Statthaftigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Nichtzulassung der Beschwerde im Rahmen einer gerichtlichen Festsetzung
einer Entschädigung
Gründe
I.
Streitig ist, ob der Beschwerdeführerin (Bf) für die Wahrnehmung eines Gerichtstermins eine höhere Entschädigung nach dem
Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) zusteht, als ihr bereits gewährt worden ist.
Im Rahmen eines vor dem Sozialgericht Würzburg unter dem Az ... geführten Verfahrens nahm die Bf nach Anordnung des persönlichen
Erscheinens am 14.11.2011 einen Termin am Sozialgericht wahr. Dazu wurde sie von Herrn R. begleitet.
Im Entschädigungsantrag vom 14.11.2011 machte die Bf Folgendes geltend: - Zeitversäumnis für sich selbst von 8.00 Uhr bis
13.00 Uhr (fünf Stunden ohne Pause), - Fahrtkosten mit Fremd-Pkw mit Fahrer (Herr R.) insgesamt 140 km,- Begleitperson (Herr
R.) fünf Stunden Zeitversäumnis.
Das Merkzeichen B sei bereits im Jahr 2010 beantragt worden.
Der Kostenbeamte des Sozialgerichts setzte eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 50,- EUR (Entschädigung der Bf für Nachteilsausgleich:
15,- EUR; Fahrtkosten PKW: 35,- EUR) fest. Die Notwendigkeit einer Begleitperson - so der Kostenbeamte - sei nicht nachgewiesen.
Mit Schreiben vom 30.12.2011 hat die Beschwerdegegnerin die gerichtliche Festsetzung der Entschädigung beantragt. Sie hat
sich im Schreiben vom 16.01.2012 u.a. über die "Kleinlichkeit der Kosteneinsparung" beklagt. Am 01.04.2012 hat sie die Seite
2 eines Bescheids vom 21.03.2012 vorgelegt, wonach das Merkzeichen B seit 24.07.2010 anerkannt worden sei.
Mit Beschluss vom 31.05.2012 ist die Entscheidung des Kostenbeamten bestätigt worden. Kosten für die Begleitperson seien nicht
zu erstatten, da die Bf offensichtlich Herrn R. nichts für die Begleitung gezahlt habe. Die Entscheidung sei endgültig, da
der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR nicht übersteige und keine grundsätzliche Bedeutung der Streitsache gegeben sei.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin am 12.06.2012 Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist.
Das Sozialgericht hat in seiner Rechtsbehelfsbelehrung zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Beschwerde unzulässig ist,
da weder der Beschwerdewert 200,- EUR übersteigt (§ 4 Abs. 3, 1. Alt. JVEG) noch eine Zulassung der Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung durch das Sozialgericht erfolgt ist (§ 4 Abs. 3, 2. Alt. JVEG).
1. Beschwerdewert nicht erreicht
Eine Beschwerde gegen die erstinstanzliche Festsetzung der Entschädigung ist nur dann zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands
200,- EUR übersteigt. Der Wert des Beschwerdegegenstands ist die Differenz zwischen dem vom Antragsteller angestrebten Betrag
und der erfolgten Festsetzung.
Bei einer wie hier auf 50,- EUR festgesetzten Entschädigung muss der angestrebte Betrag damit über 250,- EUR liegen, um den
für die Zulässigkeit der Beschwerde erforderlichen Beschwerdewert zu erreichen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Unter Zugrundelegung und vollständiger Übernahme der Angaben der Bf im Entschädigungsantrag vom 14.11.2011, die die Grundlage
für den von der Bf angestrebten Entschädigungsbetrag darstellen, hätte sich keinesfalls eine Entschädigung von mehr als 250,-
EUR ergeben, sodass der Beschwerdewert von 200,- EUR nicht erreicht ist.
Bei angegebenen gefahrenen 140 km ergibt sich gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG ein Fahrtkostenersatz von 35,- EUR. Der Bf selbst steht für die geltend gemachten fünf Stunden Zeitversäumnis gemäß § 20 JVEG eine Entschädigung von 15,- EUR zu.
Vom Sozialgericht bei der dortigen Festsetzung der Entschädigung nicht übernommen worden aus dem Entschädigungsantrag der
Bf ist nur die von ihr beantragte Entschädigung "für 5 h Zeitversäumnis" der Begleitperson R ... Dafür wäre - sofern dem Antrag
der Bf gefolgt würde - gemäß § 20 JVEG eine Entschädigung in Höhe von weiteren 15,- (5 Stunden je 3,- EUR) festzusetzen. Weitere Entschädigungstatbestände für die
Begleitperson hat die Bf nicht geltend gemacht. Die Entscheidung des Sozialgerichts, die Entschädigung auf 50,- EUR festzusetzen,
könnte also für die Bf allenfalls mit einer Beschwer von 15,- EUR verbunden sein. Damit ist der für die Zulässigkeit der Beschwerde
erforderliche Beschwerdewert von 200,- EUR bei weitem nicht erreicht.
Rein der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass die Beschwerde nicht dadurch "zulässig gemacht" werden könnte,
dass im zweitinstanzlichen Verfahren eine Erweiterung des in erster Instanz Beantragten erfolgt, um so den Beschwerdewert
zu erreichen (vgl. Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 12.12.1985, Az.: 4 Ws 282/85). Ein weitergehender Vortrag der Bf vor dem Bayer. LSG dahingehend, dass ihrem Begleiter nicht nur eine Entschädigung für
Zeitversäumnis, wie dies ausdrücklich am 14.11.2011 beantragt worden ist, sondern ein höherwertiger Anspruch auf Entschädigung
für Nachteile bei der Haushaltsführung gemäß § 21 JVEG oder sogar für Verdienstausfall gemäß § 22 JVEG zustehe, zudem möglicherweise eine weitere Anfahrtsstrecke und damit verbunden ein größerer Zeitaufwand angefallen seien,
kann den Wert des Beschwerdegegenstands nicht mehr beeinflussen.
Auf die Frage, ob der Bf für die Begleitung durch Herrn R. eine Entschädigung zustehen würde, kommt es bei der Entscheidung
des Senats nicht an; diesem ist eine Entscheidung dazu mangels Zulässigkeit der Beschwerde entzogen.
2. Keine Zulassung der Beschwerde
Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung der Beschwerde ist unanfechtbar (§
4 Abs. 4 Satz 4 JVEG). Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber einerseits dem Umstand Rechnung getragen, dass als Ausgleich für die Anhebung des
Beschwerdewerts Fragen von grundsätzlicher kostenrechtlicher Bedeutung in jedem Fall einer Überprüfung durch das Beschwerdegericht
zugänglich gemacht werden können und damit die Einheitlichkeit der Rechtsprechung und die Rechtsfortbildung auf dem Gebiet
des Kostenrechts entscheidend gestärkt werden. Auf der anderen Seite hat er mit der Unanfechtbarkeit der Zulassungsentscheidung
des erstinstanzlich entscheidenden Gerichts der Tatsache Rechnung getragen, dass es der Zulassung der Beschwerde nur bis zu
einem Wert des Beschwerdegegenstands von höchstens 200,- EUR bedarf und angesichts dieses Beschwerdewerts eine Unanfechtbarkeit
der Nichtzulassung im Sinne der Entlastung der Gericht hinnehmbar ist (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes
zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - BT-Drucksache 15/1971 S. 179 f, 156 f).
Die gesetzliche Regelung des § 4 Abs. 4 Satz 4 JVEG beinhaltet damit, dass sich die Bf den Weg zu einer Rechtsmittelinstanz nicht durch eine Nichtzulassungsbeschwerde erkämpfen
kann, wenn das Sozialgericht bei einem Beschwerdewert von unter 200,- EUR die Beschwerde wie hier nicht zugelassen hat (vgl.
Beschluss des Senats vom 27.06.2012, Az.: L 15 SF 45/12 NZB). Ob die Bf, anstatt Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben, eine Anhörungsrüge gemäß § 4 a JVEG hätte erheben können, ist für die hier zu treffende Entscheidung ohne Bedeutung.
Das Bayer. Landessozialgericht hat gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).