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LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.07.2016 - 25 AS 2819/15
Minderungen von Ansprüchen auf Arbeitslosengeld II wegen Meldeversäumnissen Meldeaufforderung als Verwaltungsakt Ermessensentscheidung Gerichtliche Kontrolldichte Zweck einer Meldeaufforderung
1. Eine Meldeaufforderung ist ein Verwaltungsakt und die Verfügung einer solchen steht im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers.
2. Die Rechtmäßigkeit einer Meldeaufforderung ist als Vorfrage für die Feststellung eines Meldeversäumnisses inzident zu überprüfen, wenn sich die Meldeaufforderung als solche durch Zeitablauf erledigt hat.
3. Zur Sicherung der Funktionentrennung und der Entscheidungsfreiheit des Leistungsträgers über die Zweckmäßigkeit seines Handelns ist die Überprüfung seiner Ermessensentscheidung durch die Gerichte auf die Rechtmäßigkeitsprüfung begrenzt ("Rechtmäßigkeits- aber keine Zweckmäßigkeitskontrolle").
4. Das Gericht hat nur zu prüfen, ob der Träger sein Ermessen überhaupt ausgeübt, er die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.
5. Der Zweck der Meldeaufforderungen muss entsprechend dem Grundgedanken des "Förderns und Forderns" im SGB II und nach § 1 Abs. 2 SGB II sein, die arbeitsuchende, leistungsberechtigte Person bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu unterstützen; trotz der Überschrift "Sanktionen" vor den §§ 31 bis 32 SGB II ist es nicht Ziel der Meldeaufforderungen, durch eine hohe Anzahl von Meldeversäumnissen den Anspruch der Meldepflichtigen auf Alg II zu mindern oder gar zu beseitigen.
Normenkette:
SGB II § 32
,
SGB II § 31a Abs. 3
,
SGB II § 31b
,
SGB II § 32 Abs. 2 S. 2
,
SGB II § 1 Abs. 2
Vorinstanzen: SG Berlin 07.02.2013 S 156 AS 15083/13
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 5. Dezember 2013 aufgehoben.
Die Bescheide des Beklagten vom 7. Februar 2013 einschließlich des Änderungsbescheides vom 7. Februar 2013, vom 19. Februar 2013 einschließlich des Änderungsbescheides vom 19. Februar 2013, vom 18. März 2013 (zwei Bescheide) einschließlich des Änderungsbescheides vom 18. März 2013, vom 8. April 2013, vom 9. April 2013 und vom 19. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2013 werden aufgehoben, soweit der Beklagte mit ihnen jeweils eine Minderung des Anspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld II monatlich um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs festgestellt und entsprechend die Leistungsbewilligungen für die Monate März bis Mai 2013 teilweise aufgehoben hat.
Der Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung der Bescheide vom 18. März 2013 und vom 19. April 2013 in der Fassung des Bewilligungsbescheides vom 23. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2013 verurteilt, dem Kläger das infolge Minderungen bei Meldeverstößen einbehaltene Arbeitslosengeld II in Höhe von 191,- Euro für Juni 2013 und in Höhe von 114,60 Euro für Juli 2013 zu gewähren und auszuzahlen.
Der Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten für den gesamten Rechtsstreit zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.

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