Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung; Keine Wie-Beschäftigung im Verhältnis zwischen Auftraggeber und
Werkunternehmer bei Mithilfe
Tatbestand
Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Unfall der verstorbenen Ehefrau des Klägers vom 12.05.2011 bei einer gemäß §
2 Abs.
2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) versicherten Tätigkeit, bei der die Ehefrau wie eine Beschäftigte tätig wurde (so genannte Wie-Beschäftigung), erfolgte
und deshalb einen Arbeitsunfall darstellte.
Am 12.05.2011 wollten der Kläger und seine 1960 geborene Ehefrau A. die Terrasse ihres Wohnhauses, das beiden Ehepartnern
zu hälftigem Miteigentum gehörte, mit einem Holzbelag neu gestalten. Die dazu notwendigen Dielenbretter hatte der Kläger bei
der Fa. S. bestellt. Mit dem Inhaber der Firma, S., war der Kläger befreundet. Die Fa. S. gab die bestellten Bretter bei der
Fa. T. in Auftrag.
Am 12.05.2011 gegen 8:00 Uhr wurden die Bretter von der Fa. T. mit einem Lkw geliefert. Die Ehefrau des Klägers half dem Fahrer
beim Abladen.
Dieses Vorgehen hatte folgenden Hintergrund: Ursprünglich war vereinbart gewesen, dass der Schreiner S. bei der Lieferung
selbst anwesend sein sollte, um beim Abladen zu helfen. Am Vortag des 12.05.2011 teilte S. jedoch dem Kläger telefonisch mit,
dass der Lieferant mit dem Holz allein kommen würde. Das Holz sollte bereits gegen 7:30 Uhr bis 8:00 Uhr geliefert werden.
Der Kläger vereinbarte dann mit S., dass diese Lieferung so schon funktionieren würde, dass seine Frau zuhause sei und der
Nachbar auch mit helfen könne. Ausschlaggebend für die Annahme, dass das Abladen auf diese Weise möglich sein würde, war die
Tatsache, dass immer nur drei Dielenbretter zu einem Päckchen verbunden waren. Der Kläger vergaß dann jedoch, seinen Nachbarn
von der bevorstehenden Ladung in Kenntnis zu setzen.
Beim Abladen bestieg die Ehefrau eine insgesamt etwa 3 m hohe Staffelei, die etwa auf halber Höhe die oberste Trittstufe hatte.
Dem auf dem Lkw befindlichen Fahrer entglitt ein Stapel Holzbretter, der gegen die Staffelei fiel, so dass die Ehefrau stürzte.
Diese erlitt eine Trümmerfraktur des rechten Fußes, die noch am selben Tage im Kreiskrankenhaus A-Stadt operativ versorgt
wurde. Am 20.05.2011 wurde die Ehefrau aus dem Krankenhaus entlassen.
Am 22.06.2011 verstarb die Ehefrau des Klägers plötzlich ganz unerwartet. Der Obduktionsbericht des Prof. Dr. G. vom 05.07.2011
ergab, dass die Ehefrau des Klägers an einer Lungenembolie verstorben war, welche ihren Ausgang von einer Wadenvenen- thrombose
des rechten Unterschenkels genommen hatte. Es sei davon auszugehen, dass der Todeseintritt kausal auf die Fußverletzung zurückzuführen
sei, da die Klägerin seit der Operation nur mit Rollstuhl und Krücken mobil gewesen sei. Der Hausarzt der verstorbenen Ehefrau,
Dr. M. in A-Stadt, sagte gegenüber der Polizei aus, die Klägerin sei bezüglich einer Thrombose eine Hochrisiko-Patientin gewesen,
da sie Krampfadern hatte und übergewichtig war. Deshalb sei sie auch seitens des Krankenhauses und von ihm hochdosiert gegen
eine Thromboseentwicklung mit den Medikamenten Heparin und Clexane behandelt worden.
Die verstorbene Ehefrau hinterließ neben dem Kläger als ihrem Ehemann drei Kinder.
Mit Schreiben vom 01.12.2011 meldete der Kläger über seine Anwälte im Rahmen einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung bezüglich
des Unfalls bei der Beklagten vorsorglich Ansprüche an.
Mit Bescheid vom 08.01.2011 stellte die Beklagte fest, dass das Ereignis vom 12.05.2011 nicht die rechtlichen Voraussetzungen
eines Arbeitsunfalls erfüllte. Gleichzeitig lehnte sie Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab.
Den dagegen am 02.02.2012 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2012 als unbegründet
zurück.
Dagegen hat der Kläger am 20.08.2012 beim Sozialgericht (SG) München Klage erhoben.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2012 zu verurteilen,
dem Kläger aufgrund des Unfalls vom 12.05.2011, an dessen Folgen seine Ehefrau am 22.06.2011 verstorben ist, Hinterbliebenenleistungen
nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Mit Urteil vom 15.07.2014 (Az. S 23 U 438/12) hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2012 verurteilt,
dem Kläger aufgrund des Unfalles vom 12.05.2011, an dessen Folgen seine Ehefrau am 22.06.2011 verstorben ist, Hinterbliebenenleistungen
nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat das SG ausgeführt, dass die verstorbene Ehefrau des Klägers beim Abladen der Bretter wie eine Beschäftigte der Fa. T. tätig geworden
sei. Der Ehefrau sei es in erster Linie darum gegangen, der Fa. T. Kosten zu ersparen, die ohne ihre Mithilfe angefallen wären,
entweder durch den Einsatz eines weiteren Mitarbeiters oder dadurch, dass der Fahrer zum Abladen längere Zeit benötigt hätte.
Zwar habe die Mithilfe der Ehefrau auch eigenen Belangen, nämlich dem Erhalt der bestellten Bretter für die neue Terrasse,
gedient, jedoch sei der Zweck, der Fa. T. Kosten zu ersparen, im Vordergrund gestanden. Insbesondere habe die Ehefrau durch
ihre Mithilfe keinen Vorteil erlangt, weder finanziell noch in dem Sinne, dass die Terrasse früher hätte fertig gestellt werden
können.
Die Beklagte hat gegen das Urteil des SG, das ihr am 07.08.2014 zugestellt worden war, am 22.08.2014 Berufung eingelegt.
Zur Begründung ihrer Berufung hat die Beklagte bestritten, dass tatsächlich eine "Lieferung frei Haus" vereinbart war. Wenn
überhaupt, wäre nur eine Wie-Beschäftigung gegenüber der Firma S. in Betracht gekommen und nicht gegenüber der Fa. T. Ein
Eigeninteresse schließe eine Wie-Beschäftigung nach §
2 Abs.
2 SGB VII aus. Wenn man von einer Verrichtung mit gemischter Motivationslage ausginge, dann stünde diese nur dann in einem inneren
Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn sie hypothetisch auch ohne die eigenwirtschaftliche Motivation des Handelns
vorgenommen worden wäre - dies sei vorliegend eindeutig zu verneinen. Des Weiteren hat die Beklagte zwei Urteile aus der landessozialgerichtlichen
Rechtsprechung angeführt, die in vergleichbaren Fällen eine Wie-Beschäftigung verneint hatten.
Der Kläger ist der Auffassung, dass seine Ehefrau nicht nur eigene Zwecke verfolgen, sondern auch dem Fahrer beim Abladen
behilflich sein wollte. Der Abladevorgang selbst habe im Pflichtenkreis des jeweiligen Unternehmers gelegen. Die eigenwirtschaftliche
Komponente des Handlungsverlaufs habe erst nach dem Abladevorgang begonnen.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 15.07.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§
143,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG). Die Berufung bedarf gemäß §
144 SGG keiner Zulassung.
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, Hinterbliebenenleistungen nach den gesetzlichen Vorschriften
zu gewähren. Die Klage ist - als Anfechtungs- und Leistungsklage - zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat auf Hinterbliebenenleistungen
nach §§
63 ff.
SGB VII keinen Anspruch, weil der Unfall vom 12.05.2011 keinen Arbeitsunfall darstellte.
Gemäß §
8 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Der Unfall der Ehefrau des Klägers ist jedoch nicht infolge einer
versicherten Tätigkeit eingetreten.
Die Ehefrau des Klägers stand weder im Verhältnis zu dem Schreiner S. noch zu dem Holzlieferanten T. in einem Beschäftigungsverhältnis
im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist für die Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des §§
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII vorlag, entscheidend, ob die Versicherte zu dem Arbeitgeber in einem persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis
gestanden hat (BSG, Urteil vom 24.03.1998 - Az. B 2 U 21/97 R - Rdnr. 19). Hierfür sind kennzeichnend die Eingliederung in das Unternehmen des Arbeitgebers, das damit verbundene Weisungs-
und Direktionsrecht des Unternehmers, dessen Anordnungsrechte bezüglich Arbeit, Zeit und Ort der Arbeitsausübung, Vereinbarungen
bezüglich Vergütung, Kündigungsfristen und Urlaub. Da es vorliegend an all diesen Kriterien fehlte, lag ein Beschäftigungsverhältnis
nicht vor.
Die Ehefrau des Klägers war auch nicht wie eine Beschäftigte im Sinne des §
2 Abs.
2 Satz 1
SGB VII tätig (so genannte Wie-Beschäftigung).
Nach §
2 Abs.
2 Satz 1 i.V.m. Abs.
1 Nr.
1 SGB VII ist jede Verrichtung versichert, die einer Ausübung einer Beschäftigung vergleichbar ist (BSG vom 15.6.2010 - B 2 U 12/09 R - [...] Rdnr. 22). §
2 Abs.
2 Satz 1
SGB VII erfasst tatbestandlich Tätigkeiten, die ihrer Art nach zwar nicht sämtliche Merkmale der Ausübung einer Beschäftigung im
Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer solchen ähneln. Es muss eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende,
dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert verrichtet werden,
die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte und regelmäßig verrichtet wird, die in einem fremden Unternehmen
dafür eingestellt sind (vgl. BSG vom 27.03.2010 - B 2 U 5/11 R, [...] Rdnr. 56 m.w.N; BSG vom 15.06.2010 - B 2 U 12/09 R; BSG vom 13.9.2005 - B 2 U 6/05 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 7 Rdnr. 14 m.w.N.).
Dabei reicht es nicht aus, dass eine Tätigkeit einem fremden Unternehmen objektiv nützlich und ihrer Art nach sonst üblicherweise
dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist. Vielmehr kommt es nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auf die objektiv arbeitnehmerähnliche Handlungstendenz an, die vom bloßen Motiv für das Tätigwerden zu unterscheiden ist
(vgl. BSG vom 05.07.2005 - B 2 U 22/04 R, [...] Rdnr. 13; BSG vom 26.06.2007 - B 2 U 35/06 R - [...] Rdnr. 18). Verfolgt eine Person mit einem Verhalten, das ansonsten einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses
ähnelt, in Wirklichkeit wesentlich allein eigene Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung
und somit nicht wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern wie ein Unternehmer eigenwirtschaftlich tätig und
steht daher auch nicht nach §
2 Abs.
2 SGB VII wie ein Beschäftigter unter Versicherungsschutz (vgl. BSG vom 05.07.2005 - B 2 U 22/04 R Rdnr. 13; BSG vom 26.06.2007 B 2 U 35/06 R, [...] Rdnr. 18). Auch ein Unternehmer kann für ein anderes Unternehmen wie ein Arbeitnehmer tätig und nach §
2 Abs.
2 SGB VII versichert sein; die Tätigkeit für das eigene Unternehmen ist aber in der Regel unternehmerähnlich und daher nicht nach §
2 Abs.
2 Satz 1
SGB VII versichert (vgl. BSG vom 28.05.1957 - 2 RU 150/55 - [...] Rdnr. 21; BSG vom 27.11.1986 - 2 RU 13/86 - [...] Rdnr. 16). Das gilt auch, wenn der Unternehmer Tätigkeiten verrichtet, die den Zwecken eines anderen Unternehmens
dienen, solange es sich zugleich um Tätigkeiten handelt, die zum Aufgabenbereich seines eigenen Unternehmens zählen (vgl.
BSG vom 28.05.1957 - 2 RU 150/55).
Im vorliegenden Fall lässt sich eine fremdwirtschaftliche Handlungstendenz der Ehefrau des Klägers nicht nachweisen. Die diesbezüglichen
Überlegungen des SG, der Ehefrau sei es darum gegangen, der Fa. T. Kosten zu ersparen, die ohne ihre Mithilfe angefallen wären, weil entweder
ein zusätzlicher Helfer hätte mitfahren müssen oder der Fahrer länger hätte arbeiten müssen, finden in den Aussagen des Klägers
bei der Polizei und beim SG keine hinreichende Stütze. Aus keiner der drei dokumentierten Aussagen des Klägers, weder aus der telefonischen Aussage gegenüber
der Polizei vom 24.06.2011 noch aus der telefonischen Aussage gegenüber der Polizei vom 30.06.2011 noch aus der Aussage des
Klägers in der mündlichen Verhandlung des SG München vom 15.07.2014 ergeben sich Hinweise darauf, dass es dem Kläger oder
seiner Ehefrau darum gegangen wäre, die Fa. T. oder die Fa. S. von Mehrkosten zu verschonen. Das einzige, was sich objektiv
verifizieren lässt, ist, dass S. am Tag vor der geplanten Lieferung den Kläger darüber in Kenntnis setzte, dass er nicht wie
geplant bei der Lieferung anwesend sein könnte. Darin hat der Kläger kein Problem gesehen, da seine Ehefrau und der Nachbar
beim Abladen dem Fahrer helfen könnten. Es gibt keine Hinweise darauf, dass sich der Kläger und seine Ehefrau über die Belange
der Fa. S. oder der Fa. T. Gedanken gemacht hätten. Entscheidend war vielmehr die Überlegung, dass das Abladen angesichts
der handlichen Pakete von nur drei Dielenbrettern keine Probleme bereiten würde. Auch der Klägerbevollmächtigte selbst hat
in der mündlichen Verhandlung am 24.02.0216 erklärt, dass man sich hierzu bei dem Telefonat zwischen dem Kläger und S. schlichtweg
überhaupt keine Gedanken gemacht habe, da man sich einig war, dass das Abladen mit Hilfe der Ehefrau keine Probleme bereiten
würde.
Selbst wenn man die objektive Handlungstendenz zu Gunsten der Fa. S. oder der Fa. T. bejahen würde, könnte eine Wie-Beschäftigung
nicht angenommen werden, weil das Eigeninteresse der Ehefrau des Klägers an der Herstellung der Terrasse im Vordergrund stand.
Die Ehefrau des Klägers verfolgte beim Abladen der Dielenbretter vom Lkw des T. in erster Linie den Zweck, ihre eigene Terrasse
zu renovieren. Insoweit ist die Ehefrau nicht wie eine Beschäftigte, sondern als Unternehmerin, nämlich nicht gewerbsmäßiger
Bauarbeiten, tätig geworden. Diesen Zweck verfolgte sie gemeinschaftlich mit ihrem Ehemann, mit dem zusammen sie das Haus
bewohnte, das zudem in ihrem Miteigentum stand. Das BSG hat mit Urteil vom 24.03.1998 (Az. B 2 U 21/97 R) entschieden, dass ein Eigenbauherr, der einem beauftragten Zimmerermeister bei der Errichtung seines eigenen Dachstuhls
behilflich ist, nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht. Nicht einmal die Tatsache, dass sich der
Eigenbauherr auf der Baustelle den Anweisungen des Zimmerermeisters unterstellte und dass der Zimmerermeister alleine über
die dafür notwendigen handwerklichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügte, konnte nach Ansicht des BSG dazu führen, die Mithilfe des Auftraggebers bei der Erstellung seines eigenen Dachstuhls als Wie-Beschäftigung zu Gunsten
des Zimmerermeister anzusehen. Das BSG hat in der Entscheidung betont, dass für die Annahme einer Wie-Beschäftigung das fremdwirtschaftliche Interesse im Vordergrund
stehen muss (BSG, a.a.O. Rdnr. 19). Im vorliegenden Fall ging es der Ehefrau des Klägers im Wesentlichen darum, ihr eigenes Bauvorhaben weiterzuführen.
Wesentlicher Anlass für ihr Tätigwerden war somit ihr eigenwirtschaftliches Interesse. Dass sie dabei auch dem T. bzw. dem
Schreiner S. half, war - wenn überhaupt, siehe oben - nur Nebenzweck ihrer Betätigung. Damit überwog das eigennützige Motiv.
In dem Umstand, dass in dem vom BSG entschiedenen Fall für jede Stunde der Mitarbeit des Hauseigentümers ein Abzug vom Werklohn des Dachdeckers vereinbart war,
kann kein wesentlicher Unterschied zum vorliegenden Fall gesehen werden, weil der Bezug materieller Vorteile als Gegenleistung
für die Hilfeleistung arbeitnehmertypisch ist und deshalb auch im BSG-Fall eher ein Argument für eine Wie-Beschäftigung dargestellt hätte als dagegen. Das die Wie-Beschäftigung ausschließende,
im Vordergrund stehende Eigeninteresse liegt im vorliegenden Fall ebenso wie in dem vom BSG entschiedenen Fall in der Weiterführung des eigenen Bauvorhabens.
