichen Pflichten nachzukommen.
Im Verfahren vor dem Zulassungsausschuss ließ die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten mitteilen, dass sie seit Januar 2012
regelmäßig an einer psychoonkologischen Fortbildung der Universitätsklinik B-Stadt teilnehme, die Ende Juni 2012 abgeschlossen
sei und mit circa 50 Punkten bewertet werde. Im Übrigen habe die Klägerin ab dem Sommersemester 2001 an einem zweijährigen
Fortbildungsprogramm der Universität A-Stadt teilgenommen. Während der Sitzung übergab die Klägerin Fortbildungszertifikate
vom 10.07.2004 über 9 Punkte, vom 22.11.2003 über 8 Punkte und legte eine weitere Bescheinigung über die Teilnahme an Seminaren
zum Qualitätsmanagement, für die keine Fortbildungspunkte ausgewiesen wurden, vor. Mit Bescheid vom 30.07.2012 entzog der
Zulassungsausschuss der Klägerin die Zulassung. Die Klägerin habe bis 30.06.2011 keinen Fortbildungsnachweis erbracht. Die
Fortbildungspflicht sei ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung in der medizinischen und psychotherapeutischen Behandlung
und habe zum Ziel, dass die im Rahmen der gesetzlichen Versorgung erbrachten ärztlichen Leistungen auch auf dem aktuellen
Stand der Medizin erfolgten. Sie diene somit der Sicherstellung und kontinuierlichen Verbesserung der Behandlungsqualität
und gewährleiste eine hohe Versorgungssicherheit für die Patienten. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift wiege schwer und sei
als gröbliche Pflichtverletzung anzusehen. Die Klägerin habe sich aufgrund der Schreiben der Beigeladenen zu 1 seit geraumer
Zeit des Verstoßes gegen die Fortbildungsverpflichtung und der daraus resultierenden Folgen bewusst sein müssen. Dennoch sei
sie ihrer gesetzlichen Pflicht nicht nachgekommen. Sie habe eine wesentliche vertragsärztliche Verpflichtung über mehrere
Jahre hinweg vernachlässigt. Eine weitere Zusammenarbeit sei nicht mehr zumutbar. Die Klägerin habe eine gesetzlich geregelte
vertragsärztliche Pflicht vorsätzlich missachtet, die das Wohl und die qualitative Versorgung der gesetzlich versicherten
Patienten zum Ziel gehabt habe. Sie habe damit deutlich gemacht, dass sie nicht gewillt sei, sich den vertragsärztlichen Normen
zu unterwerfen.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Widerspruch ein. Durch das mit Postzustellungsurkunde
zugestellte Schreiben vom 16.11.2012 lud der Beklagte zur Sitzung am 12.12.2012, 10:15 Uhr. Am 10.12.2012 ging beim Beklagten
per Telefax ein Konvolut von Bescheinigungen über Fortbildungsmaßnahmen der Klägerin ein. Mit Telefax ging am 11.12.2012 ein
Schreiben des Bevollmächtigten der Klägerin beim Beklagten ein. Zur Sache sei auszuführen, dass die Klägerin ihrer seit 2004
bestehenden Fortbildungspflicht sehr wohl nachgekommen sei. Gegenwärtig seien 182 Punkte erreicht. Darüber hinaus habe sich
die Klägerin für März und Juni 2013 zu weiteren Fortbildungen angemeldet. Damit würde die erforderliche Zahl von 250 Punkten
erreicht. Bei dieser Sachlage sei es nicht mehr gerechtfertigt, der Mandantin die Zulassung zu entziehen. Aus den beigefügten
Bescheinigungen ergibt sich, dass die Klägerin am 10.07.2004 9 Punkte, am 28.11.2007 2 Punkte und am 30. November und 01.12.2009
10 Punkte für geleistete Fortbildungen nachweisen kann. Die übrigen Bescheinigungen beziehen sich auf den Zeitraum ab 2012.
Mit Bescheid vom 30.01.2013 aufgrund der Sitzung am 11.10.2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe
für den maßgeblichen Zeitraum keine Fortbildungsnachweise erbracht. Außerdem sei der Widerspruch auch nicht begründet. Der
fehlende Nachweis von Fortbildungen und die fortdauernde Missachtung der Verpflichtung zur Fortbildung seien derart gravierende
Verstöße gegen die vertragsärztlichen Pflichten, dass eine Zulassungsentziehung erforderlich sei. Der Beklagte mache sich
insoweit die Begründung des Zulassungsausschusses in vollem Umfang zu Eigen. Er habe durchaus gesehen, dass eine Zulassungsentziehung
angesichts des Alters der Widerspruchsführerin existenzbedrohend sein könne. Bei einer Abwägung der Rechte der Klägerin und
der Interessen der am übrigen Gesundheitssystem Beteiligten sei darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber ganz bewusst die
Möglichkeit einer Zulassungsentziehung als Ultima Ratio vorgesehen habe. Zuvor seien finanzielle Sanktionen in Form von stufenweisen
Honorarkürzungen anzuwenden. Zudem seien mehrmals Nachfristen gesetzt worden, die jedoch fruchtlos verstrichen seien. Insoweit
sei die Zulassungsentziehung keineswegs überraschend. Die von der Klägerin vorgetragenen Umstände würden an dieser Beurteilung
nichts ändern. Die ergänzend ausgeführten privaten Gründe - Pflege der Schwiegermutter und schwere Erkrankung des Ehemannes
- seien nicht durch Atteste oder sonstige Nachweise belegt worden. Selbst wenn man diese Angaben als zutreffend unterstellte,
bleibe dennoch die Frage, weshalb in immerhin sieben Jahren nur einige wenige Punkte erworben worden seien. Immerhin gewähre
das Gesetz nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums nochmals eine großzügig bemessene Nachfrist von zwei Jahren. Die von der Klägerin
im Jahr 2012 begonnenen Fortbildungen (insgesamt 104 Punkte) könnten die unzureichende Fortbildung in der Vergangenheit nicht
heilen. Jeder Fünfjahreszeitraum sei für sich zu betrachten. Unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(Urteil vom 17.10.2012) könnten diese Fortbildungen nicht als Wohlverhalten im Rahmen einer Zulassungsentziehung gewertet
werden. Das Bundessozialgericht habe in dieser Entscheidung unter ausdrücklicher Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung betont,
dass ein solches nachträgliches Wohlverhalten nur noch für ein erneutes Zulassungsverfahren berücksichtigt werden könne, nicht
jedoch für ein laufendes Zulassungsentziehungsverfahren. Das streitgegenständliche Verfahren habe nur das Verhalten bis zum
30.06.2011 zu bewerten. Bis zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin ihrer Verpflichtung zur Fortbildung so gut wie gar nicht
nachgekommen, weshalb eine Entziehung der Zulassung auszusprechen gewesen sei.
Hiergegen legte die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg ein. Die Klägerin sei im ersten Fortbildungszeitraum insbesondere
aufgrund der persönlichen Lebensumstände daran gehindert gewesen, ihrer Fortbildungspflicht nachzukommen. In diesem Zeitraum
seien sowohl ihre noch in P. lebende Mutter als auch ihr Ehemann mehrmals über längere Zeiträume jeweils schwer erkrankt.
Hinzu seien Schul- und Erziehungsprobleme bei ihrer Tochter und auch ihrem Sohn gekommen. Das Haus, in dem sich die Praxis
befinde, sei 2009 zur Zwangsversteigerung angestanden. Ungeachtet dessen sei es der Klägerin gelungen, ihren Praxisbetrieb
ordnungsgemäß aufrecht zu erhalten und gleichzeitig in einer medizinischen Schule Unterricht zu erteilen. Seit 2011 habe die
Klägerin einiges unternommen, um ihre Fortbildungsrückstände aufzuholen. Sie habe 182 Punkte während des Widerspruchsverfahrens
nachgewiesen. Außerdem habe die Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss am 06.06.2012 nur 4 min gedauert. Dieser Bescheid
sei formell nichtig. Auch beim Beklagten habe keine Verhandlung zur Sache stattgefunden, sondern eine reine Farce.
Der Beklagte wies darauf hin, dass jeder Fortbildungszeitraum für sich zu betrachten sei. Dies ergebe sich im Umkehrschluss
aus §
95 d Abs.
3 S. 7
SGB V und §
95 d Abs.
