Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Witwenrente nach dem 1929 geborenen und am 30. März 2003 verstorbenen
Versicherten M B (im Folgenden: B.); streitig ist, ob es sich um eine so genannte Versorgungsehe gehandelt hat.
B. war 1963 aus dem früheren J nach Deutschland gekommen, wo er als Kfz-Mechaniker tätig war. Nachdem der Arzt für Orthopädie
Dr. H mit Gutachten vom 28. Februar 1984 festgestellt hatte, dass B. nur noch kurzzeitig sitzende Tätigkeiten im Umfang von
weniger als zwei Stunden täglich möglich seien, Arbeitsunfähigkeit bestehe seit November 1980, bewilligte ihm die Beklagte
mit Bescheid vom 16. August 1984 unter Zugrundelegung eines Versicherungsfalles vom 27. November 1980 zunächst eine Rente
wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit, die später als unbefristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit weitergezahlt wurde (Bescheide
vom 19. Juni 1986 und 09. Februar 1988). Mit Bescheid vom 04. August 1997 wurde B., der zwischenzeitlich nach K zurückgekehrt
war, eine Altersrente bewilligt.
Der Gesundheitszustand des B. entwickelte sich wie folgt: In der Zeit vom 13. bis 29. März 1986 wurde B. wegen eines Zustandes
nach Tiefvenenthrombose im linken Bein 1953, nach schwerer Thrombophlebitis 1984 und postthrombotischem Syndrom links bei
Zustand nach Beckenvenenthrombose bei Verdacht auf erneute Thrombose stationär in den Städtischen Kliniken D behandelt. Im
Entlassungsbericht vom 07. April 1986 ist als Diagnose daneben ferner ein Zustand nach multiplen Operationen am Bewegungsapparat
sowie ein Verdacht auf Leberparenchymschaden bei Alkoholabusus genannt. Weiter ist ausgeführt, dass anamnestisch ein erheblicher
Alkoholkonsum in Form von Bier, Schnäpsen und Wein bestehe. Die laborchemisch festgestellten auffälligen Werte und Veränderungen
seien dem Versicherten bekannt. Der Versicherte sei noch einmal auf die Bedeutung des Alkoholkonsums für das Fortschreiten
des Leberschadens hingewiesen worden. Ein Bericht über einen Ultraschall des Abdomens der Dr. S V vom 10. November 1995 enthielt
die Diagnose "Hepatomegalie - diffuse Änderung des Leberparenchyms". In handschriftlichen Befunden der Ärztin Dr. D J vom
03. April 2002 und vom 13. September 2004 ist ausgeführt, dass am 14. August 1998 die Diagnosen "Laesio hepaits und Erosiones
ventrikuli" in die Patientenkartei eingetragen worden seien und dass B. am 03. April 2002 über seit anderthalb Monaten bestehendes
häufiges Erbrechen, schneller Ermüdung, Atmungsstörungen und Schmerzen zwischen den Schulterblättern geklagt habe. Am 19.
März 2003 wurde B. in predelirantem Zustand bei Leberzirrhose in das Allgemeine Komitatkrankenhauses N Abteilung für Innere
Krankheiten aufgenommen, wo er zunächst bis 28. März 2003 und sodann nach Eintreten einer Bewusstseinsstörung erneut ab dem
29. März 2003 behandelt wurde, und zwar ausweislich eines Entlassungsscheins 31. März 2003 wegen der Diagnosen einer reaktivierten
chronischen Bronchitis, eines febrilen Zustandes, einer Lungenentzündung, einer durch Alkohol verursachten Leberbeschädigung
sowie einer akuten Entzündung des Dünn- und Dickdarms. Hier verstarb er am 30. März 2003. In der Todesmeldung des allgemeinen
Komitatkrankenhauses N ist als Todesursache angegeben: "Laesio aeth. hepatis".
Am 03. April 2003 beantragte die Klägerin, die den B. am 20. April 2002 geheiratet hatte, die Gewährung einer Hinterbliebenenrente.
Auf Aufforderung der Beklagten, Gründe mitzuteilen, die gegen das Vorliegen einer so genannten Versorgungsehe im Sinne des
§
46 Abs.
2 a Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch, Gesetzliche Rentenversicherung (
SGB VI) sprächen, teilte die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 04. Februar 2004 mit, seit dem 18. November
2000 mit B. in einem gemeinsamen Haushalt gelebt zu haben, und zwar zunächst in einer unehelichen Gemeinschaft und sodann
ab dem 20. April 2002 in einer Ehegemeinschaft. B. habe ihr testamentarisch seine gesamten Mobilien und Immobilien hinterlassen.
Dies beweise, dass eine Gemeinschaft existiert habe, deren Grundlage das gegenseitige Vertrauen gewesen sei und die alle Eigenschaften
einer Ehegemeinschaft gehabt habe. Sie habe auf ehrlichen Gefühlen beruht und sei keinesfalls wegen eines materiellen oder
ähnlichen Nutzens gegründet worden. Ferner habe sie keine Kenntnisse darüber gehabt, dass B. an irgendeiner tödlichen oder
schweren Krankheit gelitten habe, die auf den unausweichlichen Tod hingewiesen hätte. Keine der im Entlassungsbericht des
Allgemeinen Komitatkrankenhauses N vom 31. März 2003 genanntenDiagnosen und Krankheiten sei von einer Eigenschaft, die zum
Tod führen würde.
Die Beklagte ermittelte in der Folgezeit durch Beiziehung der bereits genannten Unterlagen aus dem behandelnden k Krankenhaus.
Dr. J teilte auf Befragen mit weiterem Schreiben vom 19. Januar 2005 mit, dass die Behandlung des B. bei ihr am 10. April
2002 begonnen habe. Maligne oder andere lebensbedrohliche Erkrankungen seien aus seinem Patientenkarton nicht festzustellen
gewesen, er sei an chronisch-obstruktiver Bronchitis und einer Leberschädigung (wahrscheinlich durch übermäßigen Alkoholkonsum)
erkrankt gewesen und hätte Muskel- und Gelenkschmerzen infolge von degenerativen Veränderungen gehabt. Am 11. März 2003 sei
sein Zustand stabil und unverändert gewesen.
In Auswertung der Unterlagen kam die Beratende Ärztin der Beklagten H mit Stellungnahme vom 4. Mai 2005 zu dem Ergebnis, dass
die behandelnde Ärztin nunmehr eingeräumt habe, den Versicherten zehn Tage vor seiner Hochzeit erstmalig gesehen zu haben
und hierbei ebenso wenig wie bei der letzten Konsultation drei Wochen vor seinem Tod eine lebensbedrohliche Erkrankung festgestellt
zu haben. Angesichts der Tatsache, dass bereits seit mindestens 1995 eine Leberzirrhose bestanden habe, seit 2001 massiv erhöhte
Leberwerte bei fortgeschrittenem Alkoholmissbrauch vorgelegen hätten und der Patient am 19. März 2003 im Prädelirium gewesen
sei, könne die Aussage der Ärztin nur dahin interpretiert werden, dass sie den Versicherten weder untersucht noch sich mit
seiner bisherigen Krankengeschichte auseinandergesetzt habe, denn eine fortgeschrittene, dekompensierte Leberzirrhose, fortgesetzter
Alkoholmissbrauch und die bereits 1998 diagnostizierte "Erosiones ventrikuli" belegten hinreichend, dass der Versicherte schwer
erkrankt gewesen sei und im Vergleich zu einem gesunden Alterskollektiv eine deutlich geringere Lebenserwartung gehabt habe.
Fakt sei, dass der Versicherte an den Folgen der Leberzirrhose verstorben sei, die einschließlich ihrer Folgen bereits bei
Eheschließung bekannt gewesen sei.
Mit Bescheid vom 07. Juli 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Witwenrente daraufhin ab, da die Ehe der Klägerin mit
dem verstorbenen Versicherten im Zeitpunkt seines Todes am 30. März 2003 weniger als ein Jahr gedauert habe. Das Gesetz unterstelle
für diese Fälle das Vorliegen einer Versorgungsehe. Die von der Klägerin dargelegten Gründe seien nicht geeignet, die gesetzliche
Vermutung zu widerlegen. Nach Auswertung der zur Verfügung gestellten ärztlichen Unterlagen sei zum Zeitpunkt der Heirat absehbar
gewesen, dass die vorhandene Krankheit zum Tode führen würde.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie ausführte, zum Zeitpunkt der Eheschließung nichts über eine tödliche
oder schwere Erkrankung des Versicherten gewusst zu haben. Die im letzten Krankenhausentlassungsbericht genannten Diagnosen
seien nicht von solchem Charakter, dass sie zum Tode führen würden. Schließlich sei der Leberschaden bereits 1995 diagnostiziert
worden. Die Beklagte holte hierzu eine Stellungnahme ihres Beratenden Arztes G ein, der am 30. September 2005 ausführte, dass
nach den vorliegenden Unterlagen zum Zeitpunkt der Eheschließung in jedem Fall von einer deutlich abgesunkenen Lebenserwartung
ausgegangen werden musste, insbesondere auch in Kenntnis eines bereits schon längeren Krankheitsverlaufes. Die Beklagte wies
daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2005 zurück.
Mit der hiergegen erhobenen Klage trug die Klägerin erneut vor, dass die eheliche Gemeinschaft mit B. vorwiegend und ausschließlich
auf Liebe, Respekt und aufrichtigen Gefühlen basiert habe. Wenn sie ökonomische oder materielle Interessen gehabt hätte, hätte
sie diese Frage sofort lösen können, etwa testamentarisch oder mit einem Vertrag über lebenslängliche Unterhaltszahlung bzw.
auf ähnliche Weise.
Diese Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 04. Mai 2007 abgewiesen. Die gesetzliche Vermutung über das Bestehen
einer Versorgungsehe sei vorliegend nicht widerlegt. Die Widerlegung der Vermutung erfordere nach §
202 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i. V. m. §
292 Zivilprozessordnung (
ZPO) den vollen Beweis des Gegenteils und damit einen zumindest der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die
nur denkbare Möglichkeit reiche nicht aus. Eine Tatsache sei bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung
des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet seien, die volle richterliche Überzeugung
hiervon oder einen so hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifele. Die von
der Klägerin geltend gemachten Umstände ließen andere Motive als die Begründung eines Anspruches auf Hinterbliebenenversorgung
zwar durchaus möglich erscheinen, stünden der Vermutung einer die Begründung eines zusätzlichen Anspruches auf Hinterbliebenenversorgung
bezweckenden Eheschließung jedoch nicht mit der erforderlichen Evidenz entgegen. Die im Klageverfahren nochmals bekräftigte
Einlassung der Klägerin, dass es sich um eine Liebesheirat gehandelt habe, werde nicht infrage gestellt. Jedoch sei B. bereits
seit längerer Zeit schwer krank gewesen, bei der Eheschließung sei den Eheleuten die schwere Erkrankung (insbesondere Leberzirrhose
bei fortgesetztem Alkoholmissmissbrauch) und die daraus resultierende deutlich abgesunkene Lebenserwartung des Versicherten,
der zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits 73 Jahre als gewesen sei, auch bekannt gewesen. Die fortgeschrittene dekompensierte
Leberzirrhose, der fortgesetzte Alkoholmissbrauch und die bereits am 14. August 1998 diagnostizierte "Erosiones ventrikuli"
belegten nach den überzeugenden und für das Gericht nachvollziehbaren Einschätzungen der Beratenden Ärzte H und G, dass der
Versicherte schwer erkrankt gewesen sei und eine deutlich geringere Lebenserwartung gehabt habe.
Die schwere Alkoholerkrankung, die ausweislich des Entlassungsscheins vom 31. März 2003 zum Tod geführt habe, sei der Klägerin
bei der Eheschließung auch bekannt gewesen, da diese selbst darauf hingewiesen habe, dass diese Krankheit bereits 1995 diagnostiziert
worden sei. Auch seien kurz vor der Hochzeit bei B. verstärkt Beschwerden aufgetreten, so dass er sich Anfang April 2002 in
ärztliche Behandlung begeben habe. Nach dem von Dr. J übersandten Befund vom 03. April 2002 habe B. seinerzeit seit zirka
anderthalb Monaten unter häufigem Erbrechen, schneller Ermüdung, Atmungsstörungen sowie Schmerzen zwischen den Schulterblättern
gelitten. Das verstärkte Auftreten der Beschwerden bei bekannter Vorerkrankung habe also in engem zeitlichen Zusammenhang
mit der Hochzeit gestanden. Nach alledem erschiene es hier lebensfern, dass sich die Eheleute über die grundsätzliche Lebensbedrohlichkeit
des Zustandes des Versicherten nicht im Klaren gewesen seien. Bei der Klägerin habe auch ein Versorgungsbedarf bestanden,
da diese nicht auf andere Weise finanziell abgesichert sei, nur eine geringe eigene Altersrente vom k Rentenversicherungsträger
erhalte und auch als testamentarisch eingesetzte Alleinerbin des Versicherten neben dessen pflichtteilsberechtigten Kindern
keine dauernde finanzielle Absicherung erhalten habe.
Gegen dieses ihr im Mai 2007 zugegangene Urteil richtet sich die am 19. Juni 2007 eingegangene Berufung der Klägerin. Die
Klägerin verweist erneut darauf, dass sie bereits vor der Eheschließung zirka drei Jahre mit dem verstorbenen Versicherten
in einer außerehelichen Gemeinschaft zusammengelebt habe. B. habe an keinerlei tödlichen Erkrankungen gelitten.
Aus dem Vorbringen der Klägerin folgt ihr Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. Mai 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 07. Juli 2005 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2005 aufzuheben und ihr ab 01. April 2003 große Witwenrente aus der Versicherung des
verstorbenen M B zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Die Klägerin hat sich mit Schreiben vom 24. September 2007 und die Beklagte mit Schreiben vom 17. September 2007 mit einer
Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß §
124 Abs.
2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst
Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide und das erstinstanzliche Urteil sind rechtmäßig.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes B.
Nach §
46 Abs.
2 Satz 1
SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt
hat, u. a. dann Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend
erfüllt. Die Klägerin ist die Witwe des am 30. März 2003 verstorbenen M. B., der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren
gemäß §
50 Abs.
1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte im Zeitpunkt des Todes des B. auch das 45. Lebensjahr vollendet.
Gemäß §
46 Abs.
2 a SGB VI, der mit Wirkung vom 01. Januar 2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21. März 2001 (BGBl. I S. 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 01. Januar 2002 geschlossenen Ehen gilt (vgl. §
242 a Abs.
3 SGB VI), ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass
nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck
der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Als besondere Umstände in diesem Sinne sind alle
äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund
für die Heirat schließen lassen. Dabei kommt es auf die (ggf. auch voneinander abweichenden) Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen)
beider Ehegatten an. Hierbei handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, dessen Annahme nur dann nicht gerechtfertigt ist,
wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht
verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die von der
Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen,
wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat. Eine abschließende
Typisierung oder Pauschalisierung der von der Versorgungsabsicht verschiedenen "besonderen" Gründe im Rahmen des §
46 Abs.
2 a SGB VI ist angesichts der Vielgestaltigkeit von Lebenssachverhalten nicht möglich. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des konkreten
Einzelfalles. Eine gewichtige Bedeutung kommt hierbei stets dem Gesundheits- bzw. Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt
der Eheschließung zu. Bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit
leidenden Versicherten ist in der Regel der Ausnahmetatbestand des §
46 Abs.
2 a Halbsatz 2
SGB VI nicht erfüllt. Insgesamt gilt, dass bei einer abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen (inneren und äußeren)
Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein müssen, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher
die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war (so insgesamt Bundessozialgericht - BSG -, Urteil
vom 05. Mai 2009, Az.: B 13 R 55/08 R, zitiert nach juris.de).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist vorliegend die durch das Gesetz unterstellte Versorgungsabsicht der Ehegatten bei der
Heirat nicht widerlegt. Zur Begründung wird zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen erstinstanzlichen Urteil Bezug
genommen, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird (§
153 Abs.
2 SGG) und die auch nach Konkretisierung der Rechtslage durch die genannte neue Rechtsprechung des BSG weiterhin Bestand haben.
Die danach erforderliche Gesamtbetrachtung ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe der Ehegatten
den Versorgungszweck weder überwogen haben noch zumindest gleichwertig waren.
B. hat zur Überzeugung des Gerichtes im Zeitpunkt der Eheschließung bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit gelitten.
Dies folgt aus den Einschätzungen der von der Beklagten gehörten Ärzte H und Gdenen sich das Gericht anschließt. Diese kamen
nach Auswertung der beigezogenen medizinischen Unterlagen und der bereits in den Akten der Beklagten befindlichen medizinischen
Befunde nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass B. im Zeitpunkt der Eheschließung eine deutlich geringere Lebenserwartung hatte.
B. hatte bereits seit vielen Jahren an ganz erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen gelitten. Ihm war bereits bei Annahme
eines Versicherungsfalls im Jahre 1980, also deutlich über 20 Jahre vor der Eheschließung, eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit
bewilligt worden wegen seines ausgesprochen schlechten Gesundheitszustandes, der bereits seinerzeit nur noch kurzzeitig sitzende
Tätigkeiten im Umfang von weniger als 2 Stunden täglich zugelassen hatte. Die Ärztin H führte ferner aus, dass bereits seit
mindestens 1995 eine Leberzirrhose nachgewiesen war, was sie dem Ultraschallbefund vom 10. November 1995 entnommen hat. Entgegen
ihrer Annahme war der bedenkliche Leberbefund aber nicht erst seit 1995 bekannt, denn bereits im Entlassungsbericht der Städtischen
Kliniken D vom 07. April 1986 war ausgeführt worden, dass dem B. der Leberparenchymschaden bei Alkoholabusus bekannt sei und
dass er nochmals auf die Bedeutung des Alkoholkonsums für das Fortschreitens seines Leberschadens hingewiesen worden sei.
Diesen langen Erkrankungsverlauf betonte denn auch der von der Beklagten gehörte Arzt G. Entgegen der Annahme der Klägerin
handelt es sich hierbei auch sehr wohl um eine Erkrankung, die zum Tode führt. Mit einer Sterberate von 30 bis 40/100 000/Jahr
ist sie sogar die fünfthäufigste Todesursache (Springer Lexikon Medizin, 2004, zur Leberzirrhose). Die Klägerin mag Recht
haben, wenn sie ausführt, dass Erkrankungen, wie B. sie hatte, nicht sämtlich und automatisch zu einem raschen Tod führen.
In ihrer Gesamtschau und in Anbetracht des bereits jedenfalls seit 1986 bestehenden schweren Leberschadens bei Alkoholmissbrauch
sowie in weiterer Zusammenschau mit dem ohnehin fortgeschrittenen Alter des bereits 1929 geborenen B. bei zusätzlichem Auftreten
der von der Ärztin Dr. J in deren Bericht vom 03. April 2002 genannten Symptome war allein die Annahme einer offenkundig stark
eingeschränkten Lebenserwartung im Zeitpunkt der Heirat, wie die von der Beklagten gehörten Ärzten H und G ausführten, realistisch.
Diese Umstände waren B. und der Klägerin im Zeitpunkt der Heirat auch bekannt. Die Klägerin wies sogar darauf hin, dass der
Leberschaden doch schon seit 1995 bekannt sei. B. hatte sich auch unmittelbar vor seiner Hochzeit wegen erheblicher Symptome
in ärztliche Behandlung begeben. Der Befund der Dr. J vom 03. April 2002 berichtete über seit anderthalb Monaten bestehendes
häufiges Erbrechen, schnelle Ermüdung, Atmungsstörungen und Schmerzen zwischen den Schulterblättern, also über Symptome, die
in einer Lebensgemeinschaft unübersehbar und angesichts der bekannten Grunderkrankungen und des fortgeschrittenen Alters des
B. auch äußerst besorgniserregend gewesen sein müssen. Im selben Monat schlossen die Klägerin und B. die Ehe.
Wie bereits ausgeführt, müssen die inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger
sein, je offenkundiger und lebensbedrohlicher die Krankheit des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung war. Angesichts
der festgestellten äußeren Umstände zum offenkundig bedrohlichen Gesundheitszustand des B. im Zeitpunkt der Eheschließung
reichte der bloße Vortrag der Klägerin zu den inneren Beweggründen, einander aus persönlichen Gründen geheiratet zu haben,
nicht aus, um die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe der Eheleute für die Eheschließung überzeugend darzulegen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin wird ihr hiermit nicht unterstellt, dass die von ihr für die Heirat angeführten Motive
von Liebe, Achtung und aufrichtigen Gefühlen nicht vorgelegen hätten. Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung ist angesichts
der festgestellten äußeren Umstände jedoch davon auszugehen, dass diese Motive nicht ausschlaggebend für die Heiratsabsicht
waren bzw. dass es sich hierbei im Verhältnis zur Versorgungsabsicht jedenfalls nicht um zumindest gleichwertige Beweggründe
gehandelt hat.
Entgegen der Auffassung der Klägerin spricht auch der Umstand, dass bereits seit Jahren eine nichteheliche Lebensgemeinschaft
mit B. bestanden hatte, keineswegs für überwiegende persönliche Motive für die Heirat. Vielmehr legt der Ablauf, dass nicht
bei Eingehung der Lebensgemeinschaft geheiratet wurde, sondern erst im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Auftreten
schwerster gesundheitlicher Symptome, eher nahe, dass die Versorgungsmotivation jedenfalls in erheblichem Maße ausschlaggebend
für die Eheschließung gewesen ist.
Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §
193 SGG, sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG liegen nicht vor.