Gründe:
I. Die Antragstellerin (Ast.) begehrt im Beschwerdeverfahren, die vom Sozialgericht ausgesprochene Befristung der vorläufigen
Übernahme der Kosten einer 24-Stunden-Kranken-beobachtung bis zur Entscheidung über den Widerspruch oder bis zum 30. September
2010, falls keine weitere ärztliche Verordnung über den 30. September 2010 hinaus erfolgt, aufzuheben bzw. diese Leistung
ohne Befristung als Sachleistung zu gewähren, sowie die Antragstellerin mit einer Sitzwaage durch Stellung eines Leihgeräts
auszustatten.
Die 1916 geborene Ast. ist bei der Antragsgegnerin (Ag.) gesetzlich versichert. Sie leidet an denen Folgen eines im November
2008 erlittenen Schlaganfalls sowie an einer arteriellen Hypertonie, einer dekompensierten Herzinsuffizienz, rezidivierender
Elektrolytentgleisung mit Hyponatriämie und Hypokaliämie, Niereninsuffizienz und Gonarthrose beidseits. Die Ast. bezieht von
der Pflegekasse Leistungen nach der Pflegestufe II.
Der behandelnde Arzt Dr. H. verordnete vom 16. Juli 2010 bis 30. September 2010 neben dem Anlegen von Kompressionsverbänden
und Medikamentengabe auch eine 24 Stunden spezielle Krankenbeobachtung, sowie einmal tägliches Wiegen und außerdem einmal
täglich, siebenmal wöchentlich Infusionen subkutan und Pulsoximetrie (erste Verordnung vom 13. Juli 2010).
Unmittelbar vor dieser Verordnung hatte sich in die Ast. vom 24. Juni 2010 bis 13. Juli 2010 in stationärer Behandlung des
W.Krankenhauses St. M. befunden. Danach war nochmals vom 14. August 2010 bis 23. August 2010 eine stationäre Behandlung im
Klinikum A-Stadt wegen Elektrolytentgleisung erforderlich.
Mit Bescheid vom 3. August 2010 bewilligte die Ag. die verordneten Injektionsleistungen, die Medikamentenabgabe sowie das
An- und Ausziehen der Kompressionsstrümpfe. Nicht bewilligt wurden die Infusionen subkutan bei Bedarf, die Kosten der Grundpflege
bzw. hauswirtschaftlichen Versorgung sowie die spezielle 24-Stunden-Krankenbeobachtung. Die Übernahme der Kosten der Grundpflege
bzw. hauswirtschaftlichen Versorgung wurden mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit der AOK Pflegekasse abgelehnt. Die Infusionen
subkutan bei Bedarf wurden abgelehnt, da es sich nach den Richtlinien zur häuslichen Krankenpflege um keine Leistungen der
häuslichen Krankenpflege handele. Ebenso wurde abgelehnt die spezielle 24-Stunden-Krankenbeobachtung, da diese Leistung nur
verordnungsfähig sei, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit sofortige pflegerische/ärztliche Intervention bei lebensbedrohlichen
Situationen täglich erforderlich ist und nur die genauen Zeitpunkte und das genaue Ausmaß nicht im Voraus bestimmt werden
können oder wenn über einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden festgestellt werden soll, ob die ärztliche Behandlung zuhause
sichergestellt werden kann oder ob Krankenhausbehandlung erforderlich ist. Zur speziellen Krankenbeobachtung gehörten auch
die dauernde Erreichbarkeit der Ärztin oder des Arztes und die laufende Information der Ärzte oder des Arztes über Veränderungen
der Vitalzeichen. Die allgemeine Krankenbeobachtung sei hingegen Bestandteil jeder pflegerischen Leistung. Nach den Feststellungen
des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung sei die Notwendigkeit einer speziellen Krankenbeobachtung ohne detaillierte
fachliche Begründung nicht nachvollziehbar, so dass eine Kostenübernahme nicht möglich sei. Ausgewertet wurden die zur Beurteilung
der Pflegestufe eingeholten Gutachten für die Pflegekasse.
Dagegen legte der Bevollmächtigte der Ast. mit Schreiben vom 11. August 2007 Widerspruch ein, mit der Begründung es sei nicht
nachvollziehbar, wie der ärztliche Dienst ohne körperliche Untersuchung nur nach Aktenlage die Notwendigkeit der Krankenbeobachtung
verneinen konnte.
Im weiteren Schreiben vom 23. August 2010 wurde auch die Übernahme der Kosten für eine Pulsoximetrie abgelehnt, da es sich
nach den Richtlinien zur häuslichen Krankenpflege um keine erstattungsfähigen Leistungen handele. Außerdem wurde gebeten,
den Widerspruch ausführlich zu begründen.
Am 27. August 2010 beantragte die Ast. beim Sozialgericht Bayreuth den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Übernahme
der Kosten der speziellen Krankenbeobachtung durch Gewährung einer spezialisierten Intensivpflegekraft bzw. eines Intensivpflegedienstes
24 Stunden täglich oder durch Finanzierung einer von der Ast. selbst beschafften, spezialisierten Pflegekraft. Vorgetragen
wurde, dass zur Vermeidung von Krankenhausaufenthalten und von lebensbedrohenden Zuständen die intensive medizinische und
pflegerische Überwachung in der Häuslichkeit der Ast. 24 Stunden täglich erforderlich sei. Die von der Ag. benannten Pflegedienste
hätten nach Mitteilung keine 24- Stunden-Krankenbeobachtungen erbringen können, da diese Dienste keine Nachtbetreuung anbieten,
sondern lediglich im Zwei-Schichtsystem arbeiten und in der Nacht nur eine telefonische Rufbereitschaft zur Verfügung stehe.
Die Notwendigkeit dieser 24-Stunden-Krankenbeobachtung sei aber durch die Verordnung der Hausärzte belegt, außerdem zeigten
die erforderlichen stationären Behandlungen, dass es ohne die entsprechende Krankenbeobachtung zu lebensbedrohenden Zuständen,
insbesondere zu einer Somnolenz komme. Die spezielle Krankenbeobachtung müsse über einen längeren Zeitraum durchgängig und
kontinuierlich durch die gleiche Person erfolgen, da andernfalls die notwendige Zufuhr von Natrium nicht im gesundheitszuträglichen
Umfang erfolgen könne, da die Ast. gleichzeitig an einer Herzinsuffizienz leide. Das bedeute, dass das Wechselspiel zwischen
der notwendigen Salzzufuhr einerseits und notwendiger Entwässerung andererseits bei der multimorbiden Ast. eine kontinuierliche
Anpassung der Medikamente erfordere und darum eine zeitlich lückenlose Beobachtungskontrolle der Vitalzeichen, körperliche
Inspektion und Wiegens nötig sei. Der langjährige Hausarzt habe die ständige 24-Stunden-Krankenbeobachtung und Überwachung
angeordnet. Außerdem gehe aus dem Entlassungsbericht des Krankenhauses A-Stadt hervor, dass diese 24- Stunden-Pflege notwendig
sei. Auch sei die Gewährung einer Sitzwaage erforderlich, diese habe bereits im Arztbrief des W.Krankenhauses vom 12. Juli
2007 gestanden. Die Ast. sei auch nicht in der Lage, die Kosten der 24-Stunden-Krankenpflege vorzustrecken, zumal ein Antrag
auf Eingliederungshilfe wegen Hilfe zur Pflege noch nicht verbeschieden sei. Wegen verschiedener Rechtsstreitigkeiten habe
die Ast. auch Forderungen der Justizkasse zu erfüllen. Sie sei als betagte Person aufgrund von Machenschaften der früher bevollmächtigten
Tochter unverschuldet in eine Notsituation geraten. Sie lebe seit ihrer Geburt in ihrem Haus, nehme am Leben in der Hausgemeinschaft
teil, so dass eine stationäre Unterbringung zum Beispiel in einem Altenheim nicht infrage komme.
Die Ag. beantragte den Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, da aus ihrer Sicht ein Anordnungsgrund nicht vorliege.
Sie verweist dazu auf die Unterlagen des Medizinischen Dienstes sowie den Entlassungsbericht des W.Krankenhauses St. M ...
Das Sozialgericht hat am 7. September 2010 den behandelnden Arzt Dr. H. sowie den Oberarzt des Klinikums A-Stadt Dr. D. befragt.
Beide teilten mit, dass der Gesundheitszustand der Ast. eigentlich nicht mehr geeignet sei diese zuhause zu pflegen, sie wäre
in einem Pflegeheim besser untergebracht. Es sei keine intensive medizinische Betreuung oder Pflege notwendig, sondern nur
eine normale pflegerische Überwachung, wobei Dr. D. ergänzte, dass es andere Methoden gebe, um eine Entgleisung des Elektrolythaushalts
zu vermeiden. Beide Ärzte erklärten, dass selbst bei Schläfrigkeit genügend Zeit sei, um darauf zu reagieren, es habe zu keinem
Zeitpunkt eine intensiv-pflichtige Maßnahme vorgelegen.
Mit Beschluss vom 8. September 2010 verpflichtete das Sozialgericht die Ag., vorläufig ab 27. August 2010 die Kosten für eine
spezielle 24-Stunden-Krankenbeobachtung zu übernehmen. Befristet wurde die Anordnung bis zur Entscheidung über den Widerspruch
oder bis zum 30. September 2010, falls keine weitere ärztliche Verordnung über den 30. September 2010 hinaus erfolge. Im Übrigen
wurde der Antrag zurückgewiesen. Die Ag. wurde verpflichtet, die Hälfte der notwendigen Kosten der Ast. zu erstatten.
Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, dass bezüglich der 24-Stunden-Krankenbeobachtung von einer existenziell bedeutsamen
Leistung der Krankenversicherung auszugehen sei und diese vom behandelnden Arzt verordnet wurde. Diese Verordnung sei aufgrund
der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege in der Fassung vom 17. September
2009, zuletzt geändert am 15. April 2010, dann zu bewilligen, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit sofortige pflegerische-ärztliche
Intervention bei lebensbedrohlichen Situation täglich erforderlich sind und nur die genauen Zeitpunkte und das genaue Ausmaß
nicht im Voraus bestimmt werden können oder wenn über einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden festgestellt werden soll, ob
die ärztliche Behandlung zuhause sichergestellt werden kann oder ob Krankenhausbehandlung erforderlich ist. Im Hinblick auf
diese existenziell bedeutsame Leistung der Krankenversicherung sei eine summarische Prüfung im Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes nicht möglich. Da aber eine vollständige Aufklärung des medizinischen Sachverhalts aus Zeitgründen nicht möglich
sei, habe die Kammer nicht abschließend klären können, ob die Durchführung der beantragten 24-Stunden-Krankenbeobachtung entsprechend
den Richtlinien über die häusliche Krankenpflege bei der Ast. medizinisch notwendig sei. Das Gericht habe aber zumindest starke
Zweifel an der Notwendigkeit, insbesondere im Hinblick auf die Befundberichte der Kliniken A-Stadt und St. M. und nach dem
Ergebnis der Telefongespräche mit den behandelnden Ärzten. Daher sei in Güterabwägung der betroffenen Grundrechte der Ast.
und den Interessen der Versichertengemeinschaft die im Hinblick auf das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit
zu gewährende Leistung auf die Zeit ab Rechtshängigkeit bis zum 30. September 2010 zu begrenzen, falls keine weitere Verordnung
einer speziellen 24-Stunden-Krankenbeobachtung darüber hinaus erfolge. Das Sozialgericht berücksichtige dabei auch die gerade
noch in ausreichendem Ausmaß glaubhaft gemachte finanzielle Situation der Ast., die es nicht möglich mache, die immensen Kosten
einer speziellen 24-Stunden-Krankenbeobachtung zu tragen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die mit Schreiben vom 16. September 2010 am 20. September 2010 beim Sozialgericht Bayreuth
erhobene Beschwerde, die am 24. September 2010 beim Bayerischen Landessozialgericht eingegangen ist. Zur Begründung wurde
vorgetragen, dass der Hausarzt Dr. H. nach Rücksprache mitgeteilt habe, eine weitere Verordnung für das 4. Quartal 2010 bis
31. Dezember 2010 ausstellen zu wollen. Im Übrigen gehe die Entscheidung des Sozialgerichts ins Leere, da der Ast. bisher
Leistungen von der Ag. nicht gewährt wurden und die Pflegedienste nicht in der Lage waren, kurzfristig eine entsprechende
Leistung anzubieten. Darüber hinaus wurden Ausführungen dazu gemacht, dass entgegen der Aussage des Klinikums A-Stadt sehr
wohl ein Aufenthalt auf der Intensivstationen zumindest vom 24. Juni bis 25. Juni 2010 erforderlich war, anschließend die
offensichtlich bessere Betreuung auf der Privatstation erfolgte. Die im Gespräch von Dr. D. vorgeschlagene Therapie mit einer
Sonde sei abzulehnen, da die Ast. nicht zu dem Personenkreis gehöre, der nicht oder nicht problemlos schlucken könne und daher
eine wesentliche Beeinträchtigung der Lebensqualität durch diese Behandlung für die Ast. bestehe. Eine Versorgung in einem
Heim komme deshalb nicht in Betracht, da die Ast. auch in einer Kurzzeitpflege bereits sehr negative Erfahrungen gemacht habe.
Hier sei insbesondere auch die Krankenbeobachtung durch das in aller Regel überforderte Personal nicht gegeben, da z.B. auf
30 bis 40 Bewohner nur zwei Pflegekräfte entfallen und damit die Überwachung in keinster Weise sichergestellt sei. Gleiches
gelte auch für die Station der Kurzzeitpflege am Wohnort der Ast. in A-Stadt.
Bezüglich der Sitzwaage wurde ausgeführt, dass das von der Ag. empfohlene Wiegeverfahren mit zwei Personen und zwei Waagen
in der Praxis nicht umsetzbar und sehr gefährlich sei. Dies habe ein Versuch der Zeugin T. A. mit einer Mitarbeiterin des
Pflegedienstes ergeben.
Die weitere Verordnung häuslicher Krankenpflege vom 27. September 2010 für den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 31. Dezember
2010 durch Dr. H. wurde am 29. September 2010 beim BayLSG vorgelegt.
Die telefonische Nachfrage des Senats bei der als Zeugen benannten T. A. ergab, dass die Ast. seit 28. September 2010 in einer
Kurzzeitpflegeeinrichtung in der Nähe des Wohnorts der Zeugin für maximal 14 Tage untergebracht ist.
Die Ag. beantragte im Schriftsatz vom 28. September 2010 die Beschwerde zurückzuweisen. Sie teilte mit, in der nächsten Widerspruchsitzung
über den Widerspruch der Ast., voraussichtlich am 19. Oktober 2010, zu entscheiden. Eine weitere Verordnung für Leistungen
über den 30. September 2010 hinaus sei allerdings bisher nicht vorgelegt worden. Die Ag. habe entsprechend der Empfehlung
im Beschluss des Sozialgerichts den MDK im Rahmen des laufenden Widerspruchsverfahrens beauftragt, zur Abklärung der medizinischen
Notwendigkeit der speziellen Krankenbeobachtung eine körperliche Begutachtung im Wege eines Hausbesuches durchzuführen. Nachdem
die Ast. zunächst den Termin vom 23. September 2010 abgelehnt habe, sei die Begutachtung am 27. September 2010 vereinbart
und auch durchgeführt worden. Diese Begutachtung habe ergeben, dass eine Intensivpflegebedürftigkeit im Sinne der speziellen
Krankenbehandlung nach der HKP-Richtlinie Nr. 24 nicht vorliege. Erforderlich sei vielmehr eine allgemeine Krankenbeobachtung,
wie sie Bestandteil aller pflegerischen Leistungen sei. Auch die Befragung der behandelnden Ärzte hätte ergeben, dass die
Ast. intensivpflegebedürftig, jedoch nicht intensiv-pflichtig sei. Ein Anordnungsanspruch bestehe daher weiterhin nicht.
Bezüglich der Sitzwaage wurde mitgeteilt, dass der MDK nunmehr die Sitzwaage empfohlen habe und diesbezüglich demnächst eine
erneute Entscheidung erfolgen werde. Eine Entscheidung darüber im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes müsse daher nicht
ergehen. Es sei insbesondere diesbezüglich eine besondere Dringlichkeit auch in der Beschwerdebegründung nicht dar getan.
Die Ast. beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 8. September 2010 abzuändern so- weit darin die Bewilligung der 24-Stunden-Krankenbeobachtung
befristet bewilligt wurde und die Versorgung mit der Sitzwaage abgelehnt wurde.
Die Ag. beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Ag. sowie des Sozialgerichts Bayreuth und des Bayerischen Landessozialgerichts
sowie die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§
172 ff.
Sozialgerichtsgesetz -
SGG -), erweist sich jedoch als unbegründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend die von der Ast. begehrte Leistung auf den Zeitraum der zunächst erfolgten Verordnung bis
30. September 2010 bzw. bis zur Entscheidung über den Widerspruch begrenzt. Eine darüber hinausgehende Übernahme der Kosten
einer Krankenbeobachtung ist im Hinblick auf die von der Ag. zwischenzeitlich durchgeführte Begutachtung sowie die derzeitige
Unterbringung der Ast. in einer Kurzzeitpflege nicht erforderlich.
Gemäß §
86 b Abs.
2 S. 1
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die
Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt
oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung §
86 b Abs.
2 S. 1
SGG). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
zulässig, wenn die Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung (§
86 b Abs.
2 S. 2
SGG). Diese Anträge sind schon vor Klageerhebung zulässig (§
86 b Abs.
3 SGG). Beide Arten der einstweiligen Anordnung setzen einen Anordnungsanspruch, als einen materiellen Anspruch auf die begehrte
Entscheidung, und einen Anspruchsgrund voraus, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit der vorläufigen Regelung gekennzeichnet
ist. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gegenüber dem Gericht glaubhaft zu machen.
Bereits aufgrund der Auskünfte der behandelnden Ärzte Dr. H. und Dr. D. gegenüber dem Sozialgericht bestehen auch nach Auffassung
des Senats begründete Zweifel an der Erforderlichkeit der 24 Stunden-Krankenbeobachtung bei der Ast ... Vor dem Hintergrund
des weiteren Gutachtens des MDK haben sich diese Zweifel verstärkt, wobei der behandelnde Arzt Dr. H. schriftlich am 21.September
2010 gegenüber der Ag. erläutert hat, dass zwar eine umfangreichere Überwachung der Patientin, sollte sie weiter im häuslichen
Bereich gepflegt werden, als notwendig anzusehen ist, dass aber sicherlich keine intensiv-pflichtige Pflegebedürftigkeit besteht.
Damit erfüllt nach Auffassung des Senats der vorliegende Sachverhalt nicht die Voraussetzungen der Richtlinie des Gemeinsamen
Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege, insbesondere nicht die Voraussetzungen der speziellen
Krankenbeobachtung, da nicht erkennbar ist, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit sofortige pflegerische/ärztliche Intervention
bei lebensbedrohlichen Situationen täglich erforderlich werden können. Aus den Einlassungen der behandelnden Ärzte wird deutlich,
dass zwar eine sorgfältige Beobachtung der Vitalfunktionen der Ast. erforderlich ist, hier aber nicht innerhalb von Minuten
ein lebensbedrohlicher Zustand auftreten kann, sondern vielmehr ein deutlich längerer Zeitraum zur Erfassung der nachlassenden
Vitalität und zum ärztlichen Einschreiten zur Verfügung steht. Somit ist die bei der Ast. erforderliche Beobachtung als allgemeine
Krankenbeobachtung aufzufassen, die nach den genannten Richtlinien Bestandteil jeder pflegerischen Leistung ist und somit
die begehrte spezielle Krankenbeobachtung nicht rechtfertigt. Nicht unberücksichtigt bleiben kann dabei auch, dass der Klägerin
die Pflegestufe II unverändert zusteht, also auch von der Pflegekasse nicht die Notwendigkeit der Pflege rund um die Uhr anerkannt
werden konnte. Inwieweit durch die bisherigen pflegerischen Maßnahmen dem Umfang der Pflegestufe II Rechnung getragen wird,
kann hier ungeprüft bleiben.
Aufgrund der fehlenden Bejahung einer notwendigen speziellen Krankenbeobachtung sowie aufgrund des Umstandes, dass die Ast.
derzeit in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung untergebracht ist, konnte der Senat keine Notwendigkeit erkennen, einen Anspruch
der Ast. über die vom Sozialgericht bereits bewilligte Maßnahme hinaus auszusprechen. Der Ast. bzw. ihren Angehörigen wird
dadurch Gelegenheit gegeben, für die adäquate Unterbringung der Ast. bzw. die Bereitstellung der notwendigen allgemeinen Krankenbeobachtung
die notwendigen Maßnahmen vorzubereiten. Aus der Sicht des Senats ist daher keine Regelung erforderlich, die den gesamten
von Dr. H. verordneten Zeitraum umfassen muss.
Soweit die Bereitstellung der Sitzwaage im einstweiligen Rechtsschutzverfahren begehrt wird, wurde der Antrag vom Sozialgericht
ebenfalls zu Recht abgelehnt. Selbst wenn nunmehr durch die Ag. selbst die Notwendigkeit der Verordnung des Hilfsmittels nach
§
33 Abs.
1 SGB V bejaht wird, ergibt sich kein Anordnungsgrund im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, da nicht erkennbar ist,
warum es der Ast. nicht zumutbar ist, die nun in Aussicht gestellte Entscheidung der Ag. abzuwarten. Dies gilt umso mehr als
die Kontrolle des Gewichts nur eine von mehreren notwendigen Kontrollmaßnahmen darstellt und somit lediglich ein Teilbereich
der erforderlichen Pflegemaßnahmen davon abgedeckt wird. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts
Bayreuth zu dieser Frage Bezug genommen.
Somit ist die Beschwerde der Ast. gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 8. September 2010 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung des §§
193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Die Entscheidung ist endgültig (§
177 SGG).