LSG Bayern, Urteil vom 11.11.2015 - 2 P 14/13
Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Abschlusses eines Versorgungsvertrages nach dem SGB XI für die vollstationäre Versorgung in einem Pflegehaus
Anforderungen an eine positive Prognose
Festsetzung des Streitwerts im sozialgerichtlichen Verfahren
1. Über die explizit in § 72 Abs. 3 S. 1 SGB XI genannten Voraussetzungen hinaus setzt der Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrags als allgemeines ungeschriebenes
Tatbestandsmerkmal eine positive Prognose voraus, dass zu erwarten ist, dass der Träger der Einrichtung seine Verpflichtungen
sowohl gegenüber den Pflegebedürftigen als auch gegenüber den Kostenträgern erfüllen wird.
2. Die positive Prognose, dass der Träger der Einrichtung seine Verpflichtungen sowohl gegenüber den Pflegebedürftigen als
auch gegenüber den Kostenträgern erfüllen wird, kann insbesondere dann fehlen, wenn begründete Zweifel an der charakterlichen
Eignung und Zuverlässigkeit des Einrichtungsträgers bestehen. Diese Anforderung ergibt sich bereits aus einer entsprechenden
Interpretation des Bundesrechts, sodass es keiner Entscheidung bedarf, inwieweit Qualitätsanforderungen des Landesrechts,
hier etwa Art. 3 des bayerischen Pflege und Wohnqualitätsgesetzes (PfleWoqG), im Rahmen der Entscheidung über den Abschluss eines Versorgungsvertrags eine Rolle spielen. Darin liegt keine Missachtung
des § 72 Abs. 3 S. 1 Halbs. 2 SGB XI, der explizit regelt, dass ein Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages besteht, soweit und solange die Pflegeeinrichtung
die im vorangehenden ersten Halbsatz genannten Voraussetzungen erfüllt. Denn diese Vorschrift will in erster Linie sicherstellen,
dass es zu keiner Bedarfsprüfung seitens der Landesverbände der Pflegekassen kommt und die Pflegekassen zwischen mehreren
geeigneten Pflegeeinrichtungen keine Auswahl nach ihrer Bedarfsplanung treffen. Nicht Zweck dieser Vorschrift ist es jedoch,
auch ungeeigneten Pflegeeinrichtungen einen Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages zu geben, nur weil diese formal
die Anforderungen des § 72 Abs. 3 S. 1 Halbs. 1 SGB XI erfüllen.
3. Bei einer Klage auf Zulassung zur Pflege durch Abschluss eines Versorgungsvertrages ist auf den in den ersten drei Jahren
der Zulassung zu erwartenden Jahresgewinn abzustellen, wenn die Zulassung für mindestens drei Jahre streitig ist; ist der
streitige Zeitraum geringer, ist der zu erwartende Gewinn in diesem Zeitraum maßgebend.
1. Über die explizit in § 72 Abs. 3 Satz 1 SGB XI genannten Voraussetzungen hinaus setzt der Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrags als allgemeines ungeschriebenes
Tatbestandsmerkmal eine positive Prognose voraus, dass zu erwarten ist, dass der Träger der Einrichtung seine Verpflichtungen
sowohl gegenüber den Pflegebedürftigen als auch gegenüber den Kostenträgern erfüllen wird.
2. Dies ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass § 74 SGB XI bei der Verletzung dieser Pflichten den Landesverbänden der Pflegekassen das Recht zur Kündigung des Versorgungsvertrags
gibt, und zwar je nach Schwere des Verstoßes zur ordentlichen Kündigung nach § 74 Abs. 1 oder zur fristlosen Kündigung nach § 74 Abs. 2 SGB XI.
3. Die positive Prognose, dass der Träger der Einrichtung seine Verpflichtungen sowohl gegenüber den Pflegebedürftigen als
auch gegenüber den Kostenträgern erfüllen wird, kann insbesondere dann fehlen, wenn begründete Zweifel an der charakterlichen
Eignung und Zuverlässigkeit des Einrichtungsträgers bestehen.
4. Weder die rechtliche Situation noch die Interessenlage ist bei der Kündigung eines bestehenden Versorgungsvertrages mit
der Situation beim Neuabschluss eines solchen Vertrages vergleichbar.
Normenkette: GKG (2004) § 52 Abs. 1 ,
GKG (2004) § 63 Abs. 2 S. 1
,
PfleWoqG Art. 3 ,
,
,
,
Vorinstanzen: SG München 22.01.2013 S 29 P 104/11
Tenor I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 22.01.2013 hinsichtlich seiner Ziffern I und
II aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
IV.
Der Streitwert wird auf 68.000,00 Euro festgesetzt.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob die Ablehnung des Abschlusses eines Versorgungsvertrages nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch ( SGB XI) für die vollstationäre Versorgung im Pflegehaus C. in A-Stadt rechtmäßig war.
Der frühere Kläger des vorliegenden Rechtsstreits, J., über dessen Vermögen durch Beschluss des Amtsgerichts B-Stadt vom 01.05.2013
am 01.05.2013 um 12:00 Uhr das Insolvenzverfahren eröffnet und für den der jetzige Kläger am 20.09.2013 als Insolvenzverwalter
eingesetzt worden ist, betrieb mehrere Pflegedienste und -heime. Im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Abschluss eines
Versorgungsvertrags für das streitgegenständliche Pflegeheim in A-Stadt hatte der Kläger bereits Versorgungsverträge für eine
stationäre Einrichtung in H-Stadt mit 46 Pflegeplätzen seit dem 01.07.2002 und mit 20 Plätzen in der Tagespflege seit dem
01.07.2002, für eine stationäre Einrichtung in K-Stadt mit 38 Pflegeplätzen seit dem 01.12.2009 und für eine ambulante Einrichtung
in J-Stadt seit dem 01.02.2005.
Mit Schreiben vom 17.04.2008 wurde dem Hauptzollamt B-Stadt durch die Steuerfahndung B-Stadt mitgeteilt, dass eine Anzeige
gegen Herrn J. vorliege, wonach dieser in der Pflegeeinrichtung C. in J-Stadt vielen Mitarbeitern Teile ihres Lohnes "schwarz"
ausbezahlt habe. Daraufhin wurden vom Hauptzollamt B-Stadt umfangreiche Ermittlungen wegen des Verdachts des Vorenthaltens
und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 266a Abs. 1 und 2 StGB in der Zeit von August 2004 bis September 2008 durchgeführt. Hierzu wurden die Wohnräume des Hr. J. sowie die Geschäftsräume
von vier Pflegediensten bzw. Pflegeheimen des Hr. J. und die Geschäftsräume von dessen Steuerberater durchsucht und insgesamt
65 Personen als Zeugen bzw. Beschuldigte vernommen. Das Hauptzollamt B-Stadt stellte in seinem Schlussbericht an die Staatsanwaltschaft
B-Stadt vom 23.02.2010 fest, dass Hr. J. insgesamt mindestens 78 Arbeitnehmer (wovon aufgrund teilweise geringfügiger Beiträge
nur 59 Arbeitnehmer in die Schadensberechnung aufgenommen wurden) im Zeitraum von August 2004 bis September 2008 nicht in
vollem Umfang bzw. gänzlich nicht zur Sozialversicherung gemeldet habe. Die Verstöße wurden nach Gruppen geordnet in dem Schlussbericht
dargestellt. Ebenso findet sich in dem Schlussbericht eine Auflistung der jeweiligen Schadenshöhen. Auf die Ausführungen in
dem Schlussbericht wird im Einzelnen verwiesen.
Das Amtsgericht A-Stadt verurteilte Hr. J. mit Strafbefehl vom 13.09.2010 wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
in 148 tatmehrheitlichen Fällen gemäß § 266a Abs. 1 und Abs. 2 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten und zwei Wochen, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Verurteilung betraf
Taten im Zeitraum von Juli 2004 bis September 2008. Der durch die Taten verursachte Gesamtschaden wurde für die AOK Bayern
auf 122.683,18 EUR, für die Barmer Ersatzkasse auf 25.604,73 EUR, für die BKK A. T. U. auf 15.980,12 EUR und für die DAK auf
19.670,03 EUR beziffert. Die Summe der angegebenen Gesamtschäden belief sich auf 183.938,07 EUR. Der Strafbefehl wurde nach
Ablauf der zweiwöchigen Einspruchsfrist rechtskräftig.
Anfang September 2010 meldete Hr. J. die für den 01.12.2010 geplante Eröffnung einer neuen vollstationären Pflegeeinrichtung,
des Pflegehauses C., An der S., A-Stadt, bei verschiedenen Behörden an. Ein Antrag auf Zulassung oder Abschluss eines Versorgungsvertrages
bezüglich der Einrichtung findet sich in den Akten der Beklagten nicht. Das erste Schreiben der Beklagten in der zugehörigen
Akte datiert vom 03.09.2010. Darin wurden diesem bezugnehmend auf dessen "Anfrage zur Eröffnung einer vollstationären Pflegeeinrichtung"
allgemeine Informationen über das Zulassungsverfahren mittels Abschlusses eines Versorgungsvertrages gegeben. Das Pflegehaus
in A-Stadt wurde darin nicht genannt. Im Berufungsverfahren haben die Beklagten hierzu mit Schriftsatz vom 21.05.2013 mitgeteilt,
dass dieses Schreiben auf einer telefonischen Anfrage des Hr. J. beruht habe und in keiner Weise auf die später streitgegenständlich
gewordene Einrichtung bezogen gewesen sei. Aus einem internen Vermerk der Beklagten vom 07.10.2010 ergibt sich, dass bestimmte
Mitarbeiter erstmalig von dem Vorhaben, das C. Pflegehaus in A-Stadt zu eröffnen, erfahren haben, und zwar nun bereits zum
01.11.2010. Hr. J. wurden die Antragsunterlagen nach einem Anruf der Sachbearbeiterin per E-Mail am 07.10.2010 zugesandt.
Mit Schreiben vom 08.10.2010 bedankte sich dieser bei der Sachbearbeiterin der Beklagten für das am Vortag geführte Telefonat
und versprach, die notwendigen Antragsunterlagen den Beklagten per E-Mail zu übersenden. Diese Übersendung erfolgte noch am
selben Tag. Die Unterlagen wurden bei dem Beklagten am 11.10.2010 per E-Mail weitergeleitet, woraus sich ergab, dass der Antrag
des Hr. J. darauf gerichtet war, in A-Stadt, An der S. 8, ein Pflegeheim ab 01.12.2010 mit 36 Pflegeplätzen zu errichten.
Mit Schreiben vom 11.10.2010 forderten die Beklagten bei dem Antragsteller weitere Unterlagen an. In der Folgezeit bis 16.12.2010
ist in der Akte der Beklagten eine umfangreiche Korrespondenz zwischen Hr. J. und den Beklagten dokumentiert, die einen ständigen
Austausch von Unterlagen bzw. Verhandlungen über die auszuhandelnden Konditionen betrafen. Im Laufe dieser Verhandlungen wurde
der Termin für die beabsichtigte Aufnahme des Einrichtungsbetriebs auf den 01.01.2011 verschoben.
Nach einer Aktennotiz der Beklagten vom 14.12.2010 gab es einen internen Hinweis, dass es zu einer Verurteilung des Hr. J.
gekommen sei. Mit E-Mail vom 16.12.2010 leitete eine Mitarbeiterin der "Fachberatung auffällige Gesundheitspartner" der für
den Abschluss des Versorgungsvertrages zuständigen Sachbearbeiterin zwei Zeitungsberichte betreffend die Verurteilung des
Inhabers eines privaten Pflegeunternehmens aus dem Landkreis A-Stadt wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
in 148 Fällen zu. Hr. J. selbst informierte die Beklagten nach deren telefonischer Anfrage mit Schreiben vom 22.12.2010 über
seine Verurteilung durch Strafbefehl des Amtsgerichts A-Stadt vom 13.09.2010. Hr. J. teilte mit, dass der Strafbefehl rechtskräftig
sei, dass alle offenen Beträge bereits bezahlt worden seien und dass er mit der AOK in A-Stadt Ratenzahlung vereinbart habe.
Am 23.12.2010 teilten die Beklagten dem Hr. J. telefonisch mit, dass nun seine Zuverlässigkeit geprüft werden müsse und der
Abschluss des Versorgungsvertrages völlig offen sei.
Die Ermittlungen der Beklagten ergaben laut Vermerk vom 12.01.2011, dass Hr. J. bis zum 30.08.2010 einen Anteil von 68.003,64
EUR der hinterzogenen Beiträge nachgezahlt habe. Entsprechend einer Ratenzahlungsvereinbarung zahle er monatlich 3000 EUR.
Der derzeitige Rückstand betrage inklusive Säumniszuschläge 105.880 EUR.
In den Akten findet sich eine interne Äußerung des Justitiariats der Beklagten. Demnach rechtfertige die strafrechtliche Verurteilung
nicht die Kündigung der bestehenden Versorgungsverträge. Anders sei jedoch der beantragte Neuabschluss zu beurteilen. Hier
werde nicht eine laufende Rechtsbeziehung betrachtet, die einmal besser und einmal schlechter funktioniere, sondern es müsse
eine Prognose nach abstrakten Kriterien für die Zuverlässigkeit abgegeben werden. Insoweit sei ein Leistungserbringer, der
schon einmal in großem Stil Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten habe, nicht generell als zuverlässig einzuschätzen. Ein
solcher neuer Versorgungsvertrag sollte erst nach erfolgreichem Ablauf der Bewährungszeit in Betracht gezogen werden oder
gegebenenfalls auch erst dann, wenn danach das Führungszeugnis wieder eintragsfrei sei.
Mit Schreiben vom 14.02.2011 hörten die Beklagten Hr. J. zu der beabsichtigten Ablehnung des Versorgungsvertrages an.
Mit Schreiben vom 04.02.2011 kündigte der Beigeladene die von ihm mit Hr. J. für das Pflegeheim in A-Stadt am 20.12.2010 abgeschlossene
Vereinbarung nach §§ 75 ff. SGB XII rückwirkend zum 01.01.2011. Die Kündigung wurde damit begründet, dass es nicht sicher sei, ob ein Versorgungsvertrag zu Stande
komme. Der Bescheid war auf Art. 15 Bayerisches Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG) gestützt und wurde damit begründet, dass Hr. J. seine Anzeigepflicht nach Art. 4 Abs. 1 PfleWoqG nicht erfüllt habe und im Übrigen bis heute kein gültiger Versorgungsvertrags vorliege, trotzdem aber bereits 18 Bewohner
in die Einrichtung aufgenommen worden seien.
Mit Bescheid vom 14.02.2011 untersagte das Landratsamt B-Stadt Hr. J. die weitere Aufnahme von Bewohnern im C. Pflegehaus
in A-Stadt. Diese Untersagung werde so lange aufrechterhalten, bis mit der Pflegekasse ein Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI und wesentliche Leistungs- und Qualitätsmerkmale vereinbart würden.
Der Prozessbevollmächtigte des Hr. J. äußerte sich mit Schreiben vom 24.02.2011 zu der geplanten Ablehnung des Versorgungsvertrages
und verlangte gleichzeitig Akteneinsicht. Mit Schreiben vom 17.02.2011 äußerte sich der Prozessbevollmächtigte ausführlich.
Am 02.03.2011 fand ein Gespräch zwischen den Vertretern der Beklagten und Hr. J. sowie dessen Prozessbevollmächtigten statt.
Hr. J. schilderte darin die Hintergründe der Verurteilung aus seiner Sicht. Er legte dar, dass sich die Verurteilung darauf
gründe, dass Arbeitnehmerkonten für geringfügig beschäftigte Mitarbeiter auf einen Jahreszeitraum angelegt worden wären. Mittlerweile
gebe es eine Gesetzesänderung, die den Arbeitgebern dies ermögliche. Seitens der Beklagten wurde deshalb erwogen, den Versorgungsvertrag
doch auszufertigen, sofern die Ausführungen durch die Staatsanwaltschaft bestätigt würden. Daraufhin zogen die Beklagten den
bereits oben erwähnten Schlussbericht des Hauptzollamtes vom 24.02.2010 bei.
Mit Bescheid vom 14.03.2011 lehnten die Beklagten den Abschluss des Versorgungsvertrages für den Bereich der stationären Versorgung
für das Pflegehaus C. in A-Stadt ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Trägers der
Einrichtung sei aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung wegen der nicht ordnungsgemäßen Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen
in 148 Fällen erschüttert. Damit könne keine positive Prognoseentscheidung mehr getroffen werden, dass die gesetzlichen Pflichten
voraussichtlich im Rahmen des neuen Vertragsverhältnisses erfüllt werden. Auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit
sei die Prognose negativ. Darüber hinaus sei der Abschluss des Versorgungsvertrages auch im Hinblick auf die zu versorgenden
Patienten abzulehnen. Da dieser Personenkreis häufig nicht in der Lage sei, seine Belange ausreichend selbst zu vertreten,
sei hier die Integrität und Zuverlässigkeit der Pflegeeinrichtungen von besonderer Bedeutung. Das Interesse an der Zulassung
sei gegen die Sicherungsinteressen der Patienten und die öffentlichen Interessen der Pflegekassen abzuwägen. Für den Antragsteller
spreche, dass er die formalen Voraussetzungen erfülle. Gegen ihn spreche jedoch die Vielzahl der Einzeltaten und die große
Variationsbreite der Verstöße. Er sei nicht nach einem bestimmten Muster vorgegangen sondern habe mit den verschiedensten
Konstellationen die gesetzlichen Pflichten umgangen. Prognostisch sei deshalb weiterhin mit den unterschiedlichsten Versuchen
einer Umgehung gesetzlicher Pflichten zu rechnen. Die Variationsbreite spreche auch dafür, dass die Umgehungsversuche zukünftig
nicht nur das Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen betreffen könnten. Nach den aus dem Schlussbericht des Hauptzollamtes
gewonnenen Informationen seien dem Hr. J. keinesfalls nur die von ihm im Gespräch vom 02.03.2011 angedeuteten "Arbeitnehmerkonten"
zum Vorwurf gemacht worden. Vielmehr sei aufgrund der Art und Häufigkeit der Vergehen eine kriminelle Energie nachweisbar,
welche an der Zuverlässigkeit des Hr. J. zweifeln lasse. Erschwerend komme hinzu, dass dieser trotz mehrfacher Information
seitens der Beklagten bereits seit Januar Bewohner aufgenommen habe, obwohl ihm bekannt war, dass die Finanzierung der Leistungen
nicht sichergestellt sei. Negativ sei auch zu werden, dass Hr. J. in den am 08.10.2010 eingereichten Unterlagen bestätigte,
dass gegen ihn keine Verurteilung im strafrechtlichen Sinne vorliege. Zwar datierte die entsprechende Erklärung vom 13.09.2010,
da sie jedoch nachweislich erstmals am 08.10.2010 eingereicht worden sei, müsse davon ausgegangen werden, dass die betreffende
Erklärung bewusst rückdatiert wurde auf den letzten Tag, an dem der Strafbefehl noch nicht vorgelegen hatte, um die Beklagten
hierüber zu täuschen.
Mit Unterschriften vom 31.03.2011, 11.04.2011 und 14.04.2011 schlossen die Beklagten mit dem Kommunalunternehmen A-Stadt rückwirkend
zum 01.03.2015 einen Versorgungsvertrag für die vollstationäre Pflege im Pflegeheim an der S. in A-Stadt ab, für das das Kommunalunternehmen
A-Stadt die Trägerschaft von Hr. J. übernommen hatte. Die Pflegeeinrichtung führte die Bezeichnung "Seniorenzentrum an der
S.".
Gegen den Bescheid vom 14.03.2011 erhob Hr. J. am 13.04.2011 beim Sozialgericht (SG) München Klage mit dem ursprünglichen Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2011 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen,
das Vertragsangebot des Klägers auf Abschluss eines Versorgungsvertrages im Sinne des § 72 SGB XI für den Bereich der stationären Versorgung für das Pflegehaus C., S.-Straße 8 bis 10 in A-Stadt anzunehmen.
Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 10.06.2011 das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage bestritten, da die Trägerschaft
für die Einrichtung seit dem 01.03.2010 bei dem Kommunalunternehmen A-Stadt liege, mit dem bereits ein Versorgungsvertrag
für die vollstationäre Pflege abgeschlossen worden sei.
Dagegen wurde klägerseits eingewandt, die Gemeinde A-Stadt sei mit ihrem Kommunalunternehmen lediglich vorübergehend für den
Hr. J. eingesprungen, da dieser nicht die Ressourcen habe, Personal und Räumlichkeiten für die Zeit der gerichtlichen Auseinandersetzung
vorzuhalten. Die Gemeinde A-Stadt habe den Willen, dass dieser die Trägerschaft baldmöglichst wieder übernehme. Die 1. Bürgermeisterin
der Gemeinde A-Stadt hat mit Schreiben vom 28.07.2010 bestätigt, dass die Gemeinde A-Stadt das Seniorenzentrum an der S. dem
Kommunalunternehmen A-Stadt aus der Not heraus zum Betrieb überlassen habe, da für das C. kein Versorgungsvertrag zu Stande
gekommen sei. Die Gemeinde A-Stadt wie auch das Kommunalunternehmen A-Stadt seien jedoch jederzeit bereit, das Heim wieder,
wie ursprünglich geplant, dem C. zu übergeben, wenn ein Versorgungsvertrag vorliege.
Am 20.03.2012 fand eine mündliche Verhandlung beim SG statt, in der ausweislich der Niederschrift der damalige Kläger und die Beklagte zu 1 zusammen mit zwei Vertretern der Gemeinde
A-Stadt sowie des Kommunalunternehmens A-Stadt einen Vergleich schlossen, wonach der bestehende Versorgungsvertrag zwischen
dem Kommunalunternehmen A-Stadt und den Beklagten zum 31.08.2012 aufgehoben und mit dem damaligen Kläger ab 01.09.2012 ein
Versorgungsvertrag für die gleiche Einrichtung befristet bis 31.10.2013 geschlossen wurde, verbunden mit einer Verlängerungsoption
für einen unbefristeten Vertrag. Diese Vereinbarungen stünden unter der Voraussetzung des Einvernehmens mit dem überörtlichen
Träger der Sozialhilfe durch die Beklagten und der Zustimmung des Gemeinderates der Gemeinde A-Stadt und des Kommunalunternehmens
A-Stadt. Nach erfolgtem Einvernehmen würden die Parteien prozessual beendende Erklärungen abgeben.
Mit Schriftsatz vom 11.09.2012 hat Hr. J. um Fortsetzung des Verfahrens gebeten. Der in der mündlichen Verhandlung vom 20.03.2012
abgeschlossene Vergleich sei letztendlich nicht zur Ausführung gelangt. Da er seine finanziellen Mittel nicht ein ganzes Jahr
lang habe vorhalten können und deshalb anders disponiert habe, nämlich in die Erweiterung des ambulanten Pflegedienstes in
A-Stadt, sei für ihn der Abschluss eines neuen Versorgungsvertrags bezüglich der Einrichtung in A-Stadt nicht mehr realisierbar
gewesen. Stattdessen stelle der damalige Kläger nunmehr den Antrag, festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 14.03.2011
rechtswidrig und die Beklagte verpflichtet war, das Vertragsangebot des Klägers auf Abschluss eines Versorgungsvertrages anzunehmen.
Mit Schriftsatz vom 08.11.2012 hat der damalige Kläger unter Verweis auf ein von ihm bereits am 16.03.2012 an die Beklagte
gerichtetes Schreiben sein Fortsetzungsfeststellungsinteresse damit begründet, dass ihm infolge der rechtswidrigen Ablehnung
des Versorgungsvertrages Personalkosten für die Monate Januar und Februar 2011 in Höhe von 62.095,36 EUR entstanden seien,
die er als Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten geltend mache. Fixkosten, wie zum Beispiel Miete, Nebenkosten und diesen
Kosten, habe er vorerst noch nicht berücksichtigt.
Das SG hat mit Urteil vom 22.01.2013 (Az. S 29 P 104/11) festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 14.03.2011 rechtswidrig und die Beklagte verpflichtet war, das Vertragsangebot
des Klägers auf Abschluss eines Versorgungsvertrages anzunehmen. In den Gründen hat das SG ausgeführt, nach § 72 Abs. 3 Satz 1 SGB XI bestehe ein Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages, solange die darin genannten Voraussetzungen erfüllt seien.
Kriterien wie die Zuverlässigkeit des Betreibers oder das Bestehen von Vertrauen könnten dem Gesetz nicht entnommen werden.
Nur dann, wenn Gründe vorlägen, die eine fristlose Kündigung nach § 74 Abs. 2 SGB XI rechtfertigen würden, könnte nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz "dolo agit qui petit quod statim redditurus est" der Abschluss
des Vertrages verweigert werden. Dies würde jedoch voraussetzen, dass die Pflegeeinrichtung ihre gesetzlichen oder vertraglichen
Verpflichtungen gegenüber den Pflegebedürftigen oder deren Kostenträgern derart gröblich verletzt, dass ein Festhalten am
Vertrag nicht zumutbar ist. Dies gelte insbesondere dann, wenn Pflegebedürftige infolge der Pflichtverletzung zu Schaden kämen
oder die Einrichtung nicht erbrachte Leistungen gegenüber den Kostenträgern abrechne. Die Verurteilung durch den Strafbefehl
betreffe im Wesentlichen die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und damit nicht Pflichtverletzungen, die zum Schaden
bei Pflegebedürftigen oder zu Falschabrechnungen bei den Kostenträgern geführt hätten. Zudem habe die Beklagte die weiteren
Verträge mit dem Kläger bis heute unberührt gelassen, so dass auch daraus zu entnehmen sei, dass Kündigungsgründe nicht vorlägen.
Nach Auffassung des Gerichts habe der Kläger seine Verfehlungen abgebüßt und sei, da er seitdem nicht mehr straffällig geworden
sei, für das Betreiben von Pflegeeinrichtungen im Sinne des SGB XI ausreichend geeignet.
Die Beklagten haben gegen das Urteil des SG, das ihnen am 25.01.2013 zugestellt worden war, am 25.02.2013 Berufung eingelegt.
Mit Beschluss vom 01.05.2013 hat das Amtsgericht B-Stadt über das Vermögen des Hr. J. das Insolvenzverfahren eröffnet und
den jetzigen Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Der jetzige Kläger und Insolvenzverwalter hat über seinen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 04.04.2013 mitgeteilt,
dass der Rechtsstreit gemäß § 85 Abs. 1 Insolvenzordnung ( InsO) vom Insolvenzverwalter aufgenommen werde.
Die Beklagte hat mitgeteilt, dass der streitgegenständliche Fortsetzungsanspruch in die Insolvenzmasse falle; anders läge
der Fall, wenn die Klage noch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages gerichtet wäre, da es sich insoweit um ein höchstpersönliches
Rechtsverhältnis handeln würde, das nicht in die Insolvenzmasse fiele.
Das LSG hat daraufhin den I. als überörtlichen Sozialhilfeträger mit Beschluss vom 26.05.2015 gemäß § 75 Abs. 2 1. Alt. Sozialgerichtsgesetz ( SGG) beigeladen.
Das LSG hat mit Schriftsatz vom 26.05.2015 gegenüber dem Kläger das Bestehen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses in
Zweifel gezogen, da bislang der Schadensersatzanspruch des Klägers allein mit den für die Betreuung in den Monaten Januar
und Februar 2011 entgangenen Kassenanteilen begründet worden sei. Dem stehe entgegen, dass die Aufnahme von gesetzlich Versicherten
vor Abschluss des Versorgungsvertrages gemäß § 72 Abs. 4 SGB XI nicht zulässig gewesen sei. Ein Amtshaftungsanspruch komme für diese Monate deshalb allenfalls mit der Begründung in Betracht,
dass eine rechtzeitige Entscheidung durch Verschulden der Beklagten verzögert worden wäre. Selbst wenn man aber zu dem Ergebnis
gelangen würde, dass die Ablehnung des Versorgungsvertrags rechtswidrig war, würde es aber immer noch fern liegen, von einer
verschuldeten Verzögerung der Entscheidung auszugehen, da die Beklagten erst Ende Dezember 2010 von dem Strafbefehl erfahren
hätten und sich dadurch selbstverständlich zu weiteren Ermittlungen hinsichtlich der in § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XI genannten Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung und die Sicherstellung der Arbeitsvergütung
für die Beschäftigten veranlasst fühlen dürften, so dass Hr. J. jedenfalls schon aus diesem Grunde nicht mit einer Entscheidung
im Januar oder Februar 2011 habe rechnen dürfen. Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 22.07.2015 mitgeteilt, dass
er auch für die Zeit ab März 2011 erhebliche Schadensersatzansprüche geltend mache. Hr. J. habe monatelang mit erheblichen
Kosten Personal vorgehalten, Mieten bezahlt, und es seien ihm die Erlöse entgangen, die er bei einem Betrieb der Pflegeeinrichtungen
erzielt hätte. Der Kläger bezifferte den Schaden für März 2011 vorläufig auf mindestens 30.000 EUR und für die Folgemonate
auf mindestens 15.000 EUR, wobei er davon ausgehe, dass er zumindest bis zum Abschluss des Vergleichs vom 20.03.2012 Schadensersatz
fordern könne. Daraufhin hat das Gericht mit Schreiben vom 28.07.2015 mitgeteilt, es überrasche, wenn nun - im Gegensatz zu
dem in der ersten Instanz vorgelegten klägerischen Schreiben vom 16.03.2012 - weitere Schadensersatzansprüche für die Monate
März 2011 bis März 2012 in Höhe von rund 200.000 EUR geltend gemacht würden, obwohl diese Schäden im Zeitpunkt des Schreibens
vom 16.03.2012 schon bekannt sein mussten, in dem lediglich Schadensersatzansprüche für die Monate Januar und Februar 2011
in Höhe von 62.095,36 EUR geltend gemacht worden waren. Außerdem werde gebeten, die Kostenentwicklung ab März 2012 genauer
zu beschreiben und zu begründen vor dem Hintergrund, dass das Kommunalunternehmen A-Stadt die Einrichtung ab März 2011 übernommen
habe. Der Kläger hat daraufhin mit Schreiben vom 21.09.2015 die von ihm geltend gemachten Schadensersatzansprüche weiter aufgeschlüsselt.
Zum einen macht er einen entgangenen Gewinn in Höhe von 3000 EUR monatlich für das Jahr 2011 und von 4000 EUR monatlich für
das Jahr 2012 geltend. Diese Beträge könnten anhand der Erfahrungen begründet werden, die sich aus den übrigen von Hr. J.
geführten Einrichtungen ergäben. Zum anderen habe das Kommunalunternehmen A-Stadt nicht das gesamte Personal übernommen, das
er für die Errichtung der neuen Einrichtung angestellt habe. Da Hr. J. weiter davon ausginge, doch noch den Versorgungsvertrag
zu erhalten, habe er dem überzähligen Personal nicht sofort gekündigt, sondern dieses in seinen übrigen Einrichtungen untergebracht.
Erst nach sechs Monaten seien alle fünf betroffenen Personen entweder anderweitig beschäftigt oder entlassen worden. Die Personalkosten
für die betroffenen fünf Personen beliefen sich auf monatlich 15.500 EUR, die über einen Zeitraum von sechs Monaten kontinuierlich
reduziert worden seien, durchschnittlich seien über den Zeitraum von sechs Monaten monatlich 7500 bis 8000 EUR Mehrkosten
angefallen. Weiter macht der Kläger Kosten für den persönlichen Arbeitsaufwand bei der Einrichtung des neuen Pflegeheims und
für die Unterstützung des Kommunalunternehmens A-Stadt bei und nach deren Übernahme geltend. Hinzu kämen noch vergebliche
Werbungskosten und Kosten für Rechtsberatung und Steuerberatung.
Die Beklagten und Berufungskläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 22.01.2013 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 14.03.2011 abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Der Kläger vertritt die Auffassung, er habe Anfang September 2010 die geplante Eröffnung einer vollstationären Pflegeeinrichtung
in A-Stadt gegenüber den Beklagten angezeigt und spätestens Mitte Oktober 2010 nach Vorlage eines auf Wunsch der Beklagten
geänderten Strukturerhebungsbogens alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, um einen Rechtsanspruch auf Abschluss eines
Versorgungsvertrages zu haben. Im Dezember 2010 sei ihm noch eine Bescheidung im selben Monat in Aussicht gestellt worden.
Völlig überraschend habe er dann das Schreiben vom 14.02.2011 erhalten. Was die strafrechtliche Verurteilung betreffe, so
habe es keinen einzigen Fall gegeben, in dem sich J. gegenüber einem Pflegebedürftigen oder gegenüber dem Pflegekassen gesetzwidrig
verhalten hätte. Auch ein Vergleich mit § 74 SGB XI zeige, dass für den Bestand von Versorgungsverträgen nur gröbliche Pflichtverletzungen gerade gegenüber dem Pflegebedürftigen
und deren Kostenträgern von Bedeutung seien. Dass eine Verurteilung in 148 Fällen erfolgt sei, erscheine weniger gravierend,
wenn man bedenke, dass J. im Durchschnitt der letzten zehn Jahre jeweils knapp 100 Mitarbeiter beschäftigt und für diese monatlich
Beiträge an die Sozialkassen abzuführen habe, woraus sich über zehn Jahre eine Gesamtzahl von 12.000 Vorgängen ergebe, von
denen nur 148 beanstandet wurden. Die in dem Strafbefehl geahndeten Verfehlungen hätten bis Anfang 2011 bereits mindestens
zweieinhalb Jahre oder länger zurück gelegen, und in dieser Zeit habe sich J. nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Die Pflegequalität
sei von den Beklagten immer positiv beurteilt worden. Die Aussetzung der Strafe zur Bewährung in dem Strafbefehl zeige, dass
das Strafgericht eine positive Prognose gestellt habe.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 SGG). Die Berufung bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.
Der Kläger ist in den Rechtsstreit an Stelle des Hr. J. als dessen Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes eingetreten (Braun,
InsO, 5. Aufl. 2012, Vor §§ 85 - 87, Rdnr. 3). Der Fortsetzungsfeststellungsanspruch gehört gemäß § 35 Abs. 1 Insolvenzordnung ( InsO) zur Insolvenzmasse, weil er als Voraussetzung für einen vermögensrechtlichen Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird
und anders als der ursprüngliche Anspruch auf Abschluss des Versorgungsvertrags nicht höchstpersönlicher Natur ist. Deshalb
wurde durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss des Amtsgerichts B-Stadt vom 01.05.2013 das Berufungsverfahren
zunächst gemäß § 202 SGG i. V. m. § 240 Zivilprozessordnung ( ZPO) unterbrochen, bis es der Kläger als Insolvenzverwalter, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, mit Schriftsatz
vom 04.11.2013 gemäß § 85 Abs. 1 InsO wieder aufgenommen hat.
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten
vom 14.03.2011 rechtswidrig und die Beklagten verpflichtet waren, das Vertragsangebot des Klägers auf Abschluss eines Versorgungsvertrags
anzunehmen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage des Klägers ist zwar im Hinblick auf die zuletzt mit Schreiben vom 21.09.2015
präzisierten Schadensersatzansprüche zulässig. Hat sich das Verpflichtungsbegehren vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt,
kommt eine Fortsetzungsfeststellungsklage in Betracht. Diese ist über § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG hinaus auch bei Verpflichtungsklagen möglich. Diese Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig, wenn die ursprüngliche Verpflichtungsklage
zulässig war, sich das Verpflichtungsbegehren erledigt hat und der Kläger ein Interesse an der Feststellung hat, einen Anspruch
auf den Verwaltungsakt gehabt zu haben (Böttiger in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 54, Rn. 93). Im vorliegenden Fall hat sich das Klagebegehren dadurch erledigt, dass im Verlauf des Jahres 2012 der Kläger aufgrund
anderweitiger wirtschaftlicher Dispositionen die tatsächliche Möglichkeit, den streitgegenständlichen Pflegedienst zu betreiben,
verloren hat. Dies war spätestens mit dem Schriftsatz des Klägers vom 11.09.2012 der Fall, mit dem der Kläger dem Gericht
mitteilte, dass der Abschluss des Versorgungsvertrags aufgrund zwischenzeitlicher anderweitiger Dispositionen, insbesondere
der Erweiterung des ambulanten Pflegedienstes in A-Stadt, nicht mehr möglich sei.
Die Ablehnung des Abschlusses eines Versorgungsvertrags durch Bescheid der Beklagten vom 14.03.2011 erfolgte zu Recht. Gemäß
§ 72 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 SGB XI besteht ein Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrags, sofern die in § 72 Abs. 3 Satz 1 Hs 1 Nrn. 1 bis 3 SGB XI genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 Nr. 2 SGB XI insbesondere, dass die Pflegeeinrichtung die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung
bietet sowie eine in Pflegeeinrichtungen ortsübliche Arbeitsvergütung an die Beschäftigten zahlt. Der Senat ist der Überzeugung,
dass Hr. J. aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung in 148 Fällen nach § 266a StGB nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung erfüllte, und dass deshalb ebensowenig
zu erwarten war, dass er seinen Beschäftigten die ortsübliche Arbeitsvergütung zahlen würde. Hr. J. hatte in seinem ambulanten
Pflegedienst in J-Stadt vier Jahre lang systematisch die verschiedensten Modelle gepflegt, um Sozialversicherungsbeiträge
nicht abzuführen. Zur ortsüblichen Arbeitsvergütung der Beschäftigten gehören auch die für diese abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge.
Außerdem war Hr. J. dadurch erheblichen Risiken ausgesetzt, Nachforderungen der erfüllen zu müssen. Diese Risiken hatten sich
auch durch das Strafverfahren verwirklicht, infolge dessen Hr. J. Beitragsnachforderungen in Höhe von fast 184.000 EUR ausgesetzt
war. Dass bei einer solchen Art zu wirtschaften, die der Betreiber systematisch über viele Jahre ausgeübt hatte, die Gewähr
für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung nicht gegeben war, versteht sich von selbst, vielmehr
war die wirtschaftliche Existenz des Betriebs durch die Nachforderungen gefährdet. Dies hat sich auch nachträglich dadurch
bestätigt, dass es im Mai 2013 zur Insolvenz gekommen ist. Diese Gefährdung bestand unabhängig davon, ob Hr. J. seit den letzten
abgeurteilten Verfehlungen im September 2008 seine betrügerische Praxis aufgegeben hatte. Die Beklagten durften an der Besserung
des Hr. J. aber jedenfalls deshalb begründete Zweifel hegen, weil er ihnen gegenüber versucht hatte, die strafrechtliche Verurteilung
nicht anzugeben, ja sogar in den erst am 08.10.2010 übermittelten Unterlagen angegeben hatte, nicht strafrechtlich verurteilt
zu sein, obwohl bereits am 13.09.2010 der Strafbefehl ergangen war. Selbst wenn Hr. J. den entsprechenden Fragebogen, in dem
er die Frage nach Vorstrafen verneint hatte, bereits am 13.09.2010 ausgefüllt haben sollte (wie es der Datierung entsprach),
hätte er die Tatsache der Verurteilung nachmelden müssen, zumal die Relevanz der Vorstrafe für den Abschluss des Versorgungsvertrags
auf der Hand lag. Der Senat ist davon überzeugt, dass dies Hr. J. bei der Zuleitung der Unterlagen am 05.10.2015 bewusst war.
Die Beklagten erhielten von dem Vorfall erst Mitte Dezember 2012 durch Zufall Kenntnis und informierten Hr. J. sofort darüber.
Dieser legte dann aufgrund der Nachfrage der Beklagten mit Schreiben vom 22.12.2010 den Strafbefehl vor. Auch gegen seine
Verpflichtungen nach dem Bayerischen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz hat dieser verstoßen, weshalb ihm vom Landratsamt B-Stadt mit Bescheid vom 14.02.2011 die weitere Aufnahme von Bewohnern
untersagt worden war. In hohem Maße zeigte sich die Uneinsichtigkeit des Hr. J., als er auf das Anhörungsschreiben vom 14.02.2011
hin behauptete, es sei ihm noch im Dezember 2010 eine Bescheidung im selben Monat in Aussicht gestellt worden, und das Anhörungsschreiben
vom 14.02.2011 sei völlig überraschend gekommen. Vielmehr ergibt sich aus den Akten eindeutig, dass der Hr. J. den Beklagten
auf deren Nachfrage hin am 22.12.2010 den Strafbefehl zugeleitet hatte und dass ihm am 23.12.2010 mitgeteilt worden war, dass
seine Zuverlässigkeit überprüft werden müsse und der Abschluss des Versorgungsvertrags völlig offen sei. Selbst in dem Gespräch
mit der Beklagten am 02.03.2011 versuchte er noch, die Beklagten über das Ausmaß seines Verschuldens zu täuschen, indem er
vorbrachte, sich lediglich eines "Arbeitnehmerkonten"-Modells bedient zu haben, das inzwischen aufgrund einer Gesetzesänderung
ohnehin legal wäre. Auch dies stellte der Hr. J. offenbar so überzeugend dar, dass nach einem internen Vermerk die Beklagten
bereit gewesen wären, mit ihm trotz des Strafbefehls den Versorgungsvertrag abzuschließen, wenn sich die Darstellung durch
Rückfrage bei der Staatsanwaltschaft bewahrheiten würde. Der daraufhin von den Beklagten beigezogene Schlussbericht des Hauptzollamtes
vom 24.02.2010 brachte dann aber das ganze Ausmaß der von Hr. J. jahrelang aufgewendeten kriminellen Energie, die Vielfalt
seiner Betrugsmodelle und die dabei an den Tag gelegte Raffinesse an den Tag. So hatte Hr. J. Straftaten in den verschiedensten
Varianten verübt, die im Bericht des Hauptzollamtes B-Stadt vom 24.02.2010 in folgenden neun Fallgruppen zusammengefasst wurden:
* Lohnsplitting (Abrechnung von Arbeitsstunden über Personen, die tatsächlich nicht für den Kläger tätig waren, im Rahmen
geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse, um die versicherungspflichtige Tätigkeit der tatsächlich tätigen Pflegekraft zu
verschleiern) * Auszahlung von Schwarzlöhnen * Abgeltung von Arbeitslöhnen über Sachleistungen * zeitlich unvollständige Anmeldung
zur Sozialversicherung * Abbau von Überstunden geringfügig Beschäftigter über den tatsächlichen Beschäftigungszeitraum hinaus
durch papiermäßige Fortführung des geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses * Abbau von Überstunden versicherungspflichtiger
Beschäftigter über den tatsächlichen Beschäftigungszeitraum hinaus durch Weiterführung des Beschäftigungsverhältnisses auf
geringfügiger Basis * Scheinselbstständigkeit, d. h. Darstellung abhängig Beschäftigter als Selbstständiger * Nachweis umfangreicherer
tatsächlicher Beschäftigungszeiten als über geringfügige Beschäftigungsverhältnisse abgerechnet wurden * Abrechnung geleisteter
Arbeitsstunden über eine Firma der Ehefrau. Das Verhalten des Hr. J. in dem der Ablehnung vorausgehenden Verfahren war also
in keiner Weise geeignet, Vertrauen in eine grundlegende Besserung zu begründen.
Ein solches Vertrauen war jedenfalls auch nicht bis zum Zeitpunkt der Erledigung des Anspruchs auf Abschluss des Versorgungsvertrags
im Jahr 2012 wiederhergestellt, so dass die in § 72 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 Nr. 2 SGB XI genannten Anspruchsvoraussetzungen zu keinem Zeitpunkt gegeben waren. Insbesondere kann nicht aus der Tatsache, dass die
Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 20.03.2012 bereit waren, mit Hr. J. zum 01.09.2012 einen Versorgungsvertrag abzuschließen,
der Schluss gezogen werden, dass die Anspruchsvoraussetzungen im Zeitpunkt des Vergleichs bereits vorlagen. Denn der Vergleich
diente auch aus Sicht der Beklagten der Beseitigung einer Unsicherheit über den Ausgang des Rechtsstreits. Unabhängig von
der damaligen Ansicht der Beklagten ist der Senat jedoch der Auffassung, dass bis zur Erledigung des Anspruchs auf Abschluss
des Versorgungsvertrags, die jedenfalls vor dem 11.09.2012 eingetreten war, Hr. J. die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllte,
weil er aufgrund seines vorausgegangenen jahrelangen Fehlverhaltens mit erdrückenden Beitragsnachforderungen belastet war
und auch im gesamten erstinstanzlichen Verfahren bis September 2012 kein Verhalten gezeigt hatte, das auf eine grundsätzliche
Änderung seiner Einstellung hingewiesen hätte.
Unabhängig von der Frage einer Besserung des Hr. J. in seiner Einstellung beweist die Tatsache, dass dieser im Folgejahr in
Privatinsolvenz ging, dass er auch im Jahr 2012 bereits keine Gewähr mehr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische
Versorgung und die ortsübliche Bezahlung seiner Mitarbeiter mehr bot. Auch aus dem Umstand, dass er den am 20.03.2012 vergleichsweise
vereinbarten Versorgungsvertrag nicht mehr abschloss, ergibt sich, dass er bei Abschluss dieses Vergleichs bereits finanziell
nicht mehr zu retten war, denn ansonsten hätte er diesen Vergleich angenommen und durchgeführt, wenn man bedenkt, dass er
nach dem Vorbringen des Klägers im Schreiben vom 21.09.2015 im Jahr 2012 aus dem Betrieb des Pflegeheimes in A-Stadt einen
Reingewinn von 4000 EUR monatlich zu erwarten gehabt hätte.
Darüber hinaus hatte Hr. J. auch deshalb jedenfalls bis zur mit Schriftsatz vom 11.09.2012 erklärten Erledigung des Rechtsstreits
keinen Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrags, weil ihm auch im Hinblick auf die Betreuung der ihm anvertrauten
Pflegebedürftigen die notwendige Eignung und Zuverlässigkeit fehlte. Es war nicht Absicht des Gesetzgebers, mit § 72 SGB XI oder § 71 Abs. 2 SGB XI (hier in Verbindung mit § 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB XI) hinter der bei Inkrafttreten des SGB XI schon nach dem hier auch einschlägigen Heim- und Berufsrecht bestehenden Verpflichtung, mit der wirtschaftlich-organisatorischen
Gesamtleitung eines Pflegeheimes und der Leitung des Pflegedienstes nur fachlich und persönlich hinreichend geeignete Personen
zu betrauen, zurückzubleiben. Zweck war vielmehr eine weitere Verbesserung der Pflegequalität (zu § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI: BSG, Urteil v. 22.04.2009, Az.: B 3 P 14/07 R, in [...] Rn. 18). Über die explizit in § 72 Abs. 3 Satz 1 SGB XI genannten Voraussetzungen hinaus setzt der Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrags als allgemeines ungeschriebenes
Tatbestandsmerkmal somit eine positive Prognose voraus, dass zu erwarten ist, dass der Träger der Einrichtung seine Verpflichtungen
sowohl gegenüber den Pflegebedürftigen als auch gegenüber den Kostenträgern erfüllen wird. Dies ergibt sich im Übrigen auch
daraus, dass § 74 SGB XI bei der Verletzung dieser Pflichten den Landesverbänden der Pflegekassen das Recht zur Kündigung des Versorgungsvertrags
gibt, und zwar je nach Schwere des Verstoßes zur ordentlichen Kündigung nach § 74 Abs. 1 oder zur fristlosen Kündigung nach § 74 Abs. 2 SGB XI. Wenn eine Verletzung von Vertragspflichten aber das Recht zur Kündigung gibt, so muss erst recht ein Anspruch auf Abschluss
des Vertrags entfallen, wenn von vornherein die Prognose nicht gerechtfertigt ist, dass die Vertragspflichten erfüllt werden.
Die positive Prognose, dass der Träger der Einrichtung seine Verpflichtungen sowohl gegenüber den Pflegebedürftigen als auch
gegenüber den Kostenträgern erfüllen wird, kann insbesondere dann fehlen, wenn begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung
und Zuverlässigkeit des Einrichtungsträgers bestehen. Diese Anforderung ergibt sich bereits aus einer entsprechenden Interpretation
des Bundesrechts, so dass es keiner Entscheidung bedarf, inwieweit Qualitätsanforderungen des Landesrechts, hier etwa Art.
3 PfleWoqG, wonach der Träger die notwendige Zuverlässigkeit zum Betrieb einer stationären Einrichtung besitzen muss, im Rahmen der
Entscheidung über den Abschluss eines Versorgungsvertrags eine Rolle spielen. Darin liegt keine Missachtung des § 72 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 SGB XI, der explizit regelt, dass ein Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages besteht, soweit und solange die Pflegeeinrichtung
die im vorangehenden ersten Halbsatz genannten Voraussetzungen erfüllt. Denn diese Vorschrift will in erster Linie sicherstellen,
dass es zu keiner Bedarfsprüfung seitens der Landesverbände der Pflegekassen kommt und die Pflegekassen zwischen mehreren
geeigneten Pflegeeinrichtungen keine Auswahl nach ihrer Bedarfsplanung treffen (Groth in Hauck/Noftz, SGB XI, Stand 08/12, § 72 Rdnrn. 33 f.). Nicht Zweck dieser Vorschrift ist es jedoch, auch ungeeigneten Pflegeeinrichtungen einen Anspruch auf Abschluss
eines Versorgungsvertrages zu geben, nur weil diese formal die Anforderungen des § 72 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 SGB XI erfüllen. Im vorliegenden Fall waren aufgrund der in dem Strafbefehl enthaltenen Verurteilung nach § 266a StGB in 148 Fällen mit einer Gesamtschadenssumme von 184.000 EUR berechtigte Zweifel an der Eignung und Zuverlässigkeit des Hr.
J. hinsichtlich der Betreuung der ihm anvertrauten Pflegebedürftigen sowie auch im Verhältnis zu den Pflegekassen und Sozialhilfeträgern
angebracht. Insbesondere das Ausmaß der von Hr. J. über Jahre hinweg gezeigten kriminellen Energie und die Vielfalt der von
ihm eingesetzten Betrugsmodelle ließen - wie oben dargelegt - berechtigte Zweifel hinsichtlich seiner Eignung für die Betreuung
von Pflegebedürftigen aufkommen, die dem Träger der Einrichtung teilweise völlig schutz- und hilflos ausgeliefert sind, so
dass von einem Heimträger ein Höchstmaß an charakterlicher Integrität für seine verantwortungsvolle Aufgabe zu fordern ist.
Der Senat vermag auch keinen Widerspruch zwischen der Entscheidung der Beklagten zu erkennen, trotz des Bekanntwerdens des
Strafbefehls die bereits bestehenden Versorgungsverträge unangetastet zu lassen, während jedenfalls während einer "Bewährungszeit"
vom Neuabschluss solcher Verträge abgesehen werden sollte. Weder die rechtliche Situation noch die Interessenlage ist bei
der Kündigung eines bestehenden Versorgungsvertrages mit der Situation beim Neuabschluss eines solchen Vertrages vergleichbar.
Der bestehende Versorgungsvertrag betrifft bestehende Einrichtungen, die durch die Kündigung in ihrer Existenz zerschlagen
würden. Auch ergibt sich aus § 74 SGB XI, dass bei der Kündigung bestehender Verträge wegen des aus dem Vertrag erwachsenden Bestandsschutzes bzw. gemäß einem Grundrechtsschutz
nach Art. 12 bzw. 14 Grundgesetz ( GG) erhöhte Anforderungen an eine Beendigung zu stellen sind.
Im Übrigen geht die Argumentation des Klägers völlig fehl, soweit dieser davon ausgeht, aus der Tatsache, dass der Vollzug
der gegen Hr. J. verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde, zwangsläufig zu folgern sei, dass auch im Hinblick
auf den Abschluss des Versorgungsvertrags eine negative Prognose hinsichtlich dessen Zuverlässigkeit nicht mehr in Betracht
komme. Die Maßstäbe, die hinsichtlich der positiven Prognose im Hinblick auf den Umgang mit den Pflegebedürftigen und den
Kostenträgern bei Abschluss eines Versorgungsvertrages zu stellen sind, sind völlig andere, als sie bei der Entscheidung über
die Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung gelten. Während es nämlich bei der letztgenannten Entscheidung darum geht,
ob ein Straftäter mit dem stärksten und härtesten Grundrechtseingriff überzogen wird, den die Rechtsordnung kennt, nämlich
dem Entzug der persönlichen Freiheit, steht bei der erstgenannten Entscheidung der Schutz der dem Heimträger künftig anvertrauten
Pflegebedürftigen sowie das Interesse der Kostenträger an einer sachgerechten und wirtschaftlichen Verwendung ihrer Mittel
im Vordergrund. Diese völlig anders geartete Interessenlage macht deutlich, dass an die Eignung und Zuverlässigkeit des Heimträgers
im Rahmen der bei Abschluss eines Versorgungsvertrages zu stellenden positiven Prognose erheblich höhere Anforderungen zu
stellen sind als vom Strafgericht bei der Entscheidung über die Aussetzung des Vollzuges einer Freiheitsstrafe zur Bewährung.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war die von den Beklagten getroffene Entscheidung, vom Neuabschluss eines Versorgungsvertrages
mit Hr. J. bis zum Ablauf der vom Strafgericht verhängten Bewährungszeit abzusehen, sachgerecht.
Die Kostenentscheidung beruht auf 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung ( VwGO). Das Verfahren ist gerichtskostenpflichtig, weil weder der Kläger noch Hr. J. noch die Beklagten zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Der Beigeladene hat keine Anträge gestellt (hierzu: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 197a Rn. 29 m. w. N.).
Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung
des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht
und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Danach setzt in gerichtskostenpflichtigen Verfahren das Gericht den Streitwert für die zu erhebenden Gebühren fest, sobald
eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht. In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist,
soweit nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 52 Abs. 1 GKG der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Bei einer Klage auf Zulassung zur Pflege durch Abschluss eines Versorgungsvertrages ist auf den in den ersten drei Jahren
der Zulassung zu erwartenden Jahresgewinn abzustellen, wenn die Zulassung für mindestens drei Jahre streitig ist; ist der
streitige Zeitraum geringer, ist der zu erwartende Gewinn in diesem Zeitraum maßgebend (BSG, Beschluss vom 10.11.2005, Az. B 3 KR 36/05 B,zur Zulassung von Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen und nichtärztlichen Leistungserbringern nach dem SGB V; BayLSG, Beschluss vom 13.12.2010 Az. L 2 P 47/09 B, Rdnr. 15 bei [...]). Zwar war die Klage ursprünglich auf Abschluss eines Versorgungsvertrags auf unbestimmte Dauer gerichtet.
Da jedoch noch in der ersten Instanz mit Schriftsatz vom 11.09.2012 der ursprüngliche Klageantrag für erledigt erklärt und
eine Umstellung auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage gerichtet worden war, war für das Berufungsverfahren von Anfang an
ein Streitwert maßgebend, der sich aus dem Interesse des Klägers bestimmte, für die Zeit von Januar 2011 bis August 2012 rechtswidrig
keinen Versorgungsvertrag erhalten zu haben. Den dadurch entgangenen Gewinn hat der Kläger mit Schreiben vom 21.09.2015 auf
3000 EUR monatlich für das Jahr 2011 und 4000 EUR monatlich für das Jahr 2012 beziffert. Damit ist der Streitwert für das
Berufungsverfahren zu errechnen als 12 x 3000 EUR = 36.000 EUR für das Jahr 2011 und 8 x 4000 EUR = 32.000 EUR für die Monate
Januar bis August 2012, insgesamt 68.000 EUR.
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