LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.03.2010 - 5 AS 2340/08
Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende;, Hilfebedürftigkeit bei vorhandenem Vermögen
Einen Leistungsanspruch begründende Hilfebedürftigkeit iSd § 9 Abs. 1 SGB II besteht auch bei Vorhandensein von Vermögen,
das die Freigrenzen nach § 12 Abs. 2 SGB II nur geringfügig überschreitet, erst dann, wenn dieses aufgezehrt ist (Alles-oder-nichts-Prinzip).
Hat ein Leistungsempfänger falsche Angaben gemacht und erklärt er im Zusammenhang mit der Beantragung von Folgeleistungen,
es habe keine wesentlichen Änderungen gegeben, so ist auch dies unrichtig. Wird die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB
II aufgehoben, so findet auch bei der Ermittlung des zu erstattenden Betrags keine Bilanzierung dergestalt statt, dass der
Wert des anzurechnenden Vermögens dem im Anspruchzeitraum entstandenen Bedarf gegenübergestellt wird.
Normenkette: SGB X § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 ,
SGB II § 12 Abs. 1 ,
SGB II § 12 Abs. 2 Nr. 3 ,
SGB II § 9 Abs. 1
Vorinstanzen: SG Cottbus 11.11.2008 S 22 AS 1333/07
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 11. November 2008 geändert und die Klage vollständig
abgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch die Rechtmäßigkeit eines Teilaufhebungs- und Erstattungsbescheides
bezüglich des Zeitraumes vom 1. September 2005 bis zum 31. Oktober 2006 streitig.
Der 1961 geborene alleinstehende Kläger beantragte erstmals am 22. Februar 2005 bei dem Beklagten Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab März 2005. Dabei gab er unter anderem
an, eine Rente für Bergleute in Höhe von monatlich 130,93 Euro zu erhalten. Die Frage, ob er Vermögen habe, das den Wert von
4.850,- Euro übersteige, verneinte er. Tatsächlich verfügte der Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung über ein Girokonto
mit unbekanntem Kontostand, ein Sparbuch (Nr. ...) mit einem Guthaben von 602,41 Euro und ein Sparkassenzertifikatskonto (Nr.
...) mit einem Guthaben von 9.735,08 Euro. Mit Bescheid vom 8. März 2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger unter Berücksichtigung
seiner Rente als Einkommen Leistungen in Höhe von 493,56 Euro für den Monat März 2005, 494,98 Euro für den Monat April 2005
und je 493,91 Euro für die Monate Mai bis August 2005.
Am 2. August 2005 beantragte der Kläger die Fortzahlung der Leistungen; einen Eintritt von Änderungen in seinen persönlichen
und in seinen Vermögensverhältnissen verneinte er und gab an, der monatliche Zahlbetrag seiner Rente betrage seit dem 1. Juli
2005 nur noch 129,94 Euro. Mit Bescheid vom 15. August 2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. September
2005 bis zum 28. Februar 2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 494,55 Euro monatlich.
Am 7. Februar 2006 beantragte der Kläger erneut die Fortzahlung der Leistungen und gab dabei an, es seien keine Änderungen
in seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen eingetreten. Mit Bescheid vom 23. Februar 2006 gewährte der Beklagte
dem Kläger für die Zeit vom 1. März bis zum 31. August 2006 Leistungen in Höhe von 494,55 Euro pro Monat. Der Zahlbetrag wurde
mit Änderungsbescheid vom 3. März 2006 für den gesamten Zeitraum auf 508,72 Euro monatlich erhöht, weil die Miete des Klägers
erhöht worden war.
Am 24. Juli 2006 beantragte der Kläger wiederum die Fortzahlung der Leistungen und verneinte den Eintritt von Änderungen in
den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen. Mit Bescheid vom 27. Juli 2006 bewilligte der Beklagte ihm Leistungen
für die Zeit vom 1. September 2006 bis zum 28. Februar 2007 in Höhe von 522,72 Euro monatlich. Nachdem der Kläger einen aktuellen
Nachweis bezüglich seiner Kfz-Haftpflichtversicherung eingereicht hatte, änderte der Beklagte mit Bescheid vom 3. August 2006
den monatlichen Zahlbetrag für den im Bescheid vom 27. Juli 2006 genannten Zeitraum auf 523,39 Euro.
Mit Schreiben vom 14. November 2006 teilte der Beklagte dem Kläger mit, ein Datenabgleich des Bundesamtes für Finanzen habe
ergeben, dass er im Jahr 2005 von der Sparkasse N einen Kapitalertrag in Höhe von 319,- Euro erhalten habe. Dies sei mit seinen
Angaben nicht in Übereinstimmung zu bringen. Er werde daher gebeten, entsprechende Nachweise umgehend einzureichen. Es werde
darauf hingewiesen, dass die Leistungen storniert worden seien, weil bei hohen Kapitalerträgen nicht gewährleistet werden
könne, dass weiterhin ein Leistungsanspruch bestehe. Bis zur Einreichung und Klärung des Sachverhalts könne eine Entscheidung
über die von ihm beantragte Übernahme der Betriebskostennachzahlung nicht erfolgen. Am 14. Dezember 2006 nahm der Kläger dahingehend
Stellung, dass er Geld zur Altersvorsorge angelegt habe. Den Sparbrief habe er jetzt gekündigt, da er Leistungen zurückzahlen
müsse. Weil er keine Leistungen erhalte, brauche er das Geld auch, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, unter anderem
die Miete zu zahlen.
Mit Bescheid vom 22. Januar 2007 nahm der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab
dem 1. März 2005 zurück und führte zur Begründung aus, der Kläger habe über Vermögenswerte in Höhe von 10.336,37 Euro im Jahr
2005 und in Höhe von 11.048,96 Euro im Jahr 2006 verfügt. Der Vermögensfreibetrag habe jedoch von März 2005 bis Januar 2006
nur 9.550,- Euro, von Februar 2006 bis Juli 2006 9.750,- Euro und ab August 2006 maximal 7.500,- Euro betragen. In Anbetracht
der Vermögensverhältnisse sei der Kläger nicht hilfebedürftig gewesen, so dass er keinen Anspruch auf die Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts gehabt habe. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil er in seinem Antrag vom 22. Februar 2005 zumindest
grob fahrlässig falsche und unvollständige Angaben gemacht habe. In der Zeit vom 1. März 2005 bis zum 30. November 2006 seien
insgesamt 10.581,97 Euro zu Unrecht gezahlt worden, nämlich 5.108,68 Euro an Arbeitslosengeld II (Regelleistung) und 5.473,29
Euro an Leistungen für Unterkunft und Heizung. Dieser Betrag sei von ihm gemäß § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu erstatten.
Am 13. Februar 2007 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid ein und führte aus, er habe bei der Antragstellung nicht
an den bereits vier Jahre zurückliegenden Abschluss des Sparkassenzertifikat-Zuwachssparvertrages, der der Altersvorsorge
habe dienen sollen, gedacht. Bewusst gewesen sei ihm lediglich das Sparbuch, auf das monatlich eine geringfügige Summe überwiesen
worden sei. Der Sparbetrag habe aber weit unter dem im Antrag genannten Betrag von 4.850,- Euro gelegen. Das Zuwachssparbuch
habe er letztmalig am 8. Januar 2004, das heißt mehr als ein Jahr vor der Antragstellung, nachtragen lassen. Zu diesem Zeitpunkt
habe die Frage der Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld II noch nicht im Raum gestanden. Die entsprechenden Vorschriften habe
es noch gar nicht gegeben. Er sei erstmals durch das Schreiben des Beklagten vom 14. November 2006 wieder auf das Zuwachssparzertifikat
aufmerksam geworden, habe es in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Schreiben nachtragen lassen und dem Beklagten noch am 17.
November 2006 in Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten die entsprechenden Unterlagen vorgelegt. Die in der Zwischenzeit von
dem Beklagten bewilligten Leistungen zum Lebensunterhalt seien für das tägliche Leben und die Kosten der Unterkunft verbraucht
worden. Im Übrigen dürfe die Aufhebung und Erstattung für den Zeitraum seit dem 1. März 2005 nicht in der festgesetzten Höhe
erfolgen. Den Feststellungen des Beklagten zufolge habe er zum Antragszeitpunkt über ein Vermögen von 10.336,37 Euro verfügt,
der Freibetrag habe 9.550,- Euro betragen, der diesen übersteigende Teil demzufolge lediglich 786,37 Euro. Der Überschuss
wäre bereits nach eineinhalb Monaten verbraucht gewesen. Unter Anrechnung des zu berücksichtigenden Vermögens hätten demnach
bereits für April 2005 anteilige Leistungen in Höhe von 202,17 Euro und ab Mai 2005 die ursprünglich im Bescheid vom 8. März
2005 festgesetzten 493,91 Euro bewilligt werden müssen. Er sei also spätestens ab April 2005 hilfebedürftig im Sinne des §
9 SGB II gewesen. Selbst bei Annahme grober Fahrlässigkeit sei die Rücknahme- und Erstattungsentscheidung dementsprechend
höchstens in Höhe von 493,91 Euro für März 2005 und 292,81 Euro für April 2005 gerechtfertigt. Allenfalls hätte man dann noch
im Monat Dezember 2005 die erzielten Zinseinnahmen anspruchsmindernd berücksichtigen können. Im August 2006 sei dann die Absenkung
der gesetzlichen Freibeträge erfolgt, die für ihn jedoch erst ab September 2006 mit Beginn des neuen Bewilligungszeitraums
Wirksamkeit entfaltet habe. Allerdings hätte der Beklagte zu diesem Zeitpunkt darauf hinweisen müssen, dass er die übersteigenden
Vermögensteile seiner Alterssicherung hätte zuführen können, da sich die diesbezüglichen Freibeträge zur selben Zeit erhöht
hätten. Wäre eine derartige Beratung erfolgt, so wäre es zu einer Vertragsänderung gekommen und damit bei der Bewilligung
der ursprünglich ab September 2006 festgesetzten Leistungen geblieben. Nach alledem könne selbst bei Annahme grober Fahrlässigkeit
lediglich eine Rücknahme und Erstattung für die Monate März und April 2005 sowie den Monat Dezember 2005 teilweise als gerechtfertigt
angesehen werden. Ein anderes Ergebnis wäre auch unbillig.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 19. September 2007 zurück und führte zur Begründung aus, zum
Zeitpunkt der Erstantragstellung wie auch bei den Folgeantragstellungen habe der Kläger die Freibeträge übersteigendes Vermögen
gehabt, das zur Bestreitung des Lebensunterhalts einzusetzen gewesen sei. Die Kontostände des Girokontos zum 22. Februar 2005
und zum Zeitpunkt der Folgeanträge seien nicht bekannt. Am 16. November 2006 habe es ein Guthaben in Höhe von 129,68 Euro
aufgewiesen. Insgesamt hätten sich die Kontostände wie folgt dargestellt:
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02/05
|
02/06
|
11/06
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Sparbuch
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602,41
|
565,08
|
669,56
|
Sparkonto
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9.735,08
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10.054,20
|
10.054,20
|
Girokonto
|
-
|
-
|
129,68
|
Gesamtvermögen
|
10.337,49
|
10.619,28
|
10.853,44
|
An Freibeträgen seien zu berücksichtigen:
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02/05
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02/06
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ab 08/06
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Freibetrag § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II
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8.800,00
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9.000,00
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6.750,00
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Freibetrag § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II
|
750,00
|
750,00
|
750,00
|
Gesamtfreibeträge
|
9.550,00
|
9.750,00
|
7.500,00
|
Mit seinem Einwand, das Sparkassenzertifikat habe zur Alterssicherung dienen sollen, könne der Kläger nicht durchdringen.
Altersvorsorgeanlagen seien nur von der Verwertbarkeit nach § 12 SGB II ausgeschlossen, wenn es sich um staatlich geförderte
Altersvorsorgeanlagen (z. B. Riesterrente) gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II oder um Altersvorsorgeanlagen handele, deren Verwertbarkeit
bis zum Rentenbeginn ausgeschlossen sei (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II). Das sei hier nicht der Fall gewesen. Der Kläger habe das
Sparkonto jederzeit kündigen können und dies am 14. Dezember 2006 auch getan. Dementsprechend sei auch der Freibetrag nach
§ 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II hier nicht anzuwenden, so dass das Sparkonto in voller Höhe als verfügbares Vermögen zu berücksichtigen
sei. Sowohl bei der Erst- als auch bei den Folgeantragstellungen sei der Kläger nach alledem nicht hilfebedürftig gewesen
und habe daher auch keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gehabt. Die Bewilligung der Leistungen
sei infolge dessen rechtswidrig gewesen. Rechtsgrundlage für die Rücknahme sei § 45 SGB X. Auf Vertrauen in den Bestand des rechtswidrigen Verwaltungsakts könne der Kläger sich nicht berufen, weil die rechtswidrige
Bewilligung der Leistungen auf seinen unvollständigen bzw. unrichtigen Angaben bei Antragstellung beruht habe. Er habe im
Erstantrag vom 22. Februar 2005 angegeben, lediglich über ein den Betrag von 4.850,- Euro nicht übersteigendes Vermögen zu
verfügen, tatsächlich aber ein Vermögen in Höhe von über 10.000,- Euro gehabt. Die Angaben zum Vermögen seien daher unrichtig
gewesen. Bei Richtigkeit bzw. Vollständigkeit zum Zeitpunkt der Erstantragstellung wäre der Antrag des Klägers wegen übersteigenden
Vermögens abgelehnt worden. Die unrichtigen Angaben seien also kausal für die rechtswidrige Bewilligung der Leistungen gewesen.
Bei den Folgeanträgen vom 2. August 2005 sowie vom 7. Februar und 24. Juli 2006 habe der Kläger jeweils angegeben, dass bezüglich
der Vermögensverhältnisse gegenüber den im Erstantrag gemachten Angaben keine Änderungen eingetreten seien. Auch insoweit
habe er jeweils unrichtige Angaben in Bezug auf das vorhandene Vermögen gemacht, indem er die unrichtigen Angaben im Erstantrag
als richtig bestätigt habe. Zum Zeitpunkt jeder Antragstellung habe das vorhandene Vermögen den jeweils geltenden Freibetrag
überstiegen, so dass auch jeder Folgeantrag wegen übersteigenden Vermögens zum Zeitpunkt der Antragstellung abzulehnen gewesen
wäre. Die Bewilligung von Leistungen auf der Grundlage der Folgeanträge sei daher ebenfalls durch die unrichtigen Angaben
bedingt gewesen. Es sei insoweit unbeachtlich, dass das Vermögen bei richtiger Angabe und Ablehnung des Erstantrags durch
Verbrauch möglicherweise nach Ablauf einiger Monate unterhalb des Freibetrags gelegen hätte. Es stehe nicht fest bzw. sei
nicht nachweisbar, dass das Vermögen tatsächlich zum Lebensunterhalt eingesetzt worden wäre oder dieser noch anderweitig bestritten
worden wäre. Damit sei auch nicht nachvollziehbar, ab welchem Zeitpunkt möglicherweise später Hilfebedürftigkeit eingetreten
wäre, zumal das tatsächlich vorhandene Vermögen gar nicht in vollem Umfang bekannt gewesen sei, da zu dem Vermögen auf dem
Girokonto zum Zeitpunkt der Antragstellung keine Angaben vorhanden gewesen seien. Eine entsprechende Prüfung sei im Übrigen
auch nicht vorzunehmen gewesen, denn es sei eine Tatsache, dass bei jeder Antragstellung das jeweils vorhandene Vermögen den
Freibetrag überstiegen habe, da es nicht verbraucht worden sei. Die unrichtigen Angaben seien vom Kläger auch zumindest grob
fahrlässig gemacht worden. Es habe sich aus dem Antrag selbst ergeben, dass als Vermögen sämtliche verwertbaren Vermögensgegenstände
zu berücksichtigen seien. Insbesondere seien dort aufgeführt Bank- und Sparguthaben und auch andere Anlagen zur Altersvorsorge.
Der Kläger habe daher bereits aufgrund dieser Angaben gewusst, dass das gesamte vorhandene Vermögen anzugeben gewesen sei
und insbesondere, dass auch das nach seinen Angaben zur Altersvorsorge angesparte Vermögen auf dem Sparkonto als Vermögensbetrag
mit aufzuführen sei. Trotzdem habe er angegeben, dass das vorhandene Vermögen nicht höher als 4.850,- Euro gewesen sei. Seine
Argumentation, dass er bei der Antragstellung nicht mehr an das Sparkonto zur Altersvorsorge gedacht habe, sei nicht nachvollziehbar.
Auch wenn er die Zinsen Anfang 2005 nicht habe nachtragen lassen, sei doch davon auszugehen, dass er gewusst habe, dass das
Sparkonto vorhanden war. Zum einen besitze er entsprechende Unterlagen der Bank, die er nach entsprechender Aufforderung auch
vorgelegt habe, zum anderen habe er das dazugehörige Sparbuch ebenso wie das weitere vorhandene Sparbuch zu Hause aufbewahrt.
Es erscheine daher nicht nachvollziehbar, dass er beim Ausfüllen des Antrags das eine Sparbuch berücksichtigt, das andere
aber aus Nachlässigkeit außer Betracht gelassen habe. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass man einen Vermögensbetrag, den
man zur Altersvorsorge angelegt habe, einfach so vergesse. Da der Kläger gewusst habe, dass er bezüglich des Vermögens falsche
Angaben gemacht hatte, sei davon auszugehen, dass er auch zumindest hätte wissen können, dass die Bewilligungen von Leistungen
rechtswidrig gewesen seien. Es sei allgemein bekannt, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur erhalte, wer
diesen nicht durch Einkommen oder Vermögen selbst bestreiten könne. Zudem sei der Kläger im Zuge der Antragsaufnahme umfassend
über seine den Bezug von Arbeitslosengeld II betreffenden Rechte und Pflichten aufgeklärt worden. Er habe daher gewusst, dass
bei Angabe des tatsächlichen Vermögens möglicherweise keine Leistungen bewilligt werden würden. Da die Voraussetzungen für
die Rücknahme der rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakte vorlägen, seien diese nach § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB III) i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Die hier einschlägigen Fristen seien beachtet worden. Die Erstattungsforderung
finde ihre Grundlage in § 50 SGB X. Da der Kläger insgesamt 10.581,97 Euro zu Unrecht erhalten habe, habe er Leistungen in dieser Höhe zu erstatten.
