Entschädigung wegen der Teilnahme an einem Gerichtstermin
Gegenvorstellung
Sachlich-rechtliche Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung
Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder des Willkürverbots
Gründe
Mit Beschluss vom 17.06.2016, Az.: L 15 RF 20/16, stellte der Senat fest, dass dem Antragsteller wegen des Gerichtstermins
am 30.10.2014 keine Entschädigung zustehe. Begründet wurde dies damit, dass der Antragsteller seinen Entschädigungsanspruch
nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) an Frau A. abgetreten habe und daher nicht mehr Inhaber des Entschädigungsanspruchs sei.
Mit Telefax vom 11.07.2016 hat der Antragsteller unter anderem Gegenvorstellung gegen den Beschluss vom 17.06.2016 erhoben.
Er trägt vor, dass er als mittellose Partei für die Anreise zum Gericht ein Darlehen aufnehmen habe müssen, das mit der gerichtlichen
Reiseentschädigung zurückgezahlt werden solle. In einem solchen Fall habe er als mittellose Partei Anspruch auf Entschädigung
aus §
257 Bürgerliches Gesetzbuch Buch (
BGB), wobei der Anspruch hier in der Freistellung von der Verpflichtung gegenüber der Darlehensgeberin bestehe. Unter Anführung
von Kommentarliteratur vertritt er die Ansicht, dass er selbst, dem die Kosten entstanden seien, den Anspruch auf Kostenersatz
in Form der Befreiung von der Verbindlichkeit habe. Er sieht "auch die Rechtsweggarantie des Art.
19 (4)
GG unterlaufen, da der mittellose Kläger, der die Reisekosten durch Eingehung einer Verbindlichkeit erlitten hat, dann keinerlei
Möglichkeit hätte, diese per eigener Rechtsmitteleinlegung (= Kostenersatz durch die Gerichtskasse an A. und damit Befreiung
von der Verbindlichkeit) wieder loszuwerden." Er wäre, wenn er den Entschädigungsanspruch nach der Abtretung nicht mehr selbst
geltend machen könnte, darauf angewiesen, "dass die hochbetagte Zeugin A. ein Rechtsmittel im fernen München einlegt - und
der Kläger selbst auf der für die Anreise eingegangenen Verbindlichkeiten sitzen bliebe, also für immer überschuldet bliebe,
wenn diese sich nicht entschließen würde, selbst auch noch Antrag auf gerichtliche Festsetzung zu stellen."
Beigezogen worden sind die Akten zum Verfahren mit dem Aktenzeichen L 15 RF 20/16.
II.
Die Gegenvorstellung ist unzulässig, da dem Vorbringen des Antragstellers kein Vortrag zu entnehmen ist, der eine Überprüfung
des angegriffenen Beschlusses vom 17.06.2016 mittels der Gegenvorstellung eröffnen würde.
Zur Frage, ob eine Gegenvorstellung nach Einführung der Anhörungsrüge überhaupt noch statthaft ist (verneinend: vgl. Bundesfinanzhof
- BFH -,Beschluss vom 29.04.2008, Az.: I B 35-41/08, I B 35/08, I B 36/08, I B 37/08, I B 38/08, I B 39/08, I B 40/08, I B 41/08; Bundesverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 05.07.2012, Az.: 5 B 24/12, 5 B 24/12, 5 PKH 5/12, und vom 24.05.2013, Az.: 5 B 36/13, 5 B 36/13 (5 B 29/13); Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen, Beschluss vom 28.08.2014, Az.: Vf. 58-IV-14 (HS), Vf. 59-IV-14 (e.A.);
Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 4 a JVEG, Rdnr. 62; bejahend: BFH, Beschluss vom 01.07.2009, Az.: V S 10/07; eine offensichtliche Unzulässigkeit verneinend: Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 25.11.2008, Az.: 1 BvR 848/07), hat sich das Bundessozialgericht (BSG) im Beschluss vom 10.07.2013, Az.: B 5 R 185/13 B, wie folgt geäußert:
"Es kann dahinstehen, ob Gegenvorstellungen im sozialgerichtlichen Verfahren nach Einführung der Anhörungsrüge (§
178a SGG) überhaupt noch statthaft sind (bejahend BVerfG Beschlüsse vom 25.11.2008 - 1 BvR 848/07 - BVerfGE 122, 190, 199 f, 201 f und der 3. Kammer des 2. Senats - 2 BvR 2674/10 - NJW 2012, 1065 sowie BSG SozR 4-&8203;1500 § 178a Nr 3 RdNr 4; offenlassend BSG Beschluss vom 24.7.2006 - B 1 KR 6/06 BH - [...] RdNr 1) und der Senat befugt sein könnte, seinen unanfechtbaren Beschluss
vom 18.4.2013 ohne gegenläufige gesetzliche Grundlage (vgl dazu BFH Beschluss vom 1.7.2009 - V S 10/07 - BFHE 225, 310; Neumann, jurisPR-&8203;BVerwG 9/2009 Anm 4 unter D.) im Verfahren der Gegenvorstellung mit dem Ziel aufzuheben, die formelle
und materielle Rechtskraft (§
141 Abs
1 SGG) des angefochtenen Urteils vom 11.6.2012 rückwirkend wieder zu beseitigen, die gemäß §
160a Abs
4 S 3
SGG kraft Gesetzes mit der Ablehnung der Beschwerde durch das BSG zugunsten der Beklagten eingetreten ist (zur Abänderungsbefugnis als Voraussetzung einer Gegenvorstellung vgl BVerfG Beschluss
vom 25.11.2008 - 1 BvR 848/07 - BVerfGE 122, 190 = NJW 2009, 829, 830 RdNr 36; BGH Beschlüsse vom 2.2.2004 - II ZR 294/01 - NJW-&8203;RR 2004, 574 und vom 24.6.1980 - KZR 12/79 - NJW 1981, 55; BAG Beschluss vom 10.10.2012 - 5 AZN 991/12 (A) - NZA 2013, 167, 168 RdNr 3; BFH Beschlüsse vom 6.12.2011 - IX S 19/11 - BFH/NV 2012, 438 und vom 28.5.2010 - III S 11/10 - BFH/NV 2010, 1651).
