Gründe:
I. Der 1985 in Kenia geborene Antragsteller wurde auf Grund seines Asylantrages vom 26. Mai 2010 gemäß §§
46 Abs.
1 und
2,
50 Abs.
1 Asylverfahrensgesetz (
AsylVfG) einer Aufnahmeeinrichtung des Landes Brandenburg zugewiesen und daraufhin am 29. Juni 2010 in einem Übergangswohnheim im
Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin aufgenommen, in dem er auch gegenwärtig noch wohnt. Die Antragsgegnerin trägt die
Kosten der Unterbringung und gewährt dem Antragsteller darüber hinaus laufende Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz (
AsylbLG). Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 29. Juni 2010 wurden ihm Leistungen ab 29. Juni 2010 in Höhe von monatlich
199,40 € und "bis auf weiteres" bewilligt. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 1. Oktober 2010 (Eingang 5. Oktober
2010) beantragte der Antragsteller die Überprüfung des Bewilligungsbescheides gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X); die Entscheidung der Antragsgegnerin darüber steht noch aus.
Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat den bei ihm am 22. Dezember 2010 eingegangenen Antrag des Antragstellers,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ab sofort und bis zur Entscheidung in der Hauptsache,
vorläufig, die Leistungen nach
AsylbLG in angemessener Höhe an den Antragsteller auszuzahlen,
Dagegen richtet sich die am 1. März 2011 eingelegte, mit dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe verbundene Beschwerde
des Antragstellers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt und weitere 119,71 € monatlich beansprucht. Die gewährten Leistungen
seien extrem niedrig und begegneten verfassungsrechtlichen Bedenken. Es sei an den Regelsatz nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch
anzuknüpfen. Insofern bestehe ein unabweisbarer weiterer Bedarf z. B. für Telefongeräte (24,16 €), Gaststättenbesuche (7,18
€), Kulturelles (39,49 €), alkoholische Getränke (7,49 €) und Tabakwaren (11,53 €).
II. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist abzulehnen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen
nicht vorliegen: Das von dem Antragsteller eingelegte Rechtsmittel hat nicht die erforderliche Aussicht auf Erfolg (§§
153 Abs.
1,
73a Sozialgerichtsgesetz [SGG] i. V. m. §
114 Zivilprozessordnung [ZPO]). Auf die folgenden Ausführungen wird verwiesen.
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung
zu verpflichten, dem Antragsteller höhere Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz (
AsylbLG) zu gewähren.
Der Antragsteller begehrt im vorliegenden Verfahren Leistungen, die die Antragsgegnerin in der gewünschten Höhe nicht erbracht
hat. Eine einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin setzt in diesem Fall voraus, dass bei summarischer Prüfung mit ausreichender
Wahrscheinlichkeit ein Anspruch nach materiellem Recht (Anordnungsanspruch) und eine besondere Eilbedürftigkeit feststellbar
sind (Anordnungsgrund; §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i. V. mit §§
920 Abs.
2,
916 bis 918
ZPO).
Daran fehlt es hier.
Der Antragsteller begehrt eine vorläufige Leistungsverpflichtung "ab sofort", d.h. ab Antragseingang beim Sozialgericht am
22. Dezember 2010 bis zur "Entscheidung in der Hauptsache". Dies kann hier nur die Bescheidung seines Überprüfungsantrages
nach § 44 SGB X betreffend die Leistungsbewilligung für die Zeit ab 29. Juni 2010 durch die Antragsgegnerin sein, die nach Aktenlage noch
nicht ergangen ist. Der vom Antragsteller begehrten Verpflichtung der Antragsgegnerin steht schon die Bestandskraft des Bewilligungsbescheides
vom 29. Juni 2010 entgegen. Dessen derzeitige Bindungswirkung schließt eine andere Entscheidung des Gerichts im Rahmen des
einstweiligen Rechtsschutzes von vornherein aus.
Selbst wenn zugunsten des Antragstellers unterstellt wird, dass gemäß §
77 SGG bestandskräftige Bescheide das Gericht nicht daran hindern, sich mit der geltend gemachten Leistung in der Sache zu befassen,
kommt eine Verpflichtung der Antragsgegnerin nicht in Betracht. Es fehlt an einem Anordnungsanspruch. Der Antragsteller gehört
gemäß §
1 Abs.
1 Nr.
1 und 6
AsylbLG zum Kreis der Leistungsberechtigten nach diesem Gesetz. Er ist deshalb von anderen Leistungsgesetzen ausgeschlossen, die
bedürftigkeitsabhängige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vorsehen (s. §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch
Zweites Buch, 23 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch). Diese Unterscheidung ist nicht gleichheitswidrig. Der Gesetzgeber
darf Art und Umfang von Sozialleistungen an Ausländer grundsätzlich von der voraussichtlichen Dauer ihres Aufenthalts abhängig
machen und dabei auch ein eigenes, von den Regelungen der allgemeinen Leistungsgesetze zur Existenzsicherung abweichendes
Konzept zur Sicherung des Lebensbedarfs entwickeln (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvR 293/05, BVerfGE 116, 229 ff mit weiteren Nachweisen).
Der Antragsteller trägt zutreffend selbst vor, dass sich die von ihm geltend gemachten Ansprüche aus dem einfachen Recht des
AsylbLG nicht herleiten lassen. Er beansprucht laufende Leistungen in einer Höhe, die wesentlich über der liegt, die §
3 Abs.
2 AsylbLG vorsieht und die von der Antragsgegnerin bereits gewährt werden. Ob das in §
3 Abs.
3 AsylbLG genannte Bundesministerium das in dieser Vorschrift aufgestellte Normsetzungsgebot verletzt hat, indem es die in §
3 Abs.
2 AsylbLG angegebenen Werte nicht durch Rechtsverordnung angepasst hat, kann offenbleiben. Denn selbst wenn die gesetzlichen Voraussetzungen
für eine Anpassung vorlägen, verböte - wie das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt hat - der Grundsatz der Gewaltenteilung
(Art.
20 Abs.
2 Satz 2
Grundgesetz [GG]) den Gerichten, selbst normsetzend tätig zu werden. Neben §
3 AsylbLG sieht das Gesetz laufende Leistungen zur Sicherung des allgemeinen Lebensunterhalts nicht vor, vor allem nicht in §
6 Abs.
1 AsylbLG. Zutreffend hat das Sozialgericht auch festgestellt, dass dem Vorbringen kein über §
6 Abs.
1 AsylbLG zu berücksichtigender Mehrbedarf zu entnehmen ist. Die Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung in Berlin und nicht vor
Ort (mit dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten) ergibt sich nicht aus den Unterlagen. Es ist nichts dafür ersichtlich,
dass ein derartiger Mehrbedarf unerlässlich ist (§
6 Abs.
1 Satz 1
AsylbLG). Ebenso wenig sind tatsächliche Anhaltspunkte dafür benannt worden, dass das Ermessen, welches dem Antragsgegner bei der
Gewährung von Leistungen nach §
6 Abs.
1 AsylbLG zusteht, "auf Null" reduziert ist.
Die Fachgerichte sind aufgrund ihrer Bindung an Recht und Gesetz (Art.
20 Abs.
3 GG) nicht berechtigt, Leistungen zuzuerkennen, die sich nicht aus dem geschriebenen Recht - ummittelbar oder durch Auslegung
nach anerkannten rechtswissenschaftlichen Methoden unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Grenzen - ergeben. Ob die einfachgesetzliche
Rechtslage mit dem
Grundgesetz vereinbar ist, kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend geklärt werden. Die Verwerfungskompetenz
für die entscheidungserheblichen Rechtsnormen liegt ausschließlich beim Bundesverfassungsgericht.
Die angesichts dessen vorzunehmende Interessenabwägung anhand von Grundrechten ergibt nicht, dass dem Antragsteller ohne die
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können,
die durch ein etwaiges Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (s. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, 803). Der Antragsteller macht geltend, dass die gewährten Leistungen nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben
zur Festlegung des Existenzminimums entsprächen. Es ist aber weder ersichtlich noch vorgetragen worden, dass sein Existenzminimum
durch die aktuell gewährten oder in Betracht kommenden Leistungen nicht gesichert wäre. Wie bereits ausgeführt, ist der Gesetzgeber
nicht verpflichtet, für den Personenkreis der Asylbewerber ein Leistungssystem zu schaffen, das dem gleichen Konzept folgt
wie die Sozialhilfe oder die Grundsicherung für Arbeitsuchende. Dementsprechend ergibt sich aus der von dem Antragsteller
aufgestellten Bedarfsrechnung für sich genommen noch nicht, dass er auch tatsächlich aktuell existenznotwendige Bedarfe in
dieser Höhe hat (vgl. zu Vorstehendem bereits den Beschluss des Senats vom 25. März 2011 - L 15 AY 4/11 B ER).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §
193 SGG.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an das Bundessozialgericht ausgeschlossen (§
177 SGG).