Zugunstenverfahren für Elterngeld
Abgrenzung der sonstigen Bezüge vom laufenden Arbeitslohn
Strenges Zuflussprinzip
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft das Begehren der Klägerin, für Betreuung und Erziehung ihrer Tochter im Rahmen eines Zugunstenverfahrens
höheres Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zu erhalten.
Die 35-jährige Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und Mutter des am 07.02.2014 geborenen Kindes M. A ... Vor M.s Geburt
arbeitete sie bei der S. AG, A-Stadt, als abhängig Beschäftigte. Am 27.09.2013 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen
der S. AG eröffnet. Der Insolvenzverwalter stellte die Klägerin ab 27.09.2013 unwiderruflich und unbezahlt von der Arbeitsleistung
frei. Von 27.09. bis einschließlich 15.12.2013 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld.
Mit dem Vater des Kindes, dem Prozessbevollmächtigten, lebte die Klägerin im maßgebenden Zeitraum, dem Bezugszeitraum, unverheiratet
in einem Haushalt zusammen. Neben M. gehörten dem Haushalt damals keine weiteren Kinder an. Während der Elterngeldbezugszeit
betreute die Klägerin M. selbst. Sie ging währenddessen keiner Erwerbstätigkeit nach. Mutterschaftsgeld bezog die Klägerin
vom 16.12.2013 bis 04.04.2014; zudem erhielt sie für diesen Zeitraum vom Insolvenzverwalter einen Zuschuss gemäß §
14 des
Mutterschutzgesetzes in Höhe von 55,42 EUR täglich.
Am 11.02.2014 beantragte die Klägerin Elterngeld für Betreuung und Erziehung ihrer Tochter M. für deren ersten bis zwölften
Lebensmonat (07.02.2014 bis 06.02.2015). Sie legte eine Verdienstbescheinigung der S. AG vom 14.03.2014 vor. Darin war folgendes
laufendes steuerpflichtiges Bruttoeinkommen ausgewiesen:
* Oktober 2012 1.926,67 EUR
* November 2012 2.606,66 EUR
* Dezember 2012 3.400,00 EUR
* Januar 2013 3.400,00 EUR
* Februar 2013 3.400,00 EUR
* März 2013 3.400,00 EUR
* April 2013 3.400,00 EUR
* Mai 2013 3.400,00 EUR
* Juni 2013 3.400,00 EUR
* Juli 2013 3.400,00 EUR
* September 2013 2.946,67 EUR.
Unter dem Datum 01.03.2014 bescheinigte die Agentur für Arbeit München der Klägerin den Bezug von Arbeitslosengeld vom 27.09.
bis 15.12.2013 sowie den Bezug von Insolvenzgeld vom 01.07. bis 26.09.2013. Die Bescheinigung enthielt den Hinweis, die Leistungssalden
könnten auch Beträge enthalten, die an Dritte gezahlt worden seien.
Mit Bescheid vom 03.04.2014 bewilligte der Beklagte, wie von der Klägerin beantragt, Elterngeld für M.s Lebensmonate eins
bis zwölf; die Entscheidung erging unter dem Vorbehalt des Widerrufs. Die Höhe des bewilligten Elterngelds betrug im ersten
Lebensmonat Null, im zweiten Lebensmonat 70,12 EUR und in den übrigen Lebensmonaten jeweils 1.086,74 EUR. Der Berechnung legte
der Beklagte aufgrund der Ausklammerung der Monate mit Bezug von Mutterschaftsgeld den Zeitraum Dezember 2012 bis November
2013 zugrunde. Das ab 27.09.2013 von der Klägerin bezogene Arbeitslosengeld berücksichtigte er bei Berechnung des Elterngeld-Brutto
(2.726,11 EUR) nicht.
Mit Schreiben vom 08.12.2014 übersandte die Klägerin eine neue, durch den Insolvenzverwalter unterzeichnete Verdienstbescheinigung
mit Datum 24.09.2014 und beantragte, das Elterngeld entsprechend höher festzusetzen. Diese Bescheinigung umfasste nun den
Zeitraum Januar bis Dezember 2013. Für jeden Kalendermonat wurde ein Steuer-Brutto in Höhe von 3.400 EUR ausgewiesen, lediglich
für Dezember 2013 1.700 EUR.
Aus einer parallel dazu übersandten Verdienstabrechnung 08/2014 geht hervor, dass der Insolvenzverwalter im August 2014 eine
Nachzahlung von Arbeitsentgelt vornahm. Ausgewiesen war "Fiktivlohn/Freistellungszeitr." 8.953,33 EUR. Davon wurden 3.129,98
EUR unter der Angabe "Arbeitslosengeld" abgesetzt. Nach Abzug von Steuern und Sozialversicherung ergab sich ein Auszahlungsbetrag
von 3.180,84 EUR. Der Differenzlohn wurde in 2014 als sonstiger Bezug versteuert.
Mit Bescheid vom 11.12.2014 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin vom 08.12.2014 auf Korrektur des ursprünglichen Bewilligungsbescheids
ab. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheids gemäß § 44 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X), so der Beklagte zur Begründung, seien nicht erfüllt. Der ausbezahlte Differenzlohn sei als sonstiger Bezug versteuert worden.
Nach § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG werde als sonstige Bezüge versteuertes Einkommen bei der Berechnung des Elterngelds nicht berücksichtigt.
Dagegen legte die Klägerin am 14.01.2015 Widerspruch ein und trug vor, zwar sei für den Zeitraum vom 27.09.2013 bis zum Beginn
des Mutterschutzes Arbeitslosengeld gezahlt worden, dieses sei aber mit Feststellung der Massezulänglichkeit innerhalb des
Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter zurückgezahlt und somit rückabgewickelt worden. Daraus folge, dass für den
Zeitraum 27.09.2013 bis zum Eintritt in den Mutterschutz sehr wohl ein sozialversicherungspflichtiges Einkommen vorgelegen
habe. Es sei weder ihr Verschulden noch habe es in ihrer Absicht gelegen, ihr zustehende Gehaltsforderungen durch ein Insolvenzverfahren
derart zu verlagern.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2015 als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies er
auf die Begründung im angefochtenen Bescheid.
Am 26.03.2015 hat die Klägerin beim Sozialgericht München Klage erhoben. In diesem Zusammenhang hat sie vorgetragen, durch
die Nichtanrechnung des nachgezahlten Insolvenzgelds werde sie doppelt benachteiligt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 08.04.2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der streitige, weit
nach Ablauf des Bemessungszeitraums gezahlte Differenzlohn sei vom Insolvenzverwalter zutreffend als sonstige Bezüge versteuert
worden. Schon aus dem Gesetzeswortlaut ergebe sich, dass angesichts dessen dieser Differenzlohn bei Berechnung der Höhe des
Elterngelds nicht zu berücksichtigen gewesen sei. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach die lohnsteuerrechtliche Handhabung durch den Arbeitgeber nicht allein Ausschlag gebend sei, führe schon deswegen
zu keinem anderen Ergebnis, weil hier die streitige Zahlung außerhalb des Bemessungszeitraums erfolgt sei. Insoweit hat das
Sozialgerichts auf das Urteil des 12. Senats des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22.07.2015 - L 12 EG 6/14 verwiesen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin im Bemessungszeitraum seien nicht durch den streitigen Differenzlohn
geprägt worden, der Beklagte habe diese Zahlungen zu Recht nicht berücksichtigt.
Am 02.05.2016 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie ist der Ansicht, das Sozialgericht habe der BSG-Rechtsprechung vom 26.03.2014 nicht Rechnung getragen, und hat auf eine Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts
vom 16.10.2015 - L 5 EG 23/14 verwiesen. Die Entscheidung des Beklagten sei willkürlich. Die angestrebte Verwaltungsvereinfachung müsse hinter das Recht
auf Gleichbehandlung, insbesondere unter Berücksichtigung von Art.
6 des
Grundgesetzes, zurücktreten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 08.04.2016 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 11.12.2014
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.03.2015 zu verurteilen, den Bescheid vom 03.04.2014 abzuändern und ihr höheres
Elterngeld unter Berücksichtigung der im August 2014 erhaltenen Nachzahlung von Arbeitsentgelt für die Monate September bis
November 2013 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für richtig. Er weist darauf hin, die von der Klägerin erhaltene Nachzahlung
sei sonstiger Bezug nach R 39b.2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 der Lohnsteuer-Richtlinien. Das zum 01.01.2013 geänderte Recht habe gemäß den Gesetzesmaterialien (BTDrucks. 17/3030, S. 48) gerade Voraus- und Nachzahlungen
im Sinn von R 39b.2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 der Lohnsteuer-Richtlinien erfassen wollen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Die Akten haben vorgelegen, sind als Streitstoff in das Verfahren eingeführt worden und Gegenstand der Entscheidungsfindung
gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klägerin hat mit ihrer Berufung zwar nicht vollen, jedoch zu einem großen Teil Erfolg.
Die Berufung ist zulässig. Überwiegend ist sie auch begründet. Das Sozialgericht hat die Klage insofern zu Unrecht abgewiesen,
als höhere Leistungen für die Zeit bis einschließlich 31.12.2014 in Streit gestanden haben; im Übrigen ist die Klageabweisung
zu Recht erfolgt.
Der Rechtsstreit betrifft ein von der Klägerin eingeleitetes Verfahren zur Änderung der ursprünglichen Leistungsbewilligung.
Streitgegenstand ist der die gewünschte Änderung ablehnende Bescheid vom 11.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 11.03.2015. Da der Bewilligungsbescheid vom 03.04.2014 nicht nur vorläufig ausgesprochen war, steht hier nicht der Erlass
einer endgültigen nach vorläufiger Entscheidung inmitten. Im Hinblick auf die Höhe des Elterngelds nach Eintritt der relevanten
tatsächlichen Änderung ist der Streitgegenstand nicht auf einzelne Berechnungselemente beschränkt. Vielmehr prüft der Senat
innerhalb der Grenzen des klägerischen Antrags unter allen tatsächlichen und rechtlichen Facetten, inwieweit der Klägerin
höhere Leistungen zustehen. Andererseits berücksichtigt der Senat auch solche Aspekte, die das von der Klägerin begehrte Optimum
auf anderem Weg wieder reduzieren.
Der Klägerin stehen höhere Elterngeldleistungen zu, soweit die Leistungen dem Jahr 2014 zuzuordnen sind, nicht aber für Zeiträume
im Jahr 2015. Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin, rückwirkend höhere Leistungen zuerkannt zu erhalten, ist § 48 SGB X; der Beklagte hat zu Unrecht § 44 SGB X als Ausgangsnorm herangezogen (vgl. zum vergleichbaren Abgrenzungsproblem beim Arbeitslosengeld BSG, Urteil vom 21.03.1996 - 11 RAr 101/94).
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Dauerverwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen,
die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Hierin spiegelt sich die Abgrenzung zu § 44 SGB X wider. Während § 44 SGB X die Fälle der anfänglichen Rechtswidrigkeit erfasst, betrifft § 48 SGB X Dauerverwaltungsakte, die bei ihrem Erlass rechtmäßig waren und deren Unvereinbarkeit mit dem Gesetz erst nachträglich aufgrund
einer Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eingetreten ist. Der Bewilligungsbescheid vom 03.04.2014
ist nicht im Sinn von § 44 SGB X von Anfang an rechtswidrig gewesen. Denn zum Zeitpunkt seines Erlasses war nicht absehbar, dass später eine Nachzahlung von
Arbeitsentgelt für den Bemessungszeitraum erfolgen würde.
Die Klägerin macht hier vielmehr eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen nach Erlass der Bewilligungsentscheidung
geltend, so dass § 48 SGB X grundsätzlich einschlägig ist. Ohne Zweifel handelt es sich bei der Bewilligung von Elterngeld für zwölf Monate um einen
Dauerverwaltungsakt.
Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen im Sinn von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X vermag der Senat nur insoweit festzustellen, als Leistungen für den Zeitraum 07.02. bis 31.12.2014 betroffen sind, nicht
dagegen für die Zeit danach.
Dabei erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen dem Grunde nach durchgängig. Sie hatte während des gesamten Bezugszeitraums
ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebte mit M. in einem Haushalt, betreute und erzog sie selbst und
übte entsprechend ihrer Ankündigung im Elterngeldantrag während des Bezugszeitraums keine Erwerbstätigkeit aus. Ein ordnungsgemäßer
Antrag lag vor. Der Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 8 BEEG ist nicht erfüllt, weil das zu versteuernde Einkommen beider Elternteile zusammen im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum
vor der Geburt deutlich unter 500.000 EUR blieb.
Im Hinblick auf die Höhe des elterngeldrechtlich zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts hat die Klägerin insoweit Unrecht,
als sie behauptet, mit der Nachzahlung im August 2014 sei der Bezug von Arbeitslosengeld quasi rückabgewickelt worden. Von
27.09. bis 15.12.2013 bezog die Klägerin die steuerfreie Sozialleistung Arbeitslosengeld und dabei blieb es auch; das Arbeitslosengeld
zählt nicht zum Bemessungseinkommen (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.2011 - B 10 EG 21/09 R). Mit der Leistung von Arbeitslosengeld war der entsprechende arbeitsrechtliche Anspruch der Klägerin auf Arbeitsentgelt
gegen ihre Arbeitgeberin kraft Gesetzes auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangen (§ 115 Abs. 1 SGB X). Insoweit hatte die Klägerin den Anspruch auf Arbeitsentgelt unwiederbringlich verloren. Angesichts dessen fand die von
ihr so titulierte "Rückabwicklung" nicht statt. Der Insolvenzverwalter befriedigte vielmehr den auf die Bundesagentur für
Arbeit übergegangenen Anspruch auf Arbeitsentgelt. Dabei handelte es sich um eine Erfüllung, die ausschließlich das Rechtsverhältnis
zwischen der Arbeitgeberin und der Bundesagentur betraf. Bemessungsrelevant ist von vornherein nur der Teil des nachgezahlten
Arbeitsentgelts, der als "Differenzlohn" an die Klägerin ausgezahlt wurde. Demgemäß darf der in der Verdienstabrechnung 08/2014
genannte Betrag von 8.953,33 EUR keinesfalls als Basis für die Elterngeldberechnung herangezogen werden. Der maßgebliche Bruttobetrag
ist vielmehr abzüglich des gezahlten Arbeitslosengelds zu bestimmen.
Dagegen ist für die Phase des von der Bundesagentur für Arbeit mitgeteilten Bezugs von Insolvenzgeld (01.07. bis 26.09.2013)
das Arbeitsentgelt voll als Bemessungseinkommen zu behandeln. Denn die Klägerin hat währenddessen ihre Bezüge über eine Vorfinanzierung
im Sinn von § 170 Abs. 4 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch weitererhalten; diese wurden ganz normal versteuert. Insolvenzgeld,
das als solches nicht bemessungsrelevant ist (vgl. BSG, Urteil vom 21.02.2013 - B 10 EG 12/12 R), hat nicht sie selbst bezogen, sondern die vorfinanzierende Bank.
Die angesprochene Unterscheidung des Senats zwischen der Phase bis 31.12.2014 einerseits und der ab 01.01.2015 andererseits
beruht darauf, dass sich zum 01.01.2015 - also während des vom 07.02.2014 bis 06.02.2015 dauernden Bezugszeitraums - das Elterngeldrecht
signifikant geändert hat. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsänderung vermag sich die Nachzahlung im Hinblick auf die Zeit ab
01.01.2015 nicht mehr auf die Höhe des Elterngelds auszuwirken. Zum 01.01.2015 ist mit dem Elterngeld-Plus-Gesetz eine Rechtsänderung
erfolgt, die gerade auch den hier einschlägigen § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG erfasst. Für die Phase 07.02 bis 31.12.2014 ist noch folgende Fassung von § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG einschlägig: Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden.
Für die Phase 01.01. bis 06.02.2015 gilt dagegen diese: Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren
nach lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind.
Dass auf den vorliegenden Fall überhaupt zwei unterschiedliche Fassungen von § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG zur Anwendung kommen, ergibt sich aus der übergangsrechtlichen Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 und 3 BEEG. Satz 2 normiert den Grundsatz, dass das neue Recht in Bezug auf die §§ 2 bis 22 BEEG (für § 1 BEEG trifft § 27 Abs. 1 Satz 1 BEEG eine besondere Regelung) erst für die Kinder Anwendung findet, die ab 01.07.2015 geboren worden sind. Für die im Februar
2014 geborene M. bedeutet das, dass grundsätzlich das bis 31.12.2014 geltende Recht für den gesamten Leistungszeitraum einschlägig
ist. Satz 3 trifft jedoch speziell für § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG eine Sonderregelung. Danach gilt Satz 2 für jene Vorschrift nicht. Das führt dazu, dass der neue § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG nicht nur wie die übrigen Regelungen der § 2 bis 22 BEEG bei Kindern Anwendung findet, die nach dem 01.07.2015 geboren worden sind. Andererseits wird der vorliegende Leistungsfall
nicht deswegen dem neuen Recht zur Gänze entzogen, weil M. noch vor dessen Inkrafttreten geboren wurde. Mangels einer § 27 Abs. 1 Satz 1 BEEG entsprechenden Regelung darf nicht davon ausgegangen werden, der neue § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG solle nur für nach dem 31.12.2014 geborene Kinder Wirkung entfalten. Vielmehr bleibt es bei der Grundregel des intertemporalen
Rechts, dass neues Recht mit seinem Inkrafttreten auch auf bereits laufende, aber noch nicht abgeschlossene Sachverhalte anwendbar
ist. Das wirkt sich für den vorliegenden Fall dahin aus, dass die ab 01.01.2015 erbrachten Leistungen nach dem neuen § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG zu beurteilen sind, die bis zum 31.12.2014 nach dem alten (vgl. dazu Senatsurteile vom 23.11.2017 - L 9 EG 10/16 und L 9 EG 27/16).
1. Phase 01.01. bis 06.02.2015 Für die Leistungsphase 01.01. bis 06.02.2015 muss die Nachzahlung als sonstige Bezüge im Sinn
von § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG behandelt werden. Daher darf sie nicht bei der Bemessung des Elterngelds berücksichtigt werden mit der weiteren Folge, dass
es an einer nachträglichen wesentlichen Änderung der Tatsachenlage im Sinn von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X fehlt.
Lohnsteuerrechtlich hat der Insolvenzverwalter die Nachzahlung zweifellos zutreffend als sonstige Bezüge deklariert und versteuert.
Insoweit gilt es zu beachten, dass mit der Neuregelung von § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG eine grundlegend veränderte BSG-Rechtsprechung gegenüber dem rechtlichen Status vorher einhergeht (BSG, Urteile vom 14.12.2017 - B 10 EG 4/17 R und B 10 EG 7/17 R; vgl. zur Interpretation der neuen BSG-Rechtsprechung Senatsurteil vom 08.03.2018 - L 9 EG 66/15).
Wesentlich an dieser neuen Rechtsprechung ist, dass die Abgrenzung der sonstigen Bezüge vom laufenden Arbeitslohn sich einzig
und allein nach dem Lohnsteuerrecht richtet. Jegliche elterngeldrechtlichen Modifikationen im Rahmen dieser Abgrenzung sind
ausgeschlossen. Das bedeutet aber, dass auch der Zufluss des Einkommens ausschließlich steuerrechtlich zu beurteilen ist.
Maßgeblich ist demnach nicht ein wie auch immer geartetes elterngeldrechtliches Zuflussprinzip (wie es die BSG-Rechtsprechung früher vertreten hatte), sondern das einkommensteuerrechtliche, also ein strenges Zuflussprinzip. Der Streit,
ob im Elterngeldrecht für Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit immer noch das modifizierte oder mittlerweile ein strenges
Zuflussprinzip gilt, ist im Hinblick auf Nachzahlungen bedeutungslos geworden, soweit es um Leistungszeiträume ab 01.01.2015
geht. Im vorliegenden Fall darf angesichts dessen nicht fingiert werden, die Nachzahlung sei in den jeweiligen Monaten zugeflossen,
in denen das Arbeitsentgelt fällig war (September, Oktober und November 2013). Vielmehr erfolgte der - allein maßgebliche
- Zufluss im lohnsteuerrechtlichen Sinn erst im August 2014.
2. Phase 07.02. bis 31.12.2014 Im Unterschied dazu hat man für die erste Leistungsphase (07.02. bis 31.12.2014) von laufendem
Arbeitslohn auszugehen mit der Folge, dass die Nachzahlung bemessungsrelevant ist und deswegen eine nachträgliche wesentliche
Änderung der Tatsachenlage im Sinn von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X vorliegt. Denn auf der Grundlage des bis zum 31.12.2014 geltenden § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG in Verbindung mit der älteren BSG-Rechtsprechung ist der Zufluss der Nachzahlung im vorliegenden Fall abweichend von der lohnsteuerrechtlichen Zuflusstheorie
zu bestimmen.
Aus den BSG-Urteilen vom 14.12.2017 - B 10 EG 4/17 R und B 10 EG 7/17 R geht hervor, dass die neue Rechtsprechung untrennbar mit der Änderung von § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG zum 01.01.2015 verknüpft ist (vgl. nur Urteil vom 14.12.2017 - B 10 EG 7/17 R, Rn. 25 a.E.: "Unter der neuen Gesetzesfassung ..."). Das lässt die bis dato herrschende Rechtsprechung nicht als von Anfang
an falsch, sondern quasi durch nachträglichen Eintritt veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen hinfällig erscheinen (vgl.
dazu Senatsurteil vom 08.03.2018 - L 9 EG 66/15). Die neue BSG-Rechtsprechung betrifft also nur die Rechtslage ab 01.01.2015. Das gilt nicht nur im Hinblick auf die vom BSG herangezogenen materiell-rechtlichen Abgrenzungskriterien einschließlich der alleinigen Maßgeblichkeit der steuerrechtlichen
Verhältnisse. Auch die weitere Facette der neuen BSG-Rechtsprechung, die Proklamierung einer Bindungswirkung der nicht angefochtenen Lohnsteueranmeldung, hat das BSG gerade wegen der zum 01.01.2015 stattgehabten Rechtsänderung eingeführt; daher braucht sich die Klägerin hinsichtlich des
Leistungszeitraums 07.02. bis 31.12.2014 nicht daran festhalten zu lassen, dass sie eventuell eine Lohnsteueranmeldung des
Insolvenzverwalters nicht angefochten und so hat bestandskräftig werden lassen.
Vor der neuen BSG-Rechtsprechung vom 14.12.2017 relativierte das BSG in Bezug auf die Abgrenzung der sonstigen Bezüge vom laufenden Arbeitslohn die alleinige Maßgeblichkeit der lohnsteuerrechtlich
zutreffenden Behandlung oder gar der tatsächlichen (möglicherweise falschen) Handhabung durch den jeweiligen Arbeitgeber erheblich.
Insbesondere in den Urteilen vom 26.03.2014 - B 10 EG 7/13 R und B 10 EG 14/13 R plädierte es für eine spezifisch elterngeldrechtliche Betrachtungsweise. Einnahmen seien nur insoweit von der Elterngeldberechnung
ausgeschlossen, als die steuerrechtlich motivierte Differenzierung auch mit Blick auf den Zweck des Elterngelds sachlich gerechtfertigt
sei. Dabei hatte das BSG herausgearbeitet, dass Sinn und Zweck des Elterngelds nur erfüllt werden könnten, wenn die vor der Geburt prägenden Einkünfte
herangezogen würden. Die steuerrechtliche Verwaltungspraxis/Behandlung sei nur dort tauglich, wo sie Leistungen ausschließe,
die nur einmalig oder ausnahmsweise gezahlt würden. Noch im Urteil vom 29.06.2017 - B 10 EG 5/16 R bestätigte das BSG im Wesentlichen diese Linie. Es bezeichnete die Änderung der Rechtslage durch das Elterngeld-Plus-Gesetz sogar als positive
Anknüpfung (das BSG verwandte das Verb "folgen") an den "normativen Ansatz" der bisherigen BSG-Rechtsprechung und wies diesbezüglich gerade auf die am 26.03.2014 ergangenen Entscheidungen hin.
Zusammenfassend verlangte das BSG, dass das aus dem Lohnsteuerrecht gewonnene Ergebnis einem spezifisch elterngeldrechtlichen Abgleich unterzogen wurde, in
dessen Rahmen unmittelbar das "Prägen der wirtschaftlichen Verhältnisse" zu prüfen war. Wie oben ausgeführt, hat das BSG in seinen Urteilen vom 14.12.2017 seine bisherige Rechtsprechung für das vor dem 01.01.2015 geltende Recht nicht angetastet.
Angesichts dessen wendet der Senat diese ältere Judikatur auch auf den vorliegenden Fall an. Das heißt, dass für die Abgrenzung
der sonstigen Bezüge zum laufenden Arbeitslohn gerade keine Letztverbindlichkeit der steuerrechtlichen Verhältnisse besteht,
sondern es auf einen spezifisch elterngeldrechtlichen Zuflussbegriff ankommt.
Unabhängig davon vertrat das BSG für Nachzahlungen von Arbeitsentgelt in nahezu ständiger Rechtsprechung zur bis 31.12.2010 geltenden Rechtslage die Ansicht,
die so genannte Drei-Wochen-Regelung des Lohnsteuerrechts (gemeint ist R 39b.2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 Satz 2 der Lohnsteuer-Richtlinien) greife nicht für die Abgrenzung der sonstigen Bezüge und des laufenden Arbeitslohns im Rahmen der elterngeldrechtlichen
Leistungsbemessung (Urteile vom 03.12.2009 - B 10 EG 3/09 R, vom 30.09.2010 - B 10 EG 19/09 R, vom 18.08.2011 - B 10 EG 5/11 R sowie vom 20.05.2014 - B 10 EG 11/13 R). Dies begründete das BSG damit, für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gelte im Elterngeldrecht das modifizierte Zuflussprinzip. Das modifizierte
Zuflussprinzip bewirke, dass der Zufluss in dem Monat anzunehmen sei, in dem das - verspätet ausgezahlte - Arbeitsentgelt
eigentlich geschuldet gewesen sei. Bei Geltung des modifizierten Zuflussprinzips fehle schon bei formaler Betrachtung jeglicher
Ansatzpunkt für die Anwendung der Drei-Wochen-Regelung des R 39b2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 Satz 2 der Lohnsteuer-Richtlinien.
Der Senat erachtet das modifizierte Zuflussprinzip auch unter dem bis 31.12.2014 geltenden Elterngeldrecht als einschlägig.
In seinen Urteilen vom 23.11.2017 - L 9 EG 10/16 und L 9 EG 27/16 hat er ausführlich begründet, warum die ab 18.09.2012 geltenden Fassung von § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 BEEG das modifizierte nicht durch ein strenges Zuflussprinzip zu ersetzen vermochte. Daran hält er gegen die mittlerweile wohl
überwiegende Meinung fest. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechenden Passagen aus der Begründung beider
Urteile vom 23.11.2017 verwiesen.
Des Weiteren erscheint es vorzugswürdig, den Umstand, dass die Nachzahlung lange nach Ablauf des Bemessungszeitraums und auch
einige Monate nach der Bewilligungsentscheidung vom 03.04.2014 zugeflossen war, nicht als Ausschlussgrund für Berücksichtigung
bei der Elterngeldbemessung zu behandeln. In den oben genannten Senatsurteilen vom 23.11.2017 war die jeweilige Nachzahlung
anders als hier noch innerhalb des Bemessungszeitraums erfolgt, was deren elterngeldrechtliche Berücksichtigung geradezu als
Gebot der Gerechtigkeit hat erscheinen lassen. Hier dagegen drängt sich die Berücksichtigung nicht in annähernd gleicher Weise
auf. Trotzdem sieht sich der Senat rechtlich gehindert, in das Elterngeldrecht eine Zäsur dergestalt hineinzuinterpretieren,
materiell-rechtlich sei nur derjenige Einkommenszufluss relevant, der innerhalb des Bemessungszeitraums oder wenigstens bis
zum Erlass der Bewilligungsentscheidung erfolgt sei:
* Die Rechtsprechung des BSG hat einen solchen Ansatz bis dato nicht aufgegriffen. Im Gegenteil: Im Fall B 10 EG 19/09 R (Urteil vom 30.09.2010) hegte das BSG keinerlei Bedenken, dass der Bemessungszeitraum sich von Dezember 2005 bis November 2006 erstreckt hatte, die Nachzahlung
aber erst im Februar 2008 geleistet worden war. Auch im Fall B 10 EG 5/11 R (Urteil vom 18.08.2011) lag der Zahlungszeitpunkt außerhalb des Bemessungszeitraums, wenn auch weniger deutlich als im Fall
B 10 EG 19/09 R.
* Würde der Senat einen Rechtssatz bejahen, wonach nur solche Nachzahlungen relevant sein könnten, die innerhalb des Bemessungszeitraums
oder wenigstens bis zur Entscheidung über den Elterngeldantrag zugeflossen seien, würde er eine materiell-rechtliche zeitliche
Grenze konstituieren. Das aber müsste dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben. Denn es würde sich hierbei um einen wesentlichen
Aspekt handeln, der angesichts des verfassungsrechtlichen Rechtsstaats- und Demokratieprinzips nicht der richterlichen Rechtsfortbildung
überlassen bleiben dürfte. Das gilt umso mehr, als mit § 44 Abs. 4 SGB X beziehungsweise § 48 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 44 Abs. 4 SGB X durchaus eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zu der Frage existiert, nach welcher Zeit - nämlich nach vier Jahren - keine
rückwirkenden Änderungen mehr möglich sein sollen. § 48 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 44 Abs. 4 SGB X ist auch im vorliegenden Fall einschlägig und bringt unmissverständlich zum Ausdruck, dass die hier gegebene Verzögerung
bei der Auszahlung noch nicht so erheblich ist, dass eine rückwirkende Änderung ausgeschlossen sein soll. Angesichts der existierenden
gesetzlichen Regelung kann nicht im Wege freihändiger, an Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten orientierter richterlicher Auslegung
eine materiell-rechtliche Zäsur geschaffen werden.
* Überdies legt eine Parallelbetrachtung zu §
151 SGB III dieses Ergebnis nahe. Lange Jahre hatte das BSG dort für die Ermittlung des Bemessungsentgelts eine strenge Zuflusstheorie vertreten. Mit Urteil vom 28.06.1995 - 7 RAr 102/94 gab es die strenge Zuflusstheorie zugunsten einer kombinierten Anspruchs- und Zuflusstheorie - so hat es selbst seine neue
Handhabung bezeichnet - auf. Auch nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis zugeflossenes Arbeitsentgelt
sei zu berücksichtigen, soweit es sich um eine nachträgliche Vertragserfüllung handle. Zwingend ist der Schluss vom Arbeitslosengeldrecht
auf das Elterngeldrecht indes nicht. Denn das BSG hat seine Rechtsprechungsänderung im Jahr 1995 mit einem gebotenen Gleichlauf von beitragsrechtlicher und leistungsrechtlicher
Handhabung begründet. Da es sich beim Elterngeld um eine steuerfinanzierte Sozialleistung handelt, stellt sich die Ausgangslage
grundlegend anders dar. Dennoch wertet der Senat die Handhabung beim Arbeitslosengeld als Argument zu Gunsten der Klägerin.
Gemessen an all diesen rechtlichen Vorgaben muss im vorliegenden Fall der Umstand, dass das Arbeitsentgelt für die Monate
September bis November 2013 verspätet ausgezahlt worden war, unmaßgeblich sein. Denn aufgrund des modifizierten Zuflussprinzips
wird fingiert, der Zufluss sei tatsächlich zeitnah in den jeweiligen Fälligkeitsmonaten erfolgt und nicht erst im August 2014.
In weiterer Konsequenz verliert die Nachzahlung aufgrund der Fiktion des Zuflusses im Fälligkeitsmonat ihre Sonderstellung,
die eine Einstufung als sonstige Bezüge und damit verbunden die Außerachtlassung bei der Ermittlung des vorgeburtlichen Einkommens
rechtfertigen könnte. Damit fällt die Nachzahlung, soweit sie nach dem bis zum 31.12.2014 geltenden Recht zu beurteilen ist,
nicht unter § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG; sie zählt vielmehr zum Bemessungseinkommen und ist leistungswirksam.
Ansonsten vermag der Senat keine Fehler des Beklagten bei der Leistungsberechnung zu erkennen.
Zusammenfassend besteht die wesentliche Änderung im Sinn von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X darin, dass für den Bemessungsmonat September 2013 453,33 EUR brutto abzüglich des auf September entfallenden Arbeitslosengelds
und für die Bemessungsmonate Oktober und November 2013 jeweils 3.400 EUR brutto abzüglich des auf diese beiden Monate entfallenden
Arbeitslosengelds zusätzlich an Bemessungsentgelt angefallen sind.
Die Abänderung des Bescheids vom 03.04.2014 greift nicht nur, wie es § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X regelt, für die Zukunft, sondern mit Rückwirkung für den gesamten Bezugszeitraum bis 31.12.2014. Denn nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X soll der Dauerverwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit, wie hier,
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Der Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse ist nicht erst auf August 2014
zu terminieren, als die Nachzahlung erfolgte, sondern wegen der Fiktion des zeitnahen Zuflusses auf die jeweiligen Monate
der Fälligkeit September, Oktober und November 2013.
Dass § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X die rückwirkende Aufhebung nicht verbindlich, sondern als Soll-Rechtsfolge im Sinn eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses anordnet,
stellt für den Senat kein Hindernis dar, den Beklagten zur Leistung (und nicht nur zur Neubescheidung) zu verurteilen. Denn
die Behörde hat insoweit keine Ermessensentscheidung getroffen, sondern einen atypischen Fall, dessen Vorliegen erst den Weg
zur Ermessensausübung ebnen würde, verneint. Das Vorliegen eines atypischen Falls ist aber voll gerichtlich nachprüfbar. Auch
der Senat sieht hier keinen atypischen Fall, so dass es zur rückwirkenden Aufhebung keine Alternative gibt.
Die Vier-Jahres-Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 44 Abs. 4 SGB X steht einer Aufhebung von Beginn des Leistungszeitraums an, das heißt ab 07.02.2014, nicht entgegen. Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X ist für den Fristbeginn der Tag maßgebend, an dem die Aufhebung beantragt wurde, hier also der 08.12.2014.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 des
Sozialgerichtsgesetzes. Der Anteil des Obsiegens der Klägerin spiegelt sich in der Kostenquote wider.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Für Leistungszeiträume ab 2015 folgt der Senat voll der neuen BSG-Rechtsprechung, wonach elterngeldrechtliche Modifikationen des lohnsteuerrechtlichen Ergebnisses ausgeschlossen sind. Insoweit
wird der Senat deshalb bei der Behandlung von Nachzahlungen in Zukunft regelmäßig zum gleichen Ergebnis kommen wie der Beklagte.
Dabei spielt es keinerlei Rolle mehr, ob der Senat für das Elterngeldrecht ein modifiziertes oder strenges Zuflussprinzip
vertritt. Denn nach der neuen BSG-Rechtsprechung ist gerade kein elterngeldrechtlicher, sondern allein der steuerrechtliche Zuflussbegriff maßgebend. Diskrepanzen
zum Beklagten können, wie im vorliegenden Fall, nur noch für Leistungszeiträume vor 2015 auftreten. Diesbezüglich besteht
aber keine Divergenz zur BSG-Rechtsprechung, weil der mit den Urteilen vom 14.12.2017 neu beschrittene Weg nicht für Fälle maßgebend ist, die unter das
alte, vor 01.01.2015 geltende Recht fallen. Es fehlt aber auch an einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Denn für
Nachzahlungsfälle wie den hier vorliegenden verkörpert das Problem des elterngeldrechtlichen Zuflussprinzips einen Anachronismus;
es handelt sich um ein "auslaufendes Problem". Gleiches gilt für die Frage, ob eine materiell-rechtliche zeitliche Grenze
für die Berücksichtigung von Nachzahlungen existiert. Unter diesen Umständen vermag der Senat keine klärungsbedürftige Rechtsfrage
zu erkennen.