Tatbestand:
Die 1936 geborene Klägerin begehrt Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (
OEG), weil sie am 29.10.1998 abends von G. B. tätlich angegriffen worden sei.
Die Klägerin hat mit Erstantrag vom 22.01.1999 vorgetragen, sie sei am 29.10.1998 abends gegen ca. 21.00 Uhr mit ihren zwei
Collie-Hündinnen in die Pension "B." in G. zurückgekehrt. Dort habe sie ihre Abendmahlzeit im Restaurant eingenommen. Anschließend
sei sie mit ihren beiden Hündinnen auf die im Bereich des Grundstücks G. B. gegenüberliegende Wiese gegangen, um diese Gassi
zu führen. Eine Katze sei in Richtung des Grundstücks G. B. gelaufen; die Hunde hätten gebellt. G. B. habe die rechte Garagentür
geöffnet und danach die linke. Mit einer massiven Schaufel sei er den Hunden entgegengetreten, um auf diese einzuschlagen.
Sie habe sich zwischen G. B. und ihre noch frei laufenden Hunde gestellt. Nach einem kurzen Wortwechsel habe G. B. sie am
Kragen ihrer wertvollen Nappa-Lederjacke gepackt und sie gewalttätig auf den am Grundstück vorbeiführenden öffentlichen asphaltierten
Weg niedergestoßen und trotz des nasskalten Wetters hilflos liegen lassen. Sie habe sich hierbei einen komplizierten Oberschenkelhalsbruch
rechts zugezogen und leide immer noch an den Verletzungsfolgen.
Die Polizeiinspektion E. hat folgendes ermittelt: Auf der geteerten Straße vor dem Anwesen des G. B. lag eine ältere Frau;
es war Frau B., wie es sich dann herausstellte. Frau B. gab uns gegenüber in einem kurzen Gespräch an, dass sie von G. B.,
dem Besitzer des Anwesens, vor welchem sie lag, geschlagen und zu Boden geworfen sei. Auslöser dafür sei gewesen, dass ihre
Hunde angeblich schon öfters im Garten des G. B. gewesen seien. Die ganze Sache habe sich gegen 21.30 zugetragen. Frau B.
äußerte noch, dass G. B. keine Hilfe geholt und auch die Polizei nicht verständigt habe. Ein längeres Gespräch war mit Frau
B. nicht möglich, da sie dann durch Angehörige des Arbeiter-Samariter-Bundes G. erstversorgt und anschließend in das Krankenhaus
nach F. verbracht wurde. Sichtbare Verletzungen waren bei Frau B. nicht vorhanden. Herr B., der sich zu diesem Zeitpunkt ebenfalls
auf der Straße befand, äußerte im ersten Gespräch nur, dass er keinerlei Disput mit Frau B. hatte und sie auch nicht geschlagen
und zu Boden geworfen hat. G. B. selbst machte einen ruhigen Eindruck und stand auch nicht unter Alkoholeinfluss. Herr B.
gab noch an, dass er an dem Abend bis ca. 22.15 in der Pizzeria "B." war. Dort hatte er mit zwei Bekannten über eine bevorstehende
Taubenausstellung gesprochen. Bei den Bekannten handelte es sich um die Herren H. und S. ; auf deren Aussagen werde verwiesen.
Nachdem Frau B. abtransportiert worden war, gingen PHM F. und ich (PHM G.) in die Pizzeria. Dort befragten wir die anwesende
Bedienung Frau H ... Frau H. bestätigte uns, dass sowohl Frau B. als auch Herr B. an dem Abend in der Pizzeria waren. Da sie
zum eigentlichen Geschehen keine Aussage machen konnte, wurde über ihre Angaben ein Aktenvermerk gefertigt. Aus den gemachten
Zeitangaben von Frau H. ist ersichtlich, dass Herr B. vor 22.15 Uhr die Pizzeria nicht verlassen hat. In ihren ersten Angaben
gegenüber uns gab Frau B. die Tatzeit mit 21.30 Uhr an. In ihrer Vernehmung im W.krankenhaus gab sie die Tatzeit mit 22.00
Uhr an. Zu den beiden genannten Tatzeiten dürfte Herr G. B. jedoch noch in der Pizzeria gewesen sein. Weder die Bedienung
Frau H., noch die anderen beiden Zeugen konnten sich daran erinnern, dass Herr G. B. die Pizzeria während seines Aufenthalts
für einige Zeit verlassen hatte und wieder zurückgekehrt war. Ihrer Ansicht nach war Herr B. die ganze Zeit in der Pizzeria
gewesen. Frau B., die die Hilferufe von Frau B. gehört und sich zuerst um sie gekümmert hatte, wurde als Zeugin gehört, ebenso
ihr Ehemann. Nach den Aussagen des Ehepaares B. wurde bekannt, dass bei dem Vorfall auch eine Schaufel im Spiel gewesen sein
soll. Da dies in der Tatnacht nicht bekannt war, wurde auch keine Nachschau mehr durchgeführt. Es konnten keinerlei Zeugen
ermittelt werden, die irgendwelche Angaben zu dem eigentlichen Geschehen machen konnten. Erkundigungen im Ort ergaben nur,
dass von einem vorherigen Streit zwischen Herrn G. B. und Frau A. B. nichts bekannt war. Herr G. B. machte von seinem Aussageverweigerungsrecht
Gebrauch. Der Anregung, die Lederjacke kriminaltechnisch auf Fingerspuren des Herrn G. B. untersuchen zu lassen, ist Frau
B. nicht gefolgt, weil bei der Untersuchung die Jacke beschädigt oder möglicherweise sogar zerstört worden wäre.
Die Staatsanwaltschaft B. hat mit Verfügung vom 13.07.1999 das Strafverfahren gegen G. B. eingestellt, weil dessen Täterschaft
bzw. die Tat oder Tatumstände nicht nachweisbar gewesen sind (§
170 Abs.2
StPO). Nachdem Frau B. ihre Lederjacke als Beweismittel vorgelegt hatte, äußerte sich das Landeskriminalamt mit Schreiben vom
12.12.1999 dahingehend, eine Spurensicherung sei zwar grundsätzlich möglich, jedoch seien auf Grund der ausgeprägten Struktur
des Leders keine Fingerabdrucksspuren zu erwarten, die für einen Identitätsnachweis geeignet seien. Das Verfahren ist mit
Verfügung vom 18.11.1999 erneut gemäß §
170 Abs.2
StPO eingestellt worden.
Im Rahmen des sich anschließenden Klageerzwingungsverfahrens hat der Staatsanwalt bei dem Oberlandesgericht B. mit Stellungnahme
vom 11.07.2000 auf im Detail widersprüchliche Angaben von Frau A. B. hingewiesen. Denkbar sei, dass diese nach der Rückkehr
des Beschuldigten G. B. in sein Anwesen, das durchzaus gegen 22.20 Uhr gewesen sein kann, durch eine dritte Person oder aus
eigenem Verschulden zu Fall gekommen sei und sich die Verletzungen zugezogen habe. Der Strafsenat des Oberlandesgerichts B.
hat mit Beschluss vom 07.08.2000 den Antrag der Anzeigeerstatterin Frau B. auf Erzwingung der Erhebung der öffentlichen Klage
gegen den Beschuldigten G. B. als unbegründet verworfen. Die Anzeigeerstatterin habe im Verlauf des Ermittlungsverfahrens
sowohl zum Tathergang als auch zum Tatzeitpunkt ihre Einlassung mehrfach gewechselt und dabei miteinander völlig unvereinbare
Versionen entwickelt, ohne ihren mehrfachen Meinungswandel plausibel erklären zu können. Im ersten Gespräch zum Unfallort
habe sie gegenüber der Polizei angegeben, mit der Faust geschlagen worden zu sein. Bei späteren Äußerungen habe es jedoch
geheißen, sie sei mit einer Schaufel geschlagen worden, mit welcher G. B. auf die beiden Hunde der Anzeigeerstatterin losgehen
habe wollen. Bei ihrer Vernehmung am 02.12.1998 sei hinsichtlich des Tatherganges weder vom Schlagen mit einer Schaufel noch
von Faustschlägen die Rede gewesen. Nunmehr soll G. B. die Anzeigeerstatterin mit bloßen Händen am Kragen ihrer Lederjacke
gepackt haben und sie gewalttätig und brutal auf den vor dem Grundstück des G. B. vorbeiführenden öffentlichen asphaltierten
Weg gestoßen und sie mit starken Schmerzen auf dem kalten Boden in ihrer Bewegungslosigkeit liegen gelassen haben. Auch die
Angaben zur Tatzeit (21.30 Uhr, gegen 22.00 Uhr) und zur "Liegezeit" seien nicht schlüssig, weil G. B. sich von spätestens
20.00 Uhr bis mindestens 22.15 Uhr in der Pizzeria B. aufgehalten habe.
Der Antrag vom 22.01.1999 auf Leistungen nach dem
OEG ist mit dem streitgegenständlichen Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung N. vom 10.02.2000 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides des Bayer. Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 10.05.2000 abgelehnt worden. Das Vorliegen
eines rechtswidrigen, tätlichen Angriffs im Sinne von §
1 Abs.1
OEG sei nicht nachgewiesen. Nach Zeugenaussagen habe sich Herr G. B. zu dem angeblichen Tatzeitpunkt noch in der Pizzeria befunden.
