Versicherungsschutz einer Pflegeperson in der gesetzlichen Unfallversicherung; Pflegetätigkeit im Bereich der hauswirtschaftlichen
Versorgung; Hilfeleistung im Bereich der Mobilität
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin und Berufungsklägerin bei ihrem Unfall am 20. Dezember 2011 als Pflegeperson
ihres Ehemannes im Sinne von §
19 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (
SGB XI) nach §
2 Abs.
1 Nr.
17 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (
SGB VII) gesetzlich unfallversichert gewesen ist und somit ein Arbeitsunfall vorliegt.
Beim Ehemann der Klägerin liegen seit Mai 1995 die Voraussetzungen zur Anerkennung einer Pflegebedürftigkeit vor. Seither
pflegte die Klägerin, unterstützt durch ihre Tochter und jetzige Betreuerin C. (nachfolgend: E.K.), ihren Ehemann, mit dem
sie gemeinsam in einer Doppelhaushälfte wohnte. Zum Unfallzeitpunkt war die Pflegestufe II zuerkannt. In einem Gutachten des
MDK vom 21. Januar 2011 waren als pflegebegründende Diagnosen aufgeführt: Zustand nach viermaligem Hirninfarkt (zuletzt November
2010) mit Resthemischwäche rechts sowie Demenz mit Orientierungsstörungen. Weiter wurde vermerkt, dass der Ehemann der Klägerin
zeitlich und situativ desorientiert war, sich teilweise verbal aggressiv verhielt und Weglauftendenzen zeigte. Sein Hilfebedarf
im Bereich der Grundpflege wurde mit 120 Minuten, derjenige im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung mit 60 Minuten
bewertet. Eine erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz wurde festgestellt. Die Grundpflege wurde ausschließlich von der
Klägerin übernommen, bei der hauswirtschaftlichen Versorgung wurde sie von E.K. unterstützt.
Die Klägerin befand sich am 20. Dezember 2011 gegen 15:00 Uhr auf dem Rückweg von Besorgungen, zu denen sie ihren Ehemann
mitgenommen hatte. Auf dem Weg vom Auto zur Haustür rutschte sie aus und schlug mit dem Hinterkopf auf eine Betonplatte auf.
Dabei zog sie sich erhebliche Verletzungen in Form eines schweren Schädel-Hirn-Traumas zu. Der Notarzt wurde erst um 16:15
Uhr verständigt. Anschließend wurde die Klägerin über mehrere Wochen stationär behandelt. Inzwischen lebt sie bei E.K., die
sie pflegt und die zugleich ihre Betreuerin ist.
In der Unfallanzeige vom 19. März 2012, die sie später präzisierte, gab E.K. an, die Klägerin habe am 20. Dezember 2011 ihren
Ehemann zum Hausarzt Dr. G. S. sowie zur Apotheke gefahren. Auf dem Weg zum Haus habe die Klägerin den Ehemann gestützt. Ermittlungen
der Beklagten und Berufungsbeklagten beim Hausarzt ergaben, dass der Ehemann dort keinen Behandlungstermin wahrgenommen hat.
Die Klägerin hatte dort am fraglichen Tag lediglich ein Rezept (über Accu Check Aviva Teststreifen für das Blutzuckermessgerät)
für ihren Ehemann abgeholt. Zeitangaben konnte der Hausarzt nicht machen. Der Ehemann gab in einem Frageformular der Beklagten
unter dem Datum vom 23. April 2012 an, die Klägerin und er hätten sich auf dem Rückweg vom Friseur und vom Einkaufen befunden.
Das Frageformular wurde nicht von ihm selbst ausgefüllt, sondern lediglich unterschrieben. E.K. teilte hierzu mit, die widersprüchlichen
Angaben seien auf die Demenzerkrankung des Ehemannes der Klägerin zurückzuführen. Die Klägerin selbst konnte aufgrund ihrer
schweren Kopfverletzungen keine Angaben zum Unfalltag machen.
Mit Bescheid vom 28. August 2012 lehnte es die Beklagte ab, das Ereignis vom 20. Dezember 2011 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Zwar sei die Klägerin damals Pflegeperson ihres pflegebedürftigen Ehemannes gewesen. Die unfallbringende Tätigkeit (Abholen
des Rezeptes inklusive damit zusammenhängender Wege) könne aber keiner unfallversicherten Pflegetätigkeit (vorliegend komme
der Bereich der Mobilität in Betracht) zugerechnet werden. Insbesondere habe der Ehemann an diesem Tag keinen Arzttermin gehabt.
Hiergegen erhob E.K. als Betreuerin für die Klägerin Widerspruch. Der Ehemann der Klägerin sei insulinpflichtiger Diabetiker
(mit der Notwendigkeit, dreimal täglich Insulin zu spritzen) und aufgrund seiner übrigen Erkrankungen nicht mehr in der Lage,
die Arztpraxis wegen der Rezepte aufzusuchen. Die Klägerin habe daher mehrmals in der Woche für ihren Ehemann die Rezepte
abgeholt. Ergänzend legte E.K. ein Schreiben der Rechtsanwältin des Ehemannes der Klägerin vor. Dort ist zum Sachverhalt ausgeführt,
dass die Klägerin ihren Ehemann am Unfalltag zum Friseur gefahren habe. Auf der Heimfahrt habe sie das Rezept beim Hausarzt
abgeholt und habe noch Lebensmittel für den Vater eingekauft. E.K. teilte hierzu mit, dass ihr dies nicht bekannt gewesen
sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ergänzend führte sie aus, dass das
Aufsuchen eines Friseurs durch den pflegebedürftigen Ehemann nicht zu den berücksichtigungsfähigen Pflegeverrichtungen zähle.
Dafür, dass während der fraglichen Fahrt auch Einkäufe vorgenommen worden seien, die überwiegend dem pflegebedürftigen Ehemann
zugute gekommen wären, gäbe es keine Hinweise.
Dagegen erhob E.K. für die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG). Sie trug ergänzend vor, dass der Ehemann der Klägerin wegen Orientierungsschwierigkeiten und Weglauftendenzen ständiger
Beaufsichtigung bedurft habe. Die Klägerin habe ihn daher zu den Besorgungen mitnehmen müssen. Auch hätte der an insulinpflichtigem
Diabetes mellitus leidende Ehemann im Falle einer Unterzuckerung der Hilfe der Klägerin bedurft.
Ein Antrag auf Prozesskostenhilfe wurde in der mündlichen Verhandlung am 27. Januar 2014 abgelehnt, weil die Klage keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg habe. Mit Urteil vom selben Tag wies das SG die Klage ab (S 41 U 561/12). Ein versicherter Arbeitsunfall liege nicht vor. Unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien, Rechtsprechung, Kommentarliteratur
zu den Verrichtungen im Bereich der Mobilität sowie die Ausführungen der Beklagten in den angegriffenen Bescheiden gelangte
das SG zu dem Schluss, dass die unfallbringende Verrichtung nicht vom Katalog des §
14 Abs.
4 SGB XI erfasst werde und daher kein Unfallversicherungsschutz bestanden habe.
Gegen das am 30. Juni 2014 zugestellte Urteil hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bereits am 26. Juni 2014 Berufung
eingelegt. Zur Begründung wurde der bisherige Vortrag vertieft und insbesondere auf die Gefahr lebensbedrohlicher Unterzuckerungen
beim Ehemann der Klägerin hingewiesen. Auch seien aufgrund der Demenzerkrankung bereits gefährliche Situationen aufgetreten,
weshalb eine ständige Beaufsichtigung erforderlich gewesen sei.
Mit Beschluss vom 13. Oktober 2014 hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt.
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat E.K. angehört. Zum Gesundheitszustand der Klägerin hat sie angegeben, dass diese
zwar stabil sei, sich jedoch nur über Augenkontakt (ja/nein) verständigen könne. Die Demenzerkrankung des Ehemannes der Klägerin
sei mittlerweile erheblich fortgeschritten. Bereits zum Unfallzeitpunkt sei er erkrankungsbedingt verwirrt gewesen. Zum Unfalltag
hat sie geschildert, dass sie vormittags mit der Klägerin telefoniert habe. Dabei sei auch darüber gesprochen worden, dass
die Klägerin noch ein Rezept beim Arzt abholen wolle, was für nachmittags vorgesehen gewesen sei. Der Weg führe üblicherweise
von der Wohnung zur Arztpraxis und zurück über die dazwischen liegende Apotheke. Wegen der örtlichen Geschäftsöffnungszeiten
müsse dies nach 14:00 Uhr gewesen sein. Zwischen dem Unfall und der Alarmierung des Notarztes sei sicherlich eine Stunde vergangen.
Denn der Ehemann habe die Klägerin zunächst mühsam in das Haus verbracht und dort auf das Sofa gelegt. Dann habe er keine
Zeit gefunden, den Notarzt zu verständigen, weil sich die Klägerin ständig übergeben habe. Über einen Friseurtermin oder weitere
Einkäufe sei ihr nichts bekannt.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 27. Januar 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2012 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2012 aufzuheben und festzustellen, dass der Unfall der Klägerin vom 20. Dezember
2011 ein Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§
143,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG). Die Berufung bedarf gemäß §
144 SGG keiner Zulassung.
Die Berufung der Klägerin ist auch begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.
1.
Die Klage auf Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalls ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß
§
54 Abs.
1 Satz 1 und §
55 Abs.
1 Nr.
3 SGG statthaft. Soweit die Klägerin zudem "Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung" begehrt hatte, hat sie an dem insoweit
unzulässigen Antrag (vgl. Bundessozialgericht
- BSG -, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 46/03 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 3, [...] Rn. 11 f.) im Berufungsverfahren ausdrücklich nicht festgehalten.
2.
Die Klägerin hat einen Anspruch darauf festzustellen, dass es sich bei dem Unfall vom 20. Dezember 2011 um einen Arbeitsunfall
handelt.
a) Nach §
8 Abs.
1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §
2,
3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende
Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im
Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder
sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis
- geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht
hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens
(haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (BSG, Urteil vom 17. Februar 2009 - B 2 U 18/07 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 31 und [...] Rn. 9 m.w.N.).
Dabei muss das Vorliegen einer versicherten Verrichtung zur Zeit des Unfalls, das Unfallereignis selbst sowie der Gesundheitserstschaden
im Überzeugungsgrad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein. Für die Nachweise
der Ursachenzusammenhänge zwischen Verrichtung und Unfallereignis sowie zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden
gilt der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit; die bloße Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 29/07 R -, [...] Rn. 16).
Der innere bzw. sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist wertend
zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz
in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSG, Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 11/04 R -, BSGE 94, 262 ff. und [...] Rn. 13). Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den sachlichen Zusammenhang zwischen der
versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalles ist, ob der Versicherte eine der grundsätzlich versicherten
Tätigkeit dienende Verrichtung ausüben wollte und ob diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände bestätigt wird (BSG, Urteil vom 18. November 2008 - B 2 U 31/07 R -, [...] Rn. 11).
b) Der Sturz der Klägerin vor ihrem Haus am 20. Dezember 2011, bei dem sie mit dem Kopf auf den Betonplatten aufschlug, stellt
zweifellos ein solches Unfallereignis dar. Dieses hat auch zu einem Gesundheitserstschaden (hier: Kopfverletzung mit nachfolgendem
Schädel-Hirn-Trauma) geführt.
Zwischen den Beteiligten streitig ist hingegen, ob die Klägerin den Unfall infolge einer versicherten Tätigkeit erlitten hat.
In Betracht zu ziehen ist vorliegend allein ein Unfallversicherungsschutz nach §
2 Abs.
1 Nr.
17 SGB VII. Danach sind Pflegepersonen im Sinne des §
19 SGB XI bei der Pflege eines Pflegebedürftigen im Sinne des §
14 SGB XI kraft Gesetzes unfallversichert; die versicherte Tätigkeit umfasst Pflegetätigkeiten im Bereich der Körperpflege und - soweit
diese Tätigkeiten überwiegend Pflegebedürftigen zugute kommen - Pflegetätigkeiten in den Bereichen der Ernährung, der Mobilität
sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung (§
14 Abs.
4 SGB XI).
§
19 SGB XI definiert in seinem Satz 1 Pflegepersonen im Sinne des
SGB XI als Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen im Sinne des §
14 SGB XI in seiner häuslichen Umgebung pflegen.
Nach §
14 Abs.
1 SGB XI sind pflegebedürftig im Sinne des
SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig
wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem
oder höherem Maße (vgl. §
15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Die Hilfe im Sinne von §
14 Abs.
1 SGB XI besteht in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens
oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen (§
14 Abs.
3 SGB XI). Nach §
14 Abs.
4 SGB XI sind gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen in diesem Sinne:
1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung,
2.im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung,
3.im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen
oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung,
4.im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen
der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.
aa) Die Klägerin war im Zeitpunkt ihres Unfalls Pflegeperson im Sinne des §
19 Satz 1
SGB XI. Bis zu ihrem Unfall hatte sie ihren Ehemann gepflegt. Bei diesem war die Pflegestufe II zuerkannt, mithin war er pflegebedürftig
im Sinne des §
14 Abs.
1 SGB XI. Die Pflege erfolgte nicht erwerbsmäßig im gemeinsamen häuslichen Umfeld. Dass sich der zeitliche Aufwand für die Pflege
zudem auf mindestens 14 Stunden wöchentlich belief
- die Klägerin hatte die Grundpflege vollständig übernommen, hinzu kamen Teile der hauswirtschaftlichen Versorgung, bei der
sie von E.K. unterstützt wurde (vgl. §
19 Satz 2
SGB XI) - ist unerheblich. §
2 Abs.
1 Nr.
17 SGB VII verweist lediglich auf den Begriff der Pflegeperson in §
19 Satz 1
SGB XI, nimmt jedoch nicht auf den in Satz 2 genannten zeitlichen Mindestumfang Bezug (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 46/03 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 3, [...] Rn. 15 ff.).
bb) Im Zeitpunkt ihres Unfalls übte die Klägerin auch eine nach §
2 Abs.
1 Nr.
17 SGB VII versicherte Pflegetätigkeit aus. Nach dieser Vorschrift sind versichert Pflegetätigkeiten im Bereich der Körperpflege und
- soweit diese Tätigkeiten überwiegend Pflegebedürftigen zugute kommen - Pflegetätigkeiten in den Bereichen der Ernährung,
der Mobilität sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung (§
14 Abs.
4 SGB XI). Der Verweis auf §
14 Abs.
4 SGB XI stellt klar, dass Unfallversicherungsschutz grundsätzlich nur bei der Hilfe bei denjenigen gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden
Verrichtungen des täglichen Lebens besteht, die auch für die Zuordnung zu einer Pflegestufe relevant sind.
(1) Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Handlungstendenz der Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls darauf gerichtet
war, nach Hause zurückzukehren, nachdem sie zuvor für ihren pflegebedürftigen Ehemann ein Rezept bei dessen Hausarzt abgeholt
und das Rezept anschließend in der Apotheke eingelöst hatte.
Die Klägerin befand sich zum Zeitpunkt ihres Unfalls auf dem Rückweg von Besorgungen, zu denen sie ihren Ehemann mitgenommen
hatte. Der Unfall geschah unmittelbar vor dem Haus des Ehepaares auf dem Weg vom Auto zur Haustür. Der Senat ist davon überzeugt,
dass die Klägerin zuvor ein Rezept für Blutzuckermessstreifen beim Hausarzt ihres Ehemannes abgeholt hatte. Der Senat geht
zudem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass die Klägerin dieses Rezept auf dem Rückweg in der Apotheke
eingelöst hatte. Hierfür spricht nicht zuletzt auch die allgemeine Lebenserfahrung. Zudem benötigte der Ehemann regelmäßig
Blutzuckerteststreifen und die Weihnachtsfeiertage standen bevor. Dies spricht dafür, das Einlösen des Rezeptes nicht unnötig
lange aufzuschieben. Überdies lag die Apotheke ohnehin auf dem Rückweg vom Hausarzt nach Hause. Schließlich konnte das Originalrezept
nicht aufgefunden werden. E.K. hat der Beklagten eine Kopie vorgelegt, die sie vom Hausarzt erhalten hatte.
Die zeitlichen Abläufe am Unfalltag ließen sich in der mündlichen Verhandlung durch die glaubhaften Angaben der E.K. ausreichend
eng eingrenzen. Als die Klägerin und E.K. am Vormittag telefoniert hatten, hatte die Klägerin das Rezept noch nicht abgeholt.
Die örtlichen Geschäftsöffnungszeiten machten zudem eine Erledigung in der Mittagszeit von 12:00 bis 14:00 Uhr unmöglich.
Schließlich ist es für den Senat nachvollziehbar, dass der bereits damals erheblich an Demenz leidende Ehemann nach dem Unfall
geraume Zeit verstreichen ließ, bis ein Notarzt verständigt wurde. Denn er verbrachte die Klägerin zunächst ins Haus. Anschließend
war er durch ihre heftige Übelkeit gefordert. Demgegenüber gibt es keine Gründe anzunehmen, dass die Klägerin das Haus an
diesem Tag mit dem schwer pflegebedürftigen Ehemann ein weiteres Mal verlassen haben könnte.
Ob die Eheleute am Unfalltag überhaupt weitere Besorgungen getätigt haben und welche dies ggf. gewesen sind, lässt sich hingegen
nicht mehr aufklären. Die Vermutung, am Unfalltag könnte der Ehemann der Klägerin beim Friseur gewesen sein und die Klägerin
könnte weitere Einkäufe erledigt haben, basiert allein auf den Angaben des Ehemannes der Klägerin. Hierauf vermag der Senat
eine ausreichende Überzeugung jedoch nicht zu stützen. Bereits in dem Pflegegutachten vom 21. Januar 2011 weist der MDK auf
eine bestehende Demenz mit Orientierungsstörungen hin. Der Ehemann der Klägerin war zeitlich und situativ desorientiert. Es
bestanden Weglauftendenzen. Die Schilderungen der E.K. in der mündlichen Verhandlung bestätigen, dass der Ehemann der Klägerin
bereits Ende 2011 krankheitsbedingt deutlich erkennbar verwirrt gewesen ist. Die fraglichen Angaben wurden zudem erst Monate
nach dem Unfall durch die Beklagte beim Ehemann abgefragt. Mit Datum vom 23. April 2012 hat der Ehemann der Klägerin ein von
einer anderen Person ausgefülltes Frageformular der Beklagten unterschrieben und dort auf die Frage, woher die Versicherte
gekommen sei, "Friseur und Einkaufen" geantwortet. Dabei lassen sowohl der nicht unerhebliche zeitliche Abstand zum Unfalltag
als auch die Erkrankungen des Ehemannes der Klägerin erhebliche Zweifel des Senats an der Richtigkeit dieser Angaben aufkommen.
Dies gilt umso mehr, als der Ehemann der Klägerin das Abholen des Rezeptes, welches durch die Angaben des Arztes nachgewiesen
ist, nicht erwähnt. Die späteren, durch die Anwältin des Ehemannes der Klägerin übermittelten Angaben lassen keine anderweitigen
Rückschlüsse zu. In Anbetracht seiner Erkrankungen scheidet - jedenfalls zwischenzeitlich - auch eine Vernehmung des Ehemannes
der Klägerin als Zeuge aus. E.K. hat demgegenüber zu keinem Zeitpunkt angegeben, dass außer dem Abholen des Rezeptes weitere
Besorgungen gemacht worden seien. Sie hat hierzu auch keine entsprechenden Beobachtungen gemacht (wie z.B. frisch geschnittene
Haare beim Ehemann der Klägerin oder herumstehende Einkaufstüten).
(2) Das Abholen des Rezeptes beim Arzt und dessen Einlösen in der Apotheke stellt eine Verrichtung im Sinne des §
14 Abs.
4 SGB XI dar. Zwar handelte es sich weder um eine Hilfeleistung im Bereich der Mobilität (hierzu unter aa) noch stand die Klägerin
deshalb unter Versicherungsschutz, weil ihr Ehemann ständiger Beaufsichtigung bedurfte (hierzu unter bb). Allerdings kann
die Hilfeleistung dem Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung zugeordnet werden. Diese kam vorliegend überwiegend dem
pflegebedürftigen Ehemann zugute (hierzu unter cc).
(aa) Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine Hilfeleistung im Bereich der Mobilität nicht vorliegt. §
14 Abs.
4 Nr.
3 SGB XI erfasst zunächst die - hier offensichtlich nicht betroffene - Mobilität innerhalb der häuslichen Umgebung. Das Verlassen
und Wiederaufsuchen der Wohnung ist hingegen nur in bestimmten Grenzen zu berücksichtigen. Die Gesetzesmaterialien (BR-Drs.
505/93, S. 97) führen hierzu aus, dass "[d]as Leben des Pflegebedürftigen [ ...] nicht auf die Wohnung beschränkt bleiben
[soll]. Der Pflegebedürftige muss vielmehr die Möglichkeit haben, seine Wohnung zu verlassen, um Ärzte, Krankengymnasten,
Sprachtherapeuten, Apotheken oder Behörden aufzusuchen. Es sollen nur solche Verrichtungen außerhalb der Wohnung in die Begutachtung
einbezogen werden, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und das persönliche Erscheinen
des Pflegebedürftigen notwendig machen. Weitere Hilfen - z.B. bei Spaziergängen oder Besuchen von kulturellen Veranstaltungen
- sind zwar wünschenswert, können aber durch die Pflegeversicherung nicht finanziert werden." Diese Erwägungen legt das BSG seiner ständiger Rechtsprechung zugrunde (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 3 P 4/97 R -, SozR 3-3300 § 14 Nr. 5 und [...] Rn. 13; BSG, Urteil vom 28. Mai 2003 - B 3 P 6/02 R -, SozR 4-3300 § 15 Nr. 1 und [...] Rn. 17).
Für die Annahme einer Hilfeleistung im Bereich der Mobilität könnte vorliegend zwar sprechen, dass der Weg zur Apotheke in
den Gesetzesmaterialien ausdrücklich genannt ist und die Versorgung des Pflegebedürftigen mit den erforderlichen Medikamenten
und medizinischen Hilfsmitteln für die Aufrechterhaltung seiner Lebensführung zu Hause unumgänglich ist. Allerdings war vorliegend
das persönliche Erscheinen des pflegebedürftigen Ehemannes nicht erforderlich (vgl. Meßling, in: jurisPK-
SGB XI, 1. Aufl. 2014, §
14 SGB XI, Rn. 127). Der Ehemann hatte an dem Tag des Unfalls keinen Termin bei seinem Arzt, der seine persönliche Anwesenheit erfordert
hätte. Dies steht nach Überzeugung des Senats fest aufgrund der Angaben des Arztes gegenüber der Beklagten. Danach hat die
Klägerin am Unfalltag in der dortigen Praxis lediglich ein Rezept für ihren Ehemann abgeholt. Etwas anderes wird auch von
der Klägerin bzw. E.K. nicht behauptet. Eine Hilfeleistung im Bereich der Mobilität ist überdies nur dann gegeben, wenn die
eigene Mobilität des Pflegebedürftigen unterstützt wird. Eine Erledigung entsprechender Tätigkeiten anstelle des Pflegebedürftigen
stellt keine Hilfeleistung im Bereich der Mobilität dar.
Daher führt vorliegend nicht zu einem anderen Ergebnis, dass die Klägerin sich tatsächlich auf einem gemeinsamen Weg mit dem
Pflegebedürftigen befunden hat und diesen nach dem Vortrag der E.K. zum Unfallzeitpunkt gestützt hat. Denn die Anwesenheit
des Ehemannes der Klägerin war nach deren eigenen Vortrag nicht darauf zurückzuführen, dass dieser die fragliche Verrichtung
(Abholen und Einlösen eines Rezeptes) grundsätzlich selbst erledigen wollte bzw. musste, hierbei jedoch der Hilfeleistung
bedurft hätte. Vielmehr war der Ehemann aufgrund des eigenen, glaubhaften Vortrags der Klägerin deshalb mit anwesend, weil
sie ihn krankheitsbedingt nicht alleine lassen konnte.
(bb) Die Klägerin war auch nicht deshalb nach §
2 Abs.
1 Nr.
17 SGB VII unfallversichert, weil sie ihren Ehemann ständig beaufsichtigen musste. Zwar geht der Senat aufgrund der Feststellungen im
Gutachten des MDK vom 21. Januar 2011 sowie der glaubhaften Angaben der E.K. davon aus, dass der Ehemann der Klägerin wegen
seiner Erkrankungen (Demenzerkrankung verbunden mit Weglauftendenzen, fehlende adäquate Reaktionsmöglichkeit des Ehemannes
bei etwaigen Entgleisungen des Diabetes mellitus) ständiger Aufsicht bedurfte, allerdings liegt insoweit keine Verrichtung
im Sinne des §
14 Abs.
4 SGB XI vor. Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass ein allgemeiner Beaufsichtigungsbedarf bei der Bestimmung der Pflegestufe nur zu berücksichtigen
ist, wenn die Pflegeperson dabei nicht nur verfügbar und einsatzbereit, sondern durch die notwendigen Aufsichtsmaßnahmen -
wie bei der Übernahme von Verrichtungen - auch zeitlich und örtlich in der Weise gebunden ist, dass sie vorübergehend an der
Erledigung anderer Dinge gehindert ist, denen sie sich widmen würde bzw. könnte (z.B. Arbeiten aller Art im Haushalt oder
Freizeitgestaltung), wenn die Notwendigkeit der Hilfeleistung nicht bestünde (BSG, Urteile vom 24. Juni 1998 - B 3 P 4/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 5 und 6. August 1998 - B 3 P 17/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 6; BSG, Beschluss vom 8. Mai 2001 - B 3 P 4/01 B). Folgt man vorliegend dem Vortrag, die Klägerin habe ihren Ehemann deshalb mitgenommen, weil sie ihn nicht allein lassen
könne, insbesondere weil er auf etwaige Entgleisungen seines Diabetes mellitus selbst nicht angemessen reagieren könne, so
handelt es sich dabei um eine Beaufsichtigung gewissermaßen "nebenbei". Dieses bloße "Im-Auge-Behalten" stellt keinen Hilfebedarf
bei einer der Verrichtungen des §
14 Abs.
4 SGB XI dar. Dass die Klägerin gestürzt sein könnte, weil in diesem Augenblick die allgemeine Beaufsichtigung ihres pflegebedürftigen
Ehemannes in eine konkrete Notwendigkeit zum Handeln bzw. Eingreifen, d.h. in eine konkrete Hilfeleistung gleich welcher Art,
umgeschlagen sein könnte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.
Die gegenteilige Ansicht stünde zudem nicht im Einklang mit Sinn und Zweck des Unfallversicherungsschutzes nach §
2 Abs.
1 Nr.
17 SGB VII, der eine enge Begrenzung auf Pflegetätigkeiten im Sinne des §
14 Abs.
4 SGB XI vorsieht. Denn sie würde dazu führen, dass eine Pflegeperson, die einen Pflegebedürftigen pflegt, der ständiger Aufsicht
bedarf, während der Zeitdauer dieser Beaufsichtigung ununterbrochen bei allen Tätigkeiten unter Unfallversicherungsschutz
stehen würde. Das Anliegen des Gesetzgebers, Tätigkeiten der Pflege hinreichend klar von allgemeinen (nicht versicherten)
hauswirtschaftlichen Tätigkeiten abzugrenzen (vgl. BT-Drs. 12/5262, S. 161 f.), würde durch diese Auslegung in Frage gestellt.
Insoweit ergibt sich auch aus den Ausführungen im Urteil des BSG vom 9. November 2010 (B 2 U 6/10 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 16) keine andere Wertung. Zwar hat das BSG dort entschieden, dass eine versicherte Pflegetätigkeit im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
17 SGB VII nicht unbedingt voraussetzt, dass der Hilfebedarf zugleich bei der Feststellung der Pflegestufe berücksichtigt worden ist.
Dies hat das BSG jedoch nur für den Fall festgestellt, dass der Hilfebedarf lediglich deshalb nicht berücksichtigt worden ist, weil er nicht
regelmäßig mindestens einmal wöchentlich anfällt. Von dem Erfordernis, dass dem Grunde nach eine Verrichtung im Sinne des
§
14 Abs.
4 SGB XI gegeben sein muss, ist das BSG jedoch nicht abgerückt.
(cc) Vorliegend handelte es sich jedoch um eine Hilfeleistung im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung (hier: Einkaufen),
die überwiegend dem pflegebedürftigen Ehemann der Klägerin zugute gekommen ist. Als Hilfeleistung im Bereich der hauswirtschaftlichen
Versorgung werden solche Verrichtungen berücksichtigt, die für eine angemessene Lebensführung unumgänglich sind (Udsching,
in: Udsching,
SGB XI, Kommentar, §
14 Rn. 41; Meßling, a.a.O., §
14 SGB XI Rn. 133). Versicherte Pflegetätigkeit war vorliegend das nachgewiesene Abholen des Rezeptes beim Arzt sowie dessen Einlösen
in der Apotheke. Eine derartige Tätigkeit dient - ebenso wie der Einkauf von Lebensmitteln, Körperpflegemitteln oder sonstigen
Gegenständen des täglichen Bedarfs - der regelmäßig notwendigen Versorgung des Pflegebedürftigen mit denjenigen Gütern, die
laufend sowohl für die Sicherung seiner Existenz als auch für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich
sind. Unerheblich ist, ob das Abholen und Einlösen von Rezepten eine Tätigkeit ist, die regelmäßig, d.h. mindestens einmal
wöchentlich anfällt (vgl. BSG, Urteil vom 9. November 2010, a.a.O.).
Der Wortlaut "Einkaufen" steht der Zuordnung der hier fraglichen Hilfeleistung zu dieser Verrichtung nicht entgegen. Umgangssprachlich
kann der Begriff des Einkaufens auch Verwendung finden für Arznei- oder Hilfsmittel, die ausschließlich in Apotheken bezogen
werden können und ggf. das Vorliegen eines Rezeptes voraussetzen. Vorliegend waren die Blutzuckermessstreifen aber nicht einmal
rezept- oder apothekenpflichtig, sondern hätten grundsätzlich frei erworben werden können. Zudem wird der Begriff des Einkaufens
im Sinne des §
14 Abs.
4 SGB XI ohnehin weit ausgelegt. So umfasst das Einkaufen z.B. auch den Überblick, welche Lebensmittel wo eingekauft werden müssen
sowie die Kenntnis der Genieß- bzw. Haltbarkeit von Lebensmitteln (BSG, Urteil vom 28. Juni 2011 - B 3 P 12/00 R -, [...] Rn. 16; BSG, Urteil vom 17. Juni 1999 - B 3 P 10/98 R -, SozR 3-3300 § 15 Nr. 7 und [...] Rn. 14; BSG, Urteil vom 19. Februar 1998 - B 3 P 3/97 R -, BSGE 82, 27 und [...] Rn. 15; Udsching, in: Udsching,
SGB XI, Kommentar, §
14 Rn. 41). Die Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches
(Begutachtungs-Richtlinien - BRi) vom 8. Juni 2009 (geändert durch Beschluss vom 16. April 2013) gehen davon aus, dass die
Verrichtung des Einkaufens auch das Planen und Informieren bei der Beschaffung von Lebens-, Reinigungs- sowie Körperpflegemitteln
beinhaltet, ferner den Überblick zu haben, welche Lebensmittel wo eingekauft werden müssen, unter Berücksichtigung der Jahreszeit
und Menge, die Kenntnis des Wertes von Geld (preisbewusst) sowie die Kenntnis der Genieß- und Haltbarkeit von Lebensmitteln
und die richtige Lagerung. Auch die Beschaffung der für eine Diät benötigten Lebensmittel ist hier zu berücksichtigen (D 4.4
Ziffer 16, S. 75 f.). Sofern Meßling (a.a.O., §
14 SGB XI Rn. 134) davon ausgeht, die Verrichtung des "Einkaufens" könne nur insoweit berücksichtigt werden, als es sich um Lebens-,
Reinigungs- und Körperpflegemittel handele, da nur diese den pflegerische Bereich betreffen, ist dies offenbar in Abgrenzung
zu Gegenständen zur Unterhaltung (z.B. Bücher) gemeint und spricht nicht gegen die hier vertretene Auslegung.
Überdies weisen die Verrichtungen aus dem Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung nicht zwingend einen Bezug zu den Grundpflegeverrichtungen
auf (a.A. wohl LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11. August 2005 - L 6 U 13/02 -, [...] Rn. 32 in einer allerdings anders gelagerten Fallkonstellation). Das Anliegen des Gesetzgebers, Tätigkeiten der
Pflege hinreichend klar von allgemeinen (nicht versicherten) hauswirtschaftlichen Tätigkeiten, die dem gesamten (Familien-)Haushalt
zu Gute kommen, abzugrenzen (BT-Drs. 12/5262, S. 161 f.), wird durch die hiesige Auslegung nicht in Frage gestellt.
Gegen die Annahme einer Hilfeleistung im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung spricht nicht, dass die unter dem Sammelbegriff
der "Behandlungspflege" zusammengefassten krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen, die bei gesunden bzw. nicht behinderten
Menschen im üblichen Tagesablauf naturgemäß nicht vorkommen, grundsätzlich nicht dem Verrichtungskatalog des §
14 Abs.
4 SGB XI zugeordnet werden, sondern in den Bereich der häuslichen Krankenpflege fallen, für den nach §
37 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (
SGB V) die gesetzliche Krankenversicherung zuständig ist (z.B. BSG, Urteil vom 12. November 2003 - B 3 P 5/02 R -, SozR 4-3300 § 14 Nr. 3 und [...] Rn. 17; grundlegend: BSG, Urteil vom 19. Februar 1998 - B 3 P 3/97 R -, BSGE 82, 27). Behandlungspflege meint diejenigen Pflegemaßnahmen, die durch eine bestimmte Erkrankung verursacht werden, speziell auf
den Krankheitszustand der erkrankten Person abgestimmt sind und dazu beitragen, die Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung
zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu verhindern oder zu lindern. Hierzu gehören u.a. Blutzuckermessungen (BSG, Urteil vom 17. Juni 1999 - B 3 P 10/98 R -, SozR 3-3300 § 15 Nr. 7 und [...] Rn. 15; Meßling, a.a.O., Rn. 26).
Ausnahmsweise kann jedoch auch eine Maßnahme der Behandlungspflege zu dem nach §
14 SGB XI zu berücksichtigenden Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege gehören. Dies gilt dann, wenn und soweit sie entweder Bestandteil
der Hilfe für eine der zur Grundpflege gehörenden Verrichtungen ist oder aus medizinisch-pflegerischen Gründen in unmittelbarem
zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Maßnahme der Grundpflege erforderlich wird (sog. verrichtungsbezogene Behandlungspflege;
BSG, Urteil vom 12. November 2003 - B 3 P 5/02 R -, SozR 4-3300 § 14 Nr. 3 und [...] Rn. 18 m.w.N.; BSG, Urteil vom 10. Oktober 2000 - B 3 P 15/99 R -, SozR 3-3300 § 14 Nr. 16 und [...] Rn. 16; BSG, Urteil vom 26. November 1998 - B 3 P 20/97 R -, SozR 3-3300 § 14 Nr. 9 und [...] Rn. 17 ff.; grundlegend: BSG, Urteil vom 19. Februar 1998 - B 3 P 3/97 R -, BSGE 82, 27). Bestandteil einer Verrichtung ist Behandlungspflege dann, wenn sie mit ihr untrennbar verbunden ist. Ein zeitlicher Zusammenhang
mit einer Verrichtung reicht nur dann aus, wenn die gleichzeitige oder unmittelbar vorhergehende oder anschließende Durchführung
der krankheitsspezifischen Maßnahme objektiv erforderlich ist (BSG, Urteil vom 22. August 2001 - B 3 P 23/00 R -, [...] Rn. 14 m.w.N.). Dies ist mittlerweile in §
15 Abs.
3 Sätze 2 und 3
SGB XI ausdrücklich geregelt.
Die bisherige Rechtsprechung des BSG bezieht sich maßgeblich darauf, die Behandlungspflege von den Verrichtungen der Grundpflege abzugrenzen. Bislang kaum in
Beziehung gesetzt wurden Maßnahmen der Behandlungspflege mit Verrichtungen aus dem Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung.
Für das Messen des Blutzuckerspiegels hat das BSG allerdings bereits ausgeführt, dass diese Maßnahme als Vorbereitungshandlung dem Berechnen, Zusammenstellen sowie Abwiegen
und Portionieren der Mahlzeiten dient und es in Erwägung gezogen, die Verrichtung dem Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung
("Kochen") zuzuordnen (BSG, Urteil vom 16. Dezember 1999 - B 3 P 5/98 R -, [...] Rn. 17; BSG, Urteil vom 17. Juni 1999 - B 3 P 10/98 R -, SozR 3-3300 § 15 Nr. 7 und [...] Rn. 15).
Vorliegend stellt allein das Abholen eines Rezeptes für Blutzuckermessstreifen sowie dessen Einlösen in der Apotheke noch
keine Maßnahme der Behandlungspflege dar. Allenfalls handelt es sich um eine Vorbereitungshandlung, die allerdings noch nicht
der Behandlungspflegemaßnahme zugerechnet werden kann. Denn es fehlt ihr zwar nicht an dem notwendigen engen sachlichen, aber
an dem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Blutzuckermessung. Im Bereich der häuslichen Krankenpflege nach §
37 SGB V gilt zudem, dass Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit im Sinne des
SGB XI nicht mehr erbracht werden dürfen (§
37 Abs.
2 Satz 6
SGB V).
Darüber hinaus hält es der Senat nicht für sachgerecht, die Differenzierung zwischen grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähigen
Maßnahmen der Behandlungspflege und ausnahmsweise doch berücksichtigungsfähigen Maßnahmen der verrichtungsbezogenen Behandlungspflege
zugleich auf die der Maßnahme selbst vorgelagerte Verrichtung des Einkaufens zu übertragen. Denn aus Gründen der Rechtssicherheit
ist eine klare Zuordnung einer Tätigkeit zu einer Verrichtung im Sinne des §
14 Abs.
4 SGB XI erforderlich. Ist jedoch die Abgrenzung zwischen berücksichtigungsfähigen und nicht berücksichtigungsfähigen Maßnahmen der
Behandlungspflege bereits im Bereich der Grundpflege im Einzelfall nicht immer einfach, so stößt eine entsprechende Unterscheidung
bei der Verrichtung des Einkaufens an ihre Grenzen. Denn u.U. kann im Zeitpunkt des Einkaufens noch nicht beurteilt werden,
in welcher Weise eine konkrete Behandlungspflegemaßnahme durchgeführt werden wird. Auch kann die Beurteilung von ein und derselben
Behandlungspflegemaßnahme je nach der konkreten Situation unterschiedlich ausfallen. Denkbar ist nicht zuletzt, dass bei ein
und demselben Versicherten dieselbe Behandlungspflegemaßnahme teilweise verrichtungsbezogen erbracht wird und damit berücksichtigungsfähig
ist und teilweise nicht.
(3) Stand die Klägerin danach beim Abholen des Rezeptes beim Arzt sowie beim Einlösen in der Apotheke unter Versicherungsschutz,
so gilt dies nach §
8 Abs.
2 Nr.
1 SGB VII auch für das Zurücklegen des mit dieser versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort
der Tätigkeit.
(4) Ob die Klägerin vorliegend neben dem versicherten Abholen des Rezeptes und dessen Einlösen in der Apotheke weitere, insbesondere
unversicherte Besorgungen getätigt hat, lässt sich nicht mehr aufklären. Die Unaufklärbarkeit des Sachverhalts geht insoweit
zu Lasten der Beklagten. Denn die Unerweislichkeit einer Tatsache geht grundsätzlich zu Lasten des Beteiligten, der aus ihr
ein Recht oder einen rechtlichen Vorteil herleiten will. Während denjenigen, der einen Anspruch erhebt, die Beweislast für
die rechtsbegründenden Tatsachen trifft, ist derjenige, der das geltend gemachte Recht bestreitet, für die rechtshindernden,
rechtvernichtenden oder rechtshemmenden Tatsachen beweispflichtig. Die Verteilung der Beweislast bestimmt sich nach den für
den Anspruch maßgeblichen materiell-rechtlichen Normen (BSG, Urteil vom 2. Dezember 2008 - B 2 U 26/06 R -, BSGE 102, 111 ff. und [...] Rn. 31 m.w.N.).
Vorliegend war die Klägerin beweispflichtig dafür, dass sie zum Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit ausgeführt hat.
Dieser Nachweis ist nach Überzeugung des Senats durch die Bestätigung des Arztes über das Abholen des Rezeptes und die glaubhaften
Angaben der E.K. erbracht. Ob dieser Versicherungsschutz demgegenüber durch weitere Tätigkeiten am selben Tag unterbrochen
oder beendet worden ist und eine etwaige Unterbrechung im Unfallzeitpunkt noch fortbestanden hat bzw. eine Verrichtung mit
gespaltener Handlungstendenz bzw. mit gemischter Motivationslage vorgelegen hat, wäre hingegen durch die Beklagte zu beweisen.
Wie bereits ausgeführt wurde, gelingt ihr dies vorliegend nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG).