Q-Fieber-Infektion als Folge einer Wehrdienstbeschädigung
Isolierte Feststellungsklage
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer abgelaufenen Q-Fieber-Infektion des Klägers als Folge einer Wehrdienstbeschädigung
nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
Der 1963 geborene Kläger war vom 4. März 1996 bis zum 31. Mai 2010 Soldat der Bundeswehr, zuletzt im Rang eines Oberfeldarztes.
Er nahm als Sanitätsstabsoffizier an einem Auslandseinsatz in Afghanistan bis zum 4. Oktober 2007 teil. Anfang 2008 wurde
er wegen eines Infekts der Atemwege im Bundeswehrkrankenhaus ambulant behandelt. Während serologische Untersuchungen vom 13.
und 25. Februar 2008 einen negativen Befund zeigten, wurde der Untersuchung einer weiteren Probe am 21. November 2008 der
serologische Hinweis auf eine längere Zeit (ca. 3 Monate bis 5 Jahre) zurückliegende Infektion mit Coxiella burnetii entnommen.
Hierbei handelt es sich um den Erreger des Q-Fiebers, einer zwischen Tieren und Menschen übertragbaren Infektionskrankheit.
Mit WDB-Blatt vom 11. Mai 2010 machte der Kläger eine Infektion mit Q-Fieber als Folge seines Auslandseinsatzes geltend. Mit
Bescheid vom 8. Juli 2011 stellte die Beklagte fest, dass die Gesundheitsstörung "abgelaufene Q-Fieber-Infektion" nicht Folge
einer Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) sei und daher kein Anspruch auf Ausgleich nach § 85 SVG bestehe.
Mit seinem Widerspruch brachte der Kläger vor, er sei in Deutschland keinem Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen, weil er nicht
zu dem Kreis der gefährdeten Personen (z.B. Schlachthofpersonal, Landwirte, Schäfer, Schafscherer, Tierärzte) gehöre. Hingegen
habe er sich während seines Auslandeinsatzes regelmäßig in Zelten aufgehalten und sei deshalb Staub und Sandpartikeln ausgesetzt
gewesen. In der weiteren Umgebung des Lagers hätten sich Hirten mit ihren Schafherden aufgehalten. Die Beklagte wies den Widerspruch
mit Widerspruchsbescheid vom 8. August 2012 zurück: Die Gesundheitsstörungen und Infektionen "abgeklungener Atemwegsinfekt
unklarer Genese im Januar 2008; zeitlich unbestimmt abgelaufene Q-Fieber-Infektion" seien nicht Folgen einer Wehrdienstbeschädigung.
Mit seiner Klage bei dem Sozialgericht Berlin hat der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehrt, die bei ihm aufgetretenen
Gesundheitsstörungen und Infektionen "abgeklungener Atemwegsinfekt unklarer Genese im Januar 2008; zeitlich unbestimmt abgelaufene
Q-Fieber-Infektion" als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. April 2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, es
sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger während seiner Tätigkeit einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen sei.
Gegen das Urteil des Sozialgerichts hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er zunächst die Feststellung der geltend gemachten
Gesundheitsstörungen als Wehrdienstbeschädigung begehrt hat. Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des
Infektiologen Prof. Dr. Dr. S vom 4. November 2015 mit ergänzender Stellungnahme vom 6. Januar 2016.
In der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2016 hat der Kläger erklärt, die Feststellung, dass der "abgeklungene Atemwegsinfekt
unklarer Genese im Januar 2008" nicht mehr als Folge einer Wehrdienstbeschädigung geltend zu machen. Er hat darauf verwiesen,
dass als Folge einer Q-Fieber-Infektion Herzerkrankungen auftreten könnten.
Der Kläger beantragt, wie folgt zu erkennen,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 24. April 2014 sowie des Bescheides der Beklagten vom 8. Juli 2011
in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 8. August 2012 wird festgestellt, dass die Gesundheitsstörung
"abgelaufene Q-Fieber-Infektion" als Folge einer Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an ihrer Entscheidung fest.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge
der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Die auf die Feststellung gerichtete Klage, dass die abgelaufene Q-Fieber-Infektion als Folge einer Wehrdienstbeschädigung
anzuerkennen ist, ist unzulässig. Dieses Feststellungsbegehren kann weder auf §
55 Abs.
1 Nr.
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) noch auf §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG gestützt werden, weil nur eine isolierte Feststellung von Schädigungsfolgen im Sinne des SVG zulässig ist, nicht aber die Klärung einzelner Elemente als Vorfrage des Anspruchs nach § 80 SVG.
Nach §
55 Abs.
1 Nr.
3 SGG kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit
oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Als Sonderfall der sonst grundsätzlich
unzulässigen Elementenfeststellungsklage dient diese Vorschrift der Klärung der haftungsbegründenden Kausalität, d.h. ob zwischen
einer Schädigung im Sinne des sozialen Entschädigungsrechts und dem Eintritt eines Primär- oder Erstschadens ein hinreichender
Kausal- bzw. Zurechnungszusammenhang besteht (vgl. BSG, Urteile vom 9.12.1998 - B 9 V 46/97 R - BSGE 83, 171, und - B 9 V 45/97 R - SozR 3-1500 § 141 Nr. 6). Hingegen kommt eine isolierte Feststellungsklage auf der Grundlage des §
55 Abs.
1 Nr.
3 SGG dann nicht in Betracht, wenn mit ihr nur die selbstständige Feststellung des Vorliegens anderer als in der Vorschrift genannter
Tatbestandselemente des geltend gemachten Anspruchs begehrt wird (vgl. Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R - SozR 3-3200 § 81 Nr. 16). Die von dem Kläger verfolgte Feststellung, dass er während seines Auslandseinsatzes in Afghanistan
eine Infektion mit Q-Fieber erlitten hat, bezieht sich allein auf den mit dem Wehrdienst zusammenhängenden schädigenden Vorgang
als solchen, nicht aber auf dessen Folgen. Die Feststellung des Primärschadens, die der Kläger infolge der (vom ihm vorgebrachten)
Infektion Anfang 2008 durchmachte, macht er nicht mehr geltend. Ebensowenig verfolgt der Kläger die Feststellung weiterer
Schädigungsfolgen, beispielsweise der von dem ihm befürchteten Herzleiden, die auch erkennbar nicht vorliegen. Damit möchte
der Kläger allein ein bloßes Teilelement der Voraussetzungen des § 80 SVG festgestellt haben, das auf der Grundlage des §
55 Abs.
1 Nr.
3 SGG nicht feststellungsfähig ist.
Die Statthaftigkeit der Feststellungsklage ergibt sich auch nicht aus §
55 Abs.
1 Nr.
1 SGG. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Ein derartiges
öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis entsteht aber nicht bereits dadurch, dass die Beteiligten über das Vorliegen einer
bloßen Tatsache, hier die Infektion während des Auslandseinsatzes des Klägers, streiten, die lediglich eine Vorfrage des Versorgungsanspruchs
nach § 80 SVG bildet (vgl. zum Opferentschädigungsrecht BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 V 1/13 R -, BSGE 118, 63).
Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass Klage auch unbegründet ist.
Nach § 80 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen
und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften
des Bundesversorgungsgesetzes, soweit im SVG nichts Abweichendes bestimmt ist. Wehrdienstbeschädigung ist nach § 81 Abs. 1 SVG eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes
erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Entsprechend diesen
gesetzlichen Bestimmungen ist für die vorliegend streitige Anerkennung von Schädigungsfolgen eine dreigliedrige Kausalkette
zu prüfen (vgl. Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 25. März 2004, B 9 VS 1/02 R, SozR 4-3200 § 81 Nr. 1): Ein mit dem Wehrdienst zusammenhängender schädigender Vorgang muss zu einer primären Schädigung
geführt haben, die wiederum die geltend gemachten Schädigungsfolgen bedingt hat. Dabei müssen sich die drei Glieder selbst
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen lassen, während für den ursächlichen Zusammenhang grundsätzlich
eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht (vgl. § 81 Abs. 6 Satz 1 SVG).
Der Senat konnte nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§
128 Abs.
1 SGG) nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit während seines Auslandseinsatzes
in Afghanistan eine Infektion mit Q-Fieber erlitten hat. Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. S hat nachvollziehbar dargelegt,
dass die im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung des Klägers abgenommenen Antikörper-Titer gegen Coxiella burnetii allesamt
negativ gewesen sind, was gegen eine durchgemachte Q-Fieber-Infektion des Klägers spricht. Etwas anderes ergibt sich auch
nicht aus dem Umstand, dass bei der serologischen Untersuchung am 19. November 2008 Antikörper gegen Coxiella burnetii gefunden
wurden, denn dieser Titer war, worauf der Sachverständige hingewiesen hat, sehr niedrig. Weiter hat der Sachverständige ausgeführt,
dass bei den beiden Untersuchungen im Februar 2008 auch Antikörper gegen Adenovirus und Coxsackie-Virus sowie gegen Chlamydien
und Legionellen nachweisbar waren. Dies kann bedeuten, dass die Atemwegsinfektion des Klägers Anfang 2008 auf einen dieser
Erreger zurückzuführen war. Viel wahrscheinlicher ist es nach der Auffassung des Sachverständigen, dass es sich um eine unspezifische
polyklonale Stimulation handelte, in deren Rahmen es auch zu den niedrig positiven Reaktionen in den Antikörpertest gegen
Coxiella burnetii gekommen ist. In diesem Fall wäre, wie der Sachverständige dargelegt hat, die Reaktion bei der serologischen
Untersuchung am 19. November 2008 nicht auf eine tatsächliche Infektion mit Coxiella burnetii zurückzuführen. Insgesamt hält
der Senat eine Infektion des Klägers mit Q-Fieber nicht für ausgeschlossen. Für die Überzeugung, dass sich der Kläger mit
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Q-Fieber infizierte, reicht dies jedoch nicht aus.
Die nach §
193 Abs.
1 Satz 1
SGG zu treffende Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Berufung keinen Erfolg hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) sind nicht erfüllt.