Gründe:
I.
Der Kläger begehrt mit der Beschwerde weiterhin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §
67 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz -
SGG - bezüglich der versäumten Klagefrist.
Der Kläger hat am 25. September 2017 Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 27. Juni 2017 in der Gestalt de Widerspruchsbescheides
vom 15. August 2017 erhoben. Mit diesem Bescheid hatte es der Beklagte abgelehnt, Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - für Kosten für die Anschaffung einer neuen Waschmaschine zu gewähren. Mit der Klageerhebung hat der Kläger auf ein auch
zur Gewährung dieser Leistungen beim Sozialgericht anhängiges einstweiliges Rechtsschutzverfahren (S 149 AS 10553/17 ER) Bezug genommen, welches mit (ablehnendem) Beschluss vom 15. September 2017 beendet worden war. Er hat wegen der Versäumung
der Klagefrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und ausgeführt, er habe die Klage fünf Tage nach Zustellung
des Beschlusses vom 15. September 2017 erhoben und damit rechtzeitig vor Ablauf der Frist des §
204 Abs.
1, Abs.
2 BGB.
Mit Beschluss vom 28. Dezember 2017 hat es das Sozialgericht abgelehnt, Wiedereinsetzung zu gewähren. Die Klagefrist sei versäumt.
Der Widerspruchsbescheid gelte gemäß § 37 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post und damit vorliegend am 18. August 2017 als bekanntgegeben. Für eine spätere
Bekanntgabe ergäben sich keine Hinweise. Die am 25. September 2017 eingegangene Klage sei daher außerhalb der Frist des §
87 Abs.
1 SGG erhoben worden. Gründe für die Wiedereinsetzung seinen nicht vorgetragen oder glaubhaft gemacht. §
204 BGB finde im Rahmen der Versäumung gesetzlicher Verfahrensfristen keine Anwendung. Schließlich sei der Wiedereinsetzungsantrag
auch nicht innerhalb der Frist des §
67 Abs.
2 SGG gestellt worden.
Gegen den am 5. Januar 2018 zugestellten Beschluss richtet sich die am 12. Januar 2018 eingelegte Beschwerde, mit der der
Kläger weiterhin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt. Er sehe ein, dass sowohl die Klage als auch der Wiedereinsetzungsantrag
nicht rechtzeitig beim Sozialgericht eingegangen seien. Da er mehrere Verfahren betreiben müsse, habe er den Überblick bezüglich
der Einhaltung der Fristen verloren. Er habe wegen des Drucks auch andere Fristen übersehen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. Dezember 2017 aufzuheben und ihm bezüglich der versäumten Klagefrist Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand zu gewähren.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass keine Gründe für eine Wiedereinsetzung geltend gemacht sind.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte
des Beklagten und auf den der Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin zu den Aktenzeichen S 149 AS 10553/17 ER und S 116 AS 12329/17 verwiesen, der Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen ist.
II. Die Beschwerde ist statthaft. Insbesondere ist sie nicht im Hinblick auf die auf eine Leistung mit einem Wert von unter
750,00 EUR gerichtete Klage unstatthaft, da die Beschwerde gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung nicht nach §
172 Abs.
2 SGG beschränkt ist.
Die im Übrigen zulässige Beschwerde ist auch insoweit begründet, als die Aufhebung des Beschlusses begehrt wird. Das Sozialgericht
dürfte zwar zutreffend davon ausgegangen sein, dass Wiedereinsetzung nicht zu gewähren ist. Allerdings hat das Sozialgericht
hierüber unzulässig durch Beschluss (vorab) entschieden. Diese Entscheidung war daher aufzuheben.
Der Kläger hat die beim Sozialgericht noch anhängige Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 27. Juni 2017 nach Bekanntgabe
des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2017 nicht innerhalb der Frist des §
87 SGG erhoben, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Auch der Kläger gesteht dieses ausdrücklich ein. Unabhängig davon,
ob der nach Klageerhebung vom 25. September 2017 am 20. November 2017 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag innerhalb der Frist
des §
67 Abs.
2 Satz 1
SGG gestellt worden ist, ist eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist deshalb nicht zu gewähren, weil der Kläger keine Umstände
geltend macht, aus denen folgt, dass er ohne Verschulden gehindert war, die Klagefrist einzuhalten. Eine Fristversäumnis ist
dann unverschuldet, wenn ein Beteiligter die ihm nach seinen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt beachtet, die unter Berücksichtigung
aller Umstände des Falles zur gewissenhaften Prozessführung nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise erforderlich
ist (vgl. Jung in Roos/Wahrendorf,
SGG, §
67, Rn. 12, m.w.N.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Auflage 2017, §
67, Rn. 3, m.w.N.).
Der Kläger macht hierzu geltend, dass er mehrere andere Gerichtsverfahren zu betreuen gehabt habe, er den Überblick zur Einhaltung
der Klagefrist verloren habe. Er habe nicht damit gerechnet, dass das Eilantragsverfahren so lange andauern könnte. Trotz
seiner irrtümlichen Auffassung, dass mit dem Eilantragsverfahren eine Hemmung der Klagefrist eingetreten sei, habe er fünf
Tage nach Beendigung des Verfahrens Klage erhoben.
Mit diesem Vortrag werden keine Umstände dargelegt, denen eine unverschuldete Versäumung der Klagefrist zu entnehmen ist.
Der Kläger ist, wie er selbst dargelegt, nicht "ungeübt" darin, Gerichtsverfahren zu betreiben und er ist mit der prozessualen
Notwendigkeit einzuhaltender Fristen vertraut. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheides war verständlich und
eindeutig und war nicht geeignet, einen Irrtum bei dem Kläger über die einzuhaltende Klagefrist zu bewirken oder zu unterhalten.
Gerade weil der Kläger mehrere Gerichtsverfahren betreibt, wäre er gehalten gewesen, die Verfahren so im Auge zu behalten,
dass die jeweiligen Fristen nicht verstreichen. Ein solches Verhalten war dem Kläger auch zuzumuten. Es ist nichts dafür ersichtlich,
dass der Kläger nicht in der Lage ist, mittels eines Kalenders Fristen zu überwachen. Dass er dies offenbar unterlassen hat,
begründet jedenfalls kein Unverschulden im Sinne des §
67 Abs.
1 SGG.
Der angefochtene Beschluss war dennoch aufzuheben. Die hier erfolgte Ablehnung der Wiedereinsetzung hat gem. §
202 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
238 Abs.
2 Satz 1
Zivilprozessordnung -
ZPO - in der Form zu erfolgen, die für die Entscheidung in der anhängigen Sache gilt (BVerwG v. 26.06.1986 - 3 C 46/84 - juris, Rn. 20; Keller, a.a.O., Rn. 17a; Hintz in Hintz/Lowe,
SGG, §
67, Rn. 36; a.A. Jung in Roos/Wahrendorf,
SGG, §
67, Rn. 59). Vorliegend ist in der Sache eine Klage anhängig, über die mit Urteil (§
125 SGG) oder - nach vorliegend bisher nicht erfolgter Anhörung - durch Gerichtsbescheid nach §
105 Abs.
1 SGG entschieden wird. Daraus folgt, dass über die Wiedereinsetzung im anhängigen Klageverfahren nicht mit Beschluss entschieden
werden kann, sondern mit der Entscheidung in der Hauptsache. Dies entspricht nicht nur der Prozessökonomie sondern erscheint
auch deshalb geboten, weil durch eine im Gesetz nicht vorgesehene Vorabentscheidung über die Gewährung oder Nichtgewährung
einer Wiedereinsetzung nach §
67 Abs.
1 SGG eine bindende Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage getroffen wird, die jedenfalls bei Entscheidung der Kammer durch
Urteil in der Sache nur in der Besetzung nach §
12 Abs.
1 atz 1
SGG mit ehrenamtlichen Richtern erfolgt. Eine (Vorab-)Entscheidung über Zulässigkeitsfragen der Klage im Beschlusswege durch
den Kammervorsitzenden ist insoweit nicht geregelt.
Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben.
Soweit der Kläger mit der Beschwerde die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt, war die Beschwerde zurückzuweisen.
Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, wird das Sozialgericht über die beantragte Wiedereinsetzung erstinstanzlich
mit der Entscheidung in der Sache zu entscheiden haben, denn es wird bei Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage über
eine versäumte Rechtshandlung bei Erhebung der Klage zu befinden haben (vgl. §
67 Abs.
4 Satz 1
SGG). Eine Zuständigkeit des Landessozialgerichts außerhalb eines Berufungsverfahrens in der Sache ist nach §
64 Abs.
4 Satz 1
SGG bei der noch anhängigen Klage hier nicht gegeben.
Eine Entscheidung über die Kosten bleibt der Kostenentscheidung in der Sache vorbehalten.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden, §
177 SGG.