3 S. 4 2. Halbsatz
SGB V, wonach hinsichtlich der Beendigung der Honorarkürzungen auf den folgenden Fünfjahreszeitraum abzustellen ist. Im Übrigen
zeige § 37 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV, dass auch in Abwesenheit eines Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne, sofern in der Ladung darauf hingewiesen
werde. Mit Urteil vom 12.06.2013 wies das SG die Klage ab. Der Beklagte sei in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass zu den Pflichten der beruflichen
Tätigkeit als Vertragsarzt auch die ausdrücklich gesetzlich geregelte Pflicht, sich fachlich fortzubilden, gehöre. Diese gesetzliche
Regelung sei verfassungsgemäß. Die Klägerin sei nach diesen Bestimmungen verpflichtet, einen Fortbildungsnachweis bis zum
30.06.2009 zu erbringen. Die Klägerin habe in diesem Zeitraum lediglich 9 Punkte nachgewiesen. Die außerhalb des Zeitraums
liegenden Punkte könnten nicht berücksichtigt werden, da §
95 d Abs.
3 S. 3
SGB V eine gesetzliche Ausschlussfrist vorsehe, bei der es keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gebe. Der Einwand der Klägerin,
sie habe auswärtige Fortbildungsveranstaltungen aufgrund ihrer persönlichen Situation nicht machen können, lasse die Möglichkeit
der Fortbildung durch Selbststudium und durch interaktive Fortbildung über Online-Medien unberücksichtigt. Hinzu komme, dass
die Klägerin auch die Nachfrist bis 30.06.2011 fruchtlos verstreichen ließ. Eine Vertragsärztin, die fünf Jahre ihrer Fortbildungsverpflichtung
nicht oder nur unzureichend nachkomme und sich auch durch empfindliche Honorarkürzungen nicht beeindrucken lasse, verweigere
sich hartnäckig der Fortbildungsverpflichtung und verletze ihre vertragsärztlichen Pflichten gröblich. Hinzu komme, dass die
Klägerin auch nach Aufforderung zum Sachverhalt nicht Stellung genommen habe.
Mit der Berufung hält die Klägerin an ihrem Klagebegehren fest. Zur Begründung legte der Klägerbevollmächtigte da, dass sie
mittlerweile im laufenden Fortbildungszeitraum bereits 249 Fortbildungspunkte nachweisen könne. Die Klägerin sei aus privaten
Gründen an der Erfüllung ihrer Fortbildungspflicht gehindert gewesen. Das SG habe leider ausschließlich die Vergangenheit bewertet und nicht berücksichtigt, dass die Klägerin nunmehr ihrer Fortbildungspflicht
emsig nachgekommen sei. Von einem massiv gestörten Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Behandlung
könne nicht mehr ansatzweise die Rede sein. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei in befremdender Weise unausgewogen
und kassenarztfeindlich.
Der Beklagte wies darauf hin, dass 99 % der Vertragsärzte ihrer Fortbildungsverpflichtung nachgekommen seien. Bei den Zulassungsgremien
komme zur Zeit der mündlichen Verhandlung noch die Beratungszeit hinzu, so dass sowohl beim Zulassungsausschuss als auch beim
Berufungsausschuss eingehend Zeit zur Verfügung stand, sich mit den Argumenten zu befassen. Bezüglich des Arguments der Existenzvernichtung
sei anzumerken, dass sich diese Folge die Klägerin selbst zuzuschreiben habe. Sie sei mehrmals darauf hingewiesen worden,
dass ihre Zulassung auf dem Spiel stehe. Dennoch habe sie keinerlei Anstalten gemacht, die Situation zu bereinigen. Jede Zulassungsentziehung
führe zum Wegfall der beruflichen Existenz als Kassenarzt. Wolle man der Argumentation der Klägerin folgen, dürften keine
Zulassungsentziehungen ausgesprochen werden. Die Beigeladene zu 2 legte dar, dass der Zulassungsentzug nicht unverhältnismäßig
sei, da der Klägerin eine Tätigkeit grundsätzlich auch ohne eigene Zulassung, zum Beispiel in einem Angestelltenverhältnis,
möglich sei. Zudem seien an die Fortbildung keine sehr hohen Hürden gestellt. Die Punkte könnten teilweise durch Eigenstudium
und teilweise auch kostenlos erworben werden. Auch sei die Klägerin vielfach auf die Folgen der Verletzung der Fortbildungspflicht
hingewiesen und es seien die gesetzlich vorgesehenen Honorarkürzungen nach §
95 d SGB V umgesetzt worden. Die Beigeladene zu 1 wies auf die neue Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hin, nach der die nach dem
Stichtag erworbenen Fortbildungspunkte erst bei einer Wiederzulassung berücksichtigt werden könnten. Im übrigen sei §
95 d Abs.
3 SGB V abschließend zu verstehen. Durch sie erfahre die Fortbildungspflicht die Bedeutung, die ihr nach dem Willen des Gesetzgebers
zukomme. Ein Abweichen der für den Regelfall vorgesehenen Zulassungsentziehung solle nämlich nur in Ausnahmefällen möglich
sein, zum Beispiel beim Fehlen nur weniger Fortbildungspunkte. Damit sei die Zulassungsentziehung nicht unverhältnismäßig.
Mit Schriftsatz vom 07.02.2014 ergänzte der neue Prozessbevollmächtigte der Klägerin den bisherigen Vortrag. Er verwies auf
ein sich länger hinziehendes Strafverfahren wegen Kreditbetrugs gegen die Klägerin und ihren Ehemann und legte ärztliche Unterlagen
über die Herzerkrankung ihres Ehemannes vor; außerdem verwies er auf die Demenz der Schwiegermutter und die Erkrankung ihrer
eigenen Mutter (Leukämie). Ferner hätten die einschneidenden Ereignisse zu einem Drogenproblem des Sohnes geführt. Bei einer
Gesamtwürdigung aller Umstände wiege der der Klägerin zur Last gelegte Pflichtverstoß nicht so schwer, dass er als gröblich
bezeichnet werden müsse. Die Entziehung der Zulassung sei unverhältnismäßig. Bei einer Abwägung der Umstände des Pflichtverstoßes
mit der Bedeutung der nicht erbrachten Fortbildungsnachweise für die Versorgungssicherheit erscheine der Pflichtverstoß als
nicht so schwerwiegend, dass allein hieraus das Vertrauen einer ordnungsgemäßen Behandlung so gestört sei, dass eine weitere
Zusammenarbeit nicht zumutbar sei.
Der Klägerbevollmächtigte stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 24.07.2013.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Vertreterin der Beigeladenen zu 2) und des Beigeladenen zu 6) stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Beklagtenakte, die Akte des Zulassungsausschusses und die Gerichtsakten
beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin wird durch den Bescheid des Beklagten nicht in ihren Rechten verletzt,
weil dieser rechtmäßig ist.
Rechtsgrundlage der Zulassungsentziehung ist §
95 Abs.
6 SGB V. Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ein Vertragsarzt seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt.
Zu diesen vertragsärztlichen Pflichten gehört die in §
95 d SGB V geregelte Pflicht zur fachlichen Fortbildung. Gegen diese Pflicht hat die Klägerin im Zeitraum vom 01.07.2004 bis 30.06.2009
unstreitig verstoßen. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen steht fest, dass die Klägerin in diesem Zeitraum maximal 21 Fortbildungspunkte
erhielt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten. Auch in der nachfolgenden Zweijahresfrist
bis 30.06.2011, in dem die Klägerin nach §
95 d Abs.
3 S. 4
SGB V die Fortbildung nachholen hätte können, hat die Klägerin die erforderlichen Fortbildungspunkte nicht erreicht. Erst im Jahre
2012 nahm sie regelmäßig ihre Fortbildungsverpflichtung wahr.
Dieser Verstoß gegen die Fortbildungspflicht war auch gröblich. Eine Pflichtverletzung ist gröblich, wenn sie so schwer wiegt,
dass ihretwegen die Entziehung zur Sicherheit der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist. Davon ist auszugehen, wenn
die gesetzliche Ordnung der vertragsärztlichen Versorgung durch das Verhalten des Arztes in erheblichem Maße verletzt wird
und das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen tiefgreifend und nachhaltig gestört ist, so dass ihnen
eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden kann. Diese Voraussetzungen sind nach der Auffassung
des Senats erfüllt, da die Klägerin von der Beigeladenen zu 1 mehrfach angeschrieben wurde, sogar um eine Stellungnahme gebeten
wurde, jedoch nicht reagierte und keine Bereitschaft zeigte, ihrer Fortbildungspflicht nachzukommen. Dabei ist von besonderer
Bedeutung, dass die Klägerin trotz der ab 01.07.2009 laufenden Honorarkürzungen nicht bereit war, ihrer Fortbildungspflicht
nachzukommen. Dies ist ein Hinweis auf eine vorsätzliche Missachtung vertragsärztlicher Pflichten, die im Sinne der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts eine weitere Zusammenarbeit im Rahmen des Vertragsarztsystems ausschließt.
Eine andere Betrachtung ergibt sich nicht aus den vom Klägerbevollmächtigten geschilderten privaten Umständen, dem Strafverfahren,
den Erziehungsproblemen und der Erkrankung des Ehemannes, der Schwiegermutter und der eigenen Mutter. Schwierige private Lebensumstände
können Vertragsärzte nicht von der Erfüllung ihrer vertragsärztlichen Pflichten entbinden, da die Patientensicherheit, insbesondere
auch durch eine ausreichende Fortbildung, sichergestellt sein muss. Ist ein Vertragsarzt aus persönlichen Gründen nicht (mehr)
in der Lage, seinen Pflichten (im vollen Umfang) nachzukommen, ist er grundsätzlich gehalten, das vollständige oder hälftige
Ruhen der Zulassung gemäß § 26 Ärzte-ZV zu beantragen.
Eine Anrechnung 2012 und später erworbener Fortbildungspunkte auf den Fortbildungszeitraum von 2004 bis 2009 scheidet aus
prozessualen wie auch aus materiellrechtlichen Gründen aus.
Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist bei Zulassungsentziehungen der maßgebliche Entscheidungszeitpunkt
der des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens, das heißt der Entscheidung des Berufungsausschusses (Urteil vom 17.10.2012,
B 6 KA 49/11 R). Betrachtet man die Bereitschaft der Klägerin ab dem Jahr 2012, ihrer Fortbildungspflicht nachzukommen, als Wohlverhalten,
so kann dieses Wohlverhalten erst im Verfahren über eine neue Zulassung zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt werden.
Materiellrechtlich ergibt sich außerdem aus §
95 d Abs.
3 SGB V, dass die kontinuierliche Fortbildung jeweils alle fünf Jahre nachzuweisen ist. Bezüglich einer etwaigen Nachholung sieht
§
95 d Abs.
3 S. 4
SGB V abschließend die Möglichkeit vor, dass die für den Fünfjahreszeitraum festgelegte Fortbildung binnen zwei Jahren ganz oder
teilweise nachgeholt werden kann. Insoweit handelt es sich um eine gesetzliche Ausschlussfrist, bei der eine Wiedereinsetzung
nach dem klaren Sinn und Zweck des Gesetzes, der Qualitätssicherung, ausgeschlossen ist.
Die Zulassungsentziehung ist auch nicht unverhältnismäßig. Zwar ist die Entziehung der Zulassung das schwerwiegendste Sanktionsmittel.
Bei der Klägerin ist allerdings zu beachten, dass sie zu keinem Zeitpunkt ihre Bereitschaft zu erkennen gegeben hat, ihrer
gesetzlichen Verpflichtung nach §
95 d SGB V nachzukommen. Sie hat vielmehr alle Anschreiben der Beigeladenen zu 1 ignoriert. Selbst das Sanktionsmittel einer Honorarkürzung
konnte sie nicht dazu bewegen, ihrer vertragsärztlichen Fortbildungspflicht nachzukommen. Damit ist die Zulassungsentziehung
ultima ratio.
Die mit Schreiben vom 07.02.2014 ausführlich vorgetragenen Umstände der Klägerin erlauben keine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit.
Sie beziehen sich im Wesentlichen auf das letzte Drittel des Fünfjahreszeitraumes ab Mitte 2007 und vermögen nicht zu begründen,
dass die Klägerin von Anfang 2004 bis Mitte 2007 praktisch keine Fortbildungen machte. Außerdem sind eine Erkrankung des Ehemanns,
Pflegeleistungen für die Eltern und - im Übrigen nicht nachgewiesene - Schul- und Erziehungsprobleme auch in der Summe nicht
atypisch und rechtfertigen deshalb keine vom Regelfall abweichende Beurteilung der Verhältnismäßigkeit. Bei der Prüfung der
Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne durch eine Abwägung kann ein gegen die Klägerin durchgeführtes Strafverfahren wegen Betruges
auch nicht zu ihren Gunsten als Entschuldigung für ihren Pflichtverstoß gewertet werden.
Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt.