Grundsicherungsleistungen
Anliegerbeiträge einer Straßenbaumaßnahme als weitere Kosten der Unterkunft
Mit dem Eigentum unmittelbar verbundene Lasten
Berücksichtigungsfähige Aufwendungen
Tatbestand:
Die Kläger begehren von dem Beklagten als Leistungsträger nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) die Übernahme der Kosten der von den Klägern in dem Zeitraum vom 1. November 2007 bis zum 31. März 2008 zu tragenden Anliegerbeiträge
einer Straßenbaumaßnahme als weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt 350,-€(= 5 Monate x 70,--€).
Der 1953 geborene Kläger zu 1) und die 1958 geborene Klägerin zu 2) sind verheiratet und erhielten mit ihrer 1989 geborenen
Tochter, der Klägerin zu 3), seit Januar 2005 von dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Die Kläger bewohnen ein selbstgenutztes Einfamilienhaus in der B, E mit einer Gesamtwohnfläche von 115 m² und einer Grundstücksgröße
von 1283 m².
Mit Leistungsbescheid vom 20. November 2007 bewilligte der Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis
zum 31. März 2008 Leistungen nach dem SGB II. Hierbei berücksichtigte der Beklagte für Kosten der Unterkunft und Heizung im Monat November 2007 einen Betrag von insgesamt
13,45 € und für die Monate Dezember 2007 bis zum März 2008 monatlich insgesamt 166,91 €.
In der Wohnstraße der Kläger (B) führte die Stadt E Straßenbaumaßnahmen durch. Es ging insbesondere um eine Verbesserung der
Fahrbahn, der Beleuchtungsanlage, der Oberflächenentwässerung ("Verbesserung der B"), eine Grundstückszufahrt und den Anschluss
der Grundstücke an ein Abwassernetz. Für Letzteres forderte der Zweckverband für Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Eberswalde
mit Schreiben vom 4. Dezember 2007 von dem Kläger zu 1) die anteilige Übernahme der Kosten für die Straßenbaumaßnahme/Grundstücksanschlusskosten
Schmutzwasser in Höhe von 754,18 €. Auch für die anderen Maßnahmen wurde der Kläger zu 1) zur Erstattung entsprechender Kosten
jeweils anteilig herangezogen.
Bereits mit Vorausleistungsbescheid vom 25. September 2007 hatte die Stadt E den Kläger zu 1) in diesem Zusammenhang zur Zahlung
von Kosten der Straßenbaumaßnahme "Verbesserung der B" in Höhe von 1.800 € verpflichtet. Auf die von dem Kläger zu 1) beantragte
Ratenzahlung bewilligte die Stadt Eberswalde mit Bescheid vom 23. Oktober 2007 zur Tilgung der Schuld aus dem oben genannten
Vorausleistungsbescheid ab dem 15. November 2007 eine monatliche Ratenzahlung von 70 €.
Die Kläger beantragten daraufhin bei dem Beklagten unter Vorlage des Schreibens des Zweckverbandes für Wasserversorgung und
Abwasserentsorgung E vom 4. Dezember 2007 die Übernahme der Kosten für die Straßenbaumaßnahme.
Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 9. Januar 2008 mit der Begründung ab, die Gewährung der Leistungen erfolge nach
pauschalierten Regelsätzen. Die Berücksichtigung von Anliegerbeiträgen im Rahmen der Kosten der Unterkunft würden voraussetzen,
dass diese Kosten einem der üblicherweise nach § 22 SGB II zu gewährenden Kostenbestandteile für Bewohner selbst genutzten Wohneigentums zugeordnet werden könnten. Danach wäre eine
Übernahme der Anschlusskosten denkbar, wenn diese dem Erhaltungsaufwand oder den sonstigen Aufwendungen zur Bewirtschaftung
des Haus- und Grundbesitzes zugeordnet werden könnten. Die Kosten für den Anschluss an eine Straße dienten aber nicht originär
dem Zweck von Instandhaltung oder Instandsetzung des Wohneigentums und könnten daher nicht übernommen werden. Auch eine Übernahme
nach § 23 Abs. 1 SGB II in Form eines Darlehens käme deshalb nicht in Betracht.
Den hiergegen am 11. Januar 2008 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2008 unter
Wiederholung der Ausführungen im Bescheid vom 9. Januar 2008 zurück; Anliegerbeiträge für Straßenbaumaßnahmen seien weder
von § 22 SGB II noch von § 23 Abs. 1 SGB II erfasst.
Am 14. Mai 2008 haben die Kläger bei dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage unter Hinweis auf ein Urteil des Sozialgerichts
Dresden vom 10. Juli 2006 (S 34 AS 293/05) erhoben.
Während des Klageverfahrens hat der Beklagte ausweislich eines Vermerks vom 23. Mai 2012 angekündigt, die Kanalanschlussgebühren
von 754,18 € anzuerkennen. Ebenfalls während des laufenden Klageverfahrens hat die Stadt Eberswalde mit Beitragsbescheid vom
25. September 2008 den zu zahlenden Betrag für die Straßenbaumaßnahme "Verbesserung der B" auf insgesamt 1523,68 € festgesetzt.
Diesen Betrag hat der Kläger zu 1) ausweislich einer Quittung der Stadt E vom 20. Oktober 2008 beglichen. Außerdem hat die
Stadt Eden Anliegerbeitrag für die Neuherstellung der Grundstückszufahrt wurde mit Kostenersatzbescheid vom 25. September
2008 auf 282,70 Euro festgesetzt.
Die Kläger haben beantragt,
der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 9. November 2007 und des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2008 unter
Abänderung der Leistungsbescheide vom 20. November 2007 sowie der weiteren Folgebescheide verurteilt, die Anliegerbeiträge
für die Straßenbaumaßnahmen "Verbesserung der B" gemäß dem Ratenzahlungsplan vom 23. Oktober 2007 sowie der Endabrechnung
vom 25. September 2008 zuzüglich zu den bisher gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Der Beklagte hat sinngemäß beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Straßenausbaubeiträge könnten nicht den Kosten der Unterkunft und Heizung zugeordnet werden. Zu diesen Kosten könnten
nur Aufwendungen gehören, die das Grundbedürfnis des Wohnens abdeckten. Eine Straße sei aber keine bauliche Anlage, die geeignet
sei, Schutz vor Witterung zu bieten oder einen Raum der Privatsphäre zu gewährleisten. Bei der Erneuerung einer Privatstraße
käme im Übrigen auch niemand auf den Gedanken diese Kosten als Kosten der Unterkunft und Heizung zu subsumieren. Insofern
bestünde eine andere Situation als bei den Kanalanschlussgebühren, über die das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 24. Februar 2011 (B 14 AS 61/10 R) entschieden habe.
Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 30. Mai 2012 den Beklagten unter Aufhebung
seines Bescheides vom 9. November 2007 (richtig wohl: 9. Januar 2008) und des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2008 und
unter Abänderung des Leistungsbescheides vom 20. November 2007 dem Grunde nach verurteilt, den Klägern zusätzlich zu den bisher
gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis zum 31. März 2008 monatlich weitere Leistungen (Kosten der Unterkunft und Heizung)
in Höhe von 70 € zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zulässige Klage sei begründet. Streitgegenstand seien
nur die Kosten der Unterkunft und Heizung der Kläger für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis zum 31. März 2008. In diesem
Zeitraum hätten die Kläger monatliche Raten von 70 € für die Straßenbaumaßnahmen zu leisten gehabt. Hierbei handele es sich
um Kosten der Unterkunft, da hierzu nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24. Februar 2011, B 14 AS 61/10) auch die Aufwendungen gehörten, die der Leistungsberechtigte als mit dem Eigentum unmittelbar verbundenen Lasten zu tragen
habe. Die vorliegend im Streit befindlichen Straßenausbaubeiträge würden solche unvermeidbaren Lasten nach der Rechtsprechung
des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt (Urteil vom 3. März 2011, L 5 AS 181/07) darstellen. Nach § 8 Absatz 1 S. 1 und 2, Abs. 2 S. 1 Brandenburger Kommunalabgabengesetz vom 31. März 2004 (KAG) würden solche Beiträge für die Errichtung und den Ausbau von öffentlich gewidmeten Straßen erhoben und den Grundstückseigentümern
als Gegenleistung dafür, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme wirtschaftliche Vorteile geboten werden, in
Rechnung gestellt. Die Beiträge ruhten gemäß § 8 Abs. 10 KAG als öffentliche Last auf dem Grundstück. Die zu übernehmenden Kosten in Höhe von monatlich 70 € würden insbesondere unter
Berücksichtigung der weiteren Kosten der Unterkunft nicht zur Unangemessenheit führen, da hieraus insgesamt nur ein Betrag
von 245,18 € (kalte Unterkunftskosten: 102,86 € Schuldzinsen zuzügl. 72,32 € weitere Betriebskosten zuzügl. 70,--€ monatliche
Stundungsraten) resultiere. In E lägen die angemessenen Mietkosten schon für eine Person über diesen genannten Betrag. Das
Sozialgericht hat die Berufung für den Beklagten zugelassen.
Gegen dieses dem Beklagten am 12. Juni 2012 zugestellte Urteil hat er am 4. Juli 2012 Berufung bei dem Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg eingelegt.
Der Grundstückseigentümer habe die Beiträge nicht als unvermeidbare und unmittelbare öffentlich-rechtliche Last zu tragen.
Deshalb bestehe kein Grund diese Beiträge über das SGB II zu finanzieren. Nach § 8 Abs. 10 KAG ruhe die öffentlich-rechtliche Last der Straßenbaubeiträge auf dem Grundstück selbst, nicht aber auf dem Nutzer oder Eigentümer
des Grundstücks. Damit käme es auf die persönliche Leistungsfähigkeit des jeweiligen Eigentümers gar nicht an. Nur das Grundstück
hafte. Entsprechend könne ein Grundpfandrecht an dem Grundstück bestellt werden. Den Grundstückseigentümern könne zudem Stundung
und Erlass großzügig gewährt werden. Eine solche Stundung sei von den Klägern aber nicht einmal beantragt worden. Daher seien
die Zahlungen auch nicht unvermeidbar. In der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren zum Kommunalabgabengesetz heiße es zudem: "Wesentlich ist, dass die Finanzierung durch diejenigen erfolgt, denen die Vorteile der Anlagen dienen, und
nicht aus Mitteln des allgemeinen Haushalts, also durch den Steuerzahler (§ 64 brandenburgische Kommunalverfassung)." Dem stehe schließlich auch das Urteil des BSG (B 14 AS 61/10 R) nicht entgegen, weil dieses nur Kanalanschlussgebühren betreffe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 30. Mai 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten
sowie der beigezogenen Leistungsakten des Beklagten (...), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist von dem Sozialgericht zugelassen worden
und das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden (§
144 Abs.
3 des
Sozialgerichtsgesetzes -
SGG).
Die Berufung ist aber nicht begründet.
Zwar hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) in seinem Entscheidungstenor unzutreffend einen Bescheid vom "9. November 2007"
aufgehoben; ein Bescheid solchen Datums existiert ausweislich des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe des Urteils selbst
nach den Feststellungen des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) nicht. Vielmehr trägt der von den Klägern angegriffene streitgegenständliche
Bescheid das Datum "9. Januar 2008".Der Bescheid mit diesem Datum wurde von dem Beklagten im Widerspruchsverfahren ausweislich
des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2008 überprüft und stellt damit gemäß §
95 SGG auch den Klagegegenstand dar. Bei dem genannten Datum "9. November 2007" handelt es sich mithin um einen offenbaren Schreibfehler,
der grundsätzlich mit Beschluss des Sozialgerichts gemäß §
138 SGG berichtigt werden könnte und nicht zur inhaltlichen Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung führt.
Die streitgegenständliche Entscheidung des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 17. April 2008 hat das Sozialgericht im Ergebnis
zu Recht aufgehoben und den Beklagten zur Gewährung der begehrten Leistung verurteilt. Der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt
die Kläger in ihren Rechten. Ihnen steht ein Anspruch auf Übernahme der im Streit befindlichen Anliegergebühren als weitere
Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II in monatlicher Höhe von 70 € zu.
Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der hier anzuwendenden seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die
demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz)
vom 20. April 2007 (BGBl. I S. 554) Personen, die
1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben,
2. erwerbsfähig sind,
3. hilfebedürftig sind und
4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige).
Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.
Die vorliegend im Streit befindlichen Anliegerbeiträge stellen solche tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft dar.
Zu den Kosten eines Eigenheimes hat der 4. Senat des BSG bereits in seinem Urteil vom 3. März 2009 (B 4 AS 38/08 R, u. a. in NZS 2010, 110 bis 112) Folgendes Grundsätzliches ausgeführt:
"...Zu den grundsätzlich erstattungsfähigen Aufwendungen für die Unterkunft bei Eigenheimen gehören neben den zur Finanzierung
des Eigenheims geleisteten Schuldzinsen auch die Nebenkosten, wie z. B. Beiträge zur Wohngebäudeversicherung, Grundsteuern,
Wasser- und Abwassergebühren und ähnliche Aufwendungen im jeweils maßgebenden Bewilligungszeitraum (Knickrehm/Voelzke/Spellbrink,
Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, DGST Praktikerleitfaden, S 19).
...
Berücksichtigungsfähig sind hingegen tatsächliche Aufwendungen für eine Instandsetzung oder Instandhaltung, soweit diese nicht
zu einer Verbesserung des Standards des selbst genutzten Eigenheims führen und sie angemessen sind."
Konkret zu Anschlusskosten hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 24. Februar 2011 (B 14 AS 61/10 R, Rn. 14 ff., mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris) Folgendes ausgeführt:
"Zu den grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II für die Unterkunft in Eigenheimen gehören neben den zur Finanzierung geleisteten Schuldzinsen auch die Nebenkosten, wie z.B.
Beiträge zur Wohngebäudeversicherung, Grundsteuern, Wasser- und Abwassergebühren und ähnliche Aufwendungen im jeweils maßgebenden
Bewilligungszeitraum. Wird ein Eigenheim bewohnt, zählen zu den Kosten der Unterkunft die Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte
als mit dem Eigentum unmittelbar verbundene Lasten zu tragen hat. Soweit solche Kosten in einer Summe fällig werden, sind
sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen, nicht aber auf längere Zeiträume
zu verteilen (vgl. etwa BSG SozR 4-4200 § 9 Nr. 5 RdNr. 36)
Bei den streitigen Anschlusskosten handelt es sich um solche einmalig anfallenden Lasten, die im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II berücksichtigungsfähig sind. Bei der Frage nach den berücksichtigungsfähigen Kosten für Unterkunft und Heizung bei selbst
genutzten Eigenheimen geht es nur darum, diejenigen Kosten zu bestimmen, die tatsächlich und untrennbar mit der Nutzung des
Hausgrundstücks anfallen. Insoweit hat das LSG im Einzelnen unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts
Nordrhein-Westfalen ausgeführt, dass die Anschlusskosten nach § 10 KAG NRW als öffentliche Last auf dem Grundstück liegen. Sie erwachsen nach den Feststellungen des LSG aus dem gemeindlichen Anschluss-
und Benutzungszwang, dem der Grundstückseigentümer unterworfen ist, und sind so ausgestaltet, dass sie für den Eigentümer
unvermeidbare und unmittelbar mit der Nutzung des Grundstücks verbundene Lasten sind. An diese Auslegung der landesrechtlichen
Vorschriften ist der Senat gebunden (§
162 SGG). Auf die weitergehende landesrechtliche Ausgestaltung solcher Lasten als Gebühr oder öffentlich-rechtliche Entgeltleistung
besonderer Art kommt es nach Sinn und Zweck des § 22 SGB II nicht an. Inwieweit eine Übernahme solcher öffentlich-rechtlicher Lasten, denen sich der Hauseigentümer nicht entziehen kann,
durch den Träger der Grundsicherung als gerechtfertigt anzusehen ist, ist allein eine Frage der Angemessenheit solcher Kosten,
wie das LSG zutreffend ausgeführt hat.
Dagegen ist unerheblich, ob die Einbeziehung dieser Kosten von Wortlaut und Sinn und Zweck des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VO zu § 82 SGB XII gedeckt ist, wie das LSG meint. § 7 VO zu § 82 SGB XII ist für die Feststellung, welche (Neben)Kosten für Eigentümer als berücksichtigungsfähige Kosten anzusehen sind, (nur) entsprechend
anzuwenden BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 10, RdNr. 38. Die dort genannten Kosten können nur Anhaltspunkt dafür sein, in welchem Umfang berücksichtigungsfähige
Kosten im Rahmen des § 22 SGB II entstehen. Bereits aufgrund ihrer systematischen Stellung kommt der Regelung bei der Konkretisierung des Begriffs der Aufwendungen
für Unterkunft keine bindende Wirkung zu (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 17 RdNr. 16).
Schließlich kann dahinstehen, ob die von der Stadt Düren vorgenommenen Kanalausbesserungen, die den streitigen Kosten zugrunde
liegen, als notwendige Erhaltungsmaßnahmen auch aus diesem Grund zu den berücksichtigungsfähigen Kosten gehören."
Nach dieser Rechtsprechung, der der der Senat nach eigener Prüfung folgt, sind grundsätzlich nicht nur die Aufwendungen im
Rahmen des § 22 Absatz 1 S. 1 SGB II berücksichtigungsfähig, die direkt in die Bausubstanz des Eigenheimes fließen. Berücksichtigungsfähig sind vielmehr grundsätzlich
auch solche Aufwendungen, die tatsächlich und untrennbar mit der Nutzung des Hausgrundstücks anfallen. Dies ist bei den hier
im Streit befindlichen Anliegerbeiträgen zur Straßensanierung eindeutig der Fall.
Der Beklagte weist insoweit selbst zutreffend auf die Regelung des § 8 Abs. 10 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG Brandenburg- in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 2004, GVBl. I/04 Nr. 08, Seite 174) hin, wonach der Beitrag als
öffentliche Last auf dem Grundstück, im Falle des Abs. 2 S. 3 auf dem Erbbaurecht, ruht. Diese Regelung des § 8 Abs. 10 KAG trifft mithin eine vergleichbare Regelung wie der § 10 KAG NRW, der in dem vom BSG zu entscheidenden Fall maßgeblich war. Ebenfalls wie in dem vom BSG zu entscheidenden Fall, entstehen diese Beiträge unvermeidbar und unmittelbar. Denn es handelt sich nach § 8 Abs. 2 S. 1 KAG Brandenburg um Geldleistungen, die dem Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Erneuerung und
Verbesserung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen im Sinne des § 4 Abs. 2 oder Teilen davon, jedoch ohne die laufende Unterhaltung
und Instandsetzung, dienen.
Soweit der Beklagte der Ansicht ist, aus der Regelung des § 8 Abs. 10 KAG Brandenburg, wonach der Beitrag als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhe, folge, dass der Grundstückseigentümer sie letztlich
nicht zahlen müsse, verkennt er die Sach- und Rechtslage. Denn in § 8 Abs. 2 S. 2 KAG Brandenburg ist ausdrücklich geregelt, dass diese Beiträge von den Grundstückseigentümern als Gegenleistung dafür erhoben
werden, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen wirtschaftliche Vorteile geboten
werden. Ist das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, so tritt an die Stelle des Eigentümers der Erbbauberechtigte (§
8 Abs. 2 S. 3 KAG Brandenburg). Besteht für das Grundstück ein Nutzungsrecht, so tritt der Nutzer an die Stelle des Eigentümers (§ 8 Abs. 2 S. 4 KAG Brandenburg). Vorliegend trifft mithin den Kläger zu 1) als Eigentümer des Grundstücks gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 KAG Brandenburg diese Beitragspflicht.
Nichts anderes folgt im Übrigen aus der von dem Beklagten zitierten Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Inneren zum
Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg und dem Schreiben des Ministeriums des Inneren des Landes Brandenburg vom 8. Februar 2011. Vielmehr
wird insbesondere in diesem Schreiben durch den Passus, dass die Finanzierung durch diejenigen erfolgen soll, denen die Vorteile
der Anlagen dienen und nicht durch den Steuerzahler, nochmals klargestellt, dass die Anschlussbeiträge von den Anliegern zu
tragen sind, weil sie die wirtschaftlichen Vorteile aus der Straßenbaumaßnahme ziehen. Auch dies führt vorliegend dazu, dass
die Kläger als Anlieger unausweichlich Schuldner der zu erhebenden anteiligen Erschließungsbeiträge werden.
Da die Kläger allerdings auch nach der Ansicht des Beklagten bedürftig sind und Leistungsansprüche nach dem SGB II haben, sind die den Klägern so entstehenden Verbindlichkeiten gegebenenfalls nach § 22 SGB II durch den Beklagten zu übernehmen. Daran ändert nichts, dass nach dem Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg grundsätzlich nicht die Allgemeinheit ("der Steuerzahler") für diese Beiträge aufkommen soll, sondern
die Anlieger. Denn zum einen hat das Kommunalabgabengesetz die allgemeine Leistungspflicht der Anlieger im Blick und will lediglich sicherstellen, dass die Anlieger angemessen an den
Kosten beteiligt werden und nicht alle Kosten durch die Allgemeinheit zu tragen sind. Das Kommunalabgabengesetz differenziert mithin bei der Entstehung der Beiträge nicht zwischen wirtschaftlich leistungsfähigen und bedürftigen Beitragsschuldnern.
Zum anderen geht das SGB II als Bundesrecht dem Kommunalabgabengesetz des Landes Brandenburg vor, so dass nach dem SGB II bestehende Leistungsansprüche nicht durch das Kommunalabgabengesetz beseitigt werden könnten. Soweit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beitragsschuldner nach dem Kommunalabgabengesetz bei der Tilgung der Schuld berücksichtigt werden kann, ist dies vorliegend auch durch den Bescheid der Stadt Eberswalde vom
23. Oktober 2007 geschehen, mit dem den Klägern eine Ratenzahlung gewährt worden ist.
Entgegen der Ansicht des Beklagten erfolgte mit der Ratenzahlung auch eine Stundung der Forderung im Sinne von § 12 c KAG. Denn schon nach dem Wortlaut können Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis "ganz oder teilweise" gestundet werden. Auch
eine gewährte Ratenzahlung stellt eine solche Stundung dar; denn es wird mit der zu zahlenden Rate jeweils nur ein Teilbetrag
der Schuld gefordert und die Einziehung der ansonsten fälligen Restschuld ausgesetzt. Wie das Bundessozialgericht schon in
seinem Urteil vom 10. Juni 1980 (4 RJ 115/79, zitiert nach juris) ausgeführt hat, wird dem Schuldner durch die Stundung Gelegenheit gegeben, seine Schuld nicht sofort
oder in einer Summe, sondern erst später oder in Raten abzutragen. Durch die so bewirkte Hinausschiebung der Fälligkeit soll
bei wirtschaftlicher Vertretbarkeit der Rückforderung den Verhältnissen des Schuldners bei bestehenden Zahlungsschwierigkeiten
Rechnung getragen werden.
Im Übrigen steht es schon nach dem Wortlaut des § 12 c KAG (" können") in dem Ermessen der Gemeinden und Gemeindeverbände, ob und in welchem Umfang sie Abgabenschulden stunden oder
gar erlassen. Der Kläger zu 1) hatte als Eigentümer des betroffenen Grundstücks mithin gegenüber der Gemeinde nur einen Anspruch
auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Er konnte deshalb weder den Umfang seiner Schuld noch die Höhe der festgesetzten Raten
bestimmen. Entsprechend sind die von der Stadt Eberswalde festgesetzten Raten als notwendige Aufwendungen des Klägers anzusehen.
Die somit als notwendige Aufwendungen für das selbst bewohnte Eigenheim entstandenen Beiträge sind ausweislich der im Klageverfahren
vorgelegten Quittung der Stadt Eberswalde vom 20. Oktober 2008 von dem Kläger zu 1) auch beglichen worden und damit tatsächlich
entstanden.
Damit hängt die Übernahmefähigkeit dieser Anliegerbeiträge letztlich nur noch davon ab, ob sie als angemessene Aufwendungen
im Sinne von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II anzusehen sind.
Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat hierzu in seiner angegriffenen Entscheidung im Ergebnis zutreffend ausgeführt, dass
sich selbst unter Hinzurechnung monatlicher Ratenzahlungen für die Anliegerbeiträge in Höhe von 70 € für den streitigen Zeitraum
und unter Berücksichtigung der von dem Beklagten ansonsten bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung (von 13,45 € für
den Monat November 2007 und 166,91 € für die Monate Dezember 2007 bis März 2008) ein Betrag ergibt (166,91 € + 70 €= 236,91
€), der für einen Dreipersonenhaushalt zweifelsfrei die Angemessenheitsgrenze nicht überschreitet. Insoweit wird auf die zutreffenden
Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen und von weiteren Ausführungen abgesehen. Auch der Beklagte geht nach seiner Erklärung
in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 ausdrücklich davon aus, dass die Angemessenheitsgrenze auch unter Berücksichtigung
der hier im Streit befindlichen Anliegerbeiträge nicht überschritten wird.
Insgesamt besteht daher ein Anspruch der Kläger auf Übernahme der Anliegerbeiträge in monatlicher Höhe von 70 € für den Zeitraum
vom 1. November 2007 bis zum 31. März 2008 als weitere angemessene Kosten der Unterkunft.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG nicht vorliegen.