Kostenersatz notwendiger Fahrtkosten im sozialgerichtlichen Verfahren
Gründe:
I. In dem am Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) anhängig gewesenen Rechtsstreit des Klägers und hiesigen Antragstellers
gegen die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft mit Az.: L 3 U 301/07 ist der Antragsteller persönlich mit Herrn Rechtsanwalt H. zu dem Verhandlungstermin am 25.11.2008 erschienen.
Das BayLSG hat mit Terminsmitteilung vom 05.11.2008 das persönliche Erscheinen gemäß §
111 Abs.1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) angeordnet. Der Sohn des Antragstellers hat mit Schreiben vom 21.11.2008 mitgeteilt, dass sein Vater aus Kroatien anreisen
müsse, weil er sich dort im Urlaub befinde und aufgrund einer starken Lungenentzündung stationär dort behandelt worden sei.
Auf Anraten der Ärzte sollte er bis zur vollkommenen Genesung weiterhin dort in Behandlung bleiben, könne jedoch von Kroatien
aus mit dem PKW anreisen. Dieses Schreiben ist zusammen mit dem Entschädigungsantrag am 24.11.2008 bei dem BayLSG eingegangen,
also am Tag vor der vorgesehenen mündlichen Verhandlung vom 25.11.2008.
Der Antragsteller hat mit Entschädigungsantrag neben dem Aufwand für eine zweimalige Übernachtung vor allem Fahrtkosten für
insgesamt 1.460 km geltend gemacht.
Hierauf hat der Kostenbeamte des BayLSG mit Schreiben vom 25.03.2009 insgesamt 4,40 EUR bewilligt, die bei der Anreise vom
Ladungsort A-Straße, A-Stadt entstanden wären. Das Gericht habe keine Möglichkeit der Prüfung gehabt, ob der Kläger und Antragsteller
hätte eventuell abbestellt werden können/sollen.
Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 16.04.2009 sich hiermit nicht einverstanden erklärt und die richterliche Festsetzung
seiner Entschädigung beantragt.
Der Kostenbeamte des BayLSG hat dem Begehren des Antragstellers nicht abgeholfen und den Vorgang dem 15. Senat des BayLSG
als Kostensenat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs.1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte
dies mit Schreiben vom 16.04.2009 beantragt. Die Entschädigung des Antragstellers anlässlich der Wahrnehmung des Verhandlungstermins
vom 25.11.2008 ist auf insgesamt 10,40 EUR festzusetzen. Dem Antragsteller sind 6,00 EUR nachzubewilligen.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die tatsächlichen Anreise- und Nebenkosten des Klägers aus Kroatien oder die fiktiven
Kosten zu entschädigen sind, die bei einer Anreise von dem Wohnort A-Straße, A-Stadt entstanden wären.
Das BayLSG hat in Fortführung seiner ständigen Rechtsprechung zuletzt mit Beschluss vom 03.01.2007 - L 15 B 808/06 KR Ko. - entschieden, dass Reisekosten grundsätzlich von der Hauptwohnung aus zu bemessen sind und nicht von einer Zweitwohnung.
Dies gilt erst recht in Fällen wie dem vorliegenden, in dem der Kläger und hiesige Antragsteller während seines Urlaubes in
Kroatien erkrankt ist und in der Zeit seiner Rekonvaleszenz nach A-Stadt zum Zwecke der Wahrnehmung des Verhandlungstermins
vom 25.11.2008 angereist ist. Denn § 5 Abs. 1 und 5 JVEG gebieten nur den Kostenersatz notwendiger Fahrtkosten, nicht jedoch
die Übernahme von Fahrtkosten von einem dritten Ort aus, um einen Verhandlungstermin wahrzunehmen. Insoweit werden die Mehrkosten
nach billigem Ermessen nur dann erstattet, wenn der Berechtigte zu diesen Fahrten durch besondere Umstände genötigt war. Dies
ist hier nicht der Fall.
Der Senat verkennt nicht, dass das persönliche Erscheinen des Klägers und hiesigen Antragstellers gemäß §
111 Abs.1
SGG vorab angeordnet worden ist. Insoweit geht es jedoch zu Lasten des Antragstellers, dass er erst mit am 24.11.2008 einen Tag
vor der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2008 eingegangenem Schreiben vom 21.11.2008 auf seine besondere Situation aufmerksam
gemacht hat. Am 24.11.2008 hat das BayLSG keine Möglichkeit der Prüfung mehr gehabt, ob der Antragsteller eventuell hätte
abbestellt werden können/sollen. Und selbst, wenn das BayLSG am 24.11.2008 zu dem Ergebnis gekommen wäre, die Anordnung des
persönlichen Erscheinens aufzuheben, hätte es den Antragsteller nicht mehr erreichen können, weil dieser seine Fahrt von Kroatien
nach A-Stadt bereits angetreten hat.
Ausweislich des Entschädigungsantrages vom 20.11.2008 ist dem Antragsteller die Problematik bereits fünf Tage vor dem Verhandlungstermin
bewusst gewesen. Es wäre daher angezeigt gewesen, den eigenen Bevollmächtigten telefonisch zu informieren, damit dieser noch
am selben Tag das BayLSG hätte entsprechend in Kenntnis setzen können. Der Umstand, dass dies unterlassen worden ist, geht
zu Lasten des Antragstellers. Denn der zuständige Richter hat im Rahmen seiner dienstlichen Stellungnahme vom 22.09.2009 versichert,
dass das persönliche Erscheinen des Klägers nicht angeordnet geblieben wäre, wenn ihm rechtzeitig mitgeteilt worden wäre,
dass der Kläger und Antragsteller aus Kroatien anreisen müsse. Grund hierfür ist gewesen, dass der Kläger ohnedies anwaltschaftlich
vertreten gewesen ist.
Somit hat der Antragsteller nur Anspruch auf Entschädigung der fiktiven Kosten, die ihm erwachsen wären, wenn er von seinem
Wohnort A-Straße, A-Stadt aus den Verhandlungstermin vom 25.11.2008 wahrgenommen hätte. Es handelt sich um die üblichen Kosten
der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel in Höhe von insgesamt 4,40 EUR (§ 5 Abs.1 JVEG). Als Rentner steht dem Antragsteller
zusätzlich eine Entschädigung für Zeitversäumnis für zwei Stunden à 3,00 EUR je Stunde = 6,00 EUR zu (§ 20 JVEG). Letzteres
hat der Antragsteller auch sinngemäß beantragt, wenn er mit Entschädigungsantrag vom 20.11.2008 auf seinen allgemeinen Aufwand
hingewiesen hat. Die Entschädigung ist insgesamt somit auf 10,40 EUR festzusetzen.
Der Kostensenat des BayLSG hat über den Antrag vom 16.04.2009 auf richterliche Festsetzung gemäß §
4 Abs.7 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt. Die Entscheidung ist gemäß §
177 SGG endgültig. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§
4 Abs.8 JVEG).