Berücksichtigung von Anrechnungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung während des Bezuges von Übergangsgeld
Tatbestand:
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen ihre Verurteilung dahingehend, die Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar
1982 allein als Pflichtbeitragszeit (und nicht auch als Anrechnungszeit) vorzumerken.
Der 1950 geborene Kläger hat in der Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 eine durch die damalige Bundesanstalt für
Arbeit (BA) geförderte Umschulung zum "Staatlich geprüften Techniker - Fachrichtung Versorgungstechnik" an der ST in B absolviert.
Gemäß der Sammlung "Einrichtungen zur beruflichen Bildung", herausgegeben von der BA 1980, Nr. 6219-504, erfolgte die Ausbildung
an der S T B in Vollzeit. Für diese Bildungsmaßnahme wurde dem Kläger mit Bescheid der BA vom 31. März 1980 Übergangsgeld
für die Zeit ab 18. Februar 1980 bewilligt.
Nachdem der Kläger durch seine Bevollmächtigte einen Kontenklärungsantrag gestellt und diese mit Schriftsatz vom 7. September
2001 mitgeteilt hatte, dass eine Anerkennung der Zeit an der T als Anrechnungszeit nicht begehrt werde, stellte die Beklagte
mit Bescheid vom 21. Dezember 2001 die in dem beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre,
also damals bis zum 31. Dezember 1994, zurücklagen, als für die Beteiligten verbindlich fest. Dabei merkte sie die Zeit vom
18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 sowohl als Pflichtbeitragszeit als auch als Fachschulausbildung vor.
Mit dem am 3. oder 4. Januar 2002 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch begehrte der Kläger unter anderem, die Zeit
vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 nicht als Anrechnungszeit vorzumerken, da dies gemäß §
58 Abs.
1 Satz 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) neben einer Pflichtbeitragsleistung wegen Leistungsbezuges ausgeschlossen sei. Im Übrigen habe keine überwiegende Inanspruchnahme
durch die Technikerausbildung vorgelegen, da der Zeitaufwand wöchentlich nicht mehr als 20 Stunden betragen habe.
Mit Bescheid vom 15. Januar 2002 hat die Beklagte die Daten, die bis zum 31. Dezember 1995 zurückliegen, als für die Beteiligten
verbindlich festgestellt, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren. Dabei hat sie in dem dazugehörigen Versicherungsverlauf
die Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 (wieder) als Zeit der Fachschulausbildung vorgemerkt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2003 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Die Ausschlussregelung des §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI sei nur auf die Anrechnungszeiten nach §
58 Abs.
1 Nr.
1 (Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Erhalt von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben)und
Nr. 3 (Arbeitslosigkeit bei Meldung als arbeitsuchend ohne Leistungsbezug wegen zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens)
SGB VI anzuwenden. Sie gelte nicht für die vom Arbeitsamt gewährte berufsfördernde Bildungsmaßnahme. Dabei sei es ohne Bedeutung,
dass diese schulische Ausbildung gleichzeitig eine Pflichtbeitragszeit sei, weil für die dem Kläger vom Arbeitsamt gewährten
Leistungen Pflichtbeiträge entrichtet worden seien.
Mit der am 6. Juni 2003 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI besage, dass Zeiten, in denen Versicherte nach Vollendung des 25. Lebensjahres wegen Bezugs von Sozialleistungen versicherungspflichtig
gewesen seien, nicht Anrechnungszeiten seien, wobei die altersbezogene Beschränkung erst mit Inkrafttreten des Altersvermögensergänzungsgesetzes
(AVmEG) zum 1. Januar 2002 aufgenommen worden sei. Eine weitere Beschränkung der Anwendung dieser Vorschrift lediglich auf
die von der Beklagten angegebenen Anrechnungszeiten sei hingegen weder vor noch nach Inkrafttreten des AVmEG in §
58 SGB VI aufgenommen worden. Auch sei eine solche Beschränkung auf einzelne Anrechnungszeittatbestände in keiner sonstigen Vorschrift,
wie zum Beispiel der Sondervorschrift des §
252 SGB VI, wieder zu finden, da die hierin enthaltene Ausnahmeregelung erst Tatbestände ab 1983 erfasse. Sinn und Zweck einer Ausschlussregelung
sei jedoch gerade, dass ein klarer Ausschluss bestimmter Tatbestände geschaffen werden solle, wenn die genannten Voraussetzungen
erfüllt seien. Dies sei in seinem Falle eindeutig gegeben. Für die Anerkennung der in Rede stehenden Zeit als Anrechnungszeit
gebe es keine rechtliche Grundlage, so dass die Vormerkung rechtswidrig sei. Da sich dies auch negativ auf die Höhe der persönlichen
Entgeltpunkte auswirke, liege auch eine Beschwer vor.
Mit Urteil vom 19. Oktober 2006 hat das Sozialgericht Berlin die Beklagte verurteilt, unter Abänderung des Bescheides vom
21. Dezember 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2003, den Zeitraum vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar
1982 allein als Pflichtbeitragszeit in den Versicherungsverlauf einzustellen und die Anerkennung einer Anrechnungszeit aufzuheben.
Zur Begründung hat es ausgeführt, §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI sei auch für die Anrechnungszeiten gemäß §
58 Abs.
1 Nr.
4 SGB VI anwendbar. Dies folge aus dem Zweck der Anrechnungszeiten, die ein Ausgleich dafür sein sollten, dass der Versicherte ohne
sein Verschulden gehindert gewesen sei, einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nachzugehen und Pflichtbeiträge zu leisten,
die er ohne den Anrechnungszeittatbestand entrichtet hätte. §
58 Abs.
1 Nr.
4 SGB VI wolle also wie alle anderen Anrechnungszeittatbestände einen bestimmten Personenkreis vor Nachteilen in der gesetzlichen
Rentenversicherung schützen. §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI wiederum nehme als Ausnahmetatbestand Personen aus dem Anwendungsbereich der Norm heraus, die auf Grund besonderer Umstände
dieses Schutzes nicht bedürften. Einen unmittelbaren Bezug der Sozialleistungen zum Anrechnungszeittatbestand fordere das
Gesetz weder dem Wortlaut, noch der Systematik, noch dem Sinn und Zweck nach. Die Regelung des §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI solle vielmehr allgemein sicherstellen, dass bei Sozialleistungsbezug dieselbe Zeit grundsätzlich nicht zugleich als Anrechnungszeit
und als Beitragszeit berücksichtigt werde. Es handele sich hierbei um eine ausdrückliche Kollisionsregel als Ausnahme von
der allgemeinen gesetzlichen Entscheidung, den "stärkeren" Beitragszeiten nicht mehr eine die "schwächeren" Anrechnungszeiten
verdrängende Wirkung beizumessen, die sich auch in §
54 Abs.
3 SGB VI wieder finde. §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI bestimme, dass immer dort, wo versicherungsrechtlich eine entsprechende Kollisionslage bestehe, eine "doppelte" Bewertung
der fraglichen Zeit als Anrechnungszeit und Pflichtbeitragszeit nicht in Betracht kommen solle und damit auch eine Bewertung
als beitragsgeminderte Zeit ausscheide. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und des Schutzzwecks der Normen sei daher
die fragliche Zeit als reine Beitragszeit im Versicherungskonto des Versicherten vorzumerken und bei der Rentenberechnung
zu berücksichtigen. Der Kläger sei durch die im Versicherungsverlauf erfolgte rechtswidrige Einstellung der Anrechnungs- neben
der Pflichtbeitragszeit auch in seinen Rechten verletzt und beschwert. Seien Kalendermonate sowohl mit Beitragszeiten als
auch Anrechnungszeiten belegt, würden diese später bei der Rentenberechnung als beitragsgeminderte Zeiten berücksichtigt (§
54 Abs.
3 Satz 1
SGB VI).
Gegen das ihr am 14. November 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11. Dezember 2006 Berufung bei dem Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass von der Regelung des §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI ausschließlich die Anrechnungszeittatbestände des §
58 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 und Nr.
3 SGB VI erfasst würden. Deshalb sei im vorliegenden Fall die Zeit des Besuchs der Tvom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 als Anrechnungszeit
im Sinne des §
58 Abs.
1 Satz 1 Nr.
4 SGB VI zu berücksichtigen, obwohl für diese Zeit wegen des Bezugs von Sozialleistungen (Übergangsgeldzahlung) Versicherungspflicht
bestanden habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf ihre Schriftsätze, insbesondere denjenigen
vom 30. Januar 2007 (Bl. 138 bis 143 der Gerichtsakten) und denjenigen vom 27. Juli 2009 (Bl. 176 bis 179 der Gerichtsakten)
verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Schriftsätze seiner
Bevollmächtigten, insbesondere denjenigen vom 27. März 2007 (Bl. 146 bis 150a der Gerichtsakten) und vom 18. August 2009 (Bl.
220 bis 224 der Gerichtsakten) verwiesen.
Auf Anforderung des Senats hat die Beklagte Probeberechnungen der Regelaltersrente mit einem (fiktiven) Rentenbeginn vom 1.
Februar 2016 vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass mit der Berücksichtigung der Pflichtbeitragszeiten und der Anrechnungszeiten
für die Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 sich eine Rentenanwartschaft in Höhe von 1751,30 € und unter Berücksichtigung
nur der Pflichtbeitragszeiten eine monatliche Rentenanwartschaft in Höhe von 1803,31 € errechnet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten
und den übrigen Akteninhalt verwiesen. Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Az. ...) hat dem Senat vorgelegen
und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten mit dieser
Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Die gemäß §§
143,
144 SGG statthafte und nach §
151 SGG form - und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts
Berlin vom 19. Oktober 2006 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Unrecht die Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982
(auch) als Anrechnungszeit wegen Ausbildung vorgemerkt; die Bescheide vom 21. Dezember 2001 und 15. Januar 2002 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2003 sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Kläger liegt vor, auch wenn Streitgegenstand (lediglich) die Vormerkung einer Anrechnungszeit
ist und Fragen der Anrechnung oder Bewertung oder der Höhe des späteren Rentenanspruchs nicht in Streit stehen. Im Rahmen
eines Vormerkungsverfahrens wird nur geprüft, ob der behauptete Anrechnungszeittatbestand nach seinen tatsächlichen und rechtlichen
Voraussetzungen erfüllt ist und ob generell die Möglichkeit besteht, dass der Sachverhalt in einem künftigen Leistungsfall
rentenversicherungsrechtlich relevant werden kann (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 30. August 2001, Az. B
4 RA 114/00 R, juris Rn. 26 = SozR 3-2600 §
149 SGB VI Nr. 6).
Die Vormerkung der Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 kann rentenrechtlich relevant werden und würde, wie die Probeberechnungen
zeigen, sofern die rechtlichen Regelungen bis zum Renteneintritt gleich bleiben, sich auch auf die Höhe der Rente auswirken.
Ohne die Berücksichtigung der Anrechnungszeiten würde sich ein höherer Rentenwert ergeben.
Streitgegenstand ist neben dem Bescheid vom 21. Dezember 2001 auch der Bescheid vom 15. Januar 2002, beide in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2003. Der Bescheid vom 15. Januar 2002 ist gemäß §
86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Zwar stellt er nach seinem Verfügungssatz nur die Daten bis 31. Dezember
1995 verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden sind. Da die in Rede stehende Zeit bereits mit
dem Bescheid vom 21. Dezember 2001 verbindlich als Zeit der Fachschulausbildung vorgemerkt worden war, entfaltet der Bescheid
vom 15. Januar 2002 zunächst keine eigene Wirkung. Da jedoch der Bescheid vom 21. Dezember 2001 vom Sozialgericht - zutreffend,
wie noch auszuführen sein wird - insoweit aufgehoben wurde, als die Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 als Zeit
der Fachschulausbildung vorgemerkt wurde, würde der Bescheid vom 15. Januar 2002 dann (erstmals) die Zeit als Anrechnungszeit
vormerken, so dass er ebenfalls insoweit aufzuheben ist.
Die Voraussetzungen für die Vormerkung einer Anrechnungszeit für den vorgenannten Zeitraum sind nicht erfüllt. Das Sozialgericht
hat zu Recht entschieden, dass diese Zeit nicht als Anrechnungszeit vorzumerken und nicht gemäß §
149 Abs.
5 Satz 1
SGB VI als verbindlich festzustellen ist. Diese Vorschrift lautet:
Hat der Versicherungsträger das Versicherungskonto geklärt oder hat der Versicherte innerhalb von sechs Kalendermonaten nach
Versendung des Versicherungsverlaufs seinem Inhalt nicht widersprochen, stellt der Versicherungsträger die im Versicherungsverlauf
enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest.
Zwar erfüllt die von dem Kläger absolvierte Schulausbildung die tatbestandlichen Voraussetzungen des §
58 Abs.
1 Nr.
4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI). Der Kläger hat an der S T B eine schulische Ausbildung mit Vollzeitunterricht absolviert. Da zwischen den Beteiligten nicht
mehr streitig ist, dass die Voraussetzungen des §
58 Abs.
1 Nr.
4 SGB VI erfüllt sind und der Senat hieran ebenfalls keine Zweifel hat, sind weitere Ausführungen hierzu entbehrlich.
Obwohl die Voraussetzungen einer Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung erfüllt sind, ist für den Kläger einer Anrechnungszeit
nicht vorzumerken, da dies gemäß §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999) vom 16. Dezember 1997, BGBl. I S. 2998, ausgeschlossen ist. Diese Vorschrift lautet:
Zeiten, in denen Versicherte wegen des Bezugs von Sozialleistungen versicherungspflichtig waren, sind nicht Anrechnungszeiten.
Diese Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur
Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz - AVmEG -) vom 21. März 2001, BGBl
I S. 403, folgendermaßen gefasst:
Zeiten, in denen Versicherte nach Vollendung des 25. Lebensjahres wegen des Bezugs von Sozialleistungen versicherungspflichtig
waren, sind nicht Anrechnungszeiten.
Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen beider Vorschriften, so dass dahingestellt bleiben kann, welche für ihn anzuwenden
ist (bei Erlass des Bescheides galt noch die zuerst genannte Fassung, bei Eintritt des Leistungsfalles wird diese jedenfalls
nicht mehr gelten). Zum Zeitpunkt des Beginns der Ausbildung war der Kläger 29 Jahre alt und er war auch wegen des Bezugs
von Sozialleistungen versicherungspflichtig. Er bezog während dieser Zeit von der damaligen Bundesanstalt für Arbeit Übergangsgeld,
wie sich aus dem Bescheid des Arbeitsamtes II Berlin (West) vom 31. März 1980 ergibt. Gemäß § 1227 Nr. 8a Buchst. c) in Verbindung mit Abs. 1a
Reichsversicherungsordnung (
RVO) bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 10 a Buchst. c) in Verbindung mit Abs. 1b Angestelltenversicherungsgesetz (AVG), beide in der Fassung des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (Reha-AnglG) vom 7. August 1974,
BGBl. I Seite 1881 (beide mit Wirkung ab 1. Januar 1982 geändert durch das Gesetz zur Konsolidierung der Arbeitsförderung -Arbeitsförderungskonsolidierungsgesetz
- AFKG - vom 22. Dezember 1981, wobei diese Änderung vorliegend nicht relevant ist) bestand für die Zeit des Bezugs von Übergangsgeld
Versicherungspflicht in der Rentenversicherung, wenn das Übergangsgeld für mindestens einen Kalendermonat bezogen wurde und
es nach einem Entgelt oder sonstigen Beiträgen in Höhe von mindestens einem 1/8 der für Monatsbezüge geltenden Beitragsbemessungsgrenze
berechnet war.
Da die Voraussetzungen des §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI erfüllt sind, ist die Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 keine Anrechnungszeit und damit auch nicht als solche
vorzumerken.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI auch nicht nur auf Tatbestände des §
58 Abs.
1 Nr.
1 und Nr.
3 SGB VI anwendbar, d.h. auf Anrechnungszeittatbestände wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit. Eine solche Auslegung ergibt sich weder
aus dem Wortlaut, noch aus Sinn und Zweck der Vorschrift und wird auch nicht durch die von der Beklagten genannten Kommentarmeinungen
gestützt noch durch das von ihr in Bezug genommene Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts.
Zunächst ist der Wortlaut des §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI eindeutig. Er umfasst zweifellos sämtliche der in §
58 Abs.
1 SGB VI genannten Anrechnungszeittatbestände. Es erfolgt für den hier in Rede stehenden Zeitraum auch keine (Rück-) Ausnahme durch
die Vorschrift des §
252 Abs.
2 SGB VI. Diese Vorschrift lautet:
Anrechnungszeiten sind auch Zeiten, für die
1. die Bundesanstalt für Arbeit in der Zeit vom 1. Januar 1983,
2. ein anderer Leistungsträger in der Zeit vom 1. Januar 1984 bis zum 31. Dezember 1997 wegen des Bezugs von Sozialleistungen
Pflichtbeiträge oder Beiträge für Anrechnungszeiten gezahlt hat.
Der hier in Rede stehende Zeitraum von Januar 1980 bis Januar 1982 wird von §
252 Abs.
2 SGB VI nicht erfasst.
Auch aus Sinn und Zweck des §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI ergibt sich nicht, dass diese Vorschrift nicht für Anrechnungszeiten wegen Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung gelten
soll. Es findet sich kein Hinweis, dass hier ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers vorliegt, der entgegen dem Wortlaut
der Norm eine gegenteilige Auslegung erforderlich machen würde. Die von der Beklagten zitierten Materialien zu §
252 Abs.
2 SGB VI (der im Entwurf als §
247 SGB VI vorgesehen war) befassen sich lediglich mit der Zeit von Januar 1983 bis Dezember 1997 (vgl. Drucksache 11/4124 des Deutschen
Bundestages, Seite 200 zu § 247 - Anrechnungszeiten), die hier nicht interessiert. Dagegen ergibt sich aus den von dem Kläger
in Bezug genommenen Materialien zu §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI (vgl. Drucksache 11/4124 des Deutschen Bundestages, S. 167 zu §
58), dass Zeiten, in denen Versicherte wegen des Bezuges von Sozialleistungen versicherungspflichtig waren, von einer Übergangsphase
bis 1997 abgesehen, vollwertige Beitragszeiten und nicht Anrechnungszeiten sein sollen. Sinn dieser Vorschrift ist es, sicherzustellen,
dass dieselbe Zeit grundsätzlich nicht zugleich als Beitragszeit wie auch als Anrechnungszeit berücksichtigt wird (Klattenhoff
in Hauck/Noftz, Kommentar zum
SGB VI, Gesetzliche Rentenversicherung, §
58 Rn. 150; Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Baden-Württemberg vom 16. Dezember 2004, Aktenzeichen L 10 RA 4286/02, juris Rn. 28). Für Zeiten, für die diese Regelung nicht gelten sollte, hat der Gesetzgeber ausdrücklich die Ausnahmevorschrift
des §
252 Abs.
2 SGB VI geschaffen. Dort sind die hier in Rede stehenden Zeiträume nicht genannt.
Auch das von der Beklagten benannte Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (Bayerisches LSG) vom 30. August 2006, Az.
L 1 R 4008/04, dokumentiert in juris, stützt die Auffassung der Beklagten nicht. Das Bayerische LSG hat über die hier in Rede stehende
Frage nicht entschieden. Im dortigen Fall hatte der beklagte Rentenversicherungsträger ein Anerkenntnis hinsichtlich der Vormerkung
der Umschulungsmaßnahme als Anrechnungszeit wegen Schulausbildung, für die (auch) Versicherungspflicht bestanden hatte, abgegeben.
Das Bayerische LSG befasst sich im Übrigen mit der Frage, ob §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI die Vormerkung auch für Anrechnungszeiten wegen Schulausbildung ausschließt, nicht. Anders dagegen das LSG Baden-Württemberg
(aaO., Rn. 26 bis 28), das zu dem Ergebnis kommt, dass §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI die Berücksichtigung von schulischen Zeiten, die den Anrechnungszeittatbestand des §
58 Abs.
1 Nr.
4 SGB VI erfüllen, ausschließt, soweit nicht die Ausnahmeregelung des §
252 Abs.
2 SGB VI greift. Es hat ausgeführt: "(...) entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI nicht auf bestimmte Anrechnungstatbestände des Abs. 1 Nr. 1 bis 5 beschränkt, sondern erfasst grundsätzlich alle Tatbestände,
die (zugleich) mit echten Pflichtbeitragszeiten belegt sind" (LSG Baden-Württemberg, aaO., Rn. 27).
Die Aufnahme der Beschränkung auf Zeiten nach Vollendung des 25. Lebensjahres ab 1. Januar 2002 durch das AVmEG deutet daraufhin,
dass von der Ausnahmevorschrift des §
58 Abs.
1 Satz 3 (sofern nicht andere Ausnahmetatbestände, wie §
252 Abs.
2 SGB VI, greifen) sämtliche Anrechnungszeittatbestände des §
58 Abs.
1 SGB VI umfasst sein sollten. Es soll damit dem Umstand Rechnung getragen werden, dass den Beitragszeiten - wegen des Lebensalters
des Versicherten - regelmäßig nur eine niedrige Beitragsbemessungsgrenze zu Grunde lag. Daneben die Berücksichtigung von Anrechnungszeiten
auszuschließen, die für diese Zeiten möglicherweise eine bessere Bewertung und mehr Entgeltpunkte erbringen, erschien dem
Gesetzgeber nicht opportun. Diese Erwägungen tragen jedoch auch für Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.
Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsauffassung des LSG Baden-Württemberg in seinem oben zitierten Urteil an. Es ist
nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber die Regelung des §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI nur auf bestimmte Anrechnungszeittatbestände beschränkt sehen wollte. Auch in den von der Beklagten zitierten Kommentaren
findet sich eine entsprechende Auffassung nicht. Klattenhoff in Hauck/Noftz, aaO., weist daraufhin, dass nach §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI Anrechnungszeiten nicht vorliegen, wenn der Versicherte nach Vollendung des 25. Lebensjahres wegen des Bezugs einer Sozialleistung
rentenversicherungspflichtig war. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist diesem Kommentar nicht zu entnehmen, dass §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI nur im Zusammenhang mit der Anrechnungszeit des §
58 Abs.
1 Nr.
1 und Nr.
3 SGB VI anzuwenden sei.
Auch aus dem Kommentar zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung ergibt sich dergleichen nicht. Dieser Kommentar befasst
sich insbesondere in Anmerkung 10 und Anmerkung 10.1 zu §
58 SGB VI ausführlich mit der Regelung des §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI und führt in der zuletzt genannten Anmerkung aus, dass Zeiten der Versicherungspflicht nach § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 a
RVO das Vorliegen von Anrechnungszeiten ausschließt, soweit die Zeiten der Versicherungspflicht nach dem 25. Lebensjahr liegen.
Weitere Ausnahmen sind nicht genannt.
In dem Kommentar Zweng/Scherer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, §
58 SGB VI, Rn. 149ba, wird ausgeführt: "Hinsichtlich der Tatbestände nach dem bis 31.12. 1991 geltenden Recht ergeben sich folgende
Konsequenzen. Die Berücksichtigung von Anrechnungszeiten ist ausgeschlossen für nach dem 30.9.1974 liegende Zeiten der Versicherungspflicht
als Rehabilitand der Bundesanstalt für Arbeit bis 31. Dezember 1982 und als Rehabilitand eines anderen Leistungsträgers bis
31. Dezember 1983 (§ 247) (...)". Eine Kommentierung im Sinne der Auffassung der Beklagten findet sich nicht.
Auch Gürtner im Kasseler Kommentar, §
58 SGB VI, Rn. 65, bezieht die Vorschrift des §
58 Abs.
1 Satz 3
SGB VI auf sämtliche Anrechnungszeittatbestände und führt aus: "Im Rentenreformgesetz 1992 wurden die Zeiten, in denen der Versicherte
wegen des Bezuges von Sozialleistungen versicherungspflichtig war, als vollwertige Beitragszeiten geregelt und ihre gleichzeitige
Berücksichtigung als Anrechnungszeit in Abs. 1 Satz 3 generell ausgeschlossen [Hinweis auf BT-Drucks. 14/1424 S. 167]. Für
die Zeit bis 31.12. 1997 regelt § 252 Abs. 2 als Übergangsvorschrift die gleichzeitige Berücksichtigung von Zeiten, in denen
die BA oder ein anderer Leistungsträger während des Bezugs von Sozialleistungen Pflichtbeiträge oder Beiträge für Anrechnungszeiten
gezahlt hat, sowohl als Beitragszeit als auch als Anrechnungszeit". Auch hier findet sich also lediglich der Hinweis auf die
Ausnahmeregelung des §
252 Abs.
2 SGB VI, die, wie oben bereits erläutert, vorliegend nicht einschlägig ist.
Nach alldem ist die Zeit vom 18. Februar 1980 bis 19. Januar 1982 nicht als Zeit der Fachschulausbildung vorzumerken.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG).