LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.03.2009 - 15 SO 262/07
Vorinstanzen: SG Cottbus 17.08.2007 S 20 SO 16/06
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 17. August 2007 und der Bescheid des Beklagten
vom 04. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2006 aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft Hilfen zur Beschaffung eines
Kraftfahrzeuges zu gewähren, das zu seiner Beförderung im Pflegerollstuhl geeignet ist.
Der Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Streitig sind Hilfen zum Erwerb und Umbau eines behindertengerechten Kraftfahrzeuges. Der Kläger ist 1979 geboren worden und
leidet wegen eines Gendefekts an einem fortschreitenden Abbau der Nerven- und Muskelfunktionen. Seit 1997 sind bei ihm ein
Grad der Behinderung von 100 nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch ( SGB IX) sowie die Voraussetzungen für die Merkzeichen B, G, aG und H anerkannt. Seit mindestens 2001 kann er nicht mehr selbständig
laufen und ist zur Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesen. Seit 2007 benötigt er wegen des Fortschreitens seiner Behinderungen
einen Pflegerollstuhl. Er ist wochentags im Förderbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig, zu der er mit einem
Fahrdienst befördert wird. Fahrten zu ärztlichen Behandlungen werden mit einem Krankenfahrdienst zurückgelegt. Der Kläger
hat einen 1983 geborenen Bruder, bei dem seit 1994 ein Grad der Behinderung nach dem SGB IX von 80 festgestellt ist und die Voraussetzungen für die Merkzeichen B und G anerkannt sind. Zur Sicherung des laufenden Lebensunterhalts
erhalten beide Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs
Zwölftes Buch (SGB XII). Die Betreuung des Klägers und seines Bruders wird durch ihre Eltern sichergestellt, bei denen die
Geschwister auch wohnen. Die 1959 geborene Mutter und Betreuerin des Klägers ist während der Schulzeit im Rahmen eines sogenannten
Minijobs als Küchenhilfe in einer Schule tätig. Bei ihr ist seit 2002 ein Grad der Behinderung von 50 nach dem SGB IX anerkannt. Der 1951 geborene Vater und Vertretungsbetreuer des Klägers bezieht eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
bei Berufsunfähigkeit von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und geht daneben einem Minijob bei einem Saatgutvertrieb
nach. Im Februar 2005 beantragte die Betreuerin des Klägers beim Beklagten einen Zuschuss zur Anschaffung eines Kraftfahrzeugs,
in dem der Rollstuhl des Klägers transportiert werden kann. Der Kläger könne sich wegen der Schwere seiner Behinderung nicht
allein aus dem Rollstuhl in ein Auto umsetzen. Bei einer Körpergröße von 1,74 m und einem Gewicht von rund 85 kg sei es ihr
und ihrem Ehemann nicht mehr möglich, ihn anzuheben und umzusetzen. In die Werkstatt für behinderte Menschen werde er im Rollstuhl
sitzend befördert. Fahrten zu Freunden oder Verwandten seien ebenso wenig möglich wie ein Kinobesuch. Probleme bereiteten
auch der Besuch des Zahnarztes oder der Wassergymnastik. Der Beklagte holte eine Stellungnahme seines amtsärztlichen Dienstes
vom 14. Juni 2005 ein (Dipl.-Med. S). Aus ihr ergab sich, dass der Gesundheitszustand des Klägers sich rapide verschlechtere.
Er könne nicht unterstützend bei der Mobilisation mitwirken, nur durch zwei Personen könnten Transfers (z.B. vom Rollstuhl
ins Bett) geleistet werden. Er müsse durch die Eltern betreut und versorgt werden. Öffentliche Verkehrsmittel könne er nicht
nutzen. Er könne nicht mehr vom Rollstuhl in einen normalen Pkw umgesetzt werden. Eine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft
sei nur dann möglich, wenn die Familie des Klägers die Möglichkeit erhalte, ihn im Rollstuhl sitzend zu transportieren. Aus
ärztlicher Sicht sei ein Pkw notwendig, der so groß sei, dass ein Rollstuhl hineingeschoben werden könne. Auf Nachfrage des
Beklagten erklärte der Kläger anschließend, dass der im Besitz seiner Eltern befindliche Pkw von seinem Vater benötigt werde,
um seine Arbeitsstelle zu erreichen. Ferner reichte er ein Attest der Fachärztin für Innere Medizin E vom 22. August 2005
ein. Der Kläger leide an einer erblich bedingten fortschreitenden Nerven- und Muskelschädigung. Er könne sich nur noch im
Rollstuhl mit Unterstützung anderer Personen fortbewegen und sei für Transfers zu notwendigen ärztlichen Untersuchungen, physiotherapeutischen
Maßnahmen und zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zwingend auf ein behinderten- und rollstuhlgerechtes Fahrzeug angewiesen.
Durch Bescheid vom 4. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2006 lehnte der Beklagte den Antrag
ab. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft seien diejenigen, die dem behinderten Menschen diese Teilhabe ermöglichten
oder sicherten oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege machten und die nach den Kapiteln 4 bis 6 des SGB IX nicht erbracht würden. Der Kläger erhalte jedoch bereits Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem Fünften Kapitel
des SGB IX; insoweit würden die Fahrten zur Werkstatt für Behinderte durch einen Fahrdienst abgesichert. Für nicht alltägliche Fahrten
außerhalb des Besuchs der Werkstatt sei auf andere Maßnahmen der Eingliederungshilfe, wie Zuschüsse für den Behindertenfahrdienst,
zurückzugreifen. Mit der Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass er einen Anspruch auf Kraftfahrzeughilfe habe. Zwar liege
der Schwerpunkt dieser Leistungsart im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben. Sie komme aber auch im Bereich der Teilhabe am
Leben in der Gemeinschaft in Betracht, wenn ständig die Notwendigkeit bestehe, ein Kraftfahrzeug zu benutzen, so verhalte
es sich im vorliegenden Fall. Der Beklagte habe nicht das ihm zustehende Ermessen ausgeübt, welches hier auf Null reduziert
sei. Der Fahrdienst für Behinderte reiche nicht aus, den Anspruch auf Teilhabe angemessen zu verwirklichen. Der Kläger hat
drei Kostenvoranschläge für Fahrzeuge der Marke Renault eingereicht, die seiner Ansicht nach seinem Bedarf entsprechen. Der
Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass nicht belegt sei, dass ein behindertengerechtes Fahrzeug ständig zur Verfügung
stehen müsse. Es sei davon auszugehen, dass die Versorgung von der Familie übernommen werde. Für gelegentliche Besuche von
Freunden und Verwandten stünden der Behindertenfahrdienst, Mietwagen oder öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung. Hinzu
komme, dass der Kläger nicht in der Lage sei, das Fahrzeug zu führen. Für das Jahr 2006 sei dem Kläger mit Bescheid vom 13.
Juli 2006 eine einmalige Zahlung von 300,- EUR für Fahrtkosten bewilligt worden. Durch Urteil vom 17. August 2007 hat das
Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass ihm der Beklagte einen Zuschuss zum Erwerb
und Umbau eines behindertengerechten Kleinbusses gewähre. Die Kraftfahrzeughilfe werde vorrangig für die Eingliederung in
das Arbeitsleben gewährt. Der Hilfebedürftige solle die Hilfen finden, die es ihm ermöglichten, in der Umgebung von Nichthilfeempfängern
ähnlich wie diese zu leben. Werde eine Versorgung außerhalb des Arbeitslebens angestrebt, müssten die hierfür sprechenden
Gründe mindestens vergleichbar gewichtig sein. Insbesondere müsse ein Bedarf ständig und nicht nur vereinzelt oder gelegentlich
bestehen. Es reiche nicht, dass lediglich die Familie entlastet werde. Denn das Kraftfahrzeug solle grundsätzlich dem Behinderten
selbst zur Verfügung stehen. Kraftfahrzeughilfe scheide damit aus, wenn der unmittelbare Zweck der Eingliederung mit einem
Krankenfahrzeug erreicht werden könne, ohne dass die Eingliederung in die Gemeinschaft Schaden nehme. Der Kläger habe nicht
vorgetragen, dass er ständig über ein behindertengerechtes Fahrzeug verfügen müsse, um Termine bei Ärzten oder anderen seiner
Versorgung dienenden Einrichtungen wahrnehmen zu können. Gleiches gelte für Urlaubsfahrten oder Freizeitaktivitäten. Sein
Wunsch sei zwar nachvollziehbar, begründe aber keinen Anspruch. Seinen Bedarf im Einzelfall könne der Kläger etwa durch den
Behindertenfahrdienst decken. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter. Er benötige Hilfe für alle Lebensbereiche.
Freizeitaktivitäten außerhalb des Bereichs, in dem er von seinen Eltern mit dem Rollstuhl geschoben werden könne, seien ihm
nicht mehr möglich. Das Auto der Eltern sei für seine Beförderung nicht geeignet. Öffentliche Verkehrsmittel könne er nicht
nutzen, einen Behindertenfahrdienst gebe es in seiner Umgebung nicht. Davon abgesehen könnten solche Dienste nur nach längerer
Voranmeldung und nur zu bestimmten Zeiten genutzt werden. Wegen seines wechselnden Gesundheitszustands seien Termine aber
nicht zuverlässig planbar. Seine Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft stehe deshalb in Frage, wenn kein behindertengerechtes
Kraftfahrzeug zur Verfügung stehe. Inzwischen sei auch sein Bruder behinderungsbedingt auf ein Kraftfahrzeug angewiesen. Der
Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 17. August 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 4. Oktober
2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm die Kosten
für ein Fahrzeug zu bewilligen, das zu seiner Beförderung mit einem Pflegerollstuhl geeignet ist. Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Er hält die angefochtene Entscheidung und seine Bescheide für zutreffend. Im Landkreis sei die
Situation für die Behindertenbeförderung problematisch, jedenfalls soweit ein behinderter Mensch auf einen Pflegerollstuhl
angewiesen sei. Die bestehenden Fahrdienste seien mit den Fahrten zu Behindertenwerkstätten und Schulen oft bereits ausgelastet.
Die Eltern des Klägers haben auf Anfrage des Senats Auskünfte erteilt (Schriftsätze der Bevollmächtigten des Klägers vom 15.
Oktober 2008 und 14. Januar 2009). Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte des Beklagten waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet. Soweit im Urteilstenor von dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag abgewichen worden
ist, handelt es sich lediglich um eine Änderung der Formulierung. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch darauf, dass
der Beklagte die Kosten zur Anschaffung eines Kraftfahrzeugs gewährt, welches unter Berücksichtigung seiner Behinderungen
seine Beförderung erlaubt. Der Kläger gehört zu dem Personenkreis, der gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen
der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen "dem Grunde nach" hat. Er ist durch eine Behinderung wesentlich in seiner
Fähigkeit eingeschränkt, an der Gesellschaft teilzuhaben. Die Behinderung erlaubt ihm im besonderen nicht, sich selbständig
fortzubewegen und Arbeit von nennenswertem wirtschaftlichem Wert zu leisten. Er ist auch hilfebedürftig, weil sein laufender
Lebensunterhalt durch Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII sichergestellt ist. Zu den möglichen
Leistungen der Eingliederungshilfe gehören nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.
Dies sind Leistungen, welche den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen oder sichern oder
sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege machen sollen und die nach den Kapiteln 4 bis 6 nicht erbracht werden. Dies schlösse
für sich genommen zwar Leistungen zum Erwerb eines Kraftfahrzeuges aus, weil sie zu denen nach § 33 Abs. 8 Nr. 1 SGB IX im Kapitel 5 des SGB IX gehören. Abweichend hiervon bestimmt aber § 8 Abs. 1 der auf Grund des § 60 SGB XII ergangenen Eingliederungshilfe-Verordnung, dass die Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben
in der Gemeinschaft im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit den §§ 33 und 55 SGB IX gilt (Satz 1). Sie wird in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung
insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen ist; bei Teilhabe am Arbeitsleben
findet die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung Anwendung (Satz 2). Gemäß § 8 Abs. 3 der Eingliederungshilfe-Verordnung ist die Hilfe in der Regel davon abhängig, dass der Behinderte das Kraftfahrzeug selbst bedienen kann. Die Voraussetzungen
des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Abs. 1 SGB IX und § 8 Abs. 1 Satz 2 Eingliederungshilfe-Verordnung sind erfüllt. Zur Auslegung kann dabei auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die zu den praktisch identischen Vorgängerregelungen
im Bundessozialhilfegesetz entwickelt worden waren. Wie das Sozialgericht vom Ansatz her bereits zutreffend ausgeführt hat, bezweckt der Zuschuss zur
Anschaffung eines behindertengerechten Kraftfahrzeugs vorrangig, behinderte Menschen im Arbeitsleben Nichtbehinderten möglichst
gleichzustellen. Die "allgemeine" Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ist als Zweck der Hilfe zwar nicht ausgeschlossen.
Die hierauf beruhenden Gründe müssen aber wenigstens das gleiche Gewicht haben wie die, die ein Kraftfahrzeug zur Teilhabe
am Arbeitsleben rechtfertigen. Solche Gründe liegen vor allem dann vor, wenn die Notwendigkeit, ein Kraftfahrzeug zu benutzen,
regelmäßig besteht, weil die erforderliche Mobilität des behinderten Menschen nicht auf andere Weise (zum Beispiel durch Benutzung
eines Krankenfahrzeuges oder öffentlicher Verkehrsmittel oder durch die Übernahme der Kosten eines Taxis oder Mietautos) sichergestellt
werden kann (s. etwa BVerwGE 111, 328). "Regelmäßig" bedeutet dabei nicht, dass das Fahrzeug täglich oder in kurzen, ständig wiederkehrenden Abständen benötigt
wird. Entscheidend ist, ob der Behinderte mit Blick auf das Ziel der Eingliederungshilfe auf ein eigenes Kraftfahrzeug angewiesen
ist (s. Hessischer VGH FEVS 47, 86). Das Kriterium der "Regelmäßigkeit" kann bereits dann erfüllt sein, wenn es für jede Fortbewegung, die den Fahrbereich
des Rollstuhls überschreitet, notwendig ist, ein Kraftfahrzeug zu nutzen (OVG Münster NVwZ-RR 1992, 92; Hessischer VGH aaO.), wobei maßgeblich auf die Art und Schwere der Behinderung sowie die gesamten Lebensumstände und -verhältnisse des Behinderten
abzustellen ist (s. VG Potsdam NVwZ-RR 2002, 757: Schülerin, deren Grad der Behinderung 100 beträgt und die bewegungsunfähig ist). Auch ist zu berücksichtigen, dass ein Kraftfahrzeug
ein Mittel ist, das der Eingliederung behinderter Menschen dient (BVerwGE 55, 31). Dies berücksichtigend steht dem Kläger ein Anspruch auf Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges gemäß § 8 Eingliederungshilfe-Verordnung zu. Er ist zur Fortbewegung ständig auf ein Kraftfahrzeug angewiesen. Das selbständige Fortbewegen ist ihm ohne Hilfe nicht
mehr möglich. Er ist ständig auf den Rollstuhl, mittlerweile einen Pflegerollstuhl, angewiesen und kann zu seiner Mobilisation
nichts selbst beitragen. Die Beförderung mit dem Pflegerollstuhl ist nur für die Arbeitstage in der Werkstatt für behinderte
Menschen und bei Arztbesuchen gesichert. Im übrigen ist er auf die Hilfe seiner Eltern als Pflegepersonen angewiesen. Damit
ist sein Bewegungsradius jedoch auf den örtlichen Bereich eingeschränkt, der sich durch Schieben des Rollstuhls erreichen
lässt. Von Freizeitaktivitäten außerhalb des unmittelbaren Nahbereichs ist er damit ausgeschlossen. Auf die Benutzung von
öffentlichen Verkehrsmitteln kann er aufgrund seiner Behinderung nicht verwiesen werden, was der amtsärztliche Dienst des
Beklagten bereits bestätigt hatte, als der Kläger noch nicht auf einen Pflegerollstuhl angewiesen war. Die Beförderung durch
Taxis oder Mietautos ist unzumutbar, weil sie davon abhinge, dass ein Fahrzeug, welches zur Beförderung eines Pflegerollstuhls
geeignet ist, regelmäßig und nicht nur sporadisch zur Verfügung stünde. Dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Ebenso wenig gibt
es Anhaltspunkte dafür, dass ein Behindertenfahrdienst es dem Kläger verlässlich ermöglichen würde, Besuche oder Freizeitaktivitäten
in einem erweiterten Nahbereich wahrzunehmen. Der Beklagte konnte hierzu nichts vortragen, und die Betreuerin des Klägers
berichtet glaubhaft, dass ihre Bemühungen gescheitert seien, selbst einen Fahrdienst zu finden. Davon abgesehen könnte der
Kläger nur unter der Voraussetzung auf einen Fahrdienst verwiesen werden, dass ihn dessen Nutzungsbedingungen angesichts seiner
behinderungsbedingt eingeschränkten Möglichkeiten, Termine tatsächlich einzuhalten, nicht faktisch von der Teilnahme am Leben
in der Gemeinschaft ausschließen. Für einen derart flexibel organisierten Fahrdienst ergibt sich erst recht nichts. Noch weniger
ist ersichtlich, dass dem Kläger selbst in geringem Umfang die Möglichkeit eröffnet wäre, Ziele außerhalb des Zuständigkeitsbereichs
des Beklagten zu erreichen. § 8 Abs. 3 der Eingliederungshilfe-Verordnung steht einem Anspruch nicht entgegen. Nach Umfang und Lage der Arbeitszeiten der Eltern steht jedenfalls immer eine Person
zur Verfügung, um das Führen des Kraftfahrzeugs zu gewährleisten, wenn sich der Kläger nicht in der Werkstatt für Behinderte
befindet. Nicht zu entscheiden ist darüber, für welches konkrete Fahrzeug die Kosten zu übernehmen sind. Insoweit wird der
Beklagte noch zu klären haben, welche Anforderungen genau das Fahrzeug erfüllen muss, damit der Kläger damit sicher befördert
werden kann und damit die Personen, welche die Pflege des Klägers gewährleisten und das Fahrzeug führen werden, ihm ohne zusätzliche
Hilfen das "Einsteigen" mit dem Pflegerollstuhl ermöglichen können. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz ( SGG). Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
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