Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch des Klägers auf Vergütung der Begleitung durch seine Ehefrau auf Spaziergängen als
Beitrag zur medizinischen Rehabilitation in Höhe von 10,00 EUR pro Stunde streitig.
Der 1943 geborene Kläger ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Er hatte gegen die Pflegekasse bei der Beklagten
einen Sozialrechtsstreit geführt, der mit Urteil vom 06.06.2006, Az.: S 19 P 254/06 entschieden wurde. In den Entscheidungsgründen wurde unter anderem ausgeführt, dass Spaziergänge der medizinischen Rehabilitation
des Klägers dienen.
Der Facharzt für Allgemeinmedizin/Allergologie Dr. P., Vertragsarzt der Beklagten, stellte im ärztlichen Attest vom 31.03.2006
fest, dass der Kläger auf Grund einer diabetischen Retinopathie unter schweren Sehstörungen leide. Wegen der Behandlung des
Diabetes sei es sehr wichtig, dass der Kläger sich möglichst viel bewege. Wegen seiner Sehschwäche benötige er zum Spazierengehen
außer Haus immer eine Begleitung.
Unter Beifügung dieses Attests und des Schwerbehindertenausweises des Zentrum Bayern Familie und Soziales R. (Az.: 14/440783836
vom 01.02.2006) mit einem Gesamt-Grad der Behinderung von 90 und der Zuerkennung der Merkzeichen "G", "B" und "RF" beantragte
der Kläger am 10.04.2007 bei der Beklagten, seiner Ehefrau für den zeitlichen Aufwand im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme
eine Entschädigung von 10,00 EUR pro Stunde zu genehmigen. Zur Begründung führte der Kläger aus, wesentlicher Grund für das
klageabweisende Urteil in der Pflegeversicherungsstreitsache sei gewesen, dass die notwendige Begleitung seiner Ehefrau bei
der ärztlich verordneten Bewegungstherapie nicht als Hilfebedarf in der Pflegeversicherung, sondern als "medizinische Rehabilitationsmaßnahme"
zu werten sei.
Mit streitigen Bescheiden vom 20.04.2007, 25.05.2007 und 25.06.2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme ab.
Es gebe keine gesetzliche Rechtsgrundlage für die Leistungspflicht der Beklagten. Darüber hinaus gebe es Leistungen, die den
Verrichtungen des täglichen Lebens zuzuordnen seien und in den familiären Bereich fallen würden. Die Begleitung durch seine
Ehefrau zum Spazierengehen sei sicher hilfreich, sie löse jedoch keine Kostenübernahmeverpflichtung einer gesetzlichen Krankenversicherung
aus. Eventuell könne im Rahmen der Nachbarschaftshilfe der Gemeinde eine Entlastung erfolgen.
Zur Begründung des Widerspruchs wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine tägliche Bewegung, nämlich in Form von begleiteten
Spaziergängen, sei als medizinische Therapie beim Kläger notwendig. Auf Grund der schwerwiegenden Diabetes-Erkrankung seien
die Spaziergänge medizinisch indiziert. Nachdem auf Grund der diabetischen Retinopathie schwere Sehstörungen vorlägen, sei
eine Begleitperson unabdingbar. Es bestehe eine Kostenerstattung nach dem
SGB V für die Begleitperson zur Durchführung der Bewegungstherapie. Zutreffend sei vom SG München in der vorgelegten Entscheidung
im Pflegestreitverfahren im Urteil vom 06.12.2006 niedergelegt worden, dass diese Leistungen nicht den Pflegeleistungen nach
dem
SGB XI unterfallen würden. Damit komme eine Kostenerstattung ausschließlich über das gesetzliche Krankenversicherungsrecht in Betracht.
Würde dem Kläger die Pflegekraft zur Begleitung der Bewegungstherapie nicht zur Verfügung stehen, müsste dieser sich in eine
therapeutische Einrichtung nach §
40 Abs.1
SGB V begeben. Zur Vermeidung dieser erheblich höheren Kosten bediene sich der Kläger einer Pflegekraft, welche ihn ohne größeren
Zeit- und Kostenaufwand begleite. Ein Kostenerstattungsanspruch ergebe sich richtigerweise aus §
37 SGB V. Darüber hinaus sei eine Kostenerstattung auch von §
40 Abs.3
SGB V gedeckt, wonach der Krankenversicherer den Umfang und die Durchführung der Rehabilitation vorgebe. Insoweit sei es dem Krankenversicherer
übertragen, den Bedürfnissen im Einzelfall umfassend gerecht zu werden. Wenn wie hier durch den Einsatz einer privaten Pflegekraft
erhebliche Kosten erspart werden könnten, so könne dies nicht zum Nachteil des Versicherten führen. Der Verweis auf §
1 Satz 2
SGB V gehe fehl, nachdem für die Durchführung der medizinisch indizierten Bewegungstherapie die Hilfestellung eines Dritten unabdingbar
sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und bestätigte damit ihre
Ausgangsbescheide.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger fristgerecht Klage zum SG München erheben lassen, mit der er sein Begehren weiterverfolgte.
Zur Begründung verweist er unter anderem erneut auf das Urteil des SG München vom 06.12.2006 im Pflegestreitverfahren - S 19 P 254/06 -.
Nach Beiziehung von Befundberichten von Prof. Dr. K., Dr. W., Dr. P. und Dr. W. hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung
eines Sachverständigengutachtens des Allgemeinarztes Dr. K. vom 12.03.2008, welcher aus medizinischer Sicht einen Anspruch
des Klägers auf eine ambulante oder stationäre Reha-Maßnahme nicht zu begründen vermochte. Ausreichende Bewegung, evtl. auch
mittels eines Hometrainers, genüge.
Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2008 hat der Vorsitzende die Beteiligten mit Nachdruck auf die Erfolglosigkeit
der Rechtsverfolgung der klägerischen Seite hingewiesen. Die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen seien der klägerischen
Seite unter ausdrücklichem Hinweis, dass die Beweiserhebung abgeschlossen sei, zur Stellungnahme zugeleitet worden. Auf Grund
dieses Gutachtens ergebe sich kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte. Zudem bestehe keine Anspruchsgrundlage im Gesetz.
Die weitere Rechtsverfolgung sei missbräuchlich. Das Gericht belehrte die klägerische Seite über diesen Tatbestand und führte
aus, dass es beabsichtige, im Fall der Fortführung des Rechtsstreits der klägerischen Seite mindestens Kosten in Höhe von
150,00 EUR gemäß §
192 Abs.1
SGG in der Fassung der 6. Gesetzesveränderung des
SGG vom 17.08.2001 aufzuerlegen.
Mit Urteil vom 18.12.2008 hat das SG die Klage abgewiesen und den Kläger verpflichtet, an die Staatskasse 150,00 EUR zu bezahlen. Mit ausführlicher Begründung
hat das SG die zu Grunde liegenden Bescheide der Beklagten bestätigt.
Gegen das Urteil des SG München vom 18.12.2008 richtet sich die Berufung des Klägers, mit der dieser sein Begehren weiterverfolgt.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, §
40 SGB V sei auf den vorliegenden Sachverhalt analog für eine ambulante Behandlung über den notwendigen Bedarf einer Begleitperson
und deren Kostenerstattung anzuwenden. Grundgedanke des §
40 SGB V sei es, dass bei einer Rehabilitation, bei welcher notwendigerweise eine Hilfe zu stellen sei, eben wie auch hier, die Kosten
zu erstatten seien. Zumindest ergebe sich aber ein Anspruch aus §
37 SGB V. Zudem würde die vom SG vertretene Auffassung nicht mit der gesetzlichen Regelung in §
17 SGB IX übereinstimmen.
In der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2011 wies die Vorsitzende nach Erörterung der Sach- und Rechtslage den Bevollmächtigten
darauf hin, dass der Senat ebenso wie das SG die Weiterverfolgung des Rechtsstreits als rechtsmissbräuchlich ansehe. Der Kläger erklärte daraufhin, die Ausführungen des
Senats verstanden zu haben. Trotzdem war er der Auffassung, dass er das Recht auf eine Entscheidung des Berufungsgerichts
habe. Die Vorsitzende wies weiter darauf hin, dass dann auch die Möglichkeit der Auferlegung von Kosten im Sinne des §
192 Abs.2 Satz 1 Ziffer 1
SGG zu diskutieren sei.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 18.12.2008 sowie die zu Grunde liegenden Bescheide der Beklagten vom 20.04.2007,
25.05.2007 und 25.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
dem Kläger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in Form der Kostenerstattung einer Begleitperson für täglich 120 Minuten
in Höhe von 10,00 EUR pro Stunde ab dem 10.04.2007 zu bezahlen.
Die Vertreterin der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der beigezogenen Akten sowie der gewechselten
Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§
143 ff.
SGG zulässige Klage erweist sich als unbegründet. Insbesondere ist auch der Beschwerdewert von 750,00 EUR erreicht, da der Kläger
die Leistungen seit 01.04.2007 in Höhe von täglich 20,00 EUR begehrt.
Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 17.12.2008 die Klage abgewiesen, da die zu Grunde liegenden Bescheide der Beklagten vom 20.04.2007, 25.05.2007
und 25.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2007 nicht zu beanstanden sind. Der Kläger hat keinen Anspruch
auf Vergütung der Begleitung durch seine Ehefrau auf Spaziergängen als Beitrag zur medizinischen Rehabilitation.
Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden den Versicherten grundsätzlich unentgeltlich als Sach- oder Dienstleistungen
zur Verfügung gestellt (§
2 Abs.2
SGB V). In bestimmten Fällen kann auch ein Anspruch auf Erstattung bereits angefallener Kosten in Betracht kommen. Soweit Versicherte,
wie hier der Kläger, nicht das Verfahren der Kostenerstattung nach §
13 Abs.2
SGB V gewählt hat, kann ein solcher Anspruch ausschließlich auf die Regelung des §
13 Abs.3 Satz 1
SGB V gestützt werden. Danach hat die Krankenkasse den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung zu erstatten,
wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alternative 1) oder wenn sie eine Leistung zu Unrecht
abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind (Alternative 2). Der Kostenerstattungsanspruch
reicht aber nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setzt voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung
zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hat (ständige
Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 07.11.2006, Az.:
B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr.12). Auf nicht notwendige oder unwirtschaftliche Maßnahmen besteht weder in Form von Sach- oder Dienstleistungen
noch im Wege der Kostenerstattung ein Anspruch (§
12 Abs.1, §
27 Abs.1
SGB V).
Die genannten Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch des Klägers liegen hier gänzlich nicht vor. Bei der Begleitung
des Klägers durch seine Ehefrau auf Spaziergängen handelt es sich nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV).
Ansprüche nach §
40 SGB V bestehen ebenfalls nicht, da die Spaziergänge keine medizinische Rehabilitation im Sinne des
SGB V darstellen und sie (auch) nicht in einer Rehabilitationseinrichtung nach §
111 SGB V stattfinden.
Ansprüche ergeben sich ebenfalls nicht aus §
37 SGB V, weil durch die Spaziergänge eine gebotene Krankenhausbehandlung nicht vermieden oder verkürzt wird. Auf Grund des vom SG eingeholten Sachverständigengutachtens von Dr. K. steht insoweit fest, dass beim Kläger weder eine Indikation für eine ambulante
noch für eine stationäre Kurmaßnahme zu erkennen ist. Dieses wird auch von Dr. P. in dem für diesen Prozess maßgeblichen Attest
vom 31.03.2006 nicht angesprochen. Fest steht lediglich, dass ausreichende Bewegung für den Kläger wichtig ist. So weist Dr.
K. in seinem Gutachten unter anderem darauf hin, dass auch das Fahrradfahren am Home-Trainer, der zur Verfügung steht, denkbar
ist. Auch weist er darauf hin, dass die erforderliche Bewegung in die Eigenverantwortlichkeit des Erkrankten ähnlich der diabetesgeeigneten
Kost und Ernährungszubereitung fällt. In diesem Zusammenhang ist auch auf §
1 Satz 2
SGB V zu verweisen, der besagt, dass die Versicherten für ihre Gesundheit mitverantwortlich sind, das heißt, sie sollen durch eine
gesundheitsbewusste Lebensführung dazu beitragen, die Folgen ihrer Erkrankung zu überwinden. Somit gehören die Spaziergänge
zum eigenverantwortlichen Bereich des Klägers.
Es ergibt sich auch kein Anspruch des Klägers aus §
17 Abs.2
SGB IX. Danach hat der Leistungsträger ein Auswahlermessen, bei dem neben der Wirtschaftlichkeit auch die Wirksamkeit der Maßnahme
im Hinblick auf die einzelnen Alternativen der Ausführung zu berücksichtigen ist. Der Träger hat somit die Prüfungspflicht,
ob bei Auszahlung eines persönlichen Budgets die gleiche Wirksamkeit erreicht werden kann, wie wenn eine Sachleistung gewährt
würde. Das Budget muss den Betroffenen befähigen, eine vollwertige Alternative zur Sachleistung zu realisieren. Es darf nicht
höher sein als der Betrag für die Sachleistung. Hier gilt das Prinzip der Budget-Neutralität. Unabdingbare Voraussetzung für
die Anwendung des §
17 Abs.2
SGB IX ist aber, dass ein Sachleistungsanspruch besteht. Ein solcher besteht, wie bereits dargestellt, aber gerade nicht.
Im Übrigen ist auch ergänzend darauf hinzuweisen, dass das
SGB XI die Ansprüche nicht ausweitet. Das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich (auch) nach Inkrafttreten
des
SGB XI nicht wesentlich geändert mit der Folge, dass das Leistungsrecht des
SGB V weiterhin maßgebend bleibt.
Somit ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG München vom 18.12.2008 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Weiter war es geboten, dem Kläger Verschuldenskosten gemäß §
192 Abs.1 Nr.2
SGG aufzuerlegen. Die Vorsitzende hat in der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2011 den Kläger und seinen Bevollmächtigten darauf
hingewiesen, dass der Senat ebenso wie das SG die Weiterverfolgung des Rechtsstreits als rechtsmissbräuchlich ansieht. Der Kläger erklärte auch, die Ausführungen des Senats
verstanden zu haben, trotzdem bestand er auf einer Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Vorsitzende wies auch weiter darauf
hin, dass dann auch die Möglichkeit der Auferlegung von Kosten im Sinne des §
192 Abs.2 Satz 1 Ziffer 1
SGG zu diskutieren sei. Das Verhalten des Klägers in der mündlichen Verhandlung ist als missbräuchlich anzusehen, da er trotz
offensichtlicher Aussichtslosigkeit seinen Rechtsstreit weiter verfolgte. Dies war dem Kläger auch bewusst, da er nicht nur
vom SG, sondern auch vom Senat ausdrücklich auf die eindeutige Rechtslage und die dadurch gegebene Aussichtslosigkeit seines Rechtsmittels
hingewiesen wurde.
Gründe für die Zulässigkeit der Revision gemäß §
160 Abs.2
SGG liegen nicht vor.