Den Grundsatz, dass eine auch eigenen Zwecken dienende Tätigkeit unternehmerähnlich erfolgt und damit eine fremdwirtschaftliche
Handlungstendenz im Sinne einer Wie-Beschäftigung ausschließt, hat das BSG auch in seinem Urteil vom 05.07.2005 (Az. B 2 U 22/04 R) festgehalten. In der genannten Entscheidung hatten sich die Eigentümer einer Reihenhausanlage zur gemeinsamen Reinigung
und Pflege der Anlage verabredet. In einem solchen Fall hat das BSG sogar die konkrete Hilfeleistung eines Eigentümers bei der Reinigung des Daches eines Nachbarn als eigennützige Tätigkeit
angesehen und eine Wie-Beschäftigung verneint.
Somit bleibt festzuhalten, dass in Fällen, in denen ein eigenwirtschaftlich tätiger Unternehmer einen anderen Unternehmer
mit einer bestimmten Werkleistung beauftragt und bei der Erbringung dieser Werkleistung selbst mitwirkt, er in der Regel vorwiegend
im Eigeninteresse handelt und die fremdbezogene Handlungstendenz zu Gunsten des beauftragten Unternehmers nur einen untergeordneten
Nebenzweck darstellt.
Ansonsten hätte es der Unternehmer insbesondere nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten in der Hand, durch die Mitwirkung beauftragter
Unternehmer seine eigene Tätigkeit beitragsfrei in die gesetzliche Unfallversicherung zu bringen, was - worauf schon das BSG hingewiesen hat - den Grundsätzen der Solidargemeinschaft widersprechen würde (BSG, Urteil vom 24.03.1998 - Az. B 2 U 21/97 R - Rdnr. 23), insbesondere soweit der Eigenbauherr nicht die Möglichkeit der beitragspflichtigen freiwilligen Versicherung
wählt. Auch ist zu bedenken, dass die Annahme einer Wie-Beschäftigung zwischen einem Werkunternehmer und dem im Eigeninteresse
mithelfenden Kunden auch zur Anwendung der Haftungsbeschränkung der Unternehmer nach §
104 SGB VII führen würde, was jedoch in diesem Verhältnis, das durch die gegenseitige Vertragsbeziehung auf der Basis der Gleichordnung
gekennzeichnet ist, ggf. nicht angebracht wäre und den Kunden ihre vertraglichen Schadensersatzansprüche in Bezug auf fahrlässige
Verletzung ihrer Person gegenüber den beauftragten Werkunternehmern nehmen würde.
Die von der Beklagten zitierten Entscheidungen des LSG Nordrhein-Westfalen vom 10.01.1979 (Az. L 17 U 5/78) und des LSG Baden-Württemberg vom 16.06.1994 (Az. L 10 U 2028/93) bestätigen dieses Ergebnis.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass die Verstorbene wegen Problemen beim Entladen des Lkw eine Staffelei
holte, auf diese stieg und von einer Höhe von 1,20 bis 1,50 m herunterfiel. Der Senat sieht hierin keine Änderung der Handlungstendenz.
Trotz einer Erhöhung der Unfallgefahr ist weiterhin das eigenwirtschaftliche Interesse der Verstorbenen am Entladen der bestellten
Dielenbretter zur Fertigung der geplanten Terrasse als vorrangig anzusehen. Es wurde allein durch die Benutzung einer Staffelei
keine Änderung der Handlungstendenz hin zu einer fremdwirtschaftlichen Unterstützung des Lkw-Fahrers bzw. der zur Lieferung
verpflichteten Schreinerfirma ersichtlich.
Da nach den vorstehenden Ausführungen eine Wie-Beschäftigung schon deshalb zu verneinen ist, weil die eigenwirtschaftliche
Handlungstendenz im Vordergrund stand, brauchte der Senat die Frage nicht zu entscheiden, ob und ggf. welche Bedeutung die
von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätze für Fälle der gespaltenen Handlungstendenz bzw. gemischten Motivationslage auf die Abgrenzung zwischen
eigenwirtschaftlicher und fremdwirtschaftlicher Handlungstendenz im Rahmen der Wie-Beschäftigung haben. Nach der Rechtsprechung
des BSG steht der Handelnde in Fällen der gespaltenen Handlungstendenz dann und nur dann unter Versicherungsschutz, wenn der Versicherte
die Verrichtung auch dann vorgenommen hätte, wenn die private Zielrichtung des Handelns entfallen wäre (ständige Rechtsprechung
seit BSG, Urteil vom 12.05.2009 Az. B 2 U 12/08 R).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung
des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht
und auf dieser Abweichung beruht (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG).