Sozialhilfe - Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz - Vermögenserwerb während Leistungsbezug - Sicherheitsleistung
Tatbestand:
Der Kläger ist 1971 geboren worden. Sein derzeitiger Aufenthaltsort ist unbekannt. Er reiste im Mai 2007 zusammen mit seiner
1979 geborenen Ehefrau und den beiden (im Januar und Dezember) 1999 geborenen Kindern in die Bundesrepublik Deutschland ein
und beantragten die Gewährung von Asyl. Der Kläger und seine Ehefrau gaben bei ihrer Einreise an, armenische Staatsangehörige
zu sein. Jedenfalls ab Juni 2007 gewährte der Beklagte dem Kläger und seiner Familie Leistungen nach dem
AsylbLG.
Nachdem sie bis dahin in einem Wohnheim untergebracht waren, bezogen der Kläger und seine Familie im August 2007 eine von
ihm mit Zustimmung des Beklagten angemietete Wohnung. Ab 1. August 2007 gewährte der Beklagte dem Kläger und seiner Familie
darauf hin laufende Geldleistungen nach dem
AsylbLG. Die nach dem Mietvertrag geschuldete Miete einschließlich Heizkosten wurde direkt an den Vermieter überwiesen, die Abschlagszahlungen
für Elektroenergie direkt an den Stromversorger. Außerdem bewilligte der Beklagte einmalige Beihilfen zur Erstausstattung
der Wohnung teils als Barbeihilfe (744,-- €), teils als Kostenübernahmescheine (Wert 1.473,-- €). Die bewilligten Barbeträge
für den Lebensunterhalt der Familie lagen regelmäßig zwischen 700,-- und 800,-- € monatlich. Für den Zeitraum 28. Januar 2008
bis 9. März 2008 wurden Barleistungen in Höhe von 1.139,46 € bewilligt und am 28. Januar 2008 per Scheck an den Kläger ausgezahlt,
für den Zeitraum 10. März bis 13. April 2008 in Höhe von 887,49 € bewilligt und am 11. März 2008 per Scheck ausgezahlt sowie
für den Zeitraum 14. April bis 19. Mai 2008 936,05 € bewilligt und am 14. April 2008 per Scheck ausgezahlt. Am 11. März 2008
erklärte der Kläger außerdem gegenüber dem Beklagten, dass er in der Zeit vom 18. Dezember 2007 bis zum 11. März 2008 keine
Einkünfte gehabt habe und dass in seinen sonstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen keine Veränderungen eingetreten
seien.
Am 4. Februar 2008 war unterdessen die Wohnung des Klägers auf richterliche Anordnung durch die Polizei durchsucht worden.
Neben diversen Gegenständen war ein Barbetrag von 2.800,-- € (Stückelung 5 x 200, 5 x 100, 17 x 50, 15 x 20, 15 x 10 €) auf
der Grundlage des § 38 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG) sichergestellt
worden. Von der Sicherstellung wurde der Beklagte am 5. Mai 2008 in Kenntnis gesetzt.
Durch Bescheid vom 6. Mai 2008 verfügte der Beklagte gegenüber dem Kläger, dass er für die vom 4. Februar bis 30. April 2008
gewährten Leistungen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.800,-- € nach §
7a AsylbLG beanspruche und im Wege des unmittelbaren Zwanges gemäß §§
12 und
6 Abs.
2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (
VwVG) anordne. Die von der Polizei festgestellten Barmittel seien als Vermögen für den Lebensunterhalt aufzubrauchen. Die Anordnung
des unmittelbaren Zwanges rechtfertige sich dadurch, dass der Kläger entgegen den gesetzlichen Vorschriften das Vermögen nicht
aufgebraucht habe, bevor er Leistungen beantragt habe, und dass er den Besitz von Vermögen verschwiegen habe. Das Interesse
des Klägers, keine Sicherheit leisten zu müssen, müsse hinter dem öffentlichen Interesse zurückstehen. Zugleich werde "die
sofortige Vollziehung dieses Bescheides gemäß §
80 Abs.
2 Nr.
4 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO)" aus den vorgenannten Gründen angeordnet.
Der Polizeipräsident in Berlin überwies dem Beklagten darauf hin einen Betrag von 2.800,-- €. Der Beklagte bewilligte dem
Kläger und seiner Familie auch danach ohne Unterbrechung weiter Leistungen.
Mit seinem Widerspruch gegen den Bescheid vom "5." (richtig: 6.) Mai 2008 machte der Kläger geltend, dass es sich bei dem
beschlagnahmten Betrag um die Summe aus der Sozialhilfe für seine Familie im Monat Februar 2008, entsprechend 1.139,46 €,
und einem Betrag von 1.600,-- € handele, der seinem ehemaligen Wohnungsnachbarn G T gehöre. Der Nachbar habe ihm das Geld
zur kurzfristigen Aufbewahrung bis zum Einzug in eine neue Wohnung gegeben, nachdem die alte wegen eines Brandes nicht mehr
bewohnbar gewesen sei. Das Geld habe der Nachbar vom Sozialamt für die Erstausstattung einer neuen Wohnung erhalten. Die "sofortige
Vollziehung" sei für ihn eine besondere Härte, weil er "total überschuldet" sei. Er müsse nicht nur Herrn T 1.600,-- € abgeben,
sondern auch seinem Bekannten A M 800,-- €, die er von ihm am 7. Februar 2008 für Nahrungsmittel, Fahrkarten und die Bezahlung
der Rechtsanwaltsgebühren geliehen habe. Hierzu hat er einen schriftlichen "Darlehensvertrag" ohne Datum zwischen A M und
ihm sowie eine "Vereinbarung" mit Datum des 1. Februar 2008 zwischen Herrn T und ihm über die Aufbewahrung eines Betrages
von 1.600,-- € vorgelegt.
Durch Widerspruchsbescheid vom 8. August 2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen für das Verlangen
einer Sicherheitsleistung lägen vor. Der Kläger habe weder bei der Beschlagnahme noch später der Polizei gegenüber geltend
gemacht, dass das bei ihm gefundene Bargeld von 2.800,-- € nicht ihm gehöre oder es sich um Restleistungen nach dem
AsylbLG handle. Die erst im Widerspruchsverfahren abgegebene Erklärung zur Herkunft des Geldes sei angesichts der beschlagnahmten
anderen Gegenstände vollkommen unglaubhaft. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Kläger das ihm am 7. Februar 2008 gewährte
Darlehen von 800,-- € vor der Gewährung öffentlicher Leistungen aufzubrauchen gehabt habe, gleichgültig zu welchem Zweck es
gewährt worden sei.
Der Asylantrag des Klägers war unterdessen im Juni 2008 abgelehnt worden. Danach waren ihm jeweils befristet Bescheinigungen
über die Aussetzung der Abschiebung (Duldung) erteilt worden, zuletzt bis zum 7. Oktober 2011.
Mit seiner Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 6. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. August
2008 hat der Kläger sein Anliegen im Wesentlichen mit der Begründung aus dem Widerspruchsverfahren weiterverfolgt. Jedenfalls
müsse die am 28. Januar 2008 gewährte Barleistung von dem als Sicherheitsleistung beanspruchten Betrag abgezogen werden. Der
Beklagte hat dem entgegen gehalten, dass die Herkunft des Geldes noch vollkommen unklar sei. Im Besonderen sei nicht nachzuvollziehen,
warum die am 28. Januar 2008 dem Kläger ausgezahlte Leistung in dem erst am 4. Februar 2008 beschlagnahmten Geldbetrag vollständig
enthalten gewesen sein solle. Träfe dies zu, stünde damit fest, dass der Kläger die ausgezahlte Leistung nicht zum Lebensunterhalt
benötigt jabe und damit nicht bedürftig gewesen sei.
Auf Anfrage des Sozialgerichts teilte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit, dass die Wohnung des ehemaligen Nachbarn
und seiner Familie am 1. Januar 2008 ausgebrannt sei. Infolgedessen seien dem Nachbarn und seiner Ehefrau vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf
für die Erstausstattung der neuen Wohnung eine einmalige Beihilfe von 2.117,-- € und eine Mietkaution von 1.261,-- € gewährt
und am 31. Januar und 1. Februar 2008 in bar ausgezahlt worden. Weil der Nachbar und seine Familie zunächst provisorisch in
einem Heim am F P untergebracht gewesen seien, sei der Nachbar in Sorge gewesen, dass sie dort bestohlen werden könnten. Er
habe den Betrag von 1.600,-- € deshalb dem Kläger gegeben, während der darüber hinausgehende Betrag anderweitig verwendet
worden sei. Das polizeiliche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger und seine Ehefrau sei noch nicht abgeschlossen.
Der Beklagte antwortete auf die Frage des Sozialgerichts nach dem Zweck der Sicherheitsleistung, es sei dem angefochtenen
Bescheid zu entnehmen, dass diese rückwirkend eingesetzt worden sei. Nach ergänzender Frage des Sozialgerichts führte der
Beklagte aus, dass die Klage jedenfalls hinsichtlich eines Betrages von 1.600,-- € abweisungsreif sei, weil er schon nach
seinem eigenen Vortrag nicht Eigentümer des Geldes sei. Sei er dagegen Eigentümer des Gesamtbetrages gewesen, habe er ihn
auch vollständig einzusetzen. Hilfsweise berufe sich der Beklagte aber auch darauf, dass die Sicherheitsleistung zukunftsgerichtet
einzubehalten gewesen sei. Der Kläger habe sich bis zum 28. Februar 2011 im Leistungsbezug befunden. Die bis dahin geflossenen
Leistungen hätten den sichergestellten Betrag erheblich überschritten, das sichergestellte Vermögen sei damit zurückgeflossen.
Durch Gerichtsbescheid vom 13. Februar 2012 hat das Sozialgericht der Klage insoweit stattgegeben, als es die angefochtenen
Bescheide aufgehoben und den Beklagten zur Freigabe des Gesamtbetrages von 2.800,-- € sowie zur Auszahlung von 1.200,-- €
an den Kläger verurteilt hat. Außerdem hat es dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers in vollem Umfang auferlegt.
Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Sozialrechtsweg sei eröffnet. Die angefochtenen Bescheide seien bereits deshalb aufzuheben,
weil ihnen keine Ermessenserwägungen zu entnehmen seien. Der Beklagte sei aber nicht zur Neubescheidung zu verpflichten, ebenso
wenig eine Ermessensreduzierung auf Null zu prüfen gewesen. Die Bescheide seien auch deshalb rechtswidrig, weil der von dem
Beklagten mit der Sicherheitsleistung verfolgte Zweck entfallen sei. Die Rechtsgrundlage §
7a AsylbLG ermächtige nicht dazu, sichergestelltes Geld allein deshalb einzubehalten, weil in der Vergangenheit Leistungen nach dem
AsylbLG gewährt worden seien, diese aktuell gewährt würden oder die Leistungsgewährung in der Zukunft beabsichtigt sei. Entweder
müsse durch die Sicherheitsleistung gewährleistet werden, dass vorhandenes Vermögen verbraucht werde - dann müsse die Zahlung
von Leistungen nach dem
AsylbLG beendet und stattdessen ein entsprechender Betrag aus der sichergestellten Summe zur Verfügung gestellt werden -, oder es
müsse gewährleistet werden, dass ein Erstattungsanspruch gesichert werde - dann müssten solche Ansprüche geltend gemacht und
gegebenenfalls vorhandene Bewilligungsbescheide aufgehoben werden. Die Auslegung der Bescheide ergebe, dass der Beklagte sich
entschieden habe, einen Erstattungsanspruch für Zeiträume in der Vergangenheit zu sichern, werde doch die Sicherheit für Leistungen
angeordnet, die im Zeitraum 4. Februar bis 30. April 2008 in Anspruch genommen worden seien. Die diesen Zeitraum betreffenden
Bewilligungsbescheide seien bis jetzt aber nicht aufgehoben oder zurückgenommen worden, dementsprechend bestehe derzeit auch
kein Erstattungsanspruch. Weil auf den Zeitpunkt der (letzten) angefochtenen Verwaltungsentscheidung abzustellen sei, habe
keine Bedeutung, dass der Beklagte im Klageverfahren erwogen habe, das Sicherungsziel auszutauschen. Abgesehen davon habe
der Beklagte unverändert nicht hinreichend konkretisiert, für welchen Zeitraum genau Bedarfe aus dem sichergestellten Betrag
befriedigt werden sollten. Eine Aufhebung der Leistungsbescheide betreffend den Zeitraum 4. Februar bis 30. April 2008 sei
im Übrigen zwar im Zeitpunkt der angefochtenen Verwaltungentscheidung noch möglich gewesen, ändere aber nichts daran, dass
der Beklagte von seinen rechtlichen Möglichkeiten keinen Gebrauch gemacht habe. Dass der Beklagte den von ihm als Sicherheit
beanspruchten Betrag freizugeben habe, sei aus Klarstellungsgründen auszusprechen gewesen. Der Sachverhalt sei angesichts
der Gründe für die Aufhebung der angefochtenen Bescheide nicht weiter aufzuklären gewesen, im Besonderen nicht in Bezug auf
die Herkunft des sichergestellten Geldbetrags. Soweit der Kläger mit der Leistungsklage die Herausgabe des vollen Betrages
geltend gemacht habe, sei aber zu berücksichtigen, dass er nach seinem eigenen Vortrag nur Eigentümer von 1.200,-- € gewesen
sei. Die Kostenentscheidung berücksichtige, dass der Veranlassungsanteil des Beklagten so stark überwiege, dass das teilweise
Unterliegen des Klägers nicht ins Gewicht falle.
Mit seiner Berufung strebt der Beklagte die Klageabweisung in vollem Umfang an. Die Klage sei unzulässig, nachdem die letzte
dem Kläger erteilte Duldung im Oktober 2011 abgelaufen und sein derzeitiger Aufenthaltsort ungeklärt sei. Unzulässig sei die
Klage auch, soweit der Kläger die Auszahlung von mehr als 1.139,46 € - der ihm zuletzt vor der polizeilichen Sicherstellung
des Geldes ausgezahlten Leistung nach dem
AsylbLG - beanspruche. Die Klage sei aber auch unbegründet. Es sei widersprüchlich, wenn das Sozialgericht einerseits - zutreffend
- ausführe, dass für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich
sei, andererseits aber für den Ablauf von Fristen für Rückforderungs- und Erstattungsansprüche auch die danach liegende Zeit
als entscheidungserheblich ansehe. Rechtmäßig sei die Anordnung der Sicherheitsleistung deshalb gewesen, weil die Herkunft
der 2.800,-- € bei Bescheiderlass unklar gewesen sei und es auch weiterhin sei. Die Angaben des Klägers seien nicht glaubhaft.
Im Besonderen habe weder der Nachbar T. sein Geld eingefordert noch habe der Kläger bei seinen Vorsprachen wegen Leistungsgewährung
am 13. März und 14. April 2008 geltend gemacht, mittellos zu sein.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Februar 2012 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Entscheidung des Sozialgerichts sei zutreffend.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Nachdem nur der Beklagte Berufung eingelegt hat, ist allein über die Rechtmäßigkeit der Anordnung
einer Sicherheitsleistung unter Anwendung unmittelbaren Zwangs und einen Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Betrages von
1.200,-- € an ihn zu entscheiden.
Der Zulässigkeit der hierauf bezogenen Klage des Klägers steht nicht entgegen, dass sein Aufenthaltsort nicht bekannt ist
und er auch keine ausländerrechtliche Berechtigung besitzt, sich längerfristig in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten.
Beides sind keine Voraussetzungen für die Beteiligten- und Prozessfähigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren (§§
69 Nr.
1,
70 Nr.
1,
71 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Vertretungsbefugnis des Prozessbevollmächtigten als Rechtsanwalt (§
73 Abs.
2 Satz 1
SGG) wird durch diese Umstände ebenfalls nicht berührt (arg. e §
202 SGG i.V. mit §§ 239ff
Zivilprozessordnung).
Das Sozialgericht hat jedenfalls im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die angefochtenen Bescheide rechtswidrig sind und
den Kläger in seinen Rechten verletzen. Er hat deshalb gegenüber dem Beklagten einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch
(s. VG Berlin, Urteil vom 22. November 2012 - 1 K 262.10 -, dort betreffend einen Dritten).
Der Beklagte stützt die Verfügungen in dem angefochtenen Verwaltungsakt auf §
7a AsylbLG i.V. mit §§
12,
6 Abs.
2 VwVG des Bundes (§ 5a des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung).
Gemäß §
7a AsylbLG kann von Leistungsberechtigten wegen der ihnen und ihren Familienangehörigen zu gewährenden Leistungen nach diesem Gesetz
Sicherheit verlangt werden, soweit Vermögen im Sinne von §
7 Abs.
1 Satz 1
AsylbLG vorhanden ist (Satz 1). Die Anordnung der Sicherheitsleistung kann ohne vorherige Vollstreckungsandrohung im Wege des unmittelbaren
Zwangs erfolgen (Satz 2). Das Verlangen nach Sicherheit steht im Ermessen des Leistungsträgers nach dem
AsylbLG (Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, §
7a AsylbLG Rn 9).
Gemäß §
7 Abs.
1 Satz 1
AsylbLG sind Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden kann, von dem Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen,
die im selben Haushalt leben, vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des §
7a Satz 1
AsylbLG waren im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung des Beklagten nicht erfüllt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob §
7a AsylbLG von vornherein nur ein Verlangen nach Sicherheitsleistung bezogen auf ein bei der Einreise vorhandenes Vermögen gestattet
(so unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien etwa Hohm, Gemeinschaftskommentar zum
AsylbLG, §
7a Rn 6; Wahrendorf a.a.O. Rn 1) oder ob Sicherheit grundsätzlich nur für in der Zukunft liegende Leistungen verlangt werden
kann (dazu Wahrendorf a.a.O. Rn 6 m.w.Nachw.). Die Vorschrift ermächtigt jedenfalls nicht die Einbehaltung von Vermögen zur
generellen Herstellung des Nachrangs der Leistungen nach dem
AsylbLG oder zur Sicherung jedweder Erstattungsansprüche, im Besonderen nicht der auf der Grundlage des (§
9 Abs.
4 Satz 1 Nr.
1 AsylbLG i.V. mit) § 50 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) als Folge der Aufhebung einer Leistungsbewilligung auf der Grundlage der §§ 44ff SGB X entstandenen. Sowohl aus dem Wortlaut ("wegen der ... zu gewährenden Leistungen nach diesem Gesetz") als auch nach den Gesetzesmaterialien
und dem systematischen Zusammenhang mit §
9 Abs.
4 Satz 1 Nr.
1 AsylbLG (Anwendungserklärung betreffend die §§ 44 bis 50 SGB X) beschränkt sich die Eingriffsermächtigung nur auf die im
AsylbLG selbst geregelten Umstände, die einem Anspruch auf Leistungen entgegenstehen (§
7 Abs.
1 Satz 1
AsylbLG) oder eine Kostenbeteiligung ("Erstattung") vorsehen (§
7 Abs.
1 Satz 3
AsylbLG; a.A. möglicherweise VG Frankfurt (Main), Beschluss vom 20. November 2001 - 14 G 4746/01 (1) -, das auf die "Sicherung des Nachranggrundsatzes" abstellt, sich jedoch nicht mit der Frage auseinandersetzt, was den
genauen Gegenstand der verlangten Sicherung bei bereits gewährten Leistungen bildet).
Vor diesem Hintergrund konnte der Beklagte schon deshalb auf der Grundlage des §
7a Abs.
1 Satz 1
AsylbLG keine Sicherheit für den von ihm in dem Bescheid vom 6. Mai 2008 benannten, zu diesem Zeitpunkt bereits in der Vergangenheit
liegenden Zeitraum vom 4. Februar bis zum 30. April 2008 beanspruchen, weil er den Rechtsgrund für die bewilligten Leistungen
nur mittels einer Rücknahme der Leistungsbewilligungen auf der Grundlage der §§ 44ff SGB X - mutmaßlich des § 45 SGB X - hätte beseitigen können.
Eine andere Auslegung lässt sich nicht damit begründen, dass auf diese Weise Leistungsberechtigte, die ihr Vermögen vorwerfbar
nicht angeben, begünstigt würden. Zum einen beschränkt sich §
7a AsylbLG von vornherein nur auf das Einräumen einer Sicherheit für den Leistungsträger und schließt nicht zwangsläufig dessen Leistungspflicht
aus (zu den Schwierigkeiten bei der Umsetzung bei sichergestellten Vermögensgegenständen Herbst in Mergler/Zink in Handbuch
der Grundsicherung und Sozialhilfe, Teil II, §
7a AsylbLG Rn 4). Zum anderen steht Vermögen einem Leistungsanspruch so lange entgegen, wie es vorhanden ist, weshalb es dem Leistungsträger
grundsätzlich offensteht, eine Sicherung noch zukunftsgerichtet zu verlangen.
Ob der Beklagte - wie im Klageverfahren erster Instanz "hilfsweise" geschehen - den Bezugspunkt der Sicherheit noch auf künftige
Leistungen ändern konnte, kann ebenfalls dahingestellt bleiben, selbst wenn weiter unterstellt wird, dass §
7a AsylbLG überhaupt auf nach der Einreise erworbenes Vermögen angewendet werden kann und es sich bei den streitigen 1.200,-- € um Vermögen
handelt. Der Beklagte hat jedenfalls Leistungen bis zum Ende des Bezugs am 28. Februar 2011 durchgehend gewährt, ohne Vermögen
anzurechnen. Der Kläger gehört seit dem Ablauf seiner letzten Duldung am 7. Oktober 2011 auch nicht mehr zum Kreis der Leistungsberechtigten
nach dem
AsylbLG (§
7 Abs.
3 Nr.
1 i.V. mit Abs.
1 Nr.
4 AsylbLG). Der bei einer Zukunftsgerichtetheit allein in Betracht kommende gesetzliche Sicherungszweck, Leistungsberechtigte nach
dem
AsylbLG zum vollständigen Verbrauch des Vermögens zu veranlassen, bevor sie (weitere) Leistungen nach dem
AsylbLG in Anspruch nehmen (s. Hohm a.a.O.), könnte durch das Verlangen einer Sicherheit deshalb nicht mehr erreicht werden. Selbst
bei einem rechtmäßigen Sicherungsverlangen würde sich ein entsprechender Verwaltungsakt durch das Erlöschen der Leistungsberechtigung
erledigen (Wahrendorf a.a.O. Rn. 16 unter Bezug auf Herbst a.a.O. Rn 5).
Auf die weiteren Ausführungen der Beteiligten war nicht einzugehen, weil sie im Rahmen der Berufung nicht entscheidungserheblich
sind.
Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), liegen nicht vor.