Zulässigkeit der abweichenden Bemessung des Regelbedarfs bei anderweitiger Bedarfsdeckung beim Anspruch auf bedarfsorientierte
Grundsicherung bei Erwerbsminderung
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Frage der Bewilligung höherer Grundsicherungsleistungen nach dem Gesetz über die bedarfsorientierte
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - GSiG - (insbesondere ohne Anrechnung des Kindergeldes) für den Zeitraum vom 01.07.2004-31.12.2004 streitig.
Die 1980 geborene Klägerin ist schwerbehindert (GdB 80, Merkzeichen "B" und "G") und arbeitet in einer Werkstatt für behinderte
Menschen in A-Stadt. Sie wird durch ihre Mutter A. als Betreuerin gesetzlich vertreten. Ab 01.01.2003 gewährte der Beklagte
der Klägerin Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG - Bescheide vom 02.01.2003, vom 09.03.2003, vom 17.06.2003, vom 24.09.2003, vom 11.12.2003, vom 06.02.2004). Dabei wurde
das monatliche Kindergeld in Höhe von 154 EUR der Klägerin als deren Einkommen angerechnet. Als Einkommen der Klägerin war
das Kindergeld von der Betreuerin auch in dem Erstantrag auf Grundsicherungsleistungen vom 08.11.2002 angegeben.
Mit Bescheid vom 24.06.2004 bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 01.07.2004 bis 31.12.2004 Grundsicherungsleistungen in
Höhe von monatlich 272,38 EUR. Der Betrag errechnete sich wie folgt: Regelbedarf 230 EUR, zuzüglich Erhöhung 43,05 EUR, zuzüglich
Mehrbedarf 46,00 EUR, Kosten der Unterkunft von 194,55 EUR plus Heizkosten von 21,75 EUR, insgesamt 535,35 EUR. Demgegenüber
wurde ein Einkommen in Höhe von 389,40 EUR angenommen. Dieses setzte sich zusammen aus Kindergeld 154 EUR, Einkünften aus
Erwerbstätigkeit 208,40 EUR, abzüglich eines Freibetrags für Erwerbstätigkeit und Arbeitsmittel in Höhe 126,43EUR, Anrechnung
Mittagessen WfbM 27 EUR. Die Leistung machte damit 272,38 EUR aus.
Gegen den Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 24.06.2004 erhob die Mutter der Klägerin am 12.07.2004 Widerspruch. Zur Begründung
führte sie unter Hinweis auf ein anhängiges Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Az.: 12 BV 03.2219) aus,
das Kindergeld erhalte nicht der Grundsicherungsberechtigte, sondern dessen Eltern und beantragte das Ruhen des Verfahrens.
Mit Bescheid vom 02.08.2004 berechnete der Beklagte die Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.08.2004 bis 31.12.2004
wegen einer Änderung bei den Unterkunftskosten neu in Höhe von monatlich 273,88 EUR, wobei als Einkommen der Klägerin wiederum
das Erwerbseinkommen aus der WfbM, das Mittagessen in der WfbM und das Kindergeld angerechnet wurden (Gesamtbedarf: 536,85
EUR, Einkommen unverändert 389,40 EUR abzüglich Freibeträgen 126,43 EUR, damit Leistung monatlich 273,88 EUR).
Mit weiterem Bescheid vom 28.12.2004 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
nach dem 4. Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 01.01.2005-30.06.2005 in Höhe von monatlich 346,28 EUR. Auf den Grundsicherungsbedarf
von 601,21 EUR rechnete der Beklagte das Kindergeld der Klägerin und deren Werkstatteinkommen bedarfsmindernd an. Gegen den
Bescheid vom 28.12.2004 erhob die Klägerin keinen Widerspruch.
Mit Schreiben vom 13.06.2005 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass nach dem nunmehr rechtskräftigem Urteil des Bayer.
VGH vom 09.02.2004 (Zurückweisung der Nichtzulassung der Revision mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.12.2004)
das Kindergeld nicht als Einkommen des Kindes, sondern des Kindergeldberechtigten anzusehen sei, es sei denn, dass die Auszahlung
des Kindergeldes direkt an das Kind erfolge oder das Kindergeld dem Kind ausdrücklich zugewandt werde. Gleichzeitig bat der
Beklagte um Aufklärung hinsichtlich der tatsächlich an den Vermieter gezahlten Kosten der Unterkunft, nachdem die Mutter der
Klägerin telefonisch am 13.06.2005 von einer Mietminderung berichtet hatte.
Am 17.06.2005 teilte die Mutter der Klägerin mit, dass ihre Tochter das Kindergeld seit ihrer Geburt erhalte. Ihre Tochter
verfüge über kein eigenes Konto. Auf weitere Nachfrage des Beklagten teilte sie am 29.06.2005 mit, es werde nichts vom Kindergeld
einbehalten, dies gehöre ihrer Tochter. Am 05.07.2005 übersandte die Betreuerin der Klägerin eine formularmäßige Erklärung
vom 04.07.2005, wonach das Kindergeld weitergeleitet und der Tochter voll zur Verfügung stehen würde.
Gleichzeitig forderte sie die Rückerstattung in Bezug auf das Kindergeld der Tochter für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.05.2005
in Höhe von 4.466 EUR. Bei einer mündlichen Vorsprache am 23.06.2005 wurde die Mutter der Klägerin nochmals darüber informiert,
dass das Kindergeld der Klägerin zugerechnet werden müsste, wenn dieses an sie zur vollständigen Verwendung weitergegeben
werde. Die Mutter der Klägerin bestätigte nochmals, dass sie das Kindergeld an ihre Tochter weitergebe und es der Tochter
zur Verfügung stehe.
Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 19.09.2005 die Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII für die Klägerin
mit Wirkung vom 01.08.2005 ein, weil diese ihren Wohnsitz in die betreute Wohneinrichtung nach A-Stadt verlegte.
Mit Schreiben vom 31.01.2006 hörte der Beklagte die Klägerin wegen einer beabsichtigten Aufhebung und Erstattung von zu Unrecht
bezogenen Kosten der Unterkunft für die Zeit von 01.04.2004 bis 31.05.2005 in Höhe von 922,06 EUR an und teilte gleichzeitig
mit, dass er den Widerspruch vom 12.07.2004 gegen den Bescheid vom 24.06.2004 als erledigt ansehe, nachdem die Mutter der
Klägerin mehrfach angegeben habe, dass das Kindergeld an die Klägerin weitergegeben werde. Die Anrechnung als Einkommen der
Klägerin sei daher zu Recht erfolgt.
Der Bevollmächtigte der Mutter der Klägerin wies den Beklagten am 28.03.2006 darauf hin, dass das Kindergeld sowohl auf die
Grundsicherungsansprüche der Tochter, als auch auf die Leistungsansprüche der Mutter nach dem SGB II als deren Einkommen ab
01.01.2005 angerechnet werde, so dass sich der Widerspruch vom 12.07.2004 gegen den Bescheid vom 24.06.2004 nicht erledigt
habe.
Der Beklagte legte den Widerspruch vom 12.07.2004 mit Schreiben vom 10.05.2006 der Regierung von Schwaben vor. Diese wies
den Widerspruch der Klägerin vom 12.07.2004 gegen den Bescheid vom 24.06.2004 mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.2007 als
unbegründet zurück, weil das Kindergeld zu Recht als Einkommen der Klägerin angerechnet worden sei. Der Klägerin sei nach
den mehrfachen Angaben ihrer Mutter das Kindergeld zugewendet worden, so dass es auch als deren Einkommen anzurechnen sei.
Die Mutter der Klägerin bezog seit dem 01.01.2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II, bei denen
die Beigeladenen das an die Mutter gezahlte Kindergeld als deren Einkommen bedarfsmindernd anrechnete. Am 13.02.2007 beantragte
der VdK bei der Beigeladenen eine Anrechnung des Kindergeldes gegenüber der Tochter (Klägerin). Mit Bescheid vom 26.02.2007
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2008 erfolgte eine Änderung des Leistungsanspruchs der Mutter der Klägerin
für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.04.2005. Darin ließ die Beigeladene das gezahlte Kindergeld bei den Ansprüchen der
Mutter nach dem SGB II unberücksichtigt. So wurde auch im Folgezeitraum von der Beigeladenen verfahren. Bis 2005 hatte die
Mutter der Klägerin Arbeitslosenhilfe erhalten, bei der gemäß § 194 Abs. 3 Nr. 9
SGB III a. F. ("Nicht als Einkommen gelten Nr. 9 das Kindergeld sowie Leistungen für Kinder, die den Anspruch auf Kindergeld ausschließen,
jedoch nur bis zur Höhe des Kindergeldes, das ohne den Anspruch auf die Leistung zu zahlen wäre") Kindergeld nicht als Einkommen
des Arbeitslosen angerechnet wurde.
Die Klägerin hat am 08.02.2007 Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Dabei hat sie vorgetragen, dass ihr für den Zeitraum bis 31.05.2005 höhere Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz
beziehungsweise ab dem 01.01.2005 nach dem SGB XII zustehen, da die Zurechnung des Kindergeldes an sie unzulässig sei.
Mit Beschluss vom 28.03.2007 hat das SG die ARGE Grundsicherung für Arbeitssuchende im Landkreis Oberallgäu zum Verfahren beigeladen. Den am 27.03.2007 gestellten
Antrag auf Prozesskostenhilfe hat das SG mit Beschluss vom 09.07.2007 mangels Erfolgsaussichten der Klage abgelehnt.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 07.12.2007 (der Klägerin zugestellt am 17.12.2007) abgewiesen. Zur Begründung hat
das SG ausgeführt, dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.12.2004 (Az.:
5 B 47/07) keinen Anspruch auf ungekürzte Auszahlung der Grundsicherungsleistungen habe. Grundsätzlich sei zwar Kindergeld Einkommen
des Kindergeldberechtigten. Wenn das Kindergeld aber tatsächlich an das Kind weitergegeben werde, sei es Einkommen des Kindes.
Inzwischen habe auch das BSG entschieden, das Kindergeld grundsätzlich dem Kindergeldberechtigten zuzurechnen sei (Urteil
vom 08.02.2007, Az.: B 9b SO 5/06 R).
Hiergegen hat die Klägerin am 07.01.2008 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Zur Begründung hat sie
ausgeführt, das Kindergeld hätte gegenüber der Mutter im Rahmen deren Leistungen nach dem SGB II berücksichtigt werden müssen.
Die Klägerin beantragt,
ihr unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Augsburg vom 7. Dezember 2007 sowie unter Abänderung der Bescheide
des Beklagten vom 24.06.2004 und 02.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 09.01.2007 höhere Leistungen der
Grundsicherung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat ausgeführt, dass die Anrechnung des Kindergeldes gegenüber der Klägerin rechtmäßig sei, da die Mutter und
Betreuerin der Klägerin auf Nachfrage ausdrücklich mehrmals erklärte, dass das Kindergeld vollständig und ungekürzt an die
Klägerin weitergereicht werde.
Mit Beschluss vom 08.12.2009 hat der Senat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren abgelehnt,
da bei summarischer Prüfung keine Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestünden.
Das LSG hat die Beklagtenakte, die Akte der Regierung von Schwaben sowie die Akten des Beigeladenen neben der Akten erster
Instanz beigezogen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig (§§
143,
144,151
SGG), aber nicht begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 24.06.2004 und 02.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
der Regierung von Schwaben vom 09.01.2007 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der Beschwerdewert von 500 EUR (§
144 Abs.
1 Nr.
1 SGG a.F.) ist allein bei Zugrundelegung der geltend gemachten Nichtanrechnung des Kindergeldes in Höhe von 154 EUR für den streitgegenständlichen
Zeitraum 01.07.2004 bis 31.12.2004 erreicht (924 EUR). Ohne dass es hier entscheidungserheblich darauf ankommt (vgl. §
17 a Abs
5 Gerichtsverfassungsgesetz -
GVG -), stellt der Senat fest, dass das SG den Rechtsweg zu den Sozialgerichten zutreffend gemäß §
51 Abs.
1 Nr.
6 a SGG als eröffnet angesehen hat. Das Bundessozialgericht (BSG) bejaht eine einheitliche Zuständigkeit der Sozialgerichte für alle
ab 01.01.2005 rechtshängig werdenden Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
(dazu BSG vom 13.10.2005 SozR 4-1500 § 51 Nr. 1 = FEVS 57,350), die als Angelegenheiten der Sozialhilfe anzusehen sind. Eine
Übergangsregelung für Fälle nach den GSiG zugunsten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist nicht erfolgt (vgl. Art. 38 und 70 des SGB XII - Einführungsgesetzes, BGBl 03, 3065, 3071).
Gegenstand des Verfahrens sind die angegriffenen Bewilligungsbescheide für den Leistungszeitraum 01.07.2004 bis 31.12. 2004.
Die entsprechenden Bewilligungsbescheide datieren vom 24.06.2004 und 02.08.2004 (dieser betraf den Leistungszeitraum 01.08.2004
bis 31.12.2004 und wurde Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gemäß §
86 SGG wegen der Änderung der laufenden Bewilligungsperiode im Zeitraum vom 01.07.2004 bis zum 31.12.2004) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
der Regierung von Schwaben vom 09.01.2007 (§
95 SGG).
Der Bescheid vom 28.12.2004 (neuer Bewilligungszeitraum ab 01.01.2005) ist als Folgebescheid über einen neuen Bewilligungsabschnitt
nicht über §
86 SGG Gegenstand des seinerzeit laufenden Widerspruchsverfahrens geworden. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Nichteinbeziehung
von Bescheiden über Folgebewilligungsabschnitte über §
96 SGG ist entsprechend auf §
86 SGG anzuwenden. Gegen den Bescheid vom 28.12.2004 wurde kein Rechtsbehelf erhoben. Insoweit ist dieser Verwaltungsakt nach §
77 SGG bestandskräftig und damit bindend.
Zutreffende Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach §
54 Abs.
1, Abs.
4 SGG. Die Klage ist auf höhere Leistungen gerichtet.
Zu beurteilen ist der gesamte Leistungsanspruch, bei dem alle Leistungsvoraussetzungen thematisiert über Grund und Höhe der
Leistungen nach dem GSiG für die Zeit vom 01.07.2004 bis 31.12.2004 zu prüfen sind. Unerheblich ist, dass zwischen den Beteiligten ausschließlich
die Berücksichtigung des Kindergeldes als Einkommen der Klägerin thematisiert worden ist, weil es sich hierbei um ein nicht
gesondert anfechtbares Berechnungselement der geltend gemachten höheren Leistung handelt (vgl. hierzu BSG 8. Senat Urteil
vom11.12.2007 Az.: B 8/9b SO 23/06 R" ob der Klägerin für den streitigen Zeitraum eine um 154 EUR monatlich höhere Leistung
zusteht. Bei der Entscheidung hierüber sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen über Grund und Höhe der Leistungen
gemäß § 19 Abs 2 SGB XII iVm §§ 41 ff SGB XII in der Zeit vom 01.05.2006 bis zum 30.11.2006 zu prüfen). Denn insoweit handelt
es sich nur um nicht gesondert anfechtbare Berechnungselemente der geltend gemachten höheren Leistung (vgl. auch BSG, Urteil
vom 16.05.2007 - B 11b AS 29/06 R RdNr. 18; Eicher in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 40 RdNr. 11; vgl. auch BSG, Urteil vom 16.10.2007
- B 8/9b SO 8/06 R - RdNr. 8 und 25).
Es besteht nach dem GSiG kein Anspruch der Klägerin auf höhere Grundsicherungsleistungen im streitgegenständlichen Zeitraum 01.07.2004 bis 31.12.2004,
da die Berechnung des Beklagten einschließlich der Anrechnung des Kindergeldes zu Recht erfolgte. Die entsprechenden Bewilligungsbescheide
vom 24.06.2004 und 02.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Schwaben vom 09.01.2007 sind rechtmäßig
und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten - §
54 Abs.
1 S. 2
SGG.
Die Klägerin erfüllt unstreitig die Grundvoraussetzungen für eine Anspruchsberechtigung nach § 1 GSiG, weil sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD hat, das 18. Lebensjahr vollendet hat, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage
voll erwerbsgemindert i.S. von §
43 Abs.
2 SGB VI ist und unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann (vgl. hierzu Schwerbehindertenausweis mit
GdB 80 vH und Merkzeichen B und G, zeitweise auch Merkzeichen "H" und Tätigkeit der Klägerin in einer WfbM).
Sie hat nach § 2 Abs. 1 S. 1 GSiG Anspruch auf Leistungen der beitragsunabhängigen, bedarfsorientierten Grundsicherung, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht
aus ihrem Einkommen und Vermögen beschaffen kann.
Der bis zum 31.12. 2004 geltende Grundtatbestand § 3 [Bedarfsorientierte Grundsicherung- GSiG] lautet folgendermaßen:
(1) Die bedarfsorientierte Grundsicherung umfasst
1.den für den Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatz zuzüglich 15 vom Hundert des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes
nach dem Zweiten Abschnitt des Bundessozialhilfegesetzes,
2. die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, bei stationärer Unterbringung sind als Kosten für
Unterkunft und Heizung Beträge in Höhe der durchschnittlichen angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für die Warmmiete eines
Einpersonenhaushaltes im Bereich der nach § 4 zuständigen Behörde zugrunde zu legen,
3. die Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen entsprechend § 13 des Bundessozialhilfegesetzes,
4. einen Mehrbedarf von 20 vom Hundert des maßgebenden Regelsatzes nach Nummer 1 bei Besitz eines Ausweises nach § 4 Abs.
5 des Schwerbehindertengesetzes mit dem Merkzeichen G,
5 ...
(2) Für den Einsatz von Einkommen und Vermögen gelten die §§ 76 bis 88 des Bundessozialhilfegesetzes und die dazu erlassenen
Rechtsverordnungen entsprechend.
Hinsichtlich der Feststellungen des Beklagten zum grundsicherungsrechtlichen Bedarf der Klägerin wird zunächst auf die Anlage
zum Bescheid vom 24.06.2004 verwiesen. Der Beklagte hat den Bedarf der Klägerin wie folgt festgestellt:
Regelbedarf 230 Euro, zuzüglich Erhöhung 43,05 Euro, zuzüglich Mehrbedarf 46,00 Euro, Kosten der Unterkunft von 194,55 EUR
plus Heizkosten 21,75 EUR, insgesamt 535,35 EUR.
Diese Feststellung ist auf die Berufung der Klägerin nicht zu beanstanden, da die Klägerin zumindest keinen höheren Bedarf
als 535,35 EUR geltend machen kann.
Hinsichtlich des Regelbedarfes hat der Beklagte der Klägerin rechnerisch zu Recht den Regelsatz um 27 EUR monatlich gekürzt,
weil der Bedarf der Klägerin an Ernährung durch das kostenlose Mittagessen in der Werkstatt für behinderte Menschen anderweitig
gedeckt war. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 16.09.2010 im Berufungsverfahren ausgeführt, dass die Regelsatzkürzung für
das Mittagessen EDV-technisch als Einnahme erfasst wurde. Rechnerisch wirkt es sich nicht aus, ob der Regelsatz um 27 EUR
monatlich reduziert wird oder eine Einnahme in Höhe von 27 EUR bedarfsmindernd auf den vollen Regelsatz angerechnet wird.
Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 11.12.2007, Az. B8/9 b SO 21/06 R klargestellt, dass das kostenlos in einer WfbM zur
Verfügung gestellte Essen kein Einkommen iS § 82 SGB XII sei. Vielmehr sei der Regelsatz nach § 28 Abs. 1 S. 2 SGB XII abzusenken,
wobei die Absenkung als Element innerhalb der Berechnung der Höhe der Leistung in dem Umfang vorzunehmen sei, in dem der Bedarf
des Leistungsempfängers im Einzelfall gedeckt sei. Maßgebend sei dabei nicht der tatsächliche Wert der den Bedarf anderweitig
deckenden Leistung, sondern der im Regelsatz normativ vorgesehene Betrag für das Mittagessen. Das BSG hat in der Entscheidung
vom 11.12. 2007, B 8/9 b SO 21/06 R RdNr. 22 offen gelassen, ob eine abweichende Regelsatzbemessung auch bei Leistungen nach
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 GSiG in Betracht kommt und dabei auch aber auf Entscheidungen des OVG NRW hingewiesen - Urteil vom 29.11.2006, 21 A 1565/05, Urteil vom 22.03.2006 -12 A 32/05 - in denen bei der Bemessung der Grundsicherungsleistungen nach dem GSiG allein auf den Regelsatz nach § 22 Abs. 1 S. 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) abzustellen sei.
Angesichts des Zwecks und des identischen Wortlautes des § 3 Abs. 1 Nr. 1 GSiG ("Die bedarfsorientierte Grundsicherung umfasst den für den Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatz zuzüglich 15 % des
Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes ...") und des § 42 Nr. 1 SGB XII ("Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung umfassen den für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach § 28 SGB XII ...") hat der Senat keinen
Zweifel, dass auch für Leistungen nach dem GSiG eine abweichende Bedarfsfeststellung nach § 22 Abs. 1 S. 2 BSHG bei anderweitiger Bedarfsdeckung vorzunehmen ist.
Anzusetzen ist hier ein niedrigerer Regelsatz, weil die Klägerin über den vom überörtlichen Träger der Sozialhilfe finanzierten
Werkstattbesuch (WfbM) ein kostenloses Mittagessen erhält und dieses eine nach unten abweichende Bedarfsfeststellung rechtfertigt,
wobei der Sozialhilfeträger bei der Absenkung des Regelsatzes keinen Entscheidungsspielraum mehr hat und die Absenkung ein
Element innerhalb der Berechnung der Höhe der Leistung ist - eines eigenständigen (Absenkungs-) Verwaltungsaktes bedarf es
nicht (BSG Urteil vom 11.12.2007, B 8/9b SO 21/06 R, RdNr. 18,19). Allerdings kommt insoweit allenfalls eine Minderung des
Regelsatzes in dem Umfang in Betracht, in dem im allgemeinen Regelsatz normativ ein Betrag für das Mittagessen vorgesehen
ist. Der Beklagte hat diesen Betrag in Höhe von 27 EUR zutreffend ermittelt:
Regelsatz 230 EUR, davon 50 % für Ernährung, entspricht 115 EUR;
davon 39 % = 44,85 EUR - Anteil des Mittagessens an Ernährungsanteil im Regelsatz
44,85 EUR x 12 Monate = 538,00EUR für 1 Jahr = 365 Tage
538,00 EUR x 220 Arbeitstage: 365 Tage = 324,39 EUR für die Arbeitstage in einem Jahr
324,39 EUR: 12 Monate = 27,03 EUR, abgerundet 27 EUR
Dabei geht der Beklagte abweichend von der o.g. Rechtssprechung des BSG von einer durchschnittlichen Anzahl der Arbeitstage
(und nicht von den individuell ermittelten tatsächlichen Arbeitstagen) aus, an denen die Klägerin das Mittagessen erhalten
hat (18, 33 Tage), obwohl im streitgegenständlichen Zeitraum von Juli 2004 bis Dezember 2004 zwischen 21 und 24 Arbeitstagen
zu leisten waren. Hierin ist aber - eine Verböserung in der Gesamtsumme ist ohne verboten - keine Benachteiligung der Klägerin
zu sehen, weil keine Fehlzeiten der Klägerin in der WfbM im streitigen Zeitraum bekannt sind.
Auch bei den tatsächlichen Kosten der Unterkunft nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 GSiG hat der Beklagte zumindest nicht zum Nachteil der Klägerin die monatlichen Kosten in Höhe von 194,55 EUR festgestellt. Aus
dem Anhörungsschreiben des Beklagten vom 31.01.2006 (das auf Angaben des Vermieters gründet) ergibt sich, dass die Mutter
der Klägerin gegenüber dem Vermieter in der Zeit vom 01.07.2004 bis 31.12.2004 die Miete um monatlich 42,24 EUR gemindert
hat (vgl. auch Anhörung vom 27.06.2005). Damit war der tatsächliche Mietanteil der Klägerin um monatlich 21,12 EUR niedriger,
als vom Beklagten festgestellt (Kopfanteil). Eine "Verböserung" ist jedoch auf die alleinige Berufung der Klägerin hin nicht
möglich (vgl. §
123 SGG).
Hinsichtlich des auf den Bedarf anzurechnenden Einkommens gelten nach § 3 Abs. 2 GSiG für den Einsatz von Einkommen und Vermögen die §§ 76 ff BSHG und die dazu erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Nach § 76 BSHG gehören zum Einkommen i.S. des Gesetzes alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert.
Zutreffend hat der Beklagte das Werkstatteinkommen der Klägerin in Höhe von 208,40 EUR um die Absetzungsbeträge nach § 76 Abs. 2 und Abs. 2 a BSHG und der entsprechend anwendbaren VO zu § 76 BSHG bereinigt und einen Freibetrag in Höhe von 121,23 EUR sowie Arbeitsmittel in Höhe von 5,20 EUR monatlich abgesetzt. Unzutreffend
hat der Beklagte das kostenlose Mittagessen als Einkommen in Geldeswert angesetzt. Dies wirkt sich jedoch rechnerisch nicht
aus, weil um den entsprechenden Betrag eine Regelsatzkürzung hätte erfolgen müssen (s.o.).
Weiterhin zutreffend hat der Beklagte das Kindergeld als Einkommen der Klägerin bedarfsmindernd angerechnet.
Kindergeld ist seiner Natur nach Einkommen im Sinne von § 3 Abs. 2 GSiG in Verbindung mit § 76 Abs. 1 BSHG: Zum Einkommen im Sinne dieses Gesetzes gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem
Gesetz, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit
gewährt werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Dies entspricht auch dem weiten sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff gemäß § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII ("alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert"), der alle Leistungen umfasst, die den Leistungsberechtigten
- ohne Rücksicht auf ihre Art und auf die Tatsache, ob sie laufend oder einmalig anfallen - zufließen (vgl. BVerwGE 21, 208; stRspr; W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, Kommentar, 17. Aufl. 2006, § 82 Rz. 12). Es ist auch die herrschende
Meinung in Rechtsprechung (Urteil des BSG vom 08.02.2007, Az. B 9b SO 6/06 R. Das Kindergeld ist sozialhilferechtlich anrechenbares
Einkommen iS der §§ 76ff BSHG - vgl. BVerwG vom 25.11.1993 - 5 C 8/90 = BVerwGE 94, 326 = FEVS 44, 362). Über § 3 Abs 2 GSiG ist das Kindergeld damit auch nach dem GSiG als Einkommen zu qualifizieren.
Eine Nichtanrechnung findet auch nicht wegen einer Zweckbindung statt. § 77 BSHG (Nach Zweck und Inhalt bestimmte Leistungen) bestimmt:
(1) Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt werden, sind
nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient. Zu den nicht als Einkommen
zu berücksichtigenden Leistungen im Sinne des Satzes 1 zählen auch der Zuschuss zu den Sozialversicherungsbeiträgen sowie
der Kindergeldzuschlag, die nach den vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit erlassenen Richtlinien zur Durchführung
des Sonderprogramms "Mainzer Modell" an den Arbeitnehmer gewährt werden.
Das Kindergeld wird nicht zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt. Es dient vielmehr dazu, die allgemein in einer Familie
mit Kindern höheren Lebenshaltungskosten zu decken (vgl. Fichtner in Fichtner/Wenzel BSHG Kommentar, 2. Auflage § 77 RdNr. 5). Dies hat auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 11.03.2010 (Az. 1 BvR 3163/09) zur Zulässigkeit der leistungsmindernden Anrechnung von Kindergeld auf das Sozialgeld nach dem SGB II erneut bekräftigt.
Aus der Einstufung des Kindergeldes als anrechenbares Einkommen folgt jedoch noch nicht, wem dieses zugerechnet wird. Anspruchsinhaber
des Kindergeldes ist der Kindergeldberechtigte. Kindergeldberechtigt ist der Erziehungsberechtigte (- §§
31,
62 ff. Einkommenssteuergesetz -
EStG -). Nach neuem Recht, §
82 Abs.
1 S. 2 SGB XII, ist bei Minderjährigen das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur
Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes benötigt wird. Eine entsprechende Vorschrift gab es aber für das Grundsicherungsgesetz
nicht. Eine rückwirkende Anwendung ist umstritten. Nach dem Urteil des BSG vom 08.02.2007, Az.: B 9b SO 6/06 R, kann es bezogen
auf die Zuordnung des Kindergeldes als Einkommen - dahinstehen, inwieweit der Regelung des § 82 Abs. 1 S 2 SGB 12 rückwirkend
klarstellende Bedeutung zukommt (wenn der minderjährige Hilfebedürftige keine Leistungen nach dem BSHG, sondern nach dem GSiG, begehrt).
Schließlich verfolgt das GSiG einen eigenen Zweck (vgl. dazu RdNr. 33 in BSG vom 08.02.2007, Az.: B 9b SO 6/06 R -" GSi-Leistungen sollen es dem dauerhaft
Erwerbsgeminderten in erster Linie ermöglichen, trotz seiner Unfähigkeit sich selbst zu versorgen, keine Sozialhilfe in Anspruch
nehmen zu müssen. Die gleichzeitige Nichtberücksichtigung von Unterhaltsansprüchen gegen die Eltern stärkt zudem - im Interesse
seiner Versorgung - die Einheit der Familie, den familiären Zusammenhalt. Die Eltern sollen finanziell entlastet werden, da
diese durch die Pflege und Sorge für den voll erwerbsgeminderten Menschen in aller Regel bereits in weit überdurchschnittlichem
Maße belastet sind. Dieser Regelung des Unterhaltsausschlusses liegt mithin die rechtspolitische Wertung zu Grunde, für den
Lebensunterhalt dieses Personenkreises habe in der Regel - vorrangig vor den eigenen Eltern - die staatliche Gemeinschaft
einzustehen".).
Eine entsprechende Anwendung des § 82 Abs. 1 S. 2 SGB XII scheitert aber hier ohnehin schon daran, dass die Klägerin im streitgegenständlichen
Zeitraum bereits volljährig war.
Aus der Einstufung des Kindergeldes als Einkommen folgt nicht, dass dieses stets Einkommen eines volljährigen dauerhaft erwerbsgeminderten
Kindes ist, das im Haushalt der Eltern lebt, es sich dabei also um leistungsminderndes Einkommen des nach § 1 GSiG Leistungsberechtigten iS des § 3 GSiG handelt. Das BSG (vergleiche oben 08.02.2007, Az. B 9b SO 6/06 R) folgt auch insoweit der Rechtsprechung des BVerwG, wonach
Einkommen grundsätzlich immer bei demjenigen bedarfsmindernd anzurechnen ist, dem es zufließt (Zuflusstheorie). Dieses ist
im Falle des Kindergeldes der Kindergeldberechtigte, also im Regelfall der Elternteil, an den das Kindergeld ausgezahlt wird
(vgl. nur BVerwG, Urteile vom 17.12.2003 - 5 C 25/02 - Buchholz 436.0 § 76 BSHG Nr. 38, und vom 21.10.2004 - 5 C 30/03 - BVerwGE 122, 128, JURIS; vgl. hierzu Brühl in LPK-BSHG, 6. Aufl. 2003, § 77 RdNr. 48).
Nur im Falle der Weiterleitung, wenn es also dem Kind tatsächlich als Geldbetrag zufließt, ist es als dessen Einkommen anzurechnen
(s. auch BSG Urteile vom 08.02.2007 Az.: B 9 b 5/05 R, B 9b 6/05 R, B 9 b 5/06 R, B 9b 6/06 R, Urteil vom 16.10.2007, B 8/9b
8/06 R, Urteil vom 11.12.2007, B 8/9b 23/06 R, Urteile vom 26.08.2008, B 8/9b 16/07 R, B 8/9b 26/07 R; BVerwGE 32, 141; 47, 120; 60, 6).
Im vorliegenden Fall ist jedoch zur vollen Überzeugung des Senats (§
128 Abs.
1 SGG) davon auszugehen, dass die Mutter und Betreuerin der Klägerin das Kindergeld zumindest im fraglichen Zeitraum an die Klägerin
weitergeleitet hat. Hierfür sprechen insbesondere die mehrfachen schriftlichen Bekundungen der Mutter der Klägerin. So hat
die Mutter und Betreuerin mit Schreiben vom 17.06.2005 ausgeführt, die Tochter habe seit ihrer Geburt das Kindergeld bekommen.
Weiter hat sie am 29.06.2005 vorgetragen, dass vom Kindergeld nichts einbehalten werde und es der Tochter gehöre. Dies bestätigte
die Mutter der Klägerin nochmals auf die Anfrage der Beklagten in ihrer schriftlichen Erklärung vom 04.07.2005 mit dem Wortlaut
"Ich, A.,- 1952 gebe das Kindergeld an meine Tochter N. weiter (wende es ihr zu). N. kann über das Kindergeld selbst verfügen."
Aufgrund der mehrfachen und von der Mutter der Klägerin selbst formulierten Schreiben (Schreiben vom 17.06.2005 und 29.06.2005)
hält der Senat eine Einvernahme der Mutter und Betreuerin der Klägerin für nicht notwendig.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Mutter der Klägerin wegen des eigenen Leistungsbezugs nach dem SGB II ein Interesse
an einer Zurechnung des Kindergeldes an die Klägerin gehabt haben könnte. Für den streitgegenständlichen Zeitraum 01.07.2004
bis 31.12.2004 kommt es darauf jedoch nicht an, weil das Kindergeld während des Bezuges von Arbeitslosenhilfe ohnehin nicht
anzurechnen war (§ 194 Abs. 3 Nr. 9
SGB III a.F).
Im Ergebnis ist der Senat angesichts der klaren Bekundungen der Mutter der Klägerin voll davon überzeugt, dass es sich um
eine echte Weiterleitung handelt und nicht um eine Erfüllung der Unterhaltspflicht der Mutter der Klägerin im Rahmen des Wirtschaftens
aus einem Topf. Decken die Leistungen der Eltern in Naturalform einen Teil des vom GSiG erfassten Bedarfs im weitesten Sinne ab - hierzu gehören nach § 12 Abs. 1 BSHG: Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens, einschließlich,
in vertretbarem Umfang, Beziehungen zur Umwelt und Teilnahme am kulturellen Leben -, sind sie hier gleichwohl nicht - anstelle
des Kindergeldes als Einkommen des Antragsberechtigten zu berücksichtigen. § 3 Abs. 2 GSiG sieht nur eine entsprechende Anwendung der dortigen Vorschriften des BSHG vor. Hieraus folgt, dass die Anrechnung derartiger Naturalleistungen als Einkommen des Anspruchsberechtigten nur unter Berücksichtigung
der besonderen Zwecksetzung des GSiG erfolgen darf, - BSG aaO. RdNr. 32 in B 9b SO 6/06 R. Dafür genügt es nicht, dass es dem Kind durch das "Wirtschaften aus
einem Topf" zugute kommt. Erforderlich ist vielmehr, dass durch den Zuwendungsakt der notwendige Lebensbedarf des Kindes gerade
mit Rücksicht auf das für das Kind gewährte Kindergeld gedeckt wird. Das Kind muss den weitergegebenen Betrag zur Abdeckung
seines Bedarfs benötigen (vgl. BVerwG vom 07.02.1980 BVerwGE 60, 7 = FEVS 28, 177; vgl. auch OVG Hamburg vom 03.04.2002 FEVS 54, 77 = NDV-RD 2002, 63 = NVwZ-RR 2002, 756)".
Sonst wäre es unter Umständen so, dass keine Verpflichtung zur Weiterleitung bestehen würde, weil die Klägerin sich selbst
unterhalten kann (mit dem Einkommen aus der Werkstatt und den Leistungen der Grundsicherung). Die nach §
74 EStG vorausgesetzte Unterhaltspflichtverletzung besteht nur dann, wenn sich auf der Seite des Unterhaltsberechtigten ein Unterhaltsdefizit
ergibt.
Hier ist es so, dass die Klägerin erwerbstätig ist und ihren Lebensunterhalt in gewisser Weise selbstständig bewerkstelligt.
Genau dazu ist das Kindergeld da. Die Mutter der Klägerin hat das Kindergeld bereits im Erstantrag vom 08.11.2002 als Einkommen
der Klägerin angegeben und mehrfach schriftlich und anlässlich der persönlichen Vorsprache bei dem Beklagten am 23.06.2005
ausgeführt, dass sie das Kindergeld an die Klägerin weiterleitet. Als Betreuerin ihrer Tochter ist die Mutter gegenüber dem
Vormundschaftsgericht jährlich verpflichtet, Rechenschaft über die Verwaltung des Vermögens und Einkommens abzulegen. Somit
kann die Mutter das Kindergeld nicht im Rahmen des Wirtschaftens aus einem Topf in einen solchen "Topf" einfließen lassen,
ohne dass nachzuvollziehen ist, für was das Einkommen verwendet wird.
Der Klägerin stehen damit für die Zeit vom 01.07.2004 bis 31.12.2004 keine höheren Leistungen der Grundsicherung nach dem
GSiG zu, so dass die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 07.12.2007 zurückzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.