Grundsicherungsleistungen und Vermögensverwertung
Anspruch auf Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft
Verwertbarkeit von Vermögensgegenständen
Gründe:
I.
Im Streit sind Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Mit Bescheid vom 1. Oktober 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2015, gegen den Klage erhoben wurde,
lehnte der Antragsgegner den Antrag der Antragstellerin vom 14. September 2015 auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ab, weil sie über verwertbares Vermögen verfüge und in Kenntnis über die Rechtsfolgen der ausbleibenden Verwertungsbemühungen
keine Schritte zur Verwertung ihrer Vermögensanteile nachgewiesen habe. Sie besitze mit ihrem Anteil am Grundstück F in B
Vermögen in nicht unerheblicher Höhe, weshalb ihr bereits seit September 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nur als Darlehen gemäß § 24 SGB II gewährt worden seien.
Mit dem am 27. November 2015 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung macht
die Antragstellerin geltend, sie sei Miteigentümerin eines Grundstücks mit der Grundbuchbezeichnung Flur 5, Flurstück 635/16
in der Fstraße in B. Der andere Anteil an dem Grundstück gehöre ihrem Bruder. Auf dem zum Grundstück befindlichen Haus wohnten
ihre Mutter und ihre Stiefmutter, beide mit einem Wohnrecht auf Lebenszeit. Einer weiteren Partei sei eine Wohnung im Haus
vermietet. Die Miete gehe an den Bruder der Antragstellerin, der sich um die Verwaltung des Hauses und Hausmeistertätigkeiten
kümmere. Der Bruder sei nicht bereit, das Grundstück zu verkaufen, die Antragstellerin habe kein Einkommen. Sie wohne derzeit
bei ihrem Bruder und bezahle normalerweise 200 Euro Miete monatlich an ihn. Derzeit gewähre ihr der Bruder Aufschub der Zahlung
der ausstehenden Miete, bestehe aber grundsätzlich weiterhin auf Mietzahlung. Die Antragstellerin habe mehrfach glaubhaft
gemacht, dass eine Verwertung des Grundstücks durch Verkauf seitens ihres Bruders nicht in Betracht komme. Schon im Jahr 2012
sei der Wert des Grundstücks durch eine Immobilienfirma geschätzt worden. Diese sei zu dem Schluss gekommen, dass es aufgrund
des Nießbrauchsrechts nahezu unmöglich sei, das Grundstück gewinnbringend zu verkaufen. Der beigefügten Ablichtung eines E-Mailausdrucks
vom 6. November 2012 ist eine Mitteilung der Dr. S& Immobilien zu entnehmen, wonach es unter Berücksichtigung des lebenslangen
Nießbrauchsrechts der Bewohner der ersten und zweiten Etage sowie der sehr geringen Mieteinnahme im Erdgeschoss für nahezu
unmöglich gehalten werde, zum jetzigen Zeitpunkt einen Kapitalanleger für den Kauf der Immobilie zu gewinnen. Ohne das lebenslange
Nießbrauchsrecht werde ein Preis zwischen 850.000 und 900.000 Euro für erzielbar erachtet.
Die Antragstellerin trägt vor, bei den Nießbrauchsberechtigten handele es sich um Frau HJ, geb. 03.Juli 1936, und Frau G Jäger,
geb. im A 1928.Diese bewohnten jeweils eine separate Wohneinheit in dem 3-Familien-Haus. Frau HJ habe ein lebenslanges unentgeltliches
Wohnrecht. Frau G J Wohnrecht sei zwar entgeltlich, jedoch sei bereits in den 90er Jahren eine Abmachung getroffen worden,
dass diese keine Miete zahle. Im Austausch dafür übernehme sie die hohen Kosten der Instandhaltung des Grundstücks. Unter
anderem habe sie die Kosten für ein neues Dach übernommen. Frau G J werde in absehbarer Zeit nicht mehr von dem Bruder gepflegt
werden können und soweit es die Umstände zulassen in eine betreute Einrichtung umziehen müssen.
Die Antragstellerin trug vor, auch die großzügigsten Freunde und Bekannten seien nicht in der Lage, der Antragstellerin über
Monate hinweg Geld zu leihen. Es drohe die Gefahr, die Antragstellerin könne künftig ihre Kosten für Lebensmittel und Kleidung
nicht mehr aufbringen. Überreicht wurde die Ablichtung eines Mietvertrages über Wohnraum, geschlossen zwischen M J, Fstraße
in Berlin und der Antragstellerin, Hstraße in B, worin der Antragstellerin eine Eineinhalb-Zimmerwohnung vermietet wird (Beginn
des Mietverhältnisses 1. Oktober 2009 auf unbestimmte Zeit Grundmiete 110 Euro zuzüglich Nebenkosten, Gesamtbetrag 200 Euro).
Eingereicht wurde eine nicht unterschriebene Erklärung vom 15. Dezember 2015:
"Lebe von Ersparnissen in Form von Bargeld (noch ca. 200 Euro), Schuldeneintreiben, verliehenes Geld von meinem Freund einfordern,
500 Euro, es gibt keine schriftlichen Verträge darüber. Miete zahle ich nicht (mehr)."
Am 4. Januar 2016 versicherte die Antragstellerin an Eides Statt:
"Mein Freund, Herr E B, schuldet mir noch ca. 500 €. In den 10 Jahren unserer Beziehung haben sich diese Schulden nach und
nach angehäuft, Herr B zahlt die Schulden unregelmäßig ab. Herrn F S habe ich vor ca. 10 Jahren 1.000 € geliehen. Davon sind
300,- € bereits zurückgezahlt. Herr S zahlt ebenfalls in unregelmäßigen Abständen Geld zurück. Als Pfand habe ich seinen E-Bass
Warwick in Besitz. Mein Bruder M J fährt ab und zu mit mir zu L und kauft Lebensmittel für mich ein."
Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß §
86 b Abs.
2 SGG zu verpflichten, den Bescheid vom 1. Oktober 2015 aufzuheben und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe des Regelbedarfs von 399 Euro sowie 200 Euro für Kosten der Unterkunft und Heizung ab dem 1. Oktober 2015 zu gewähren.
Der Antragsgegner hat erstinstanzlich beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner trug vor, Bemühungen zur Verwertung der Immobilie seien weder konkret entwickelt noch tatsächlich unternommen
worden. Darlehensweise Leistungsgewährung nach § 24 Abs. 5 SGB II scheide aus, wenn jegliche Verwertungsbemühung durch die Vermögensinhaber verweigert werde (Sächsisches Landessozialgericht,
Beschluss vom 13. Dezember 2011 - L 2 AS 702/11 B ER).
Mit Beschluss vom 8. Januar 2016 hat das Sozialgericht die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Bewilligung
von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Die Antragstellerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass eine Verwertung ihres Mieteigentumsanteils
an dem Hausgrundstück generell ausgeschlossen sei. Der Verkauf des gesamten Grundstücks an Dritte stelle nicht die einzige
Möglichkeit der Verwertung des Miteigentumsanteils der Antragstellerin dar. Vielmehr komme darüber hinaus insbesondere der
Verkauf nur des der Antragstellerin zustehenden Miteigentumsanteils in Betracht. Dass diese Verwertungsmöglichkeit im vorliegenden
Fall ebenfalls ausgeschlossen sei, habe sie nicht glaubhaft gemacht. Zwar möge es unter Berücksichtigung der Umstände des
Einzelfalls zweifelhaft erscheinen, ob ein Verkauf nur des Miteigentumsanteils auf dem allgemeinen Markt tatsächlich realisierbar
wäre. Aber jedenfalls ein Verkauf des Miteigentumsanteils an den weiteren Miteigentümer, den Bruder der Antragstellerin, sei
selbst nach ihren eigenen Ausführungen durchaus realisierbar. Schließlich habe sie ausweislich der Verwaltungsakte im Verwaltungsverfahren
gegenüber dem Antragsgegner mit Schreiben vom 22. Juli 2015 mitgeteilt, sie könne ihm ihren Anteil nur zu einem geringeren
Betrag verkaufen als wirtschaftlich wäre. Hieraus könne nur der Schluss gezogen werden, dass ein Verkauf an den Bruder durchaus
zeitnah realisierbar wäre und dass die Antragstellerin lediglich mit dem erzielten Erlös nicht zufrieden wäre. Letzteres sei
für die Frage der generellen Verwertbarkeit des Miteigentumsanteils nicht von Bedeutung. Das Vorliegen der Voraussetzungen
des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 6 habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Es fehlten konkrete Ausführungen dazu,
zu welchem Preis ihr Bruder bereit wäre, ihren Miteigentumsanteil zu erwerben und aus welchem Grund dieser angebotene Preis
erheblich unter dem hälftigen Verkehrswert für das gesamte Grundstück liegen solle.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 14. Januar 2016 zugestellten Beschluss richtet sich die am Montag,
den 15. Februar 2016 beim Landessozialgericht eingegangene Beschwerde der Antragstellerin mit dem Vortrag, der Miteigentümer
M sei nicht in der Lage, der Antragstellerin deren Anteil an dem Grundstück für mehr als 40.000 Euro abzukaufen. Der Verkauf
für diesen Preis wäre jedoch offensichtlich unwirtschaftlich und der Antragstellerin nicht zuzumuten. Eine einvernehmliche
Teilauseinandersetzung scheide daher aus. Der Verkauf des Grundstücks an einen Dritten sei nicht möglich, da nur gemeinschaftlich
über den Nachlassgegenstand verfügt werden könne.
Die Antragstellerin beantragt im Beschwerdeverfahren
Den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 8.Januar 2016 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung
zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig Leistungen gemäß §§ 20, 22 SGB II in gesetzlicher Höhe i.e.399 Euro Regelbedarf plus 200 Euro Bedarf für Unterkunft und Heizung ab dem 1.Oktober 2015 zu bewilligen,
hilfsweise wird beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, die genannten Leistungen gemäß § 24 Abs. 5 als Darlehen zu erbringen
und
ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt S beizuordnen.
Der Antragsgegner beantragt im Beschwerdeverfahren
Die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den
Inhalt der vorliegenden Gerichts- und Behelfsakte des Antragsgegners (...).
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Das Gericht kann nach §
86 b Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß §
86 b Abs.
2 Satz 4
SGG i. V. m. §
920 Abs.
2 Zivilprozessordung (
ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens des Anordnungsgrundes (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs. Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung
die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft
gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die
Richtigkeit der Angaben spricht (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Auflage §
86 b Rdnr. 16 b).
Nach diesen Maßstäben ist die erstinstanzliche Entscheidung nicht zu ändern.
Für die Zeit vor dem Zeitpunkt der Entscheidung im Beschwerdeverfahren fehlt es an einem Anordnungsgrund, da es dabei um Leistungen
für die Vergangenheit geht. Für diese Zeit ist das einstweilige Rechtsschutzverfahren erfolglos, weil Hilfe zum Lebensunterhalt
im Wege der einstweiligen Anordnung in der Regel nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu erfolgen hat und nicht rückwirkend
zu bewilligen ist, wenn nicht ein Nachholbedarf plausibel und glaubhaft gemacht ist. In einem auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung gerichteten Verfahren beurteilt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht
über den Antrag entscheidet. Dies ergibt sich daraus, dass in dem Erfordernis eines Anordnungsgrundes ein spezifisches Dringlichkeitselement
enthalten ist, welches im Grundsatz nur Wirkungen für die Zukunft entfalten kann. Die rückwirkende Feststellung einer - einen
zurückliegenden Zeitraum betreffenden - besonderen Dringlichkeit ist zwar rechtlich möglich. Sie kann jedoch in aller Regel
nicht mehr zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Denn die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht
vor dem Hintergrund des Art.
19 Abs.
4 GG darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im - grundsätzlich vorrangigen
- Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden,
zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Dies bedeutet aber zugleich,
dass die Annahme einer besonderen Dringlichkeit und dementsprechend die Bejahung eines Anordnungsgrundes ausscheidet, soweit
diese Dringlichkeit vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorgelegen hat, denn insoweit ist die besondere Dringlichkeit
durch den Zeitablauf überholt. Das Abwarten einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache über den zurückliegenden Zeitraum
ist dem Rechtssuchenden insoweit zumutbar (so LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 27. September 2006 - L 7 B 18/06 KA ER, vom 4. Januar 2008 - L 28 B 2130/07 AS ER und vom 4. März 2015 - L 32 AS 346/15 B ER). Ein Nachholbedarf kann eine andere Beurteilung rechtfertigen, ist hier aber nicht glaubhaft gemacht.
Für die Zeit ab der Entscheidung im Beschwerdeverfahren besteht ebenfalls kein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Im Regelfall ist der Zeitraum, für den die Leistungen bewilligt werden der sechsmonatige Bewilligungszeitraum des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II beginnend mit erstinstanzlichem Antragseingang. Soweit dieser Zeitraum nicht bereits verstrichen ist, ist der Antrag unbegründet.
Ein Anordnungsanspruch ist ebenso wenig glaubhaft gemacht wie ein Anordnungsgrund. Die Antragstellerin hat die Anspruchsvoraussetzungen
für die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II nicht glaubhaft gemacht.
Leistungen nach dem SGB II erhalten Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach dem SGB II § 7 a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland haben (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II).
Hier ist Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.
Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen
sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen,
erhält (§ 9 Abs.1 SGB II).
Nach § 12 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Dazu können bewegliche Sachen ebenso gehören
wie Immobilien und Forderungen. Zu den Vermögensgegenständen, die vorliegend in die Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach §§
9, 12 SGB II einzubeziehen sind, gehören der Anteil an dem Nachlass, über den der Kläger nach §
2033 Abs
1 Satz 1
BGB verfügen kann und der Anspruch auf Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft. Rechtliche Hindernisse für eine Verwertbarkeit
durch Übertragung des Erbteils im Wege des Erbschaftsverkaufs oder auch durch eine Verpfändung des Miterbenanteils entsprechend
bestehen nicht. Nach dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge ist das Vermögen des Erblassers mit dem Erbfall auf den Kläger
und seine Schwester als Miterben als Ganzes übergegangen; der Nachlass steht den Miterben gemeinschaftlich zur gesamten Hand
zu. Solange die Erbengemeinschaft ungeteilt fortbesteht, kann der einzelne Miterbe zwar nicht über einzelne Nachlassgegenstände,
jedoch über seinen Anteil an dem Nachlass als solchen verfügen (§
2033 Abs
1 Satz 1
BGB; BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14 AS 42/07 R -, SozR 4-4200 § 12 Nr 12, Rn. 43).
Die Antragstellerin hat weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass sie aktuell ihr Erbteil nicht belasten kann und dazu
vergebliche Bemühungen unternommen hat. Auf die gerichtliche Frage vom 10.März 2016, welche Bemühungen sie unternommen hat,
ihr Erbteil zu belasten, wurde am 30.März 2016 mitgeteilt, eine Belastung komme nicht in Betracht. Sie möchte keine Schulden
aufbauen. Eine Beleihung des Grundstücks komme für sie nicht in Frage, da sie so mit einer Schuld belastet würde, welche sie
nicht zurückzahlen könne.
Diese Einstellung der Antragstellerin steht nicht in Übereinstimmung mit § 2 Satz 1 SGB II, wonach erwerbsfähige Leistungsberechtigte alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen
müssen und ist nicht geeignet, ein Verwertungshindernis zu begründen, zumal die Antragstellerin mit ihrem Hilfsantrag im Beschwerdeverfahren
auch ein Darlehen beansprucht, das rückzahlbar ist und nach § 24 Absatz 5 SGB II die Leistung davon abhängig gemacht werden kann, dass der Anspruch des Antragsgegners auf Rückzahlung dinglich oder in anderer
Weise gesichert werden kann. So würde sie auch mit einem erfolgreichen Hilfsantrag Schulden begründen können.
Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil
Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder weil sie, wie Grundstücke infolge sinkender Immobilienpreise, über
den Marktwert hinaus belastet sind (Urteil des BSG vom 27.Januar 2009-B 14 AS 42/07 R).Diese Voraussetzungen lassen sich bezüglich der aktuellen Belastung ihres Erbteils nicht feststellen.
Eine vermeintliche Unverkäuflichkeit steht der Belastbarkeit nicht entgegen. Diese ist nicht glaubhaft gemacht. Gegenwärtig
liegt kein Beweismittel vor, das ergibt, dass für die Immobilie in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird. Die Erklärung
des Maklers aus dem Jahr 2012 macht dies schon in Ansehung der Geburtsdaten der Nießbrauchsberechtigten nicht glaubhaft für
den aktuellen Beurteilungszeitraum. Dies gilt umso mehr, als nach dem Vortrag der Klägerin ein Umzug von Frau G J in ein betreutes
Wohnen bevorsteht.
Des Weiteren wurde nicht glaubhaft gemacht dass die Antragstellerin ihrerseits an der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft
interessiert ist und den Auseinandersetzungsanspruch gegenüber ihrem Bruderernstlich geltend gemacht hat, was vor dem Hintergrund
ihrer wirtschaftlichen Lage zur Abwendung von Hilfebedürftigkeit von ihr zu fordern ist, und dabei gescheitert ist. Das Interesse
der Antragstellerin an der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft wird von ihr zwar mit Schriftsatz vom 30.März 2016 erklärt
aber nicht substanziiert dargelegt und noch weniger glaubhaft gemacht. Der Vortrag vom 30.März 2016, ihr Bruder würde sie
mit 40 000 Euro auszahlen, bringt lediglich dessen Bereitschaft zur Zahlung dieses Betrages nicht aber ein ernstliches Auseinandersetzungsverlangen
der Antragstellerin zum Ausdruck. Auch ist mit der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ihres Bruders nicht glaubhaft
gemacht, dass ihr Bruder aktuell nicht in der Lage ist, der Antragstellerin deren Anteil an dem Grundstück für mehr als 40.000
Euro abzukaufen und dass die Antragstellerin einen höheren Preis verlangt hat im Rahmen eines ernstlichen Auseinandersetzungsverlangens.
Der Bruder hat am 9.Februar 2016 erklärt, dass er mit einer Veräußerung des Grundstücks in keinem Fall einverstanden sei.
Er sei bereit, einen Kaufpreis von maximal 40000 Euro an die Antragstellerin zu zahlen.
Wenn die Antragstellerin ihrerseits an der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nicht interessiert war und den Auseinandersetzungsanspruch
nicht ernstlich geltend gemacht hat, besteht allerdings kein tatsächliches Verwertungshindernis im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II. Erst wenn feststeht, dass eine einvernehmliche Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft durch frei vereinbarten Vertrag
(als Regelfall der Verwertung) trotz der dann drohenden Auseinandersetzung nach den gesetzlichen Regelungen am Widerstand
des Bruders gescheitert ist, bestehen hinsichtlich des Anspruchs auf Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft tatsächliche
Verwertungshindernisse im Sinne des § 12 Abs 1 SGB II. (Urteil des BSG vom 27.Januar 2009-B 14 AS 42/07 R). Diese Voraussetzungen sind nicht glaubhaft gemacht.
Der Vortrag, dass die Antragstellerin keine Teilungsversteigerung anstrebt, liege an den familiären Umständen, die Frau G
J sei pflegebedürftig, sie weigere sich, in ein Pflegeheim zu gehen; soweit angesprochen werde, das Grundstück zu verkaufen,
werde sie verrückt und drohe mit Selbstmord; die Umstände und die Aussicht des Verlustes ihres Heims machten die Frau J schwer
depressiv, ist in diesem Zusammenhang rechtlich unerheblich. Familienhafte Rücksichtnahme führt nicht zur Unverwertbarkeit
des Anspruchs (Urteil des BSG vom 27.Januar 2009-B 14 AS 42/07 R). Von daher kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, dass der Vortrag nicht glaubhaft gemacht wurde.
Auch sind die Voraussetzungen des § 12 Abs 3 SGB 2 nicht glaubhaft gemacht.
Danach ist als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen 1.angemessener Hausrat,2.ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in
der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person,3.von der Inhaberin oder dem Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt
bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin
oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist,4.ein selbst genutztes Hausgrundstück
von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung,5.Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung
oder Erhaltung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe bestimmt ist, soweit dieses zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger
Menschen dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,6.Sachen
und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten
würde. Für die Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende
maßgebend. Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in
dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird,
bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs. Wesentliche Änderungen des Verkehrswertes sind zu berücksichtigen.
Insbesondere die hier in Frage kommenden Voraussetzungen der Ziffern 4 und 6 sind nicht glaubhaft gemacht.
Es handelt sich nicht um ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung
gemäß Ziffer 4 .
Auch ist nicht glaubhaft gemacht, dass hier im Sinne von Ziffer 6 Sachen und Rechte bestehen, deren Verwertung 1.offensichtlich
unwirtschaftlich ist oder 2.für die Antragstellerin eine besondere Härte bedeuten würde.
Zu 1.Dass hier die Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich wäre, ist weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Offensichtliche
Unwirtschaftlichkeit der Verwertung liegt nach der Rechtsprechung des BSG dann vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes
steht. Umgekehrt ist eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der
Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Verwertung ist auf das ökonomische
Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers abzustellen. Es ist mithin zu ermitteln, welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand
gegenwärtig auf dem Markt hat. Dieser gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüber zu stellen. (Urteil des BSG vom 27.Januar 2009 -B 14 AS 42/07 R).
Zu diesen Voraussetzungen ist kein Vortrag erfolgt, auch sind sie nicht durch sonstige Umstände glaubhaft gemacht.
Zu 2.: Auch ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Verwertung für die Antragstellerin eine besondere Härte bedeuten würde.
Soweit familienhafte Rücksichtnahme bei der Beurteilung der besonderen Härte eine Rolle spielen kann ((Urteil des BSG vom 27.Januar 2009 -B 14 AS 42/07 R), ist der entsprechende Vortrag bereits nicht glaubhaft gemacht. Ohne Glaubhaftmachung wird vorgetragen: "Die Frau G J
ist pflegebedürftig. Sie weigert sich in ein Pflegeheim zu gehen. Soweit angesprochen wird, das Grundstück zu verkaufen, wird
sie verrückt und droht mit Selbstmord. Die Umstände und die Aussicht des Verlustes ihres Heims machen die Frau J schwer depressiv."
Dem steht entgegen der Vortrag vom 30.März 2016, Frau G J werde in absehbarer Zeit nicht mehr vom Bruder gepflegt werden können
und werde soweit die Umstände es zulassen, in eine betreute Einrichtung ziehen müssen.
Ein Anspruch auf ein Darlehen besteht ebenfalls nicht. Der Hilfsantrag ist bereits unzulässig. Das Sozialgericht hatte hierüber
nicht zu entscheiden, da er erstinstanzlich nicht geltend gemacht wurde, sodass die Antragstellerin insoweit nicht beschwert
ist. Der erstinstanzlich anwaltlich gestellte gemachte Antrag war auch nicht im Sinne des jetzt gestellten Hilfsantrags durch
Auslegung zu ergänzen.
Dessen ungeachtet fehlt es nach den vorgenannten Ausführungen am Anordnungsanspruch. § 24 Absatz 5 SGB 2 besagt: Soweit Leistungsberechtigten
der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine
besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden,
dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder auf andere Weise gesichert wird.
Hier ist nach vorangegangenen Ausführungen nicht glaubhaft gemacht, dass die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem
Vermögen nicht möglich ist oder für die Antragstellerin eine besondere Härte bedeuten würde.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe des erstinstanzlichen Verfahrens ist wie auch der
Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unbegründet.
Nach §
73 a Abs.
1 Satz 1
SGG i. V. m. §
114 ZPO erhält auf Antrag auf Prozesskostenhilfe ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen
die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist dann anzunehmen, wenn
das Gericht aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis gelangt, dass der Erfolg der Rechtsverfolgung
eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat. Diese liegt dann vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten
aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und
in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Auflage §
73 a Rdnr. 7 a). Prozesskostenhilfe darf verweigert werden, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen,
die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (BVerfGE 81, 347, 397 nach juris Rz. 26).
Nach diesen Maßstäben bestand unter Berücksichtigung der vorangegangenen Ausführungen erstinstanzlich und auch im Beschwerdeverfahren
keine hinreichende Erfolgsaussicht.
Im Beschwerdeverfahren ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe schon deshalb aussichtslos, weil die Antragstellerin
trotz gerichtlichen Hinweises vom 19.Februar 2016 keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
vorgelegt hat. Dem nach §
114 Abs.
1 Satz 1
ZPO erforderlichen Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe sind nach §
117 Abs.
2 Satz 1
ZPO eine Erklärung der Partei über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen,
Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Damit soll zum einen insbesondere sichergestellt werden, dass
sich der Antragsteller umfassend erklärt. Zum anderen wird frühestens ab Eingang des insoweit vollständigen Antrages das Gericht
überhaupt erst in die Lage versetzt, die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe zu prüfen. Letzteres bedeutet, dass Prozesskostenhilfe
frühestens ab dem Zeitpunkt bewilligt werden kann, zu dem neben dem Antrag die diesem Antrag beizufügende Erklärung des Antragstellers
nebst entsprechender Belege bei Gericht eingereicht wird, denn frühestens ab diesem Zeitpunkt liegt Bewilligungsreife vor.
Fehlt die erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der gesetzlich vorgeschriebenen
Form (Vordruck), ist allein deswegen der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen (vgl. auch Bundessozialgericht
- BSG -, Beschluss vom 17. August 2007, B 1 KR 6/07 BH m. w. N., BSG, Beschluss vom 21. Mai 2007 - B 2 U 131/07 B, jeweils zitiert nach juris), denn dem Gericht ist es in einem solchen Fall bereits dem Grunde nach unmöglich, die persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse abschließend zu beurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).