Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB).
Der im Jahr 1948 geborene Kläger erhielt zunächst am 10. September 1985 durch das damals für ihn zuständige Versorgungsamt
I Berlin eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 60 vom Hundert festgestellt. Nach abgelaufener Heilungsbewährung
führte das Land Berlin am 13. Oktober 1987 eine Anhörung durch und senkte mit Bescheid des Versorgungsamtes I Berlin vom 3.
Dezember 1987 den GdB auf 40 ab. Dem lag eine versorgungsärztliche Einschätzung zugrunde, die einen Zustand nach Herzinfarkt
mit einem GdB von 30, eine Schuppenflechte mit einem GdB von 20 und eine chronische Magenschleimhautentzündung, Fettleber
mit einem GdB von 10 bewertete und insgesamt den GdB auf 40 einschätzte. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 16. Mai 2011 beantragte der Kläger bei dem nunmehr für ihn zuständigen Beklagten die Neufeststellung des GdB. Mit Bescheid
vom 29. Juli 2011 hob der Beklagte "den Bescheid vom 13. Oktober 1987" auf und stellte mit Wirkung vom 16. Mai 2011 einen
GdB von 40 fest. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2012 mit der Begründung zurück,
der GdB sei zutreffend bemessen.
Im anschließenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Cottbus hat am 22. April 2013 aufgrund richterlicher Beweisanordnung
der Arzt M ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet und darin den GdB ebenfalls auf 40 eingeschätzt. Insbesondere
auch gestützt auf dieses Sachverständigengutachten hat das Sozialgericht mit Urteil vom 23. Januar 2014 die Klage abgewiesen.
Im anschließenden Berufungsverfahren hat aufgrund richterlicher Beweisanordnung der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Sch
am 3. Dezember 2014 ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Darin hat er eine schlafbezogene Atmungsregulationsstörung,
maskenpflichtig, mit einem GdB von 20, einen Bluthochdruck, abgelaufenem Herzinfarkt mit einem GdB von 30, die Schuppenflechte
mit einem GdB von 20, Wirbelsäulenfunktionsstörung mit einem GdB von 20 und Fingertremor mit einem GdB von 10 bewertet. Insgesamt
schätzte er den GdB weiterhin auf 40 ein.
Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe weiterhin ein höherer GdB zu.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 23. Januar 2014 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 29.
Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2012 zu verpflichten, ab dem 16. Mai 2011 einen GdB von
50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten
Schriftsätze sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten, die im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand
der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß §
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG), sie ist jedoch in der Sache nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn dem Kläger steht
auch mit Wirkung der jetzt geltend gemachten Verschlimmerungen kein höherer Grad der Behinderung als 40 zu, der bereits zuerkannt
wurde.
Rechtsgrundlage für die Feststellung des GdB ist §
69 Sozialgesetzbuch/Neuntes Buch (
SGB IX) in Verbindung mit der Anlage zu §
2 Versorgungsmedizinverordnung (Versorgungsmedizinische Grundsätze). Bei dem Kläger bestehen im Wesentlichen vier Funktionsbeeinträchtigungen,
nämlich zum einen eine schlafbezogene maskenpflichtige Atmungsregulationsstörung, sodann Bluthochdruck, abgelaufener Herzinfarkt,
ferner eine Schuppenflechte und schließlich eine Wirbelsäulenfunktionsstörung bei Verschleiß, Bandscheibenoperation und operierter
Verengung des Rückmarkkanals. Jede dieser vier Funktionsbeeinträchtigungen ist mit einem Einzel-GdB von 20 entsprechend den
vorgenannten Versorgungsmedizinischen Grundsätzen zu bewerten. Dies entspricht dem Gesamtergebnis des Verfahrens, §
128 SGG, insbesondere unter Berücksichtigung des medizinischen Sachverständigengutachtens, das der Facharzt für Allgemeinmedizin
Dr. Sch am 3. Dezember 2014 erstattet hat. Dabei ist unerheblich, dass der Sachverständige im Ergebnis seiner Betrachtungen
den Bluthochdruck, abgelaufenen Herzinfarkt mit einem Einzel-GdB von 30 bewertet hat, denn er hat in seinem Gutachten ausgeführt,
dass er diesen höheren Einzel-GdB nur aufgrund eines Bestandsschutzes einschätzen würde, dass die tatsächliche, sozialmedizinisch
begründete Einschätzung jedoch auf einen Einzelwert von 20 bezogen ist. Unter Zugrundelegung dieser tatsächlich bestehenden
Funktionsbeeinträchtigung ist, wie es auch der Sachverständige vorgeschlagen hat, der von dem Beklagten bereits in Ansatz
gebrachte Gesamt-GdB von 40 angemessen.
Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass bereits mit Bescheid vom 3. Dezember 1987, der bestandskräftig geworden war,
bereits auf der Grundlage der damaligen Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Herzerkrankung und der Schuppenflechte
ein Gesamt-GdB von 40 zuerkannt worden war und nunmehr zwei neue Funktionsbeeinträchtigungen von spürbarem Gewicht hinzugetreten
sind, nämlich die Wirbelsäulen-Funktionsbeeinträchtigung und die schlafbezogene maskenpflichtige Atmungsregulationsstörung.
Auch unter Zugrundelegung des Urteils des Bundessozialgerichts vom 17. April 2013 (B 9 SB 6/12 R, zitiert nach juris) und der ihm folgenden Entscheidung des 11. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21.
Mai 2014 (L 11 SB 235/12) ist nicht aufgrund Bestandsschutzes ein höherer Gesamt-GdB in Ansatz zu bringen. Dies käme allenfalls dann in Betracht,
wenn die ursprüngliche, bestandskräftig gewordene GdB-Ansetzung insgesamt rechtswidrig wäre und bei insoweit unveränderten
Funktionsbeeinträchtigungen weitere Funktionsbeeinträchtigungen hinzugetreten wären, die dann zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB
hätten führen müssen (zum Einzelnen: LSG Berlin-Brandenburg, 11. Senat, a.a.O., juris Rn. 33 ff.).
Diese Voraussetzungen liegen indessen nicht vor. Vorliegend ist schon nicht feststellbar, dass der Bescheid vom 3. Dezember
1987 zwingend rechtswidrig gewesen ist. Im Hinblick darauf, dass der Herzinfarkt des Klägers damals erst kurze Zeit zurücklag,
erscheint vielmehr die Ansetzung eines Einzel-GdB von 30 für durchaus begründbar. Jedenfalls besteht nicht die Gewissheit,
dass insoweit eine rechtswidrige GdB-Bemessung stattgefunden hat. Vielmehr spricht einiges dafür, dass es in der Zwischenzeit,
nachdem der Herzinfarkt keine Funktionsbeeinträchtigungen darstellt, zu einer Besserung des kardiologisch begründeten Gesundheitszustandes
des Klägers gekommen ist und dass insoweit auch nur noch ein Einzel-GdB von 20 in Ansatz gebracht werden kann.
Vor diesem Hintergrund lässt sich nicht feststellen, dass ein früherer Einzel-GdB rechtswidrig und bestandskräftig geschaffen
und als Sockelbetrag der weiteren Verschlechterung des Gesamt-Gesundheitszustandes zugrunde gelegt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens inder Sache selbst.
Die Revision war nicht zuzulassen, Zulassungsgründe nach §
160 Abs.
2 SGG sind nicht ersichtlich.