Denn selbst nach dem Recht, das vor Einführung der Anhörungsrüge galt, konnte eine unanfechtbare Entscheidung auf einen außerordentlichen
Rechtsbehelf nur geändert werden, wenn diese Entscheidung offensichtlich dem Gesetz widersprach oder grobes prozessuales Unrecht
enthielt (vgl BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 16; BSG SozR 3-&8203;1500 § 160a Nr 24 und Beschluss vom 24.7.2006, aaO)."
Diese zur Gegenvorstellung im sozialgerichtlichen Verfahren mit Blick auf die im
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) (dort § 178 a) eingeführte Anhörungsrüge getätigten Ausführungen des BSG sind in gleicher Weise auf die Gegenvorstellung in einem kostenrechtlichen Verfahren nach dem JVEG, das in § 4 a JVEG die Anhörungsrüge eröffnet, übertragbar.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass durch die Einführung der Anhörungsrüge nicht per se der (außerordentliche) Rechtsbehelf
der Gegenvorstellung ausgeschlossen wäre, also eine Gegenvorstellung an sich als statthaft angesehen würde, wäre eine - unterstellte
- Abänderungsbefugnis unanfechtbarer Beschlüsse jedenfalls auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen "anders nicht zu beseitigendes
grobes prozessuales Unrecht" (vgl. BVerfG, Urteil vom 12.01.1983, Az.: 2 BvR 964/82, und Beschluss vom 08.07.1986, Az.: 2 BvR 152/83; BSG, Beschluss vom 16.02.2001, Az.: B 2 U 52/01 B) im Weg der fachgerichtlichen Kontrolle beseitigt werden soll. Allein mit einer "einfachen" sachlich-rechtlichen Unrichtigkeit
der angegriffenen Entscheidung kann eine Gegenvorstellung hingegen nicht begründet werden (vgl. BSG, Beschluss vom 10.03.1998, Az.: B 8 KN 4/98 B). Dementsprechend setzt nach der Rechtsprechung des BSG eine statthafte Gegenvorstellung - in Anlehnung an das Darlegungserfordernis im Rahmen der Anhörungsrüge - die Bezeichnung
einer Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder des Willkürverbots voraus (vgl. BSG, Beschluss vom 25.02.2010, Az.: B 11 AL 22/09 C), wobei die Verletzung von Verfahrensgrundrechten eine andere als die Verletzung
rechtlichen Gehörs sein muss (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 19.03.2009, Az.: 12 C 08.3413; Landessozialgericht
Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.05.2014, Az.: L 2 AS 11/14 B).
Bereits an einer solchen Darlegung fehlt es im vorliegenden Fall, sodass die Gegenvorstellung als unstatthaft und damit unzulässig
zu verwerfen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 10.03.1998, Az.: B 8 KN 4/98 B). Worin ein anders nicht zu beseitigendes grobes prozessuales Unrecht liegen sollte, hat der Antragsteller nicht dargelegt
- ein solches ist im Übrigen auch nicht ersichtlich. Der Antragsteller vertritt lediglich eine andere, zudem völlig haltlose
Rechtsauffassung als der Senat.
Lediglich zum besseren Verständnis für den Antragsteller, ohne dass dies noch Entscheidungsrelevanz hätte, weist der Senat
darauf hin, dass der Antragsteller offenbar ein völlig falsches Bild von den Rechtsfolgen einer Abtretung hat. Insofern kann
nur auf §
398 Satz 2
BGB hingewiesen werden, der wie folgt lautet: "Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen
Gläubigers." Der Antragsteller muss die mit der Abtretung verbundenen Rechtsfolgen, die auch einschließen, dass er den abgetretenen
Entschädigungsanspruch nicht mehr selbst geltend machen kann, zur Kenntnis nehmen.
Ebenso lediglich zur Information des Antragstellers weist der Senat den Antragsteller darauf hin, dass der Senat über einen
"Anspruch auf Entschädigung ... [gemäß] §
257 BGB" (vgl. Schreiben des Antragstellers vom 11.07.2016) mangels Zuständigkeit nicht entscheiden könnte; eine Entscheidungskompetenz
des Senats besteht lediglich für die nach dem JVEG zu gewährende Entschädigung. Für eine Entscheidung über etwaige zivilrechtliche Ansprüche wäre die Zivilgerichtsbarkeit zuständig;
ohne einen Verweisungsantrag des Antragstellers spricht der Senat angesichts der unklaren Zielsetzung des Antragstellers aber
keine entsprechende Verweisung aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 4 a Abs. 6 JVEG.