Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist im tenorierten Sinne begründet.
Nach §
86b Abs.
2 Satz 2 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen,
wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierzu hat der betreffende Antragsteller das
Bestehen des zu sichernden materiellen Anspruchs (Anordnungsanspruch) sowie die besondere Dringlichkeit des Erlasses der begehrten
einstweiligen Anordnung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (vgl. §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i. V. m. §§
920 Abs.
2,
294 der
Zivilprozessordnung (
ZPO)). Einen Anordnungsanspruch gegen den Antragsgegner hat der Antragsteller hier indes nicht glaubhaft gemacht.
Der Antragsgegner hat den Leistungsantrag nach summarischer Einschätzung zu Recht unter Berufung auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b) des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) abgelehnt, wonach Ausländer vom Leistungsbezug ausgenommen sind, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche
ergibt. Ungeachtet der sich in Ansehung der Schwere der Erkrankung des Antragstellers, der bulgarischer Staatsangehöriger
ist, aufdrängenden Frage nach dessen Erwerbsfähigkeit ist hier nach summarischer Einschätzung kein anderes Aufenthaltsrecht
als ein solches zur Arbeitsuche ersichtlich. Ein etwaiges vorübergehendes Aufenthaltsrecht aufgrund einer Aufenthaltserlaubnis
aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen nach § 25 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes ist schon dem Grunde nach nicht geeignet, dem Leistungsausschluss entgegen zu stehen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 35/15 R - juris), zumal der Antragsteller einen entsprechenden Aufenthaltstitel bislang nicht erwirkt hat.
Auch § 2 Abs. 2 Nr. 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU (FreizügG/EU) steht dem Antragsteller hier nicht zur Seite, wonach unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger als Empfänger
von Dienstleistungen sind. Der freie Dienstleistungsverkehr schließt zwar die Freiheit der Leistungsempfänger ein, sich zur
Inanspruchnahme einer Dienstleistung in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, ohne durch Beschränkungen daran gehindert
zu werden; Personen, die eine medizinische Behandlung in Anspruch nehmen, sind als Empfänger von Dienstleistungen anzusehen
(vgl. Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 31. Januar 1984 - Rs 286/82, 26/83 - NJW 1984, 1288; vgl. auch Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 2 FreizügG/EU, Rn. 93). Allerdings gelten die Vorschriften über den freien Dienstleistungsverkehr nicht für den Angehörigen eines Mitgliedstaats,
der seinen Hauptaufenthalt ständig oder jedenfalls ohne eine vorhersehbare Begrenzung der Dauer im Hoheitsgebiet eines anderen
Mitgliedstaats nimmt, um dort auf unbestimmte Dauer Dienstleistungen zu empfangen (EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009 - C-208/07 - juris). Der Antragsteller ist offenbar jedenfalls auch zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen hinsichtlich seiner
Krebserkrankung in die Bundesrepublik eingereist und hält sich ohne eine vorhersehbare Begrenzung der Dauer im Hoheitsgebiet
der Bundesrepublik auf, um sich auch weiterhin medizinisch behandeln zu lassen, so dass er sich nicht auf § 2 Abs. 2 Nr. 4 FreizügG/EU berufen kann.
Dem Leistungsausschluss steht hier auch nicht § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II entgegen, wonach abweichend von Satz 2 Nummer 2 Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch erhalten, wenn sie seit mindestens
fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Denn dass dies der Fall ist, hat der Antragsteller zwar behauptet,
aber nicht glaubhaft gemacht. Dagegen spricht, dass er in B erstmals am 4. März 2013 gemeldet war, aber schon zum 8. März
2013 wegen Umzugs nach Bulgarien wieder abgemeldet wurde, ehe er sich erst zum 20. Januar 2016 wieder in B anmeldete. Dass
sich der Antragsteller auch zwischenzeitlich in B aufgehalten hat, was Unterlagen über Krankenhausbehandlungen belegen, bedeutet
nicht, dass er in dieser Zeit auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik hatte.
Im vorliegenden Einzelfall und in Ansehung der Schwere der Erkrankung des Antragstellers ist es indes geboten, im Wege der
einstweiligen Anordnung den Beigeladenen zu verpflichten. Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsteller mittlerweile und
ohne Erfolg auch gegen den Beigeladenen ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren eingeleitet hat, wobei der entsprechende Beschluss
des Sozialgerichts noch nicht rechtskräftig ist und damit Rechtshängigkeit insoweit noch besteht. Denn einer Beiladung und
demgemäß auch einer Verpflichtung des Beigeladenen steht es nicht entgegen, wenn die Ansprüche zwischen dem Antragsteller
und dem Beizuladenden noch anderweitig rechtshängig sind, weil mit der Beiladung eine umfassende und zeitnahe Klärung der
Ansprüche des Antragstellers herbeigeführt und die Gefahr widersprechender Entscheidungen vermieden werden kann (vgl. BSG, Urteile vom 15. November 2012 - B 8 SO 3/11 R -; vom 24. Mai 1984 - 7 RAr 15/82 - beide bei juris).
Allerdings sind auch nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) Ausländer, die kein Aufenthaltsrecht haben oder bei denen sich das Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche
ergibt, von den näher bezeichneten Leistungen des SGB XII ausgeschlossen. Diesen Ausländer werden nach § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat, einmalig innerhalb von zwei Jahren nur eingeschränkte
Hilfen gewährt, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken (Überbrückungsleistungen). Die Überbrückungsleistungen sind
in § 23 Abs. 3 Satz 5 SGB XII näher bezeichnet. Soweit dies im Einzelfall besondere Umstände erfordern, werden gemäß § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII Leistungsberechtigten nach Satz 3 zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen im Sinne von Absatz 1 gewährt;
ebenso sind Leistungen über einen Zeitraum von einem Monat hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall auf Grund besonderer
Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist.
Obwohl § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII nach seinem Wortlaut Leistungen nur für eine zeitlich befristete Bedarfslage ermöglicht und eine solche hier nicht vorliegt,
ist der Beigeladene zu verpflichten. Dabei berücksichtigt der Senat, dass nach der Rechtsprechung des BSG der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II a. F. nach der bis zum 28. Dezember 2016 geltenden Rechtslage insbesondere schon deshalb mit dem Grundrecht auf Gewährleistung
eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel
1 Abs.
1 des
Grundgesetzes (
GG) i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip des Artikels 20 Abs. 1
GG vereinbar war, weil existenzsichernde Leistungen durch den beizuladenden Sozialhilfeträger nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII zu gewähren waren (vgl. nur Urteil vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 35/15 R - juris). Hieraus schlussfolgert der Senat, dass umgekehrt der Leistungsausschluss den skizzierten verfassungsrechtlichen
Bedenken begegnet wäre, hätte man den Anspruch auf Sozialhilfeleistungen verneint. Bestätigt werden diese Erwägungen durch
ein Urteil des BSG vom 30. August 2017 (B 14 AS 31/16 R - juris). Zu dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel
1 Abs.
1 GG i. V. m. Artikel
20 Abs.
1 GG bei einem tatsächlichen Aufenthalt eines Ausländers in Deutschland, gegen den ausländerbehördliche Maßnahmen nicht ergriffen
werden, sondern dessen Aufenthalt faktisch geduldet wird, hat das BSG ausgeführt, mit diesem Grundrecht wäre ein durch den Wortlaut des § 23 SGB XII a. F. nicht vorgegebener vollständiger Ausschluss vom Zugang zu jeglichen existenzsichernden Leistungen für die von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II a. F. erfassten Personen sowohl im SGB II als auch im SGB XII nicht zu vereinbaren. Einen solchen Ausschluss sehe - ungeachtet der Ausgestaltung der Ansprüche im Detail - auch nicht das
auf die Rechtsprechung des BSG reagierende Gesetz vom 22. Dezember 2016 vor.
In letzter Konsequenz bedeutet dies, dass ein Gesetz, das einem Unionsbürger, der sich nicht verboten im Bundesgebiet aufhält,
jegliche existenzsichernden Leistungen versagen würde, möglicherweise mit dem
GG nicht vereinbar wäre. Die hiergegen erhobenen Einwände (vgl. etwa Landessozialgericht Thüringen, Beschluss vom 1. November
2017 - L 4 AS 1225/17 B ER - juris m. w. N.) greifen vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung des BSG nicht durch. Auch der in diesem Zusammenhang geäußerte Hinweis auf eine mögliche Rückkehr ins Heimatland (so Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Oktober 2017 - L 31 AS 2007/17 B ER - juris) greift nicht durch. Denn darauf, ob die Möglichkeit einer Heimkehr des vom Leistungsausschluss erfassten EU-Ausländers
in sein Herkunftsland besteht, kommt es in der skizzierten verfassungsrechtlichen Perspektive nicht an (BSG, Urteil vom 30. August 2017 - B 14 AS 31/16 R - juris).
Der Senat lässt bei fehlender Relevanz für das Ergebnis offen, ob sich der Leistungsanspruch des Antragstellers hier aus §
23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII in verfassungskonformer Auslegung ergibt oder aus dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums
aus Artikel
1 Abs.
1 GG i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip des Artikels 20 Abs. 1
GG. Denn jedenfalls stehen dem Antragsteller in diesem Einzelfall vor dem Hintergrund seiner schweren Krebserkrankung bei zuerkanntem
Grad der Behinderung von 100 und anerkannten Merkzeichen "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr)
und "B" (Notwendigkeit einer ständigen Begleitung) die tenorierten Leistungen zu. Der Senat erachtet es hier aus verfassungsrechtlichen
Gründen nicht für möglich, den Antragsteller für die Zeit seines tatsächlichen Aufenthaltes in der Bundesrepublik ohne jegliche
existenzsichernden Leistungen zu lassen. Ob es ihm gegebenenfalls möglich wäre, nach Bulgarien zurückzukehren, ist aus den
genannten Gründen jedenfalls in diesem Einzelfall ebenso unerheblich wie die hier nicht zu klärende Frage, ob der Antragsteller
auch in Bulgarien eine adäquate medizinische Versorgung erhalten würde.
Der Beigeladene ist demnach für die Zeit ab Beschlussfassung des Senats bis zum 30. Mai 2018, längstens jedoch bis zur rechtskräftigen
Entscheidung in der Hauptsache, zur vorläufigen Leistungserbringung zu verpflichten. Für die Zeit vom 1. Februar 2018 bis
7. März 2018 hat der Antragsteller dagegen einen Anordnungsgrund im Sinne des §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG nicht in ausreichendem Maße glaubhaft gemacht. Auch im Lichte des in Artikel
19 Abs.
4 des
Grundgesetzes verankerten Gebots effektiven Rechtsschutzes ist es ihm insoweit nämlich zuzumuten, die Entscheidung im - grundsätzlich vorrangigen
- Verfahren der Hauptsache abzuwarten. Denn die vorgenannte Zeit ist zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts bereits
verstrichen gewesen und schwere und unwiederbringliche Nachteile, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in
der Hauptsache nicht mehr in der Lage sein könnte, sind hier nicht ersichtlich. Eine Verpflichtung über den 30. Mai 2018 hinaus
erscheint dem Senat mit Blick auf die bis dahin beschränkte Reservierung der derzeitigen Unterkunft nicht geboten.
Die Höhe der der tenorierten Leistungen entspricht dem aktuellen Regelbedarf nach dem SGB XII sowie den nachgewiesenen Unterkunftskosten. Im Rahmen des dem Senat eröffneten Ermessens auf der Rechtsfolgenseite ist dem
Beigeladenen nachzulassen, die zweckentsprechende Verwendung der zur Deckung der Kosten für Unterkunft und Heizung bestimmten
Beträge durch eine Direktzahlung an den Unterkunftsbetreiber sicherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Sie berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens und Veranlassungsgesichtspunkte. Ein sofortiges Anerkenntnis hat der Beigeladene
nicht erklärt, so dass sich ein solches hier nicht kostenmindernd auswirken konnte.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beruht auf §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i. V. m. § 114ff.
ZPO und bedarf keiner Begründung. Die Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten zu den Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts
niedergelassenen Rechtsanwalts hat ihre Grundlage in §
121 Abs.
3 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).