Versicherungsschutz des Brandverursachers in der gesetzlichen Unfallversicherung als Hilfeleistender
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt als Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Sachen ihres Versicherten M. K. von der Beklagten
als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung 98.868,21 EUR gemäß § 105 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X).
Am 29.11.2004 ist es gegen 3.30 Uhr in dem Einfamilienhaus der Familie K., E.Weg, S. zu einem Brand gekommen. Der bei der
Klägerin gesetzlich krankenversicherte M. K. ist hierbei schwerstverletzt worden. Seine Eltern J. und E. K. sowie seine Schwester
K. haben nur leichte Verletzungen davon getragen.
Die Kriminalpolizeiinspektion A-Stadt hat unter dem 10.02.2005 das Ergebnis ihrer Ermittlungen wie Folgt zusammengefasst:
Im ausgebauten Dachgeschoß waren in einem Zimmer M. K., in einem weiteren seine Schwester K. wohnhaft gewesen. Flur, Vorzimmer
und Bad im Obergeschoß wurden von beiden gemeinsam genutzt. Objektiv waren bei der Tatortbefundaufnahme zwei voneinander unabhängige
Brandstellen festzustellen, zum einen unmittelbar am Bett des M. K. und zum anderen seine stark eingebrannte Matratze im Flurbereich,
in der Nähe zur Türe zum Treppenhaus. An der ersten Brandstelle im Zimmer des M. K. konnte vor dessen Bett am Boden ein Föhn
festgestellt werden, der am Stromnetz angeschlossen war. In diesem Bereich waren mehrere verbrannte Papiere am Boden liegend
feststellbar. Auch zeigte das Spurenbild am Bettrahmen, dass hier durch Hitzeeinwirkung der Holzrahmen so beschädigt wurde,
dass davon auszugehen ist, dass hier Flammen vom Boden nach oben zum Bett hin sich ausgebreitet haben. Der Föhn wurde zur
technischen Untersuchung ins Landeskriminalamt verbracht. Dort wurde gutachterlich bestätigt, dass der Föhn eingeschaltet
und zur Brandzeit in Betrieb gewesen sein musste. Bei der im Gang vorgefundenen Bettmatratze handelt es sich eindeutig um
die Matratze des M. K ... Über dem Ablegeort der Matratze sind die stärksten Einbrennungen in der Holzdecke feststellbar.
- M. K. war mit schwersten Brandverletzungen in die Spezialklinik nach Bogenhausen verbracht worden. Sein Gesundheitszustand
war so schlecht, dass wochenlang mit seinem Ableben zu rechnen war. Ende Januar 2005 konnte er aus der Klinik nach Hause entlassen
werden. Dort wurde er im Beisein seiner Mutter zur Sache gehört. M. K. hat große Erinnerungslücken und kann sich zum Tatablauf
selbst nur sehr bruchstückhaft erinnern. Er gibt an, im Bett liegend durch Hitze und Rauch aufgewacht zu sein und bemerkt
zu haben, dass es an seinem Bett, im Bereich der Matratze brennen würde. Ab dann erlischt seine Erinnerungsfähigkeit. - Aufgrund
der durchgeführten Ermittlungen ist davon auszugehen, dass M. K. in der Brandnacht, in der es regnete, von seinem Burschentreffen
nach Hause kam, sich den gemeinsamen Föhn aus dem Bad holte und diesen vor dem Bett in Betrieb nahm, um feuchte Unterlagen
(Papiere/Listen) - er war Schriftführer in seinem Club - zu trocknen. Hierüber dürfte er eingeschlafen sein. Durch die beschriebenen
Vorgänge kam es dann zur Entzündung und In-Brand-Setzung der Bettmatratze, wodurch M. K. erwachte. Da das Fenster seines Zimmers
durch Gegenstände verstellt war, versuchte er offensichtlich die glimmende/brennende Matratze über den Gang entweder zur Treppe
oder über das dort befindliche Fenster zu entsorgen. Auf dem Weg durch den Flur dürfte dann die Hitze so groß geworden sein,
dass er die Matratze dort liegen lassen musste und sich selbst bei diesem Transport starke Verbrennungen zuzog.
Die Klägerin hat ihren Erstattungsanspruch mit Schreiben vom 05.12.2005 angemeldet und auf § 105 SGB X in Verbindung mit § 8 Abs.1 Satz 1, §
2 Abs.1 Nr.13a des Siebten Buches - Gesetzliche Unfallversicherung (
SGB VII) gestützt. Bei dem Zusammentreffen von Fremd- und Eigenrettung sei die Hilfeleistung vom reinen Selbstschutz abzugrenzen.
Unzweifelhaft habe durch die brennende Matratze eine gemeine Gefahr bestanden. Menschenleben und Sachwerte seien bedroht gewesen,
da mit einem Übergreifen des Feuers auf den gesamten Dachstuhl bzw. das gesamte Haus zu rechnen gewesen sei. M. K. habe sich
beim Beseitigen der Gefahrenstelle erhebliche Brandverletzungen zugezogen. Welche Absicht, außer ein weiteres Übergreifen
des Feuer zu verhindern, sollte M. K. sonst verfolgt haben, als er die brennende Matratze ins Freie befördern wollte. Von
einem reinen Selbstschutz sei hier nicht auszugehen, denn M. K. hätte in diesem Fall sicherlich nicht versucht, eine brennende
Matratze zu transportieren.
Die Beklagte hat mit Nachricht vom 13.04.2007 entgegnet, die behauptete Hilfeleistung sei nicht bewiesen. M. K. könne sich
an keine Einzelheiten erinnern. Die bloße Möglichkeit reiche nicht aus, um einen Versicherungsschutz und damit die Zuständigkeit
der Beklagten zu begründen.
In dem sich anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht München die beigezogenen Ermittlungsakten der Strafverfolgungsbehörden
in Kopie zu den Akten genommen und in der öffentlichen Sitzung vom 29.07.2010 M. K. und dessen Schwester K. als Zeugen einvernommen.
M. K. hat zur Sache erklärt, er könne sich jetzt nicht mehr an Einzelheiten erinnern, was er gedacht habe, als er am 29.11.2004
aufgewacht sei. Er sei sich ziemlich sicher, dass er die brennende Matratze aus dem Zimmer herausgezogen habe. Welchen Weg
er dafür genommen habe, wisse er jetzt auch nicht mehr. Er könne sich nur noch an den Bruchteil des Geschehens erinnern, dass
er eine Matratze in der Hand gehabt habe. Die Matratze habe nach seiner Erinnerung gebrannt, aber er wisse nicht wie stark.
Er habe versucht, das Geschehen zu verdrängen, so dass er sich jetzt wirklich nicht mehr an weitere Einzelheiten erinnern
könne. Er könne aus seiner Erinnerung über die Raumverhältnisse sagen, dass es unabhängig von einem Brand schwierig gewesen
wäre, die Matratze über das Fenster ins Freie zu werfen. Er könne sich jetzt nicht mehr erinnern, ob er nach dem Aufwachen
daran gedacht habe, ob noch andere Personen im Haus seien. Er sei an diesem Abend wegen der Spätschicht erst nach 22.00 Uhr
nach Hause gekommen. Er könne sich jetzt auch nicht mehr daran erinnern, ob er beim Nachhausekommen bewusst wahrgenommen habe,
dass noch andere Personen im Haus seien.
Die Schwester K. K. hat ausgeführt, in dieser Nacht am 29.11.2004 sei sie etwa zwischen 3.00 Uhr und 3.30 Uhr aufgewacht und
habe gesehen, dass es draußen hell sei und habe die Zimmertüre geöffnet. Sie habe dann gesehen, dass bereits überall Feuer
gewesen sei und habe die Türe schnell wieder geschlossen. Anschließend habe sie einen Hocker genommen und sei über das Dachfenster
auf das Dach geklettert. Ihr Vater habe bereits eine Leiter aufgestellt, so dass sie über die Leiter dann hinuntergestiegen
sei. Sie habe ihren Bruder bei geöffneter Zimmertüre nicht gesehen. Erst als sie über die Leiter hinuntergestiegen sei, habe
sie ihren Bruder vor der Haustüre angetroffen. Aus Erzählungen ihrer Mutter wisse sie, dass ihr Bruder und ihr Vater in ihr
Zimmer gehen wollten, um sie zu holen. Sie hätten aber wegen dem Feuer keine Chance gehabt, das zu schaffen. Das Wohnhaus
habe ein Erdgeschoß und ein ausgebautes Dachgeschoß. Sie habe an diesem Abend nicht gehört, ob und wann ihr Bruder nach Hause
gekommen sei. Sie habe ihren Bruder zwischen dem Nachhausekommen und dem Einschlafen auch nicht mehr gesehen. In der Regel
habe die gesamte Familie im Haus übernachtet. Falls jemand gefehlt habe, habe jemand Bescheid gewusst. Sie gehe davon aus,
dass es ihre Mutter gewusst hätte.
Im Folgenden hat das Sozialgericht München die Klage mit Urteil vom 29.07.2010 abgewiesen. Es gehe zu Lasten der Klägerin,
dass sich ein anspruchsbegründender Sachverhalt im Sinne von §
8 Abs.1 Satz 1, §
2 Abs.1 Nr.13a
SGB VII nicht habe beweisen lassen. Die Handlungstendenz des M. K. habe sich nicht hinreichend feststellen lassen. M. K. habe sich
in einer mindestens gleichgroßen Gefahr wie die übrigen Bewohner des Hauses befunden; seine schwersten Brandverletzungen würden
zeigen, dass er sich sogar in einer wesentlich größeren Gefahr als Andere befunden habe. Es sei also mindestens genauso möglich,
dass die Reaktion des M. K. nach dem Aufwachen am 29.11.2004 lediglich als ein instinktives Abwehrverhalten oder als automatische
Abwehrreaktion zu qualifizieren seien (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999 - B 2 U 42/98 R). Auch die Zuhilfenahme des Anscheinsbeweises könne zur Feststellung der Handlungstendenz (hier: Individuelle willensbezogene
Verhaltensweisen) nicht herangezogen werden. Gleiches gelte für die Grundsätze zum Beweisnotstand (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.1990
- USK 90150).
Die hiergegen gerichtete Berufung vom 25.11.2010 ging am 26.11.2010 beim Bayer. Landessozialgericht ein. Von Seiten des Senats
wurden die Unterlagen der Beklagten sowie die erstinstanzlichen Streitakten mit den darin befindlichen Ermittlungsakten der
Strafverfolgungsbehörden beigezogen.
Die Bevollmächtigten der Klägerin hoben zur Begründung der Berufung hervor, dass eine Handlungstendenz auch die Familienmitglieder
zu retten gegeben gewesen sei. Auch der Verletzte selbst habe versucht, die Schwester aus dem Zimmer zu holen, nachdem er
davon ausgegangen sei, dass die Familienmitglieder anwesend gewesen seien. Der Versicherungsschutz bestehe auch dann, wenn
die Gefahr auf ein grob fahrlässiges Verhalten des späteren "Retters" zurückzuführen sei. Es reiche aus, wenn M. K. als Helfer
von seinem Standpunkt aus der Auffassung sein konnte, dass seine Hilfeleistung den möglichen Eintritt eines weiteren Schadens
verhindern könnte. Dabei sei die subjektive Meinung des Versicherten erheblich, da objektive Umstände bestünden, die die Tendenz
seines Handelns bestätigten. Es genüge insoweit, wenn der Versicherte sein Handeln nach seinen eigenen subjektiven Vorstellungen
als nützlich ansehe.
In der mündlichen Verhandlung vom 12.04.2011 stellt der Bevollmächtigte der Klägerin die Anträge aus der Berufungsschrift
vom 25.11.2010:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.07.2010 aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass das Unfallereignis vom 29.11.2004 ein Arbeitsunfall ist.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 98.868,21 EUR zu bezahlen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt entsprechend dem Schriftsatz vom 17.12.2010,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.07.2010 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß §
202 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) in Verbindung mit §
540 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) sowie entsprechend §
136 Abs.2
SGG auf die Unterlagen der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§
143,
144 und
151 SGG zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht München hat die Klage mit Urteil vom 29.07.2010 zutreffend abgewiesen.
Das Vorliegen eines Erstattungsanspruches im Sinne von § 105 SGB X in Verbindung mit §
8 Abs.1 Satz 1, §
2 Abs.1 Nr.13a
SGB VII hat sich nicht erweisen lassen. Nach den Grundsätzen der objektiven Beweis- oder Feststellungslast geht es zu Lasten der
Klägerin, dass sich die Handlungstendenz des M. K. bei dem Unfallereignis vom 29.11.2004 nicht mehr hat hinreichend feststellen
lassen (BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R).
Arbeitsunfälle sind gemäß §
8 Abs.1 Satz 1
SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist es danach in der Regel erforderlich, dass das Verhalten
des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignete, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Dieser innere bzw. sachliche
Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln,
indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in
der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BSG mit Urteil vom 09.11.2010 - B 2 U 14/10 R). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich. Innerhalb dieser Wertung
stehen Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten so,
wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird.
Kraft Gesetzes sind Personen versichert, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen
aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten (§
2 Abs.1 Nr.13a
SGB VII).
Diese Vorschrift entspricht § 539 Abs.1 Nr.9a der
Reichsversicherungsordnung (
RVO) (BSG, Urteil vom 15.06.1983 - 9b/8 RU 36/81). Der Gesetzeszweck besteht in der Absicherung von Personen, die im öffentlichen Interesse Hilfe leisten. Mit der Begründung
des Versicherungsschutzes soll der Gemeinsinn des Bürgers zum positiven Handeln für den Mitbürger und die Gemeinschaft aller
gefördert werden (Bieresborn in Juris Praxiskommentar
SGB VII, Rz.179 mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 11.02.1981 - 2 RU 35/78).
Bei einem Brandfall wie dem vorliegenden ist das Bestehen einer gemeinen Gefahr im Sinne von §
2 ABs.1 Nr.13a
SGB VII unzweifelhaft.
Der Anspruch der Klägerin scheitert jedoch daran, dass sich das Vorliegen einer Hilfeleistungstendenz im Sinne einer subjektiven
Handlungstendenz nicht hat erweisen lassen. Hilfeleisten setzt ein aktives Handeln zugunsten eines Dritten voraus mit dem
Willen des Helfers, die drohende oder bestehende Gefahr oder den Schaden zu beseitigen bzw. zu mindern (Bieresborn, Juris
Praxiskommentar
SGB VII, Rz.184 mit Hinweis auf Bereiter-Hahn/Mehrtens,
SGB VII, §
2 Rdnr.25.6). Das schuldhafte Mitwirken des Versicherten an der Entstehung der Gefahr ist wie hier grundsätzlich unbeachtlich
(BSGE, Urteil vom 11.12.1973 - 2 RU 30/73, BSG Urteil vom 30.11.1982 - 2 RU 70/81).
Die Hilfeleistung muss final wesentlich darauf gerichtet sein Dritte zu schützen. Hierzu wird eine subjektive Handlungstendenz
in Richtung der Hilfeleistung gefordert, wobei keine mehr oder minder längere Überlegung zur Durchführung der Hilfe vorausgesetzt
wird (BSG, Urteil vom 26.05.1977 - 2 RU 80/76; BSG, Urteil vom 30.11.1982 - 2 RU 70/81).
Bei reflexartigen Handlungsabläufen ist darauf abzustellen, ob diese objektiv eine Hilfeleistung darstellen. Diese Abgrenzung
ist in der Praxis wie hier beim Zusammentreffen von Fremd- und Eigenrettung besonders problematisch, da die Hilfeleistung
von einem bloßen Selbstschutz abzugrenzen ist (Bieresborn in Juris Praxiskommentar
SGB VII Rz.186).
Zur Überzeugung des Senats besteht hier die nicht zu vernachlässigende Möglichkeit, dass es sich bei dem Verhalten des M.
K. nur um einen bloßen Selbstschutz gehandelt hat. Denn nach seinen eigenen dürftigen Erinnerungen kann er eine subjektive
Handlungstendenz in Richtung einer Hilfeleistung nicht mehr bestätigen. Vielmehr ist ein reflexartiger Selbstschutz deswegen
nicht abwegig, weil M. K. nach den Ermittlungen der Polizeiinspektion A-Stadt (vgl. Schlussvermerk vom 10.02.2005) aufgewacht
ist, als bereits die Bettmatratze in Brand gesetzt gewesen ist (Auch zeigt das Spurenbild am Bettrahmen, dass hier durch Hitzeeinwirkung
der Holzrahmen so beschädigt wurde, dass davon auszugehen ist, dass hier Flammen vom Boden nach oben zum Bett hin sich ausgebreitet
haben).
Wenn M. K. im Folgenden versucht hat, die glimmende/brennende Matratze zuerst über das eigene Fenster und anschließend über
den Gang entweder zur Treppe oder über das dort befindliche Fenster zu entsorgen, kann es sich hierbei sowohl um einen reflexartigen
Selbstschutz gehandelt haben, als auch um eine Handlung, die auch von dem Gedanken des Fremdschutzes vor allem zugunsten der
Schwester K. mitbestimmt worden ist.
Nachdem diese Möglichkeiten gleichwertig nebeneinander stehen, kann sich die Klägerin weder auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises
noch auf die des Beweisnotstandes berufen (Meyer-Ladewig, Kommentar zum
SGG, 9. Auflage, Rdnr.9d zu §
128 SGG mit weiteren Nachweisen; BSG, Urteil vom 12.06.1990 - USK 90150).
Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass die Zeugin K. K. ausgesagt hat, aus Erzählungen ihrer Mutter wisse sie,
dass ihr Bruder und ihr Vater in ihr Zimmer hätten gehen wollen, um sie zu holen. Sie hätten aber wegen des Feuers keine Chance
gehabt, das zu schaffen. - Nachdem die Zeugin K. K. ihren Bruder bei (zuvor kurz) geöffneter Zimmertüre nicht gesehen hat,
ist nicht gesichert, ob M. K. überhaupt und gegebenenfalls wann in das Zimmer seiner Schwester K. hat gehen wollen, um diese
zu holen. Auch die Unterlagen der Kriminalpolizeiinspektion A-Stadt sind insoweit dürftig. M. K. hat im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung
vom 26.01.2005 lediglich angeben können, er könne sich nur noch an sehr, sehr wenig erinnern. Er wisse, dass er in seinem
Bett gelegen sei und durch Hitze oder Rauch aufgewacht sei. Er müsse zu diesem Zeitpunkt ziemlich nah an der Wand in seinem
Bett gelegen sein. Er habe jetzt gesehen, dass neben ihm an seinem Bett die Matratze gebrannt habe. Dies habe er noch sicher
aus seiner Erinnerung. Alles Weitere seien jetzt nur noch Vermutungen. - Die diesbezüglichen Angaben der Zeugin K. K., die
auf dem Hörensagen beruhen, stehen auch nicht in Einklang mit den zeitnahen Aussagen des Vaters J. K. gegenüber der Kriminalinspektion
A-Stadt. Danach sei ihm der Sohn M. im Treppenhaus entgegengekommen. Der Sohn habe wie immer ein T-Shirt und eine Unterhose
getragen. Dies sei seine Kleidung, wenn er zu Bett gehe. Der Sohn habe geschrieen. Er sei schwer verletzt gewesen. Die Haut
sei ihm in Fetzen vom linken Arm gehangen. Er (der Vater J. K.) sei dann nach oben, habe aber das Obergeschoss nicht mehr
betreten können, sondern nur noch vom Treppenansatz aus hineinsehen können (Rauch, nichts als Rauch), und im Folgenden seine
Tochter mittels einer Leiter vom Dach gerettet.
Nach alle dem ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.07.2010 zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§
160 Abs.2 Nrn.1 und 2
SGG).
Die Streitwertfestsetzung bestimmt sich nach § 52 Abs.3 des Gerichtskostengesetzes (GKG).