Daraufhin hat der Kläger am 19. Oktober 2007 Klage zum Sozialgericht Cottbus erhoben und vorgetragen, es stehe rückblickend
fest, dass er ohne Bewilligung der Leistungen zum Lebensunterhalt durch den Beklagten auf sein Vermögen hätte zurückgreifen
müssen, denn mit Ausnahme der einmaligen Zinseinkünfte im Dezember 2005 und der von ihm angegebenen Rente habe er über keinerlei
Einkünfte verfügt. Auf entsprechende Anforderung des Gerichts hat der Kläger die sein Girokonto betreffenden Auszüge für den
Zeitraum 1. März 2005 bis 30. November 2006 in Ablichtung zu den Gerichtsakten gereicht.
Der Beklagte hat an seiner Auffassung festgehalten und ergänzend ausgeführt, maßgebend für die Vermögensberücksichtigung sei
stets der aktuelle Bedarfszeitraum, so dass es auf das darin tatsächlich vorhandene und nicht etwa fiktives Vermögen ankomme.
Dies habe zur Folge, dass ein den Freibetrag übersteigendes und tatsächlich vorhandenes Vermögen über den gesamten Anspruchszeitraum
hinweg mit seinem vollen jeweiligen Wert angesetzt und dem Kläger dadurch Monat für Monat aufs Neue entgegengehalten werden
könne, dass er seinen Bedarf zunächst durch Verwertung dieses Vermögens decken müsse, unabhängig davon, ob es zur Deckung
des Bedarfs für den gesamten Bedarfszeitraum ausreiche. Nach § 12 SGB II zu berücksichtigendes Vermögen stehe also, soweit
und solange es noch nicht eingesetzt oder verwertet worden sei, einem Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
auch dann entgegen, wenn es im Falle seines Einsatzes nicht den Bedarf für den gesamten Bedarfszeitraum gedeckt hätte. Entsprechende
Nachweise, dass der Kläger das vorhandene Vermögen verwertet gehabt habe, seien weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt
worden. Allein der Vortrag, dass das Vermögen bei Einsatz für die Hilfebedürftigkeit spätestens im Mai 2005 aufgebraucht gewesen
wäre bzw. unterhalb der Freigrenzen gelegen hätte, sei ohne Bedeutung.
Das Sozialgericht Cottbus hat der Klage mit Urteil vom 11. November 2008 insoweit stattgegeben, als es den Aufhebungs- und
Erstattungsbescheid des Beklagten vom 22. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2007 bezüglich
des Zeitraums vom 1. September 2005 bis zum 31. Oktober 2006 aufgehoben hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung
hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Bewilligungsbescheid vom 8. März 2005 sei im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig
gewesen, da dem Kläger ab dem 1. März 2005 mangels Hilfebedürftigkeit wegen vorhandenen Vermögens keine Leistungen zugestanden
hätten. Die rechtswidrige Bewilligungsentscheidung des Beklagten habe auch auf dem Kläger vorwerfbarem, grob fahrlässigem
Verhalten beruht. Dass er sich bei der Antragstellung geirrt oder - wie behauptet - wesentliche Vermögenswerte vergessen habe,
halte die Kammer für nicht nachvollziehbar. Letztlich könne dies dahinstehen, denn auch wenn sein Vortrag der Wahrheit entspreche,
sei sein Verhalten nicht entschuldbar. Anlässlich der Antragstellung wäre er verpflichtet gewesen, seine Vermögensanlagen
bzw. seine Unterlagen durchzusehen und gegenüber dem Beklagten wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Hinsichtlich des Monats
November 2006 ergebe sich die Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung aus § 48 SGB X. Durch den Zinsnachtrag am 17. November 2006 habe der Kläger Einkünfte in Höhe von 297,85 Euro sowie in Höhe von 319,12 Euro,
insgesamt also 616,97 Euro, erzielt, so dass im Hinblick auf seinen Leistungssatz von 523,39 Euro Hilfebedürftigkeit nicht
bestanden habe. Auch die sonstigen Voraussetzungen für die Rücknahme seien hier erfüllt. Hingegen seien hinsichtlich des Zeitraums
vom 1. September 2005 bis zum 31. Oktober 2006 die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bewilligungsbescheide nach § 45 SGB X nicht erfüllt. Nach Auffassung der Kammer handele es sich bei den Bewilligungsbescheiden vom 15. August 2005, 23. Februar,
3. März und 27. Juli 2006 in der Fassung vom 3. August 2006 zwar um von Anfang an rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte.
Der Beklagte habe auch zu Recht darauf hingewiesen, dass jeweils zum Zeitpunkt der Fortzahlungsanträge Vermögen vorhanden
gewesen sei, dass die entsprechenden Freibeträge überschritten haben. Jedoch seien die Voraussetzungen für eine Rücknahme
aus Vertrauensschutzgründen nicht gegeben. Die Bewilligungsbescheide hätten nämlich weder auf einer arglistigen Täuschung,
Drohung oder Bestechung des Klägers beruht, noch habe er die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsakte gekannt oder könne ihm grob
fahrlässige Unkenntnis vorgeworfen werden. Auch beruhten die auf die Fortzahlungsanträge des Klägers hin ergangenen Bewilligungsbescheide
ersichtlich nicht auf Angaben, die der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig
gemacht habe. Die in den Fortzahlungsanträgen gestellte Frage nach einer Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
habe der Kläger jeweils wahrheitsgemäß beantwortet. Er sei in den Fortzahlungsanträgen nicht explizit nach der Höhe seiner
Vermögenswerte befragt worden. Wäre der Kläger jeweils erneut zur Höhe seiner Vermögenswerte befragt worden und hätte er wahrheitswidrige
Angaben gemacht, so hätte dies zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts führen können und müssen. Dies sei jedoch hier
nicht der Fall gewesen.
Gegen das ihm am 21. November 2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 9. Dezember 2008 Berufung eingelegt. Er ist der
Auffassung, die Auslegung der Vorschriften durch das erstinstanzliche Gericht gehe an der Intention des Gesetzgebers vorbei.
Der Kläger habe ursprünglich im Erstantrag falsche Angaben gemacht, die sich auf die Folgezeiträume auswirkten. Er habe in
den Folgeanträgen mit der Mitteilung, dass keine Änderungen eingetreten seien, zum Ausdruck gemacht, auch weiterhin kein Vermögen
zu haben, welches den Betrag von 4.850,- Euro übersteige. Damit habe er auch zum Ausdruck gebracht, dass er weiterhin nicht
über anrechenbares Vermögen verfüge. Im Übrigen hätte der Kläger die Rechtswidrigkeit der Bewilligung zwar nicht unmittelbar
aus den jeweiligen Bewilligungsbescheiden erkennen können. Aufgrund der Hinweise in den Antragsvordrucken, dass Änderungen
der Vermögensverhältnisse unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen seien, sei jedoch für ihn erkennbar gewesen, dass vorhandenes
Vermögen Auswirkungen auf den Anspruch haben könne. Dabei sei nicht erforderlich, dass der Kläger im Einzelfall aufgrund genauer
Berechnung gewusst habe, dass ihm wegen seines Vermögens kein Anspruch zustehe. Ausreichend sei vielmehr, dass er aufgrund
der Gegebenheiten hätte erkennen können, dass die Nichtanzeige des Sparkassenzertifikats Auswirkungen auf seinen Anspruch
haben könnte. Diese Situation habe er selbst verschuldet und in Kauf genommen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 11. November 2008 abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der
beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (BGNR ...) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Sie ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG). Sie ist auch begründet, denn das Sozialgericht Cottbus hat der Klage zu Unrecht insoweit stattgegeben, als es den Aufhebungs-
und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 22. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2007
bezüglich des Zeitraums vom 1. September 2005 bis zum 31. Oktober 2006 aufgehoben hat; der angegriffene Bescheid ist (auch
insoweit) rechtmäßig.
Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch ( SGB III) ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit das Vertrauen
des Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsaktes nicht schutzwürdig ist. Ein Ermessensspielraum besteht bei Vorliegen
dieser Voraussetzungen nicht.
Mit dem angegriffenen Bescheid hat der Beklagte die Bewilligungsbescheide vom 15. August 2005 und 23. Februar 2006, letzteren
in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 3. März 2006, in Gänze sowie den Bewilligungsbescheid vom 27. Juli 2006 in der Gestalt
des Änderungsbescheids vom 3. August 2006 bezüglich des Zeitraums vom 1. September bis zum 31. Oktober 2006 für die Vergangenheit
zurückgenommen.
Diese Bescheide waren begünstigend.
Sie waren auch rechtswidrig, denn da der Kläger im Zeitpunkt des Erlasses jedes der drei Bescheide über Vermögen verfügte,
das die jeweils geltenden Freibeträge überstieg, hätte eine Bewilligung nicht erfolgen dürfen. Zwar ist dem Kläger zuzugeben,
dass er, hätte er bei der Erstantragstellung die vorhandenen Vermögenswerte richtig und vollständig angegeben und aufgrund
dessen zunächst keine Leistung erhalten, vermutlich schon nach etwa zwei Monaten - und mithin sicherlich im Zeitpunkt der
Folgeantragstellung - hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II gewesen wäre und einen entsprechenden Leistungsanspruch
gehabt hätte. Anders als nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Recht kommt es darauf jedoch nach dem Konzept des SGB
II nicht an. Danach besteht ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur dann, wenn zum maßgeblichen
Zeitpunkt einzusetzendes Einkommen oder Vermögen nicht vorhanden ist ("Alles-oder-nichts-Prinzip", vgl. Hengelhaupt in Hauck/Noftz,
SGB II, Kommentar, Stand November 2009, § 12 Rdnr. 308 mit zahlreichen Nachweisen). Auch bei nur geringfügiger Überschreitung
der Freigrenzen nach § 12 Abs. 2 SGB II besteht erst dann ein Anspruch, wenn der die Hilfebedürftigkeit ausschließende Teil
des Vermögens aufgezehrt ist. Solange das anzurechnende Vermögen nicht verbraucht ist, etwa weil der Betreffende zu Unrecht
Leistungen erhalten hat und daher auf seine Ersparnisse nicht hat zurückgreifen müssen, schließt es, etwa im Fall einer erneuten
Antragstellung, die rechtmäßige Gewährung von Leistungen jederzeit und für unbegrenzte Dauer aus, auch wenn es tatsächlich
nur für eine kurze Zeit ausgereicht hätte. Eine Bilanzierung dergestalt, dass der Wert des anzurechnenden Vermögens dem im
Anspruchszeitraum entstandenen Bedarf gegenübergestellt wird und Leistungen insoweit zu gewähren sind, als ein Bedarfsüberhang
verbleibt, sieht das Gesetz nicht vor (vgl. Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Kommentar, Stand November 2009, § 12 Rdnr.
311 m.w.N.).
Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauen in den Bestand der leistungsbewilligenden Bescheide berufen, denn sie beruhten
alle drei auf Angaben, die er zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hatte. Unrichtig war seine
Angabe bei der Erstantragstellung am 22. Februar 2005, dass er kein Vermögen habe, welches den Wert von 4.850,- Euro übersteige,
denn tatsächlich hatte er, auch ohne Berücksichtigung des möglicherweise auf seinem Girokonto vorhandenen Guthabens und eventuell
vorhandenen Bargeldes jedenfalls 10.337,49 Euro an Guthaben auf dem Sparbuch und dem Sparkonto bei der Sparkasse Niederlausitz.
Auch die insoweit am 2. August 2005 sowie am 7. Februar und am 24. Juli 2006 bei den Folgeantragstellungen vom Kläger gemachten
Angaben waren unrichtig im Sinne des § 45 SGB X. Macht ein Leistungsempfänger falsche Angaben und erklärt er im Zusammenhang mit der Beantragung von Folgeleistungen, es
habe keine wesentlichen Änderungen gegeben, so ist auch dies unrichtig (vgl. LSG Saarland, Urteil vom 18. Februar 1999 - L 6 AL 6/98, NZS 2000, 102; Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, Kommentar, Stand Juli 2008, § 45 Rdnr. 41).
Unrichtig waren die Angaben auch in wesentlicher Beziehung, denn es kam gerade auf die Frage an, ob Vermögen von mehr als
4.850,- Euro Wert vorhanden war.
Der Kläger hat die unrichtigen Angaben auch zumindest grob fahrlässig gemacht. Der Legaldefinition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X zufolge liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt
hat. Dies ist, wie das erstinstanzliche Gericht bereits zutreffend ausgeführt hat, dann der Fall, wenn er bereits einfache,
ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und daher nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten
müssen. Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit ist nicht von einem objektiven, sondern von einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab
auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Februar 2006 - B 7a AL 58/05 R, zitiert nach juris). Das Maß der Fahrlässigkeit ist insbesondere
nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit und dem Einsichtsvermögen des Beteiligten gemäß dem subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff
zu beurteilen. Bezugspunkt ist die Angabe von Tatsachen. Die von dem Kläger anlässlich der Erstantragstellung auf dem Vordruck
zu beantwortende Frage zeichnete sich durch denkbare Schlichtheit aus, denn es handelte sich um die nur mit "ja" oder "nein"
zu beantwortende Frage, ob Vermögen von mehr als 4.850,- Euro vorhanden sei. Es bedurfte auch zur Sicherstellung einer richtigen
Antwort keiner komplizierten Denkvorgänge oder Überlegungen. Dass jemand, der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
beantragt, über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Bilde und in der Lage ist, diesbezügliche Fragen wahrheitsgemäß
zu beantworten, kann und darf erwartet werden. Einer besonderen Prüfung und Berücksichtigung der persönlichen Urteils- und
Kritikfähigkeit und des Einsichtsvermögens des Klägers bedarf es in Anbetracht dessen nicht. Zu Recht hat das Sozialgericht
ausgeführt, dass das "Vergessen" eines Sparkontos mit einem Guthaben von mehr als 9.700,- Euro insbesondere dann nicht nachvollziehbar
ist, wenn es sich dabei um 90 v.H. des Gesamtvermögens handelt. Jedenfalls aber ist die Nichtangabe dieses Vermögenswerts
nicht entschuldbar, denn bei auch nur geringfügiger Anstrengung, sei es durch Nachdenken oder durch Kontrolle der Bankunterlagen,
wäre eine wahrheitsgemäße, also richtige und vollständige Antwort jedem, und damit auch dem Kläger, möglich gewesen. So, wie
der Kläger die Unrichtigkeit seiner Angaben in den Folgeanträgen perpetuiert hat, indem er jeweils angegeben hat, es seien
keine wesentlichen Änderungen eingetreten, so hat sich auch der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens fortgesetzt, denn anlässlich
jeder neuen Antragstellung war der Kläger gehalten, sich den Sinn der ihm gestellten Fragen zu vergegenwärtigen und sich mit
der gebotenen Anstrengung um eine der Wahrheit entsprechende Beantwortung zu bemühen. Erforderlichenfalls hätte er nachfragen
können und müssen.
Die Bewilligungsbescheide beruhten schließlich auch auf den vom Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung
unrichtig gemacht Angaben. Letztere waren kausal für die Leistungsgewährung, denn hätte der Beklagte im Zeitpunkt des Erlasses
des jeweiligen Bescheides darum gewusst, dass der Kläger über die Freibeträge nicht unerheblich übersteigendes Vermögen verfügte,
so hätte er keine Leistungen nach dem SGB II bewilligen dürfen und bewilligt. Ohne die unrichtigen Angaben wären die dem Begehren
des Klägers entsprechenden, mangels Vorliegen der Voraussetzungen rechtswidrigen Bescheide nicht erlassen worden, sie waren
also ursächlich oder zumindest mitursächlich (vgl. Waschull in Diering/Timme/Waschull, SGB X, Kommentar, 2. Aufl. 2007, § 45 Rdnr. 36).
Auch die sonstigen Voraussetzungen für die Rücknahme bzw. Teilrücknahme der Bewilligungsbescheide sind erfüllt, insbesondere
ist die Jahresfrist nach §§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten, denn Kenntnis über die eine Aufhebung der Bescheide rechtfertigenden Tatsachen, nämlich die wahren Vermögensverhältnisse
des Klägers, erlangte der Beklagte erst anlässlich seiner Vorsprache am 14. Dezember 2006, bei welcher er entsprechende Angaben
machte und Unterlagen vorlegte. Nach § 330 Abs. 2 SGB III ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X der Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Der Beklagte hat danach auch in atypischen Fällen
kein Ermessen auszuüben, sondern eine gebundene Entscheidung zu treffen (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juni 2003 - B 11 AL 70/02,
zitiert nach juris; Niesel, SGB III, Kommentar, 4. Auflage 2007, § 330 Rdnr. 50).
Die Erstattungsforderung schließlich hat der Beklagte zu Recht auf § 50 Abs. 1 SGB X gestützt. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben wurde. Auch insoweit
hatte der Beklagte nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift keinen Ermessensspielraum. Dass der Beklagte die Höhe der Forderung
zu Ungunsten des Klägers fehlerhaft ermittelt hätte, hat der Kläger nicht geltend gemacht. Es ist auch nicht ersichtlich.
Die Festsetzung ist § 50 Abs. 3 SGB X gemäß mit der Aufhebung der Bewilligungsbescheide verbunden worden.
Dass der Kläger sich nach alledem einer Erstattungsforderung ausgesetzt sieht, die sein in den hier relevanten Zeiträumen
vorhanden gewesenes Vermögen - auch ohne die Berücksichtigung von Freibeträgen - übersteigt, ist dem Senat bewusst. Angesichts
des dem SGB II zugrunde liegenden Konzepts bezüglich der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen und der Tatsache, dass
es sich sowohl hinsichtlich der Aufhebung auf grob fahrlässig gemachten unrichtigen Angaben beruhender rechtswidriger Bewilligungen
als auch bezüglich der Erstattung aufgrund aufgehobener Verwaltungsakte erbrachter Leistungen um gebundene Entscheidungen
handelt, ist ein solches Ergebnis jedoch vom Gesetzgeber wenn nicht intendiert, so doch in Kauf genommen. Dass nicht nur zurückgefordert
wird, was bei wahrheitsgemäßen Angaben nicht bewilligt worden wäre, hat letztlich Sanktionscharakter und möglicherweise generalpräventive
Wirkung.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
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