Berücksichtigung von Erwerbseinkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit bei der Bemessung von Elterngeld
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft das Begehren der Klägerin, für Betreuung und Erziehung ihres Sohns höheres Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zu erhalten.
Die 1983 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Am 02.02.2016 gebar sie die Zwillinge H. und B. A.
Vor der Geburt der Zwillinge ging die Klägerin einer nichtselbständigen Erwerbstätigkeit nach. Bis einschließlich September
2014 arbeitete sie bei der Steuerkanzlei S., A-Stadt. Im Elterngeldantrag gab sie zur Erwerbstätigkeit an "Vollzeit (34 Wochenstunden),
kurzzeitige Beschäftigung". Außerdem offenbarte sie das Betreiben eines Gewerbes im Umfang von zehn Wochenstunden ("Handel
mit Motorradersatzteilen und Zubehör"). In der Gewerbeabmeldung vom 05.01.2015 wurde die Gesellschaft "A. P. GbR" bezeichnet.
Als Datum der Betriebsaufgabe wurde der 31.12.2015 genannt, als Grund dafür "Elternzeit". Als künftiger Gewerbetreibender
war der Ehemann der Klägerin eingetragen.
Der Einkommensteuerbescheid 2014 für die Klägerin und deren Ehemann weist Einkünfte aus Gewerbebetrieb, und zwar als Einkünfte
"aus Beteiligungen", in Höhe von 5.766 EUR aus.
Einnahmen-Überschuss-Rechnungen der GbR für die Jahre 2013 bis 2015 enthalten folgende Angaben:
* 2013 Betriebseinnahmen 125.545,84 EUR Gewinn
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16.799,93 EUR
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* 2014 Betriebseinnahmen 64.100,67 EUR Gewinn
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11.532,56 EUR
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* 2015 Betriebseinnahmen 22.914,20 EUR Gewinn
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4.374,23 EUR.
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Einer so genannten Rechnungsübersicht Warenein- und Warenausgang 2015 der GbR lassen sich insgesamt 28 Wareneingänge im gesamten
Jahr 2015 entnehmen (sechs im Januar, je einer im Februar und März, vier im Mai, drei im Juni, acht im Juli, je einer im August,
Oktober und November, zwei im September). Dem stehen 15 Warenausgänge gegenüber: vier im Januar, je einer im Februar, März,
je zwei im Mai und Juni, drei im Juli und je einer im August und September.
Zum Wintersemester 2014/15 nahm die Klägerin ein Studium an der Universität A-Stadt auf (Master of Science/Economics and Public
Policy). Parallel begann sie am 01.10.2014 ein Arbeitsverhältnis bei der G. GmbH & CO. KG, A-Stadt (im Folgenden: KG). Ihr
oblagen folgende Tätigkeiten:
* Einkauf von mechanischen Zeichnungs- und Katalogteilen auf internationaler Ebene mittels SAP,
* Erstellung, Terminierung und Überwachung von Bestellungen,
* Fehlteilmanagement,
* Bearbeitung von Lieferbeanstandungen,
* Durchführung von Lieferantengesprächen,
* Vorverhandlungen von Preisen, Bezugs- und Rahmenbedingungen auf internationalen Märkten,
* täglicher Kurierdienst zu einem Kunden in A-Stadt.
Die rechtliche Grundlage für das Arbeitsverhältnis mit der KG war ein "Werkstudentenvertrag". Danach wurde die Klägerin zunächst
vom 01.10.2014 bis 31.03.2015 beschäftigt. Vereinbart war eine Stundenvergütung von 11,25 EUR brutto. Die Anzahl der tatsächlich
geleisteten Arbeitsstunden musste die Klägerin durch eine Stundenaufstellung nachweisen, die vom Vorgesetzten gegenzuzeichnen
war. Die regelmäßige Arbeitszeit war mit maximal 20 Wochenstunden während des Semesters und maximal 40 Wochenstunden während
der geltenden Semesterferien vereinbart. Die Verteilung der Arbeitsstunden auf die Wochentage hatte in Absprache mit dem Vorgesetzten
zu erfolgen. Zu Arbeitsverhinderung und Krankheit enthielt der Werkstudentenvertrag Regelungen zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit.
Das Arbeitsverhältnis wurde am 16.03.2015 bis einschließlich 30.09.2015 verlängert und dann am 17.09.2015 noch bis 31.12.2015.
Folgende Stundenaufzeichnungen liegen vor:
* Januar 2015: Arbeit an sieben Tagen; insgesamt 47:07 Stunden gearbeitet; längste Tagesarbeitszeit 09:30 Stunden, kürzeste
04:34 Stunden.
* Februar 2015: Arbeit an 16 Tagen (sechs davon in der ersten Monatshälfte, zehn in der zweiten); insgesamt 106:10 Stunden
gearbeitet; längste Tagesarbeitszeit 09:02 Stunden, kürzeste 03:55 Stunden.
* März 2015: Arbeit an 22 Tagen (durchgängig an allen Werktagen außer Samstag); insgesamt 176:00 Stunden gearbeitet; immer
die gleiche Tagesarbeitszeit von exakt 08:00 Stunden.
* April 2015: Arbeit an 15 Tagen (ab Montag, 13.04., für die Klägerin typischer Vorlesungsrhythmus, das heißt Arbeit nur am
Montag, Mittwoch und Freitag); insgesamt 108:00 Stunden gearbeitet; längste Tagesarbeitszeit 08:00 Stunden, kürzeste 05:30
Stunden (bis einschließlich Freitag, 10.04., immer genau acht Stunden, danach jeweils 07:30 Stunden montags bis mittwochs
und 05:30 Stunden donnerstags und freitags - relativ konstante Tagesarbeitszeiten).
* Mai 2015: Arbeit an zehn Tagen (sieben davon in der ersten Monatshälfte, drei in der zweiten); insgesamt 57:53 Stunden gearbeitet;
längste Tagesarbeitszeit 09:06 Stunden, kürzeste 03:15 Stunden.
* Juni 2015 - Monat des Schwangerschaftsbeginns: Arbeit an 13 Tagen (letzter Arbeitstag schon am 23.06.; erste Woche drei
Tage mit typischem Vorlesungsrhythmus; zweite und dritte Woche jeweils vier Tage; in der vierten Woche nur noch zwei, und
zwar am 22. und 23.); insgesamt 62:45 Stunden gearbeitet; längste Tagesarbeitszeit 06:36 Stunden, kürzeste 02:32 Stunden.
* Juli 2015 - Monat der Feststellung der Schwangerschaft: Arbeit an 15 Tagen (fast durchweg drei Tage pro Woche im Vorlesungsrhythmus,
obwohl die Vorlesungszeit nur bis 18.07. dauerte und die Klägerin zudem keine Vorlesungen besuchte); insgesamt 58:23 Stunden
gearbeitet; längste Tagesarbeitszeit 06:01 Stunden, kürzeste 02:06 Stunden.
* August 2015: Arbeit an 18 Tagen (in den beiden letzten Augustwochen an jedem Werktag außer Samstag; zweite Woche im Vorlesungsrhythmus;
erste Woche vier Tage); insgesamt 73:42 Stunden gearbeitet; längste Tagesarbeitszeit 05:31 Stunden, kürzeste 02:48 Stunden.
* September 2015: Arbeit an 21 Tagen (ausgelassen wurde nur ein Dienstag); insgesamt 78:10 Stunden gearbeitet; längste Tagesarbeitszeit
05:52 Stunden, kürzeste 02:31 Stunden.
* Oktober 2015: Arbeit an 22 Tagen (kein einziger Fehltag); insgesamt 89:10 Stunden gearbeitet; längste Tagesarbeitszeit 07:24
Stunden, kürzeste 01:49 Stunden.
Die Gynäkologin E. erstellte unter dem Datum 27.10.2015 ein Attest zur Vorlage beim Arbeitgeber, worin zunächst der voraussichtliche
Entbindungstermin mit 03.06.2016 angegeben wurde. Die Ärztin sprach ein individuelles Beschäftigungsverbot mit Wirkung ab
02.11.2015 aus, da Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet sei. Das Beschäftigungsverbot
beziehe sich auf jede Tätigkeit.
Mit dem Vater der Zwillinge war die Klägerin im maßgebenden Zeitraum, dem Bezugszeitraum, verheiratet und lebte mit diesem
in einem Haushalt zusammen. Neben den Zwillingen gehörten dem Haushalt damals keine weiteren Kinder an. Während der Elterngeldbezugszeit
ging die Klägerin keiner Erwerbstätigkeit nach. Wegen der Geburt der Zwillinge nahm die Klägerin keinen Mutterschutz in Anspruch,
weil das Arbeitsverhältnis zur KG mit Ablauf des Jahres 2015 geendet hatte und es so nicht in die rechnerische Mutterschutzfrist
hineinreichte. Mutterschaftsgeld nach §
13 des
Mutterschutzgesetzes (
MuSchG) bezog die Klägerin nicht.
Am 04.03.2016 beantragte die Klägerin Elterngeld für Betreuung und Erziehung von H. für dessen ersten zwölf Lebensmonate.
Unter dem Datum 23.03.2016 gab die Klägerin auf einem Formblatt an, eine durch die Schwangerschaft bedingte Erkrankung habe
vom 02.11.2015 bis 02.02.2016 vorgelegen. Dem lag ein Attest der Gynäkologin E. vom 22.03.2016 bei; darin wurde bestätigt,
während der genannten Phase sei die Klägerin schwangerschaftsbedingt erkrankt gewesen aufgrund "drohender Frühgeburt aufgrund
einer Zwillingsschwangerschaft".
Die Steuerkanzlei S. erstellte unter dem Datum 06.04.2016 eine Verdienstbescheinigung für 2014. Für die Monate Januar bis
Mai sowie Juli und August waren jeweils 2.000 EUR als Bruttoeinkommen ausgewiesen, für Juni 3.000 EUR und für September 3.173
EUR. Entgeltabrechnungen wurden für die Monate Januar, Februar, Juni, Juli und September vorgelegt. Folgende Verdienstabrechnungen
der KG mit folgenden laufendem Steuer-Brutto reichte die Klägerin ein:
* Januar
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2015 529,54 EUR
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* Februar
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2015 1.193,63 EUR
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* März 2015
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1.980,00 EUR
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* April 2015
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-
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* Mai 2015
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674,21 EUR
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* Juni 2015
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702,56 EUR
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* Juli 2015
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-
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* August 2015
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825,98 EUR
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* September 2015
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878,63 EUR
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* Oktober 2015
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1.002,38 EUR
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* November 2015
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902,33 EUR
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* Dezember 2015
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902,33 EUR.
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Mit Schreiben vom 29.04.2016 widersprach die Klägerin der Annahme des Beklagten, der Handel mit Motorradersatzteilen sei ein
Saisongeschäft. Im Gegenteil, so die Klägerin, lägen die umsatzstarken Monate gerade im Winter, weil sich ihre Kunden auf
der Südhalbkugel befänden. Als Nachweis legte sie Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate Oktober 2014 bis Januar 2015
unter Angabe folgender Umsätze bei:
* Oktober 2014
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3.788 EUR
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* November 2014
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6.338 EUR
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* Dezember 2014
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7.977 EUR
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* Januar 2015
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7.301 EUR.
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Weiter brachte die Klägerin vor, auch in den ersten drei Monaten ihrer Schwangerschaft habe sie in ihrer nichtselbständigen
Tätigkeit Verluste gehabt. Eigentlich sei in den Semesterferien - wie in den Semesterferien zuvor - geplant gewesen, in den
Monaten August und September 2015 einer Vollzeittätigkeit nachzugehen. Aufgrund mehrerer schwangerschaftsbedingter Beschwerden
habe sie aber nicht 40 Stunden arbeiten können. Ihre Arbeitgeberin habe ihr zugestanden, sie dürfe so viel arbeiten, wie sie
körperlich in der Lage sei. Dem Schreiben der Klägerin lag eine Bescheinigung zur Vorlage beim Arbeitgeber vom 18.04.2016
bei, wonach die Klägerin wegen einer Risikoschwangerschaft für neun Monate einen Schonarbeitsplatz erhalten sollte (deutlich
eingeschränkte zeitliche und körperliche Belastung). Schließlich legte sie eine Bestätigung ihres Vorgesetzten C. vom 18.04.2016
vor, wonach für die Zeit der Semesterferien (August bis Mitte Oktober 2015) eine Vollzeitbeschäftigung vorgesehen gewesen
sei. Aufgrund starker Schwangerschaftsbeschwerden sei es der Klägerin nicht möglich gewesen, diese Vereinbarung einzuhalten.
Die Arbeitszeiten habe sie nach eigenem Ermessen gestaltet.
Mit vorläufigem Bescheid vom 27.04.2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin monatliches Elterngeld antragsgemäß für die ersten
zwölf Lebensmonate von H. (02.02.2016 bis 01.02.2017) in Höhe von monatlich 706,30 EUR. Bei der Berechnung des Elterngeldanspruchs
ging er von einem Bemessungszeitraum von Januar bis Dezember 2015 aus, da die Klägerin in den zwölf Monaten vor der Geburt
des Kindes oder im Kalenderjahr vor der Geburt Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit und Gewerbebetrieb erzielt habe. Die
Voraussetzungen für eine Verschiebung dieses Zeitraums, so der Beklagte, lägen nicht vor. Für die Monate bis einschließlich
Oktober 2015 sei weder ein Nachweis über ein Beschäftigungsverbot noch über eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung vorgelegt
worden. Eine Zwillingsschwangerschaft sei als Risikoschwangerschaft zu klassifizieren, doch sei diese nicht einer schwangerschaftsbedingten
Arbeitsunfähigkeit gleichzustellen. Bloße Schwangerschaftsbeschwerden genügten nicht, um den Begriff der Erkrankung zu erfüllen.
In nahezu jeder Schwangerschaft träten körperliche Beschwerden auf. Würden Beschwerden bereits genügen, würde der Ausnahmetatbestand
der Vorverlagerung zum Regelfall werden. Auch der Zeitraum ab November 2015, in dem tatsächlich ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen
worden sei, rechtfertige keine Verschiebung des Bemessungszeitraums. Das individuelle Beschäftigungsverbot sei nicht per se
mit einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung gleichzusetzen. Es habe vorrangig präventiven Charakter und bedeute nicht zwingend,
dass bereits eine persönliche Beeinträchtigung von Mutter und Kind eingetreten sei. Ein Attest vom 22.03.2016 über eine schwangerschaftsbedingte
Erkrankung über den Zeitraum ab November 2015 sei zwar nachgereicht worden, doch sei weiterhin nur eine präventive Maßnahme
und nicht eine Erkrankung belegt. Auch wenn man von einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung ausgehen könnte, so der Beklagte
weiter, würde sich dennoch dadurch kein Verschiebe- bzw. Ausklammerungstatbestand ergeben, da der hierfür erforderliche Einkommensverlust
im Sinn der Vorschrift nicht gegeben wäre. Für den Bereich der nichtselbständigen Tätigkeit sei kein Einkommensverlust gegeben,
da hier entweder tatsächlich Mutterschutzlohn gezahlt worden sei oder bei Geltendmachung eines Beschäftigungsverbots zugestanden
hätte. Nach den gesetzlichen Bestimmungen müsste sich der Einkommensverlust im Gewerbebetrieb im Vergleich der Monate November
und Dezember 2015 mit den übrigen Monaten des Kalenderjahres 2015 ergeben, in denen keine schwangerschaftsbedingte Erkrankung
vorgelegen habe. Im Fall der Klägerin handle es sich nicht um ein Einzelunternehmen, sondern um eine Gesellschaft des bürgerlichen
Rechts, an der sie und ihr Ehemann beteiligt seien. Die Höhe des Gewinns sei daher nicht nur von ihrer Tätigkeit, sondern
auch von der ihres Ehemannes abhängig. Bei Gewerbetreibenden seien Erwerbstätigkeit und Einkommensverlust nicht so eng verknüpft.
Auch wenn sie ihre Erwerbstätigkeit unterbrächen, flössen für gewöhnlich noch Einnahmen zu. Zudem seien schwankende Einkünfte
oder auch fehlender Zufluss in einzelnen Monaten bei Gewerbetreibenden eher die Regel als die Ausnahme. Aus der von der Klägerin
vorgelegten Aufstellung über ihre Einnahmen und Ausgaben gehe hervor, dass beispielsweise auch im April und Oktober 2015 keinerlei
Zufluss verzeichnet worden sei.
Sodann erließ der Beklagte unter dem Datum 09.05.2016 einen Rücknahmebescheid nach § 44 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) und setzte das Elterngeld höher fest. Er bewilligte ein monatliches Elterngeld in Höhe von 950,02 EUR. Bei der Berechnung
des Elterngeldanspruchs ging der Beklagte nunmehr von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.187 EUR aus. Außerdem
ermittelte er nach Abzug eines Arbeitnehmer-Pauschbetrags in Höhe von 999,96 EUR Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in
Höhe von 10.434,72 EUR. Er errechnete ein Elterngeld-Netto in Höhe von 914,22 EUR und unter Einbeziehung des Mehrlingszuschlags
ein monatliches Elterngeld von 950,92 EUR.
Am 27.05.2016 legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie brachte vor, das Kalenderjahr 2014 sei maßgebend für die Berechnung
des Elterngeldanspruchs. Die Klägerin habe unter schwangerschaftsbedingten Beschwerden gelitten. Dadurch habe in den neun
Monaten vor der Geburt eine deutliche Erwerbsunfähigkeit vorgelegen. Sie habe aufgrund der Beschwerden von August bis Mitte
Oktober keine Vollzeitstelle antreten können. Sinngemäß argumentierte sie, einen Schonarbeitsplatz habe sie nicht erlangen
können, weil kein Arbeitsvertrag geschlossen worden sei. Ihr hätten die Rechte als Arbeitnehmerin nicht zugestanden. Die schwangerschaftsbedingte
Erkrankung habe sich auch auf die selbständige Tätigkeit ausgewirkt, wie ein Vergleich der Gewinne 2014 und 2015 zeige. Sie,
die Klägerin, führe den Betrieb zusammen mit dem Ehemann und leiste dazu einen wesentlichen Beitrag. Bei ihr hätten keine
gewöhnlichen Schwangerschaftsbeschwerden, sondern eine Erkrankung vorgelegen. Zu Beginn November 2015 habe sich ihr Gesundheitszustand
verschlimmert; es habe eine Frühgeburt gedroht. Vom 02.11.2015 bis 02.02.2016 habe eine schwangerschaftsbedingte Arbeitsunfähigkeit
bestanden.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2016 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er
aus, Zeiten eines individuellen Beschäftigungsverbots stellten keinen Ausklammerungstatbestand dar und stünden auch nicht
einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung gleich. Bei der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung handle es sich nicht um eine
Bescheinigung einer Arbeitsunfähigkeit. Die nach der Geburt vorgelegten ärztlichen Atteste vom 22.03.2016 und 18.04.2016 seien
nicht geeignet, im Nachhinein eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung zu belegen. Da die Klägerin in den zwölf Kalendermonaten
vor der Geburt ihres Kindes oder im Kalenderjahr vor der Geburt neben Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit auch Einkommen
aus selbständiger Arbeit gehabt habe, sei als Bemessungszeitraum das Kalenderjahr 2015 zugrunde zu legen.
Am 17.08.2016 hat die Klägerin beim Sozialgericht Augsburg Klage erhoben und diese im Wesentlichen ebenso wie den Widerspruch
begründet. Sie hat am 22.11.2016 ein undatiertes Attest der Frauenärztin Dr. A. J. vorgelegt. Darin steht, im Juli 2015 sei
eine Zwillingsschwangerschaft diagnostiziert worden. Nach den gültigen Mutterschaftsrichtlinien handle es sich hierbei um
eine befundete Hochrisikosituation im Sinn einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung.
Beim Sozialgericht hat am 09.12.2016 ein erster Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Im Rahmen dessen hat sich
das Gericht dazu entschlossen, die behandelnden Ärztinnen anzuschreiben und zum Gesundheitszustand der Klägerin zu befragen.
Der Kammervorsitzende hat den beiden Ärztinnen die Problemlage geschildert und sie um rückblickende Mitteilung von Zeiten
gebeten, in denen die Klägerin für ihre Tätigkeit arbeitsunfähig war. Die Frauenärztin Dr. J. hat unter dem 17.01.2017 geantwortet,
die Gynäkologin E. unter dem 01.04.2017. Wegen des Inhalts der beiden Äußerungen wird auf die Akte des Sozialgerichts verwiesen.
Mit Urteil vom 25.08.2017 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und den Beklagten verurteilt, der Klägerin monatliches
Elterngeld unter Berücksichtigung des Kalenderjahres 2014 als Bemessungszeitraum zu gewähren. Es hat dies damit begründet,
eine Risikoschwangerschaft als solche stelle keine Krankheit im Sinne des § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BEEG dar. Anders verhalte es sich jedoch bei den von Frau E. beschriebenen vorzeitigen Wehen, der Kreislaufdysregulation, den
Ödemen der Beine und Blutdruckproblemen. Hierbei handle es sich um Krankheiten nach der ICD10-Klassifikation. Diese Krankheiten
stünden auch im ursächlichen Zusammenhang mit der Schwangerschaft. Durch die schwangerschaftsbedingten Erkrankungen habe die
Klägerin im Kalenderjahr 2015 ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit gehabt. Das habe der Arbeitgeber in seiner Stellungnahme
vom 18.04.2016 bestätigt. Danach wäre die Klägerin in den Semesterferien für eine Beschäftigung in Vollzeit vorgesehen gewesen.
Aufgrund von schwangerschaftsbedingten Erkrankungen sei ihr aber keine Vollzeittätigkeit möglich gewesen. Dies werde auch
durch die behandelnden Gynäkologen bestätigt. Demzufolge liege der Ausklammerungstatbestand des § 2b Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BEEG vor.
Der Beklagte hat am 14.09.2017 Berufung eingelegt. Er hat das Rechtsmittel damit begründet, eine schwangerschaftsbedingte
Erkrankung sei nicht nachgewiesen. Die von Frau E. genannten Diagnosen hätten nicht zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit,
sondern zu einem individuellen Beschäftigungsverbot geführt. Die Bescheinigung der KG vom 18.04.2016 sei nicht geeignet, einen
krankheitsbedingten Einkommensverlust nachzuweisen. Denn für die fragliche Zeit August bis Oktober 2015 seien überhaupt keine
Krankheiten nachgewiesen. Im November und Dezember 2015 habe die Klägerin vollen finanziellen Ausgleich von der KG erhalten.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25.08.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das Urteil des Sozialgerichts für richtig. Die schwangerschaftsbedingte Krankheit stehe fest. Auch sei nicht
von der Hand zu weisen, dass das Einkommen 2015 geringer gelegen habe als 2014. Sie, die Klägerin, habe in den ersten Monaten
unter erheblichen schwangerschaftsbedingten Beschwerden gelitten, was zu einer stark eingeschränkten Arbeitsfähigkeit geführt
habe; dabei habe sie sogar an Gewicht verloren, was auf die erheblichen schwangerschaftsbedingten Beschwerden wie u.a. starke
Übelkeit zurückzuführen sei. Dass keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt worden sei, spiele keine Rolle. Weitere
Ärzte als Dr. J. und Frau E. habe die Klägerin in der fraglichen Zeit nicht aufgesucht. Die Einrichtung eines Schonarbeitsplatzes
sei schon deswegen nicht möglich gewesen, weil es sich bereits um eine Tätigkeit mit geringstmöglicher Belastung gehandelt
habe. Sie, die Klägerin, habe deswegen keine Entgeltfortzahlung in Anspruch nehmen wollen, weil ihr Arbeitsverhältnis dann
nicht verlängert worden wäre; dann wäre sie im Zeitraum Oktober bis Dezember 2015 ohne Einkommen gewesen. Die Arbeitszeit
sei ab April 2015 deswegen reduziert worden, weil nach dem 10.04. wieder die Vorlesungszeit angefangen habe. Im Sommersemester
2015 habe sie an keinen Lehrveranstaltungen teilgenommen und keine Prüfungen abgelegt, im Wintersemester 2015/16 lediglich
an einer Wiederholungsprüfung teilgenommen. Im Zeitraum Oktober bis Dezember 2015 habe sie keinerlei Umsätze für das selbständige
Gewerbe erzielt.
Im Rahmen seiner Ermittlungen hat der Senat Befundberichte von Dr. J. und Frau E. eingeholt. Die Klägerin hat Berichte des
Klinikums A-Stadt über ab 29.07.2015 dort durchgeführte Doppler-Untersuchungen vorgelegt. Wegen des Inhalts dieser medizinischen
Dokumente wird auf die Akte des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den
ehemaligen Vorgesetzten der Klägerin, C., als Zeugen vernommen; wegen des Inhalts seiner Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift
Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Die Akten haben vorgelegen, sind als Streitstoff in das Verfahren eingeführt worden und Gegenstand der Entscheidungsfindung
gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht entsprochen.
Höhere Leistungen, als sie der Beklagte im Bescheid vom 09.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.07.2016
bewilligte, stehen der Klägerin nicht zu.
Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage richtet sich gegen den Rücknahmebescheid vom 09.05.2016 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 14.07.2016. Der Klägerin geht die darin ausgesprochene Änderung des vorläufigen Bescheids vom 27.04.2016
zu ihren Gunsten nicht weit genug; sie begehrt noch höhere Leistungen. Dabei zielt die Klage nicht auf den Erlass eines endgültigen,
sondern eines in noch größerem Umfang geänderten vorläufigen Bescheids. Da das Klagebegehren allgemein in der Zuerkennung
höherer Elterngeldleistungen liegt, ist der Streitgegenstand nicht auf einzelne Berechnungselemente beschränkt, insbesondere
nicht auf das rechtliche Problem des Bemessungszeitraums. Vielmehr prüft der Senat innerhalb der Grenzen des klägerischen
Anspruchs unter allen tatsächlichen und rechtlichen Facetten, ob der Klägerin noch höhere Leistungen zustehen. Andererseits
berücksichtigt der Senat in diesem Zusammenhang auch solche Aspekte, die das von der Klägerin begehrte Optimum auf anderem
Weg wieder reduzieren.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt auch nach Eintritt seiner Unanfechtbarkeit mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen,
soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen
worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese
Voraussetzungen liegen hinsichtlich des Ausgangsbescheids vom 27.04.2016 nur soweit vor, wie der Beklagte durch den Bescheid
vom 09.05.2016 von sich aus die ursprüngliche Regelung geändert hat. Eine demgegenüber noch weitergehende Änderung kommt nicht
in Betracht.
Der Anwendbarkeit von § 44 SGB X steht nicht entgegen, dass es sich beim Bescheid vom 27.04.2016 lediglich um eine vorläufige Bewilligung gehandelt hatte.
Das Rechtsinstitut des vorläufigen Verwaltungsakts ist geschaffen worden, um den ansonsten geltenden Vertrauensschutz des
Bürgers in den Bestand eines begünstigenden Verwaltungsakts zu relativieren. Die Anordnung der Vorläufigkeit soll ein schützenswertes
Vertrauen einschränken oder gar ausschließen. Da aber § 44 SGB X die Rücknahme belastender Verwaltungsakte betrifft, hat die Norm keine Berührungspunkte zum Vertrauensschutz des Bürgers.
Vielmehr liegt die Kernaussage von § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X darin, dass die Behörde nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet ist, einen als rechtswidrig erkannten belastenden Verwaltungsakt
trotz dessen Unanfechtbarkeit aufzuheben beziehungsweise zu Gunsten des Betroffenen zu ändern. Solche Konstellationen können
auch im Zusammenhang mit vorläufigen Bewilligungsbescheiden auftreten. Die gesetzliche Verpflichtung zur Rücknahme beziehungsweise
zur begünstigenden Änderung hat deshalb auch dort ihr Anwendungsfeld. Denn aus der rechtlichen Beschränkung der Vorläufigkeit
allein ergibt sich keine entsprechende Verpflichtung zur Anpassung des Ausgangsverwaltungsakts, wie sie § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X statuiert.
Der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 27.04.2016 war nur insoweit rechtswidrig, als der Beklagte für die Monate April und
Juli 2015 kein Erwerbseinkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit angesetzt hatte. Zwar konnte er dafür nichts, weil
die Klägerin zunächst falsche Verdienstabrechnungen eingereicht hatte, die nur den Schluss auf das Fehlen entsprechender Einkünfte
in den Monaten April und Juli 2015 zuließen. Trotzdem führte dies zur anfänglichen Rechtswidrigkeit des vorläufigen Bewilligungsbescheids;
denn tatsächlich war der Klägerin für die beiden fraglichen Monate Arbeitsentgelt zeitnah und leistungswirksam zugeflossen.
Nachdem die Klägerin im Mai 2016 die zutreffenden Entgeltabrechnungen nachgereicht hatte, korrigierte der Beklagte den Fehler
in vollem Umfang durch den Bescheid vom 09.05.2016. Dabei hat er den zustehenden Elterngeldbetrag mit 950,02 EUR monatlich
zutreffend berechnet. Darüber hinaus stehen der Klägerin keine Leistungen zu.
Die Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs dem Grunde nach liegen unzweifelhaft vor. Dies folgt aus § 1 Abs. 1 Satz 1 BEEG in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer
1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
Alle diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin. Sie hatte während des gesamten Bezugszeitraums ihren Wohnsitz und gewöhnlichen
Aufenthalt in Deutschland, lebte mit H. in einem Haushalt, betreute und erzog ihn selbst und übte während des Bezugszeitraums
keine Erwerbstätigkeit aus. Ein ordnungsgemäßer Antrag lag vor. Der Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 8 BEEG ist nicht erfüllt, weil das zu versteuernde Einkommen beider Elternteile zusammen im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum
vor der Geburt deutlich unter 500.000 EUR blieb.
Dagegen ergeben die Bestimmungen des BEEG zur Höhe des Elterngelds keinen höheren Leistungsanspruch als die vom Beklagten zugesprochenen 950,02 EUR monatlich.
Die Basisnorm für die Bemessung des Elterngelds ist § 2 Abs. 1 und 2 BEEG. Soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung, lauten diese Regelungen wie folgt:
"(1) 1Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. 2Es wird
bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen
aus Erwerbstätigkeit hat. 3Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die
Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
2. Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach §
2 Absatz
1 Satz 1 Nummer
1 bis
3 des
Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b
... hat.
(2) ... 2In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200 Euro war, sinkt der Prozentsatz
von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.200 Euro überschreitet, auf bis
zu 65 Prozent."
Eine zeitliche Spezifizierung des Normteils "vor der Geburt des Kindes" erfolgt in § 2b BEEG:
(1) 1Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die
zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. 2Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz
1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person
1. im Zeitraum nach § 4 Absatz 1 Satz 1 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat,
2. während der Schutzfristen nach §
3 Absatz
2 oder §
6 Absatz
1 des
Mutterschutzgesetzes nicht beschäftigt werden durfte oder Mutterschaftsgeld nach dem
Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat,
3. eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war, oder
4. Wehrdienst nach dem Wehrpflichtgesetz in der bis zum 31. Mai 2011 geltenden Fassung oder nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes oder Zivildienst nach dem
Zivildienstgesetz geleistet hat und in den Fällen der Nummern 3 und 4 dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte.
(2) Für die Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2d vor der Geburt sind die jeweiligen
steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor
der Geburt des Kindes zugrunde liegen. 2Haben in einem Gewinnermittlungszeitraum die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2
vorgelegen, sind auf Antrag die Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem diesen Ereignissen vorangegangenen abgeschlossenen
steuerlichen Veranlagungszeitraum zugrunde liegen.
(3) Abweichend von Absatz 1 ist für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt
der steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich, der den Gewinnermittlungszeiträumen nach Absatz 2 zugrunde liegt, wenn die
berechtigte Person in den Zeiträumen nach Absatz 1 oder Absatz 2 Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte. 2Haben
im Bemessungszeitraum nach Satz 1 die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 vorgelegen, ist Absatz 2 Satz 2 mit der zusätzlichen
Maßgabe anzuwenden, dass für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der vorangegangene
steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich ist.
Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass der Bemessungszeitraum das Kalenderjahr 2015 ist und nicht, wie die Klägerin
meint, das Kalenderjahr 2014.
Konkret bewirken diese Regelungen, dass hinsichtlich des Einkommens der Klägerin aus Gewerbebetrieb gemäß § 2b Abs. 2 Satz 1 BEEG nicht die zwölf Kalendermonate vor H.s Geburt, sondern das letzte vor der Geburt liegende Kalenderjahr, also 2015, maßgebend
ist. Um ein Auseinanderfallen der Bemessungszeiträume zu vermeiden, zieht § 2b Abs. 3 Satz 1 BEEG abweichend von der allgemeinen Regelung des § 2b Abs. 1 Satz 1 BEEG das Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit quasi nach, wenn wie hier die beiden Einkunftsarten in der in § 2b Abs. 3 Satz 1 BEEG beschriebenen Weise parallel bezogen worden sind. Das Zusammenspiel der Vorschriften führt dazu, dass einheitlich das letzte
vor der Geburt liegende Kalenderjahr als Bemessungszeitraum heranzuziehen ist.
Das Kalenderjahr 2015 stellt den steuerlichen Gewinnermittlungszeitraum dar, der dem letzten abgeschlossenen steuerlichen
Veranlagungszeitraum vor H.s Geburt zugrunde liegt. Ein Tatbestand, der den Bemessungszeitraum gemäß § 2b Abs. 2 Satz 2 BEEG beziehungsweise § 2b Abs. 3 Satz 2 BEEG weiter in die Vergangenheit verlagert, liegt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht vor.
§ 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG nennt Verschiebetatbestände, die auch im Rahmen von § 2b Abs. 2 BEEG (vgl. § 2b Abs. 2 Satz 2 BEEG) und § 2b Abs. 3 BEEG (vgl. § 2b Abs. 3 Satz 2 BEEG) Geltung beanspruchen. Relevant ist hier allein der Verschiebetatbestand des § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BEEG. Allerdings erfüllt die Klägerin dessen Voraussetzungen nicht, so dass es beim Kalenderjahr 2015 als Bemessungszeitraum bleiben
muss. Sie hatte nämlich während des Kalenderjahrs 2015 keine Krankheiten, die maßgeblich durch die Schwangerschaft bedingt
waren und erwiesenermaßen ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit zur Folge hatten.
Die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BEEG sind:
* Krankheit
* schwangerschaftsbedingt
* Ausfall bei Einkommen aus Erwerbstätigkeit
* Kausalität zwischen Krankheit und Einkommensausfall.
Die Klägerin würde ihr Ziel, den Bemessungszeitraum in die Vergangenheit zu verschieben, schon dann erreichen, wenn nur ein
einziger Kalendermonat mit relevantem Einkommensverlust festgestellt würde. Das gelingt aber nicht. Denn die vier Tatbestandsvoraussetzungen
müssten allesamt konkret nachgewiesen sein; eine nur überschlägige oder mit Vermutungen operierende Betrachtung und Beurteilung
darf nicht stattfinden. Die objektive Beweislast obliegt hinsichtlich sämtlicher Tatbestandsmerkmale der Klägerin; relevante
Restzweifel verbunden mit einer Unaufklärbarkeit müssen sich stets zu deren Ungunsten auswirken. Vor diesem Hintergrund scheitert
das Unterfangen der Klägerin daran, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen schwangerschaftsbedingter Erkrankung und Einkommensverlust
nicht erwiesen ist.
1. Krankheit
Eine Krankheit lag bei der Klägerin während der Schwangerschaft entgegen der Ansicht des Beklagten definitiv vor. Zutreffend
hat das Sozialgericht in diesem Zusammenhang den Krankheitsbegriff angewandt, wie er im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung
etabliert ist: Krankheit im Rechtssinn erfordert einen regelwidrigen, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichenden Körper-
oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht.
Die Ende Oktober 2015 eingetretene vorzeitige Wehentätigkeit stellte zweifelsohne eine Krankheit in diesem Sinn dar. Die gegenteilige
Meinung des Beklagten ist nicht nachvollziehbar und bedauerlicher Weise ohne Beiziehung medizinischen Sachverstands zustande
gekommen. Der sinngemäße gedankliche Ansatz des Beklagten, was Anlass für ein individuelles Beschäftigungsverbot sei, könne,
sofern nicht eine explizite Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliege, nicht Krankheit sein, erscheint abwegig; das Gesetz
liefert hierfür keinerlei Anhaltspunkte.
Bereits vor Beginn der vorzeitigen Wehentätigkeit traten während der Schwangerschaft körperliche Unregelmäßigkeiten mit Krankheitswert
auf. Die insoweit von Dr. J. genannten Befunde und Diagnosen, nämlich Schwangerschaftserbrechen, Kreislaufdystonie etc., sind
glaubhaft. Es ist aber nicht aufklärbar, wann genau und wie oft derartige Zustände vorlagen und in welcher Ausprägung und
Intensität. Weder die behandelnden Ärztinnen haben insoweit aussagekräftige Angaben machen können noch die Klägerin selbst.
Die festzustellende Unbestimmtheit der Diagnosen und Befunde führt indes nicht dazu, insoweit bereits eine Krankheit zu negieren.
Denn hierfür reicht die Überzeugung des Senats, dass überhaupt - auch ohne weitere Konkretisierbarkeit - derartige regelwidrige
Körperzustände während des fraglichen Zeitraums auftraten. Ob die Zwillingsschwangerschaft als solche im medizinischen Sinn
als "Krankheit" zu begreifen ist - das Sozialgericht hat dies (wohl zutreffend) verneint -, bedarf hier keiner Klärung.
2. Schwangerschaftsbedingt
§ 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BEEG lässt nicht jegliche Krankheit für eine Verschiebung des Bemessungszeitraums genügen, sondern nur eine solche, die maßgeblich
durch eine Schwangerschaft bedingt war. Insoweit können bezüglich der vorzeitigen Wehentätigkeit keine Zweifel bestehen. Ebenso
impliziert die Diagnose Schwangerschaftserbrechen bereits ihre Ursache. Allerdings hat Dr. J. auch unspezifische Befunde erhoben
und Diagnosen gestellt (z.B. Erschöpfung, Müdigkeit). Genauso wenig wie es notwendig ist zu klären, ob die Zwillingsschwangerschaft
als solche eine Krankheit im rechtlichen Sinn verkörpert, muss geklärt werden, ob die unspezifischen Gesundheitsstörungen
ihre wesentliche Ursache in der Schwangerschaft hatten - auch wenn dies sehr plausibel erscheinen mag. Denn letztlich lässt
sich für all diese wirklichen oder vermeintlichen schwangerschaftsbedingten Gesundheitsstörungen nicht nachweisen, dass durch
sie ein Ausfall von Einkommen aus Erwerbstätigkeit entstanden ist (vgl. dazu ausführlich unten Abschnitt 4).
3. Einkommensausfall
Ein Einkommensausfall sowohl im Bereich der nichtselbständigen als auch der gewerblichen Tätigkeit kann allein aufgrund des
Vorbringens der Klägerin unterstellt werden. Diese hätte in der Tat im Rahmen der abhängigen Beschäftigung mehr Arbeitsleistung
erbringen und dadurch höheres Einkommen erzielen können. Zugunsten der Klägerin geht der Senat davon aus, dass auch dasjenige
Entgehen von Erwerbseinkommen, welches wie hier bedingt ist durch die Nichtinanspruchnahme einer Arbeitsoption, grundsätzlich
geeignet ist, einen Einkommensverlust im Sinn von § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG zu erzeugen. Demnach darf nicht zur Voraussetzung erhoben, gerade die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung habe schwangerschaftsbedingt
nicht erbracht werden können. Vielmehr genügt der hier von der Klägerin behauptete schwangerschaftsbedingt erzwungene Verzicht
auf eine Arbeitsoption. Im Hinblick auf den Gewerbebetrieb hat sich der Senat davon überzeugt, dass der Gewinn im Jahr 2015
niedriger als in den Vorjahren ausfiel.
4. Kausalität zwischen schwangerschaftsbedingter Krankheit und Einkommensausfall
§ 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG verlangt für die Fälle schwangerschaftsbedingter Erkrankungen zusätzlich, dass dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit
resultierte. Notwendig ist also ein kausaler Zusammenhang zwischen schwangerschaftsbedingter Krankheit und Einkommensausfall.
Daran scheitert das Begehren der Klägerin. Denn für keine der möglichen schwangerschaftsbedingten Erkrankungen lässt sich
ein darauf zurückgehender Einkommensverlust feststellen. Gerade für dieses Tatbestandsmerkmal hebt der Senat die Notwendigkeit
einer ganz konkreten anstatt einer überschlägigen, "näherungsweisen" Betrachtung hervor.
Materiell muss die Kausalität anhand der im Sozialrecht gängigen Theorie der wesentlichen Bedingung beurteilt werden. Das
Bundessozialgericht (BSG) hat in einem Urteil vom 16.03.2017 - B 10 EG 9/15 R für Zurechnungsfragen im Rahmen von § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BEEG die Theorie der wesentlichen Bedingung proklamiert, wobei es damals nur um die Kausalität zwischen Schwangerschaft und Krankheit
ging. Dieses Zurechnungsmodell muss aber auch als Maßstab für die hier in Frage stehende Kausalität zwischen schwangerschaftsbedingter
Krankheit und Einkommensausfall herangezogen werden. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich
nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben.
Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung
der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Eine Ursache, die als rechtlich
allein wesentliche Ursache anzusehen ist, drängt die sonstigen Umstände in den Hintergrund; diese müssen in wertender Betrachtung
als rechtlich nicht wesentliche Mitursachen für die Frage der Verursachung unberücksichtigt bleiben (BSG, Urteil vom 16.03.2017 - B 10 EG 9/15 R, Rn. 22, m.w.N.). Nach versorgungsrechtlichen Grundsätzen, die aber verallgemeinerungsfähig sind, darf ein Verursachungsfaktor
bei Vorhandensein mehrerer nur dann als wesentliche Bedingung qualifiziert werden, wenn annähernde Gleichwertigkeit besteht
(vgl. statt vieler BSG, Beschluss vom 08.09.1958 - 9 RV 158/55, Rn. 2; Urteil vom 09.12.1969 - 9 RV 418/67, Rn. 16).
Das bedeutet für die Klägerin, dass es ihr noch nichts nützen würde, wäre eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung bloße conditio
sine qua non für einen Ausfall von Erwerbseinkommen. Vielmehr müsste die schwangerschaftsbedingte Erkrankung im Verhältnis
zu anderen Kausalbeiträgen der dominierende Faktor sein oder wenigstens gleichwertig mit anderen dominieren. Dabei gehen verbleibende
Restzweifel zu Lasten der Klägerin; dieser obliegt wie gesagt die objektive Beweislast.
Und tatsächlich vermag der Senat unter keinem Blickwinkel festzustellen, irgendeine schwangerschaftsbedingte Erkrankung könnte
wesentliche Bedingung für irgendeinen Ausfall von Erwerbseinkommen gewesen sein. Wer Gegenteiliges vertritt, geht von spekulativen
Sachverhalten aus. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (vgl. dazu unten a) als auch
im Hinblick auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (vgl. dazu unten b).
a) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Für die Zeit des von Frau E. angeordneten individuellen Beschäftigungsverbots steht zur Überzeugung des Senats zwar eine schwangerschaftsbedingte
Erkrankung fest, jedoch kein dadurch bedingter Ausfall von Arbeitsentgelt. Denn ein Beschäftigungsverbot nach §
3 Abs.
1 MuSchG aF (aktuell §
16 MuSchG), wie das von Frau E. ausgesprochene, führt dazu, dass die Arbeitnehmerin nach §
11 MuSchG aF (aktuell §
18 MuSchG) für seine Dauer Anspruch auf Mutterschutzlohn hat. Auch die Klägerin hat während ihres Beschäftigungsverbots Mutterschutzlohn
erhalten. Dieser hat keine Entgeltlücken offengelassen. §
11 Abs.
1 Satz 1
MuSchG aF lautet:
Den unter den Geltungsbereich des § 1 fallenden Frauen ist, soweit sie nicht Mutterschaftsgeld nach den Vorschriften der
Reichsversicherungsordnung beziehen können, vom Arbeitgeber mindestens der Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen oder der letzten drei Monate
vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist, weiter zu gewähren, wenn sie wegen eines Beschäftigungsverbots
nach § 3 Abs. 1, §§ 4, 6 Abs. 2 oder 3 oder wegen des Mehr-, Nacht- oder Sonntagsarbeitsverbots nach § 8 Abs. 1, 3 oder 5
teilweise oder völlig mit der Arbeit aussetzen.
Daraus wird deutlich, dass der Mutterschutzlohn sich an einem Referenzlohn orientiert, der vor Beginn der Schwangerschaft
verdient worden war. Der Referenzlohn kann demnach nicht durch schwangerschaftsbedingte Umstände reduziert sein. Für die Klägerin
wirkte sich diese Berechnungstechnik in hohem Maß günstig aus. Denn die besonders einkommensstarken Monate März und April
2015 gehörten zum Referenzzeitraum. Damit hat die Klägerin kurioser Weise einen höheren Erlös erzielt, als wenn sie in den
Monaten November und Dezember 2015 tatsächlich Arbeitsleistung erbracht hätte. Denn diese beiden Monate gehörten zur Vorlesungszeit
der Universität A-Stadt, so dass die Klägerin im Höchstfall 20 Stunden pro Monat gearbeitet hätte. Vor diesem Hintergrund
wäre es unseriös, hier einen Entgeltausfall zu bejahen.
Aber auch für den übrigen Zeitraum der abhängigen Beschäftigung, der in die Schwangerschaft fiel (Juni bis Oktober 2015),
wäre es spekulativ, eine schwangerschaftsbedingte Krankheit als wesentliche Ursache irgendeines Entgeltausfalls zu sehen.
aa) Keine Arbeitsunfähigkeit
Wie unter 1. ausgeführt, geht der Senat davon aus, dass die Klägerin tatsächlich vereinzelt schwangerschaftsbedingt krank
war, auch wenn sich diese Erkrankungen zeitlich und qualitativ nicht ansatzweise konkretisieren lassen. Es liegen lediglich
allgemein gehaltene Angaben von Dr. J. vor, die eine nähere Zuordnung und Bestimmung nicht zulassen. Auch deren mitgeschickte
Unterlagen geben diesbezüglich keine Aufschlüsse.
Belegt ist nicht einmal ein Arbeitsausfall im Zeitraum Juni bis Oktober 2015, der durch die Schwangerschaft bedingt war. Denn
für die Zeit vor dem individuellen Beschäftigungsverbot lässt sich keine Arbeitsunfähigkeit nachweisen, geschweige denn, genau
terminieren.
Zwar wird die Arbeitsunfähigkeit nicht ausdrücklich als Tatbestandsvoraussetzung in § 2b Abs. 1 Satz 2 BEEG genannt. Trotzdem ist sie unabdingbares logisches Bindeglied, um einen Ausfall von Arbeitsentgelt auf eine schwangerschaftsbedingte
Erkrankung als wesentliche Ursache zurückführen zu können. Im Rahmen der Kausalitätsprüfung macht es einen beträchtlichen
Unterschied, ob die schwangerschaftsbedingte Krankheit Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte oder nicht:
* Bei einer Arbeitnehmerin mit einem im Arbeitsvertrag fix geregelten Stundensoll kann davon ausgegangen werden, dass eine
Krankheit ohne gleichzeitige Arbeitsunfähigkeit nicht zu einem Entgeltausfall führt. Ist jemand "nur krank", nicht aber arbeitsunfähig,
bleibt diese Person zur Arbeitsleistung verpflichtet und fähig. Verweigert sie diese gleichwohl, hat sie zwar einen Entgeltausfall.
Im Rahmen der Theorie der wesentlichen Bedingung ist aber zu beachten, dass der Entgeltausfall in erster Linie darauf beruht,
dass die Person nicht gearbeitet hat, obwohl sie es gesundheitlich hätte können und arbeitsvertraglich hätte müssen. Dieser
vom Betroffenen autonom gesetzte Kausalfaktor ist derart dominierend, dass er die Krankheit als Auslöser des Ganzen überlagert.
Nur wenn auch Arbeitsunfähigkeit gegeben ist, kann die Krankheit maßgebende Ursache im Sinn einer wesentlichen Bedingung für
einen Entgeltausfall sein.
* Im Fall der Klägerin ist die Konstellation eine andere. Hier liegt ein optionales Arbeitsquantum vor. Vorgegeben ist lediglich
ein Höchstmaß der Arbeitsleistung: während der Semesterferien 40 Wochenstunden, sonst 20. Im Einzelnen musste die konkrete
Arbeitsleistung immer wieder neu abgesprochen werden. Weder die Klägerin noch die KG verfügten offenbar über ein einseitiges
Bestimmungsrecht - der konkrete Arbeitsumfang musste im Konsens festgelegt werden. Während also eine Arbeitnehmerin mit fest
geregeltem Arbeitsquantum kraft Arbeitsvertrags die Pflicht hat, voll zu arbeiten, hatte die Klägerin im vorliegenden Fall
nur die Möglichkeit. Dieser Unterschied rechtfertigt aber nicht, bei der Bewertung der kausalen Zusammenhänge die Arbeitsfähigkeit/Arbeitsunfähigkeit
auszublenden. Ein hinreichender kausaler Zusammenhang zu der ausgeschlagenen Option, die volle Arbeitszeit einzubringen, darf
nur dann bejaht werden, wenn die Krankheit auch zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat. Denn würde es im Fall der Klägerin an
der Arbeitsunfähigkeit fehlen, hätte sie aus gesundheitlichen Gründen ja auch 40 Stunden arbeiten können. Wenn sie das, aus
welchen Gründen auch immer, gleichwohl nicht in die Tat umsetzte, dann war die wesentliche Bedingung nicht die Krankheit,
sondern ein davon unabhängiger, autonomer Entschluss der Klägerin, der im Kausalverlauf eine Zäsur bedeutet und der dominiert.
Der Kausalverlauf ist gewahrt, wenn ein bestimmtes Pensum krankheitsbedingt nicht geleistet werden kann. Er ist aber unterbrochen,
wenn beispielsweise die Erfüllung dieses Pensums nur unbequem erscheint. Es reicht nicht, wenn nur eine prophylaktische Arbeitsreduzierung
erfolgt ist. Ebenso wenig ist die schwangerschaftsbedingte Erkrankung wesentliche Bedingung für eine Arbeitsreduzierung aufgrund
höherer subjektiver Mühseligkeit (weil die Arbeit schwerer und damit unangenehmer empfunden wird).
Eine somit erforderliche Arbeitsunfähigkeit ist aber für den Zeitraum Juni bis Oktober 2015 nicht belegt. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
wurden nicht ausgestellt. Auch ansonsten existieren keine Hinweise für auch nur einzelne Tage der Arbeitsunfähigkeit.
An dieser Stelle gereicht der Klägerin zum Nachteil, dass die von Dr. J. angegebenen Erkrankungen zeitlich und qualitativ
in keiner Weise konkretisiert sind. Es kann nicht einmal nachvollzogen werden, wie sich die Klägerin an bestimmten Tagen im
Zeitraum Juni bis Oktober 2015 körperlich gefühlt hat, geschweige denn, dass an bestimmten Tagen die gesundheitlichen Beschwerden
einer ganztägigen Erwerbstätigkeit entgegengestanden haben. Falsch wäre, allein aufgrund der Zwillingsschwangerschaft den
automatischen Schluss zu ziehen, die Klägerin sei nicht mehr imstande gewesen zu arbeiten; es spricht hier auch keine "tatsächliche
Vermutung" zu ihren Gunsten. Die Krankheitszeiten waren unabhängig von einer eventuellen Arbeitsunfähigkeit sicherlich überschaubar.
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin im Zeitraum Juni bis Oktober 2015 nur an wenigen einzelnen Tagen schwangerschaftsbedingte
Beschwerden hatte; dem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht widersprechen wollen. Von einer durchgehenden
oder auch nur länger bestehenden Krankheit kann keine Rede sein.
Das wird dadurch bestätigt, dass die Klägerin im gesamten Zeitraum von Juni 2015 bis Februar 2016 tatsächlich nur zwei Ärzte
aufgesucht hat, eben Dr. J. und Frau E.. Bei Dr. J. war sie lediglich fünf Mal; für eine werdende Mutter erscheint dies keineswegs
häufig. Ernstlich oder nachhaltig krank kann die Klägerin nicht gewesen sein. Die Anhäufung von Arztterminen im Juli ist lediglich
darauf zurückzuführen, dass in diesem Monat die Schwangerschaft festgestellt wurde und noch die Zwillingsschwangerschaft abzuklären
war. Im August und September suchte die Klägerin Dr. J. jeweils nur ein einziges Mal auf. Frau E. wiederum ist offenbar allein
wegen der vorzeitigen Wehentätigkeit konsultiert worden - bezeichnender Weise erst Ende Oktober 2015 -, nicht aber, weil es
der Klägerin vorher so schlecht gegangen war. Wenn also gesundheitliche Beschwerden vorgelegen haben sollten, dann sicher
nicht in dem Ausmaß, dass für längere Zeit Arbeitsunfähigkeit daraus resultieren konnte. Die Befundberichte zu den Doppler-Untersuchungen
am Klinikum A-Stadt geben keinerlei Aufschluss über Beschwerden der Klägerin, sondern betreffen nur die ungeborenen Kinder;
die Befindlichkeiten der Klägerin spielten dabei keine Rolle.
Weitere Fakten belegen dies: Dass die Klägerin ihre gesundheitliche Situation in den Monaten vor Oktober 2015 selbst nicht
als besonders schlecht einstufte, zeigt ihre zeitnahe Angabe im Elterngeldantrag; in einem eigenen Formblatt hatte die Klägerin
am 23.03.2016 als Phase einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung lediglich angegeben "02.11.2015 bis 02.02.2016". Und noch
Mitte September 2015 ging es der Klägerin so gut, dass sie und die KG die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis 31.12.2015
vereinbarten. Offenbar hatte die KG keinerlei Bedenken, die Klägerin würde nicht bis Ende des Jahres gesundheitlich und kräftemäßig
durchhalten können.
Dem Attest der Dr. J. vom 18.04.2016 misst der Senat keinen Aussagewert bei. Sage und schreibe zweieinhalb Monate nach der
Entbindung bescheinigte die Ärztin, dass die Klägerin wegen der Schwangerschaft einen Schonarbeitsplatz erhalten sollte. Schon
die schieren zeitlichen Relationen lassen das Attest fragwürdig erscheinen.
Letztlich scheinen die gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin in der Phase Juni bis Oktober 2015 so geartet gewesen zu
sein, dass sie die Klägerin nur an einzelnen Tagen betroffen haben. Auch der Zeuge C. hat in der mündlichen Verhandlung lediglich
bekundet, "gefühlt" seien es "einige Tage" gewesen, an denen die Klägerin sich am Morgen entschuldigt habe. Eine exakte zeitliche
Zuordnung ist allerdings unmöglich; auch der Zeuge C. hat sich dazu nicht in der Lage gesehen. In gleicher Weise ist es unmöglich,
in diesem Zeitraum auch nur für einen einzigen Tag gesichert Arbeitsunfähigkeit, hervorgerufen gerade durch eine schwangerschaftsbedingte
Erkrankung, anzunehmen. Das unterstreicht die Aussage des Zeugen C., wonach die Klägerin nie angab, aus welchem Grund es ihr
schlecht ging, wenn sie sich am Morgen entschuldigte.
Dieses Ergebnis erscheint vor dem Hintergrund sehr plausibel, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin nach deren eigener
Aussage (Schriftsatz im Berufungsverfahren vom 08.02.2018) um eine Tätigkeit mit geringstmöglicher Belastung handelte, die
- so die Klägerin sinngemäß - qualitativ bereits einem Schonarbeitsplatz entsprach.
Unabhängig von dem Problem, dass rein schon aus medizinischer Perspektive im Zeitraum Juni bis Oktober 2015 keine Zeiten der
Arbeitsunfähigkeit nachweisbar sind, erbringt auch die von der Klägerin tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung keinen Hinweis
für Arbeitsausfälle, die durch eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung verursacht wurden. Unter Vorlage einer Bestätigung
vom 18.04.2016 des Zeugen C., ihres unmittelbaren Vorgesetzten, hat die Klägerin Arbeitsausfälle in der vorlesungsfreien Zeit
von August bis Oktober 2015 behauptet. Gerade die im Berufungsverfahren vorgelegten Stundenaufzeichnungen weisen aber darauf
hin, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit andere Gründe wesentliche Bedingungen für einen unterstellten Arbeitsausfall waren.
Betrachtet man die Arbeitszeitaufzeichnung für Oktober 2015, stellt man für die zweite Oktoberhälfte keinerlei Reduktion der
Arbeit fest, obwohl - das gilt es zu betonen - ab 12.10.2015 schon wieder die Vorlesungszeit an der Universität A-Stadt begonnen
hatte. Man findet im Oktober nicht einen einzigen Werktag (außer Samstag), an dem die Klägerin nicht gearbeitet hatte. Die
Zahl der Gesamtstunden war mit 89,10 hoch. Das erstaunt umso mehr, als in diesem Monat die vorzeitige Wehentätigkeit eintrat
und die Klägerin sich bereits im fünften Schwangerschaftsmonat befand.
Für die Monate August und September vermitteln die Stundenaufzeichnungen kein wesentlich anderes Bild. Laut diesen Unterlagen
gab es im September nur einen einzigen Werktag (außer Samstag), an dem die Klägerin nicht arbeitete (der 08.09.2015); die
Gesamtstundenzahl war mit 78,10 relativ hoch. Für den Monat August 2015 gilt mit kleinen Abstrichen das Gleiche. Der Zeuge
C. hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, aufgrund der betrieblichen Notwendigkeiten (Abwicklung des Asiengeschäfts)
habe die Klägerin ihre Arbeitsleistung vorwiegend vormittags erbracht. Festzuhalten bleibt, dass die Klägerin während des
gesamten fraglichen Zeitraums, wenn überhaupt, so nur äußerst selten ganztägig außerstande war, ihrer Arbeit nachzugehen.
Allgemein ist bekannt, dass Schwangerschaftserbrechen in erster Linie am Morgen auftritt. Dazu steht im Gegensatz, dass die
Klägerin ihrer Arbeitsleistung ganz überwiegend am Vormittag erbrachte. Das Schwangerschaftserbrechen hat die Klägerin also
nicht nennenswert von ihrer Arbeit abhalten können. Solche gesundheitlichen Beschwerden, die mit Fortdauer der Schwangerschaft
erst entstehen oder zunehmen (z.B. Erschöpfung, Stammvarikosis), können die Klägerin in den Monaten August und September 2015
nicht wirklich beeinträchtigt haben, wenn schon im fünften Schwangerschaftsmonat, nämlich im Oktober 2015, keine darauf zurückzuführenden
Ausfälle identifiziert werden können.
Die geradezu kuriose Konstellation, dass die Klägerin im Oktober 2015, wo erwiesenermaßen ernsthafte schwangerschaftsbedingte
Gesundheitsbeschwerden auftraten und zudem die Vorlesungszeit begann, mehr und konstanter Arbeitsleistung erbrachte als in
den Vormonaten August und September, spricht gegen einen schwangerschaftsbedingten Arbeitsausfall in den Monaten August und
September. Alles weist vielmehr darauf hin, dass dafür ein anderer, vom Zeugen C. angeführter Grund maßgebend war. Der Sommer
2015 war außerordentlich heiß. Zu allem Überfluss war der Klägerin ein Arbeitszimmer zugewiesen, welches in hohem Maß wärmeexponiert
war; das Zimmer hatte Südlage. Der Zeuge C. hat mitgeteilt, auch andere Mitarbeiter hätten mit dem Raum Probleme; er selbst
wollte darin nicht arbeiten. Damit verträgt sich zwanglos, dass die Klägerin zumeist nur einen halben Tag gearbeitet hat.
In nach Süden ausgerichteten Räumen sind die klimatischen Verhältnisse zumeist vormittags noch erträglich, während am frühen
Nachmittag das Arbeiten schwerfällt. Man muss nicht erst krank sein, um derartigen Arbeitsbedingungen auszuweichen. Sofern
also die Klägerin um die Mittagszeit das Büro verlassen hat, liegt es viel näher, dies auf die räumlichen Unannehmlichkeiten
als auf eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung zurückzuführen. Zwar mag die Schwangerschaft die unzureichenden Arbeitsverhältnisse
noch unerträglicher gemacht haben, wesentliche Bedingung war sie im Vergleich dazu aber nicht.
Für die Monate Juni und Juli 2015 hat die Klägerin selbst nicht geltend gemacht, es sei zu schwangerschaftsbedingten Arbeitsausfällen
gekommen. Entsprechendes wird nur für die Semesterferien von August bis Oktober behauptet. Dann muss man aber mit Erstaunen
registrieren, dass die Stundenaufzeichnungen für diese beiden Monate keine signifikant anderen Tagesarbeitszeiten ausweisen
wie die Monate August bis Oktober 2015. Es fällt auf, dass im Juni und Juli 2015, die innerhalb der Vorlesungszeit lagen,
einige Tage überhaupt nicht belegt sind. Aber auch im Juni tauchen tägliche Arbeitszeiten von gerade einmal 2:32, 3:32 oder
3:29 Stunden auf - exakt das war das Niveau von August bis Oktober. Das nährt die Einschätzung, dass die Klägerin ihre täglichen
Arbeitszeiten aus anderen Gründen so geringhielt. Man darf also die kurzen Tagesarbeitszeiten im August, September oder Oktober
nicht zwangsläufig auf etwaige besondere gesundheitliche Beeinträchtigungen zurückführen. Die Klägerin vermag nicht mit dem
Einwand durchzudringen, im Juni habe sie deswegen so wenig gearbeitet, um die arbeitsvertraglich festgelegte 20-Stunden-Grenze
nicht zu überschreiten. Hätte sie das nämlich getan, so mag die Klägerin argumentieren, wäre sie nicht mehr als Werkstudentin
krankenversicherungsfrei gewesen. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass dies der Wahrheit entspricht. Denn mit einer
Monatsarbeitsleistung im Juni von 62:45 Stunden lag die Klägerin sehr weit unter der zulässigen Grenze. Es hätte somit keinerlei
Anlass bestanden, die tägliche Arbeitszeit im Juni derart zu verringern. Als Grund für die niedrige Arbeitsleistung können
somit weder das Werkstudentenprivileg noch gesundheitliche Probleme angeführt werden. Festzuhalten bleibt: Die Arbeitsleistung
im August, September und Oktober fällt keineswegs aus der Reihe. Im Gegenteil ist von Juli auf August eine Erhöhung der monatlichen
Stundenzahl von 58:23 auf 73:42 zu beobachten, im September auf 78:10 Stunden und im Oktober gar auf 89:10 Stunden. Im Oktober
fällt auch eine längste Tagesarbeitszeit von 7:24 Stunden auf; gerade in diesem Monat scheint die Klägerin besonders leistungsfähig
und -willig gewesen zu sein.
Überhaupt muss jegliches Vorbringen, in den vorlesungsfreien Monaten sei aus dem Grund so wenig gearbeitet worden, um das
Werkstudentenprivileg nicht zu gefährden, schon deswegen kritisch hinterfragt werden, weil diese niedrige Arbeitsleistung
von vornherein nicht notwendig war, um die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung zu wahren. Denn das
gelang der Klägerin ohnehin nicht. Sie hatte im Sommersemester 2015 nämlich keine Veranstaltungen an der Hochschule besucht;
allein schon deswegen war sie nicht mehr Werkstudentin. Das Werkstudentenprivileg greift nur, soweit eine abhängige Beschäftigung
neben dem Studium ausgeübt wird; hier aber spielte das Studium evident - wenn auch nur vorübergehend - keine Rolle mehr. Der
Senat vermag sich nicht vorzustellen, dass dies der Klägerin nicht bewusst gewesen sein könnte.
bb) Entgeltfortzahlung
Unabhängig davon, dass schon ein durch eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung hervorgerufener Arbeitsausfall nicht festgestellt
werden kann, würde es auch dann an einer kausalen Beziehung zu einem Entgeltausfall fehlen, wenn man einen solchen Arbeitsausfall
unterstellen würde. Denn aufgrund der Bestimmungen des
Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) wäre der Klägerin kein Entgeltausfall entstanden. An dieser Stelle wiederholt der Senat seine Überzeugung, dass Arbeitsunfähigkeit,
wenn überhaupt, so nur an sehr wenigen, einzelnen Tagen vorgelegen haben kann. Die Klägerin hätte sich schlicht krankmelden
können und hätte dafür selbstverständlich Entgeltfortzahlung erhalten. Denn nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit
bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist,
ohne dass ihn ein Verschulden trifft. Nirgendwo im zwischen der Klägerin und der KG geschlossenen Arbeitsvertrag findet sich
eine Andeutung, der Anspruch auf Entgeltfortzahlung könne eingeschränkt worden sein. Dies wäre im Übrigen arbeitsrechtlich
auch gar nicht möglich.
Im Rahmen der Entgeltfortzahlung hätte die Klägerin für die vorlesungsfreien Monate sogar beanspruchen können, die Entgeltfortzahlung
auf der Basis einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden zu bemessen. Das folgt aus § 4 Abs. 1 EFZG:
Für den in § 3 Abs. 1 oder in § 3a Absatz 1 bezeichneten Zeitraum ist dem Arbeitnehmer das ihm bei der für ihn maßgebenden
regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen.
Daraus geht hervor, dass das regelmäßige Arbeitsentgelt fortzuzahlen ist, und zwar gerade das regelmäßige während des Zeitraums
des Arbeitsausfalls. Wie hoch das regelmäßige Arbeitsentgelt in der Vergangenheit war, ist unerheblich. Darauf käme es nur
bei schwankendem Arbeitsentgelt an, was aber bei einer festen 40-Stunden-Arbeitszeit nicht gegeben wäre. Dem EFZG liegt das sog. modifizierte Entgeltausfallprinzip zugrunde. Der Arbeitnehmer soll diejenige Vergütung erhalten, die er erhalten
hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig krank geworden wäre (vgl. BAG, Urteil vom 24.03.2004 - 5 AZR 346/03; BAG, Urteil vom 16.07.2014 - 10 AZR 242/13; Linck in Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 17. Auflage 2017, § 98 Rn. 71).
Auf der Basis einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden hätte die Bemessung der Entgeltfortzahlung deshalb erfolgen müssen, weil
für den fraglichen Zeitraum außerhalb der Vorlesungszeiten bereits von Beginn des Arbeitsverhältnisses an eine solche Arbeitszeit
vereinbart war. Das hat sich über jeden Zweifel erhaben aus der Aussage des Zeugen C. in der mündlichen Verhandlung ergeben,
die insoweit übrigens mit der eigenen Einlassung der Klägerin übereinstimmt. Das schriftliche Formular eines Werkstudentenvertrags
hatte man deswegen verwandt, um überhaupt einen Anhalt zu haben, was zu regeln sei. Man war sich bewusst gewesen, hier nur
einen Standardvordruck zu verwenden. Details und Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses sollten gesondert regelbar sein.
Vor diesem Hintergrund kann die im schriftlichen Standardvertrag enthaltene Schriftformklausel nur als Scheingeschäft im Sinn
von §
117 Abs.
1 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs kategorisiert werden. Die Klägerin und die KG waren sich einvernehmlich bewusst, dass auch die mündliche Absprache Geltung
haben sollte, wonach während der vorlesungsfreien Zeit die Arbeitszeit 40 Wochenstunden betragen sollte. Dass die Klägerin
letztlich dann doch weniger arbeiten durfte, beruhte nach den aufschlussreichen Ausführungen des Zeugen C. nicht darauf, dass
die KG glaubte, keinen Rechtsanspruch auf die volle Arbeitsleistung zu haben, sondern weil die Klägerin gute Arbeit leistete
und man angesichts dessen verminderte Arbeitsleistung immer noch für besser erachtete als keine. Man wollte die Klägerin offenkundig
nicht demotivieren oder "vergraulen", zumal die KG im Hinblick auf die Wenigerleistung der Klägerin keinerlei Vergütungsrisiko
bei sich sah.
Der Einwand der Klägerin, hätte sie sich krankgemeldet, hätte die KG das Arbeitsverhältnis nicht bis 31.12.2015 verlängert,
spiegelt die wahren Verhältnisse nicht ansatzweise wider. Wie der Zeuge C. in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt
hat, wäre die Klägerin auf jeden Fall auch dann weiterbeschäftigt worden, wenn sie sich vereinzelt krankgemeldet hätte und
so die KG hätte Entgeltfortzahlung hätte leisten müssen. Evident war der Zeuge C., der maßgebenden Einfluss auf die Verlängerung
des Beschäftigungsverhältnisses hatte, in höchstem Maß mit der Arbeit der Klägerin zufrieden. Er wollte diese auf jeden Fall
als Mitarbeiterin behalten. Nach dem Eindruck, den sich der Senat gemacht hat, wäre die Klägerin auch bei vereinzelten Krankmeldungen
weit davon entfernt gewesen, ihren Arbeitsplatz aufs Spiel zu setzen. Nach dem 17.09.2015 - der Tag, an die Verlängerung bis
zum Ende des Jahres vereinbart wurde - fehlte ohnehin jegliches Risiko insoweit.
Dass die Klägerin ihrer eigenen Aussage zufolge damals nicht gewusst haben wollte, dass sie Anspruch auf Fortzahlung des vollen
Arbeitsentgelts hatte, vermag ihr nicht zu helfen. Durch den bewussten wie durch den versehentlichen Verzicht auf die Entgeltfortzahlung
setzte sie eine autonome Ursache für einen Entgeltausfall, die allein wesentliche Bedingung war. Eventuelle schwangerschaftsbedingte
Erkrankungen rückten demgegenüber in den Hintergrund.
b) Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Auch in Bezug auf die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb erweist sich kein hinreichender Zurechnungszusammenhang im
Sinn der Theorie der wesentlichen Bedingung zwischen schwangerschaftsbedingter Erkrankung und Einkommensausfall. In der mündlichen
Verhandlung hat die Klägerin ihre Tätigkeit in der GbR wie folgt beschrieben:
"Unsere Kunden befinden sich im Ausland - für den deutschen Markt sind wir zu klein. Wir verschicken benötigte Ersatzteile
an unseren Kunden - unsere Qualität ist, dass wir schneller sind als zum Beispiel BMW. Die Arbeitsteilung sieht dergestalt
aus, dass mein Mann das Versenden übernimmt und das Abholen der Ware von Lieferanten, während ich für die Kundenakquise zuständig
bin. Des Weiteren bin ich zuständig für Buchführung im weiteren Sinne sowie für die Preiskalkulation. Die Akquisetätigkeit
beinhaltet auch, dass ich Messen besuchen muss."
Dem lässt sich entnehmen, dass die Klägerin keine körperlich anstrengende Arbeit verrichten musste, sondern in zeitlich eingeschränktem
Umfang zuhause einer Bürotätigkeit nachging. Allenfalls die Messebesuche mögen eine gewisse Anstrengung abverlangt haben.
Von daher besteht kein "Anfangsverdacht", geschweige denn eine tatsächliche Vermutung, in Bezug auf die gewerbliche Tätigkeit
sei die Arbeitsfähigkeit der Klägerin signifikant eingeschränkt gewesen. Welche Messebesuche damals konkret anstanden, hat
die Klägerin nicht angeben können. Auch hier wirkt sich zu Lasten der Klägerin aus, dass Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nicht
konkret belegt sind, sondern nur diffus und allgemein behauptet werden.
Überdies hätte der Ehemann der Klägerin als Mitgesellschafter auch Aufgaben der Klägerin, zu denen sie aus gesundheitlichen
Gründen womöglich nicht mehr in der Lage gewesen sein mag, mitübernehmen können. Die Klägerin hat zwar angegeben, sie habe
im Umgang mit Geschäftspartnern ein überzeugenderes Auftreten als ihr Mann, was sie für die Messebesuche prädestiniere. Das
aber hätte den Ehemann, der sich damals ebenso wie die Klägerin immerhin in akademischer Ausbildung befand und schon von daher
sicherlich nicht komplett sozial inkompetent war, nicht daran gehindert, anstatt seiner schwangeren Frau einzelne Messen zu
besuchen. Solches hat die Klägerin auch nicht behauptet. Jegliche Überlegungen in diese Richtung erscheinen auch vor dem Hintergrund
unangebracht, dass der Ehemann ab 2016 den Gewerbebetrieb sogar allein führte.
Zwar hat die Klägerin immer wieder darauf hingewiesen, Umsätze seien Ende 2015 ausgeblieben. Jedoch lässt sich in der Umsatz-
und Gewinnentwicklung der GbR keine Zäsur feststellen, die in Konnex mit der Schwangerschaft stehen könnte. Nach den in der
mündlichen Verhandlung vorgelegten Einnahme-Überschuss-Rechnungen war nämlich bereits im Jahr 2014 - also weit entfernt von
einer Schwangerschaft - ein massiver Umsatz- und Gewinneinbruch erfolgt. Das noch schlechtere Ergebnis des Jahres 2015 erscheint
angesichts dessen eher als bloße Verstetigung einer schon lange vorher eingetretenen Entwicklung, welche andere Gründe haben
muss. Somit besitzt der Hinweis auf die geringen Umsätze nicht die Aussagekraft, wie es sich die Klägerin vorstellt. Nicht
zuletzt wird der Kausalitätsnachweis auch dadurch vereitelt, dass, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt
hat, Ende 2015 drei der Kunden der GbR insolvent wurden und daher neue Kunden gesucht werden mussten. Ein solches Wegbrechen
des Kundenstamms hat mit der Schwangerschaft nichts zu tun. Es mag sein, dass Ende 2015 besondere Anstrengungen erforderlich
gewesen wären, um dies zu kompensieren und neue Kunden zu akquirieren. Und es mag auch sein, dass diese besonderen Anstrengungen
der Klägerin angesichts der Zwillingsschwangerschaft zu viel waren. Trotzdem ist insoweit nicht die Schwangerschaft wesentliche
Bedingung, sondern der unabhängig davon eingetretene Verlust des Kundenstamms.
Nach alldem hat der Beklagte zurecht nicht das Kalenderjahr 2014, sondern das Kalenderjahr 2015 als Bemessungszeitraum herangezogen.
Sonstige Fehler des Beklagten bei der Ermittlung der Leistungshöhe liegen nicht vor. Zutreffend hat dieser einen Mehrlingszuschlag
in Höhe von 300 EUR gewährt. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass bei Zwillingsgeburten gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 BEEG nur ein Anspruch auf Elterngeld besteht; dies hat die Klägerin aber ohnehin akzeptiert, indem sie nicht auch für B. Elterngeld
beantragt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.