Im Rahmen des sich anschließenden sozialgerichtlichen Verfahrens ist die Klägerin auf Veranlassung des Sozialgerichts Nürnberg
am 10.01.2006 untersucht worden. Dr.O. hat mit Gutachten vom 10.01.2006 darauf hingewiesen, dass unabhängig von der Ursache
des Sturz-Ereignisses vom 29.10.1998 die noch bestehenden Gesundheitsstörungen "Funktionseinschränkung des rechten Hüftgelenks,
Beinverkürzung" mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von höchstens 10 v.H. zu bewerten seien. Folgen der intraoperativ
aufgetretenen Lungenembolie seien nicht mehr belegt. Auch die geltend gemachten psychischen Folgen des Traumas ließen sich
nach dem heutigen psychiatrischen Befund nicht mehr erkennen. Dr.O. hat mit ergänzender Stellungnahme vom 13.03.2006 bestätigt,
dass die Klägerin im November 1998 einen körpernahen Bruch des rechten Oberschenkels erlitten habe. Eine Kniegelenksbeteiligung
sei zu keiner Zeit befundet worden. Eine nunmehr über sieben Jahre nach der Verletzung aufgetretene Entzündung des Kniegelenkes
könne keinesfalls - auch nicht als mittelbare - Unfallfolge gewertet werden. Diese Entzündung sei wahrscheinlich Ausdruck
arthrotischer schicksalshafter Gelenkveränderungen.
Im Folgenden hat das Sozialgericht Nürnberg die Klage mit Urteil vom 17.10.2006 abgewiesen und sich hierbei vor allem auf
die beigezogenen Unterlagen der Staatsanwaltschaft B. gestützt. Ein rechtswidrig tätlicher Angriff im Sinne von §
1 Abs.1
OEG gegen die Klägerin sei nicht mit dem notwendigen Vollbeweis feststellbar gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass der Sturz vom
29.10.1998 durch Einwirkung eines Dritten verursacht worden sein könnte, hätten die erhobenen medizinischen Befunde nicht
ergeben. Aus der Sicht des Sozialgerichts Nürnberg erscheine es daher folgerichtig, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren
gegen den von der Klägerin Beschuldigten Herrn G. B. nach §
170 Abs.2
StPO eingestellt habe. §
15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOV-VfG) stütze das Vorbringen der Klägerin nicht ausreichend.
Vielmehr gelte hier der Grundsatz der objektiven Beweislast, wonach eine verbleibende Unsicherheit über das Vorliegen von
Anspruchsvoraussetzungen zu Lasten dessen gehe, der den Anspruch geltend mache, hier zu Lasten der Klägerin.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Telefax vom 07.11.2006 Berufung und verwies zur Begründung auf die Dienstaufsichtsbeschwerde
vom 18.10.2006 gegen den Präsidenten des Sozialgerichts Nürnberg sowie einen weiteren Richter am Sozialgericht Nürnberg.
Von Seiten des Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) wurden die Akten des Beklagten und die erstinstanzlichen Unterlagen beigezogen,
ebenso die Akten der Staatsanwaltschaft B ... Weiterhin wurden Befundberichte bzw. ärztliche Unterlagen von Dr.H. S., Dr.
R. S., Dr. K. W., dem Klinikum S. und dem W.krankenhaus St. M. E. angefordert.
In den mündlichen Verhandlungen vom 04.12.2007 und 22.01.2008 sind als Zeugen einvernommen worden: Frau C. H., Herr A. H.,
Herr A. S., Frau G. B., Herr E. B ... Herr G. B. hat sich auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen und auch in einen DNA-Test
nicht eingewilligt.
Die Klägerin stellt in der weiteren mündlichen Verhandlung vom 29.05.2008 den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.10.2006 sowie den Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung N.
vom 10.02.2000 und den Widerspruchsbescheid des Bayer. Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 10.05.2000 aufzuheben
sowie den Beklagten zu verurteilen, Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz wegen der Gewalttat vom 29.10.1998 nach
einem Grad der Schädigungsfolgen in Höhe von mindestens 25 v.H. zu gewähren.
Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.10.2006 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß §
202 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) i.V.m. §
540 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) sowie entsprechend §
136 Abs.2
SGG auf die Unterlagen des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen. Entsprechendes gilt für
die ebenfalls beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft B ...
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§
143,
144 und
151 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht Nürnberg hat die Klage mit Urteil vom 17.10.2006 zu Recht abgewiesen. Der
bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung N. vom 10.02.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Bayer.
Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 10.05.2000 ist nicht zu beanstanden.
Auch nach dem Ergebnis der zweitinstanzlich durchgeführten Zeugeneinvernahmen ist das Vorliegen eines rechtswidrigen, tätlichen
Angriffs im Sinne von §
1 Abs.1 des Opferentschädigungsgesetzes (
OEG) nicht nachgewiesen. Das Sozialgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 17.10.2006 zutreffend darauf abgestellt, dass hier ein
Vollbeweis im Sinne von §
118 Abs.1
SGG nicht hat geführt werden können. Dieser hat auch in Berücksichtigung der zweitinstanzlich eingeholten Zeugenaussagen nicht
geführt werden können.
Die Eheleute G. und E. B. sind erst nachträglich aufgrund der Hilferufe der Klägerin auf das Geschehen aufmerksam geworden
und haben erste Hilfe geleistet. Frau G. B. hat zwei Decken geholt, weil die am Boden liegende Klägerin sehr gefroren hat.
Zu dem eigentlichen Geschehensablauf haben sie jedoch nichts aussagen können.
Frau C. H. hat sich an den Vorfall am Donnerstag, den 29.10.1998 in den Abendstunden nicht mehr erinnern können. Sie habe
gerüchteweise gehört, dass die Klägerin gestolpert sei, vielleicht wegen den Hunden und ein Herr B. solle mit der Schaufel
unterwegs gewesen sein. Sie habe das nur von Dritten gehört. Selbst habe sie hierzu nichts mitbekommen.
Herr G. S. ist nur einmal in der Pizzeria in H. gewesen. Ob das der 29.10.1998 gewesen sei, könne er heute nicht mehr sagen.
Sie hätten vom Geflügelverein eine Sitzung abgehalten zur Vorbereitung einer Ausstellung; dabei seien Herr H. und Herr B.
anwesend gewesen. Er schätze, dass er von 20.00 Uhr bis 22.30 Uhr in der Pizzeria gewesen sei. Er sei zusammen mit Herrn H.
aus der Pizzeria gegangen und jeder sei dann nach Hause. Er denke, dass Herr B. etwas früher gegangen sei, vielleicht zehn
Minuten oder eine Viertelstunde früher, so genau könne er sich daran nicht mehr erinnern. Von dem Vorfall mit der Klägerin
habe er nichts mitbekommen.
Der weitere Zeuge Herr A. H. hat bestätigt, dass er am 29.10.1998 in der Pizzeria zusammen mit Herrn S. und Herrn B. gewesen
sei, um eine Ausstellung des Geflügelvereins vorzubesprechen. Sie seien von 20.00 Uhr bis 22.00 Uhr bzw. 22.30 Uhr maximal
da gewesen. Die Erinnerung sei nicht mehr so 100 %ig, auf eine halbe Stunde hin oder her könne er sich nicht festlegen. Herr
B. sei für ihn ein ehrlicher und aufrichtiger Mensch, von Aggressionen oder Gewalttätigkeiten sei ihm nichts bekannt.
Herr G. B. hat sich in der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2008 auf sein Zeugnisverweigerungsrecht nach §
384 Nr.2
ZPO berufen, weil die Klägerin mit Dienstaufsichtsbeschwerde, gerichtet an den Bayer.Staatsminister des Inneren Herrn J. H. vom
15.01.2008 ihn des versuchten Totschlags bezichtigt hatte. Im Hinblick auf die von der Klägerin trotz der Ausführungen des
Landeskriminalamtes mit Schreiben vom 12.12.1999 im Hinblick auf etwaige Spuren an ihrer Nappa-Lederjacke geforderten DNA-Untersuchung
hat Herr G. B. mit Telefax vom 24.04.2008 ausgeführt, dass er einer entsprechenden Genuntersuchung nicht zustimme. Eine DNA-Analyse
könnte nur im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nach den engen Voraussetzungen der §§
81 e ff. der
Strafprozessordnung (
StPO) erzwungen werden, nicht jedoch in dem hiesigen sozialrechtlichen Rechtsstreit gegen den Freistaat Bayern als Beklagten.
Im vorliegenden Rechtsstreit wäre eine DNA-Untersuchung nur mit Zustimmung des Klägers möglich gewesen, die dieser nicht erteilt
hat. In den bisherigen aktenkundigen Aussagen des G. B. hat dieser eine Täterschaft verneint. In der ersten Befragung durch
die Polizei hat er nur geäußert, dass er keinen Disput mit der Klägerin gehabt und sie auch nicht geschlagen und zu Boden
geworfen habe. G. B. hat dabei einen ruhigen Eindruck gemacht und stand auch nicht unter Alkoholeinfluss. Dies korrespondiert
mit den Angaben des Zeugen E. B. vom 01.11.1998, dass G. B. zwischenzeitlich dazugekommen sei. Auf Fragen des Zeugen E. B.,
ob er die Frau niedergeschlagen habe, sagte dieser, dass er von nichts wisse. G. B. war zunächst im Unterhemd und normaler
Hose aus dem Haus gekommen. Es liegen aus der Sicht des erkennenden Senats daher gewichtige Gründe dafür in Übereinstimmung
mit den Ausführungen des Oberlandesgerichts B. mit Beschluss vom 07.08.2000 vor, die Täterschaft des G. B. in Zweifel zu ziehen.
Ein Anspruch nach dem Opferentschädigungsgesetz könnte demnach nur auf der Grundlage der Angaben der Klägerin erfolgen. Diesbezüglich
teilt der Senat aber die Wertung im Beschluss des Oberlandesgerichts B. vom 07.08.2008, mit welchem der Klageerzwinungsantrag
der Klägerin als unbegründet verworfen worden ist, dass die Einlassungen der Klägerin zu Tathergang und Tatzeitpunkt in sich
widersprüchlich sind und deshalb nicht hinreichende Grundlage für eine für die Klägerin positive Entscheidung sein können.
Diese Zweifel hat die Klägerin auch im Rahmen ihrer Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht ausräumen können. Der tatsächliche
Geschehensablauf lässt sich deshalb nicht mehr aufklären.
Unabhängig von dem fehlenden Nachweis des Vorliegens eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs im Sinne von §
1 Abs.1 Satz 1
OEG ist die Klägerin darauf aufmerksam zu machen, dass Schmerzensgeldleistungen nach dem Opferentschädigungsrecht gesetzlich
nicht vorgesehen sind. Denn §
1 Abs.1 Satz 1
OEG verweist hinsichtlich des Leistungsumfanges auf die Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Danach kommt vor allem ein Anspruch auf Heilbehandlung nach Maßgabe von §§ 10 ff. BVG anstelle demjenigen der gesetzlichen (oder privaten) Krankenversicherung in Betracht. Rentenleistungen wie von der Klägerin
beantragt, stehen nach Maßgabe von §§ 30 ff. BVG jedoch erst ab einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von mindestens 25 v.H. zu. Insoweit hat der gemäß §
106 Abs.3 Nr.5
SGG erstinstanzlich gehörte Sachverständige Dr.O. mit Gutachten vom 10.01.2006 darauf hingewiesen, dass unabhängig von der Ursache
des Sturz-Ereignisses vom 29.10.1998 die noch bestehenden Gesundheitsstörungen "Funktionseinschränkung des rechten Hüftgelenks,
Beinverkürzung" mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) - nunmehr GdS - von höchstens 10 v.H. zu bewerten sind. Dies
entspricht dem Bewertungsrahmen, den die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht
und nach dem Schwerbehindertenrecht 1996 bis 2008" in Rz.26.18 vorgeben. Danach werden Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke
geringen Grades einseitig mit einem GdS von 10 bis 20 v.H. maximal bewertet. Wenn Dr.O. mit Gutachten vom 10.01.2006 hier
den unteren GdS-Grad vorgefunden hat, ist dies auch aus der Sicht des erkennenden Senats schlüssig und überzeugend. Rentenleistungen
nach Maßgabe von §§ 30 ff. BVG stehen der Klägerin somit unabhängig von dem fraglichen Geschehensablauf am späten Abend des 29.10.1998 zweifelsfrei nicht
zu.
Nach alledem ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.10.2006 zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§
183,
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§
160 Abs.2 Nrn.1 und 2
SGG).