Anspruch auf Opferentschädigung nach dem OEG; Voraussetzungen eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs
Tatbestand
Am 07.01.2012 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem
OEG. Sie trug vor, sie sei von einer Arbeitsamtspsychologin im Jahr 1984 nicht gehört worden, als sie wegen starker Kopfschmerzen
zu dieser gekommen sei. Die Schmerzen hätten sich durch die Arbeit am Computer entwickelt. Die Psychologin habe die Kopfschmerzen
ignoriert, weil sie gewollt habe, dass die Klägerin weiter am Computer arbeite. Durch die schlechten EDV-Geräte, die sie bei
sämtlichen folgenden Arbeitsstätten gehabt habe - vor allem Zeitarbeitsfirmen -, habe sich ihre Migräne nicht gerade gebessert.
Eine Berufskrankheit sei von der zuständigen Berufsgenossenschaft abgelehnt worden; sie habe 2009/2010 Anträge gestellt. Von
ihrer damaligen Arbeitgeberin, der Fa. B., sei sie mit der Behauptung nicht übernommen bzw. sei ihr gekündigt worden, sie
beherrsche das EDV-Programm nicht. Tatsache sei jedoch gewesen, dass dieses Programm gar nicht auf dem veralteten PC installiert
gewesen sei.
Mit Bescheid vom 22.02.2012 lehnte es der Beklagte ab, Beschädigtenversorgung zu gewähren. Nach der Rechtsprechung liege ein
tätlicher Angriff bei einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielenden gewaltsamen
Einwirkung vor. Dies sei bei möglicherweise unzuträglichen Arbeitsbedingungen nicht der Fall.
Hiergegen erhob die Klägerin am 10.03.2012 Widerspruch. Sie machte geltend, nicht nur die tätlich ausgeübte Gewalt sei Gewalt,
sondern auch die seelische, psychische und soziale, bei der man unter gesundheitlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen
leide. Es sei von Mutwilligkeit, Arglist und Pflichtvernachlässigung der Arbeitsamtspsychologin auszugehen, weil diese die
Klägerin in ihrem Anliegen ignoriert habe. Ihre "Klage" richte sich nicht gegen den jeweiligen Arbeitgeber, sondern gegen
die Berufsgenossenschaft, das Arbeitsamt und dessen Psychologin.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.09.2012 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach dem
OEG müsse eine unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung vorliegen. Der Rechtsbegriff "Gewalt"
sei im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes und des
OEG unterschiedlich. Eine Entscheidung der Berufsgenossenschaft oder der Psychologin sei - unabhängig davon, ob diese Entscheidung
richtig oder falsch sei - kein tätlicher Angriff im Sinne des
OEG. Eine Entscheidung stelle keinen unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkung dar.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.09.2012 Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Nachdem die Klägerin mit der Klage eine Reihe von Forderungen nach Beschädigtenversorgung gemäß dem
OEG aufgrund unterschiedlicher Sachverhalte geltend gemacht hatte, hat das SG das gegenständliche Verfahren mit Beschluss vom 11.10.2012 abgetrennt und unter dem Az.: S 5 VG 17/12 fortgeführt.
Die Klägerin hat unter anderem darauf hingewiesen, dass Gewalt im Sinne des
OEG auch vorliege, wenn die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit
gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen erfolge, sowie darauf, dass die Polizei sie oftmals abgewiesen habe. Eine
über einen längeren Zeitraum hinweg anhaltende seelische, psychische und soziale Gewalt habe sich auf ihre Migräne ausgewirkt.
Infolgedessen liege ein tätlicher Angriff vor. Sie habe sich um eine andere Arbeit bemüht. Vom Arbeitsamt sei darauf keine
Rücksicht genommen worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.10.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, diese sei unbegründet. Mangels Vorliegen eines "Angriffs" nach §
1 Abs.
1 Satz 1
OEG stehe der Klägerin kein Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem
OEG zu. Das SG hat die durch die höchstrichterliche Rechtsprechung erfolgte Auslegung der Norm im Einzelnen dargestellt und ausgeführt,
hiervon ausgehend vermöge es nicht zu erkennen, dass die Klägerin Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs
geworden sei. Denn weder die Beurteilungen der Sachverständigen des Arbeitsamtes noch die Entscheidungen der Berufsgenossenschaft
in Form von Ablehnungen einer Berufskrankheit oder Quasi-Berufskrankheit stellten in feindseliger Willensrichtung unmittelbar
auf den Körper eines anderen zielende gewaltsame Einwirkungen dar.
Am 02.11.2012 hat die Klägerin gegen den streitgegenständlichen und weitere am 26.10.2012 erlassene(n) Gerichtsbescheid(e)
des SG Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) erhoben. Wegen der hohen Anforderungen des Beklagten bzw. des SG für eine Entschädigung nach dem
OEG könne es, so die Klägerin, gar nicht zu einem Opfer- und Schadensfall kommen. Unter anderem hat die Klägerin auch die Trennung
der Verfahren durch den oben genannten Beschluss des SG gerügt.
Mit Schriftsatz vom 08.12.2012 hat der Beklagte die Zurückweisung der Berufung beantragt und die Ansicht vertreten, dass der
Klage bereits das Rechtsschutzbedürfnis fehle, da die Klägerin selbst keinen Lebenssachverhalt behaupte, aus dem sich auch
nur annäherungsweise eine Gewalttat entnehmen lasse. Das prozessuale Verhalten der Klägerin sei rechtsmissbräuchlich. Der
Beklagte hat die Auferlegung von Mutwillenskosten angeregt. Die Klägerin überziehe die Versorgungsverwaltung und die Gerichtsbarkeit
mit einer bald unüberschaubaren Vielzahl von Anträgen und Klagen, die samt und sonders ohne jede Erfolgsaussicht seien.
Am 13.05.2013 hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Trotz entsprechender gerichtlicher Hinweise hat die Klägerin das Verfahren
nicht für erledigt erklärt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 26.10.2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids
vom 22.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.09.2012 zu verurteilen, wegen der Nichtberücksichtigung ihrer durch
EDV-Geräte ab 1984 bestehenden Kopfschmerzen durch Arbeitsverwaltung und gesetzliche Unfallversicherung Versorgung nach dem
Opferentschädigungsgesetz zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, §
153 Abs.
1 i.V.m. §
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Hieran war der Senat auch nicht im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 Europäische Menschenrechtskonvention gehindert (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer,
SGG, 10. Aufl., § 153, Rn. 13 a), weil das SG durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Denn für die Klägerin bestand im Berufungsverfahren die grundsätzliche Möglichkeit
der Durchführung einer mündlichen Verhandlung und somit der Äußerung; sie hat hierauf jedoch verzichtet. Darüber hinaus hat
sich die Klägerin im o.g. Erörterungstermin im Einzelnen geäußert.
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Auch wenn mit dem Beklagten davon ausgegangen wird, dass der von der Klägerin geschilderte Lebenssachverhalt nicht geeignet
ist, "auch nur annäherungsweise" eine Gewalttat im Sinne des §
1 OEG darzulegen, hält der Senat die Berufung angesichts der erheblichen Auslegungsbedürftigkeit der genannten Vorschrift und der
von der Rechtsprechung in der Vergangenheit gefundenen differenzierten Ergebnisse hierzu, die zum Teil auch das SG in seiner Entscheidung dargestellt hat, nicht bereits für unzulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist zutreffend. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Versorgung nach §
1 OEG i.V.m. § 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG), weil sich vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriffe auf die Klägerin im Sinne von §
1 Abs.
1 Satz 1
OEG nicht haben feststellen lassen.
Gemäß §
1 Abs.
1 Satz 1
OEG erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften
des BVG, wer im Geltungsbereich des
OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige
Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Über die Voraussetzung hinaus, dass der tätliche Angriff im strafrechtlichen
Sinn rechtswidrig sein muss, bestimmt §
2 Abs.
1 Satz 1
OEG, dass Leistungen zu versagen sind, wenn der Geschädigte die Schädigung verursacht hat oder wenn es aus sonstigen, insbesondere
in dem eigenen Verhalten des Antragstellers liegenden Gründen unbillig wäre, Entschädigung zu gewähren.
Bei der Beurteilung einer Handlung als vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff im Sinne des §
1 Abs.
1 Satz 1
OEG (und der Eingrenzung des schädigenden Vorgangs als erstem Glied der versorgungsrechtlichen Ursachenkette) geht der Senat
von folgenden Erwägungen aus (vgl. Urteil vom 05.02.2013 - L 15 VG 22/09):
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zu berücksichtigen, dass die Verletzungshandlung im
OEG entsprechend dem Willen des Gesetzgebers eigenständig und ohne direkte Bezugnahme auf das
Strafgesetzbuch (
StGB) geregelt ist (BSG, Urteil vom 07.04.2011 - B 9 VG 2/10 R, m.w.N.). Gleichwohl orientiert sich die Auslegung an der im Strafrecht gewonnenen Bedeutung des auch dort verwendeten rechtstechnischen
Begriffs des "tätlichen Angriffs" (vgl. insbesondere BSG, Urteil vom 28.3.1984 - 9a RVg 1/83 - BSGE 56, 234, 235 f). Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat das BSG vornehmlich aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten
ausgeschieden (z.B. Urteil vom 29.04.2010 - B 9 VG 1/09 R - BSGE 106, 91).
Der Rechtsbegriff des tätlichen Angriffs im Sinne des §
1 Abs.
1 Satz 1
OEG ist also grundsätzlich unter Bezugnahme auf seine im Strafrecht gewonnene Bedeutung (§§
113,
121 StGB) auszulegen. Danach liegt ein tätlicher Angriff bei einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines
anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung vor (BSG, a.a.O., m.w.N.); die Angriffshandlung erfüllt in aller Regel den Tatbestand einer - jedenfalls versuchten - vorsätzlichen
Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit (z.B. BSG, Urteil vom 17.04.2013 - B 9 V 1/12 R).
Unter Beachtung dieser Vorgaben ist vorliegend, wovon das SG zutreffend ausgegangen ist, kein tätlicher Angriff gegeben.
Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29.04.2010, a.a.O.) bei Angriffshandlungen im Sinne des §
1 Abs
1 Satz 1
OEG auch Begehungsweisen denkbar, bei denen kein strafrechtlich relevanter Erfolg angestrebt wird, was hier nahe läge. Es ist
nicht einmal zwingend die körperliche Berührung oder auch nur ein darauf zielender Vorsatz erforderlich. Auch kann die Begehung
eines unechten Unterlassungsdelikts (§
13 StGB) unter Umständen ausreichen, um einen tätlichen Angriff anzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 9 RVg 5/95 - BSGE 77, 18-21); bloßes Nichthandeln kann also, soweit es eine Straftat darstellt, ausreichen.
Der Blick auf den von der Klägerin geschilderte Sachverhalt zeigt jedoch rasch, dass es hier um sozial angemessenes Verhalten
der betreffenden Mitarbeiter der von der Klägerin genannten öffentlichen Verwaltungen geht, das entsprechend der Rechtsprechung
auszuscheiden ist. Eine gezielte vorsätzliche Schädigung der Klägerin und ein gezieltes auf Rechtsbruch gerichtetes Verhalten
zu unterstellen, erscheint weit hergeholt; solches wird von der Klägerin letztlich auch nicht behauptet. Die Frage der Zweckmäßigkeit
und Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns (Rechtmäßigkeit in verwaltungsrechtlicher Hinsicht) ist insoweit unbeachtlich.
Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen (vgl. BSG, Urteil vom 07.04.2011, a.a.O.):
Ein vorsätzliches Handeln der betreffenden Mitarbeiter der von der Klägerin genannten öffentlichen Verwaltungen ist nicht
nachgewiesen und nach Auffassung des Senats aufgrund der von der Klägerin geschilderten Umstände abwegig.
Auch soweit von der Rechtsprechung für den "Angriff" im Sinn des §
1 Abs.
1 Satz 1
OEG eine "gewaltsame" Einwirkung vorausgesetzt wird, sind die Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben. Eine "unmittelbare" Einwirkung
auf den Körper der anderen Person liegt ebenfalls nicht vor. Gleiches gilt für eine "feindselige Willensrichtung".
1. "Gewaltsame" Einwirkung
Vor dem Hintergrund der vom SG im Einzelnen aufgezeigten Rechtsprechung des BSG hinsichtlich dieses Tatbestandsmerkmals - der Senat bezieht sich ausdrücklich auf die Darstellung im angefochtenen Gerichtsbescheid
- sieht der Senat mit dem BSG (a.a.O. sowie Urteil vom 17.04.2013) "mit Rücksicht auf die grundlegende gesetzgeberische Entscheidung, dass durch die Verwendung
des Begriffs des tätlichen Angriffs im Sinne des §
1 Abs.
1 Satz 1
OEG der allgemeine Gewaltbegriff im strafrechtlichen Sinn begrenzt und grundsätzlich eine Kraftentfaltung gegen eine Person erforderlich
sein soll ..., die Grenze der Wortlautinterpretation jedenfalls dann erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichtete Einwirkung
- ohne Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellt und nicht
unmittelbar auf die körperliche Integrität abzielt." Bei einem sich über längere Zeit hinziehenden Konflikt zwischen dem Opfer
und Personen seines Umfeldes, wie hier zwischen der Klägerin und den Mitarbeitern der Verwaltungen denkbar, sind nach Auffassung
des Senats entsprechend der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 17.04.2013, a.a.O.; dort:
"Mobbing"- Aktivitäten) bei einzelnen Vorfällen tätliche Angriffe nur dann anzunehmen, wenn auf den Körper des Opfers gezielt
eingewirkt wird (z.B. durch Fußtritt, vgl. a.a.O.). Dies ist vorliegend klar nicht der Fall. Weder zielten die Verwaltungsmitarbeiter
auf die körperliche Integrität der Klägerin ab noch wirkten sie auf die Klägerin ein. Sie trafen lediglich Verwaltungsentscheidungen
ohne unmittelbaren Bezug zur körperlichen Integrität.
2. "Unmittelbare" Einwirkung
Auch dieses Tatbestandsmerkmal ist vorliegend nicht gegeben.
Der tätliche Angriff zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass die Einwirkung "unmittelbar" auf den Körper der anderen Person zielen
muss. Das Tatbestandsmerkmal begrenzt die Entschädigungspflicht des Staates auf konkrete Gefährdungen des Opfers durch zielgerichtete
Angriffshandlungen (vgl. BSG, a.a.O.). Bereits die äußeren "Tatumstände" lassen vorliegend jeden Hinweis auf eine feindliche Ausrichtung des Handelns
der Verwaltungsmitarbeiter auf die gesundheitliche Situation der Klägerin vermissen. Maßgeblich war für die Genannten vielmehr
die Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgaben. Daher steht zur Gewissheit des Senats auch ohne Feststellungen zur inneren "Tatseite"
fest, dass vorliegend keine Unmittelbarkeit gegeben ist. Die von der Klägerin vorgetragenen Fernwirkungen (Migräne) sowie
die "seelische, psychische und soziale Gewalt" genügen nicht.
3. Feindselige Willensrichtung"
Auch heran mangelt es vorliegend. Zu diesem Tatbestandsmerkmal hat das BSG (a.a.O.) Folgendes ausgeführt:
"Der tätliche Angriff im Sinne des §
1 Abs.
1 Satz 1
OEG setzt über den natürlichen Vorsatz des Täters bezogen auf die Angriffshandlung ( ...) hinaus an sich eine "feindselige Willensrichtung"
voraus. Dieses - einem Angriff im Wortsinn immanente - Merkmal dient im Opferentschädigungsrecht vor allem zur Abgrenzung
sozial adäquaten bzw. gesellschaftlich noch tolerierten Verhaltens von einem auf Rechtsbruch gerichteten Handeln des Täters
( ...) Lässt sich eine feindselige Willensrichtung im engeren Sinne nicht feststellen, kann alternativ darauf abgestellt werden,
ob der Täter eine mit Gewaltanwendung (im Sinne einer gewaltsamen Einwirkung auf eine andere Person durch Einsatz körperlicher
Mittel) verbundene strafbare Vorsatztat (zumindest einen strafbaren Versuch) begangen hat."
Dass vorliegend diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, ist aus Sicht des Senats offensichtlich und bedarf daher auch im
Hinblick auf die obigen Feststellungen keiner weiteren Darlegung.
Auf das Erfordernis der Unmittelbarkeit der Gesundheitsschädigung, dem zweiten Glied der versorgungsrechtlichen Ursachenkette,
kommt es somit mangels schädigenden Vorgangs nicht an.
Zu weiteren Ermittlungen bestanden für den Senat kein Anlass und auch keine verfahrensrechtliche Pflicht, insbesondere auch
nicht zur Aufklärung der Motivlage der betreffenden Verwaltungsmitarbeiter o.ä.
Mit Blick auf §
103 SGG ist ein Gericht nur zu solchen Ermittlungen verpflichtet, die nach Lage der Sache erforderlich sind. Das Gericht muss nicht
von sich aus in alle Richtungen ermitteln ("keine Ermittlungen ins Blaue hinein"). Gerichtliche Nachforschungen sind nur erforderlich,
soweit sie der Sachverhalt und der Vortrag der Beteiligten nahe legen (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., a.a.O.,
§ 103, Rn. 7, m.w.N. der Rspr.). Vorliegend kommt es auf die näheren Umstände des von der Klägerin vorgetragenen Sachverhalts,
nämlich die Handlungen der Arbeitsverwaltung und der gesetzlichen Unfallversicherung, nicht an, so dass weitere Ermittlungen
nicht angezeigt waren. Denn selbst bei Klärung des konkreten Geschehens (des Handlungsablaufs im Einzelnen), wie von der Klägerin
zumindest schlagwortartig geschildert, könnte sich - unter Berücksichtigung der oben im Einzelnen dargelegten rechtlichen
Situation - kein Lebenssachverhalt ergeben, aus dem eine Gewalttat ableitbar wäre. Wie der Beklagte mit anderen Worten zu
Recht darauf hingewiesen hat, liegt ein rechtswidriger tätlicher Angriff im Hinblick auf die Schilderungen der Klägerin in
zu weiter Ferne. Dafür, dass bei näherer Betrachtung, also nach Klärung des vorgetragenen Handlungsablaufs im Einzelnen oder
der Ermittlung eines anderen, sich doch eine Gewalttat ergeben könnte, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Somit sind Ermittlungen
entbehrlich (vgl. Leitherer, a.a.O., Rn. 7a, m.w.N.).
Abschließend stellt der Senat noch fest, dass das SG vorliegend zutreffend durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Anders als in zahlreichen bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit
anhängigen Verfahren des Opferentschädigungsrechts, wo es sich meist aus mehreren Gründen um Fälle überdurchschnittlicher
Schwierigkeit handelt, sind wegen des überschaubaren Sachverhalts und des Fehlens komplizierter Rechtsfragen hier die Voraussetzungen
des §
105 Abs.
1 SGG erfüllt.
Im Übrigen ist festzuhalten, dass die vom SG mit Beschluss vom 11.10.2012 gemäß §
202 SGG i.V.m. §
145 Abs.
1 Zivilprozessordnung vorgenommene Verfahrenstrennung der Überprüfung durch das Berufungsgericht entzogen ist. Es liegt jedoch nahe, dass sich
vorliegend eine Trennung geradezu aufgedrängt hat.
Die Berufung kann